Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020 – 2024 Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020 – 2024 Wien, 2020 Impressum MedieninhaberIn, VerlegerIn und HerausgeberIn: Bundeskanzleramt Österreich Ballhausplatz 2, 1010 Wien +43 1 531 15-0 bundeskanzleramt.gv.at Fotonachweis: iStock.com/PeopleImages (S.9, 166), iStock.com/courtneyk (S.48), iStock.com/artJazz (S.70, 122), iStock.com/Chalabala (S.150), iStock.com/skynesher (S.198) Gestaltung: BKA Design & Grafik Druck: Druckerei Walla GmbH Wien, 2020 Inhalt Präambel 5 4 Europa, Integration, Migration & Sicherheit 122 Österreich in Europa und der Welt 124 1 Staat, Gesellschaft & Transparenz 8 Migration & Asyl 136 Verfassung, Verwaltung & Transparenz 10 Integration 144 Justiz & Konsumentenschutz 21 Innere Sicherheit 151 Kunst & Kultur 35 Landesverteidigung & Krisen- und Medien 40 Katastrophenschutz 161 Sport 42 5 Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit & Armutsbekämpfung 166 2 Wirtschaft & Finanzen 48 Armutsbekämpfung 168 Finanzen & Budget 50 Pflege 172 Steuerreform & Entlastung 54 Pensionen 177 Standort, Entbürokratisierung & Modernisierung 60 Arbeit 180 EPUs & KMUs 66 Gesundheit 185 3 Klimaschutz, Infrastruktur, Umwelt & Frauen 190 Landwirtschaft 70 Menschen mit Behinderungen/Inklusion 193 Klimaschutz & Energie 72 Familie & Jugend 195 Verkehr & Infrastruktur 85 Umwelt- und Naturschutz 99 6 Bildung, Wissenschaft, Forschung & Digitalisierung 198 Landwirtschaft, Tierschutz & ländlicher Raum 106 Bildung 200 Tourismus 116 Wissenschaft & Forschung 211 Digitalisierung & Innovation 219 Präambel Österreich ist ein wunderbares Land. Geprägt von Natur und Landschaft in Vielfalt und Schönheit. Getragen von einer innovativen Wirtschaft. Gelegen im Herzen Europas. Gerühmt für seine Kunst und Kultur. Und gebaut auf seiner demokratischen Kultur und dem Fleiß und Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger. All das macht Österreich aus. Und all das eröffnet Österreich Chancen für die Zukunft. Auch und gerade in politisch, wirtschaftlich und global unsicheren Zeiten. Chancen nützen heißt neue Wege gehen. Die Regierungsarbeit der kommenden fünf Jahre trägt das Bewusstsein, dass die beiden Regierungsparteien unterschiedlich sind, aber trotzdem die Verantwortung gemeinsam schultern. Und das Land mit neuen Lösungen weiterbringen. Es sind die großen Heraus- forderungen in der Geschichte, die neue Koalitionen schmieden. Das ist unsere Tradition, von der Gründung dieser Republik über ihren Wiederaufbau bis heute. Und die Herausforderungen von heute verlangen nach einer neuen Koalition der Ver- antwortung. Dieser Weg hat Österreich wirtschaftlich so erfolgreich und so einzigartig gemacht. Unterschiede überwinden, zwischen Stadt und Land, zwischen allen Bevöl- kerungsgruppen. Einander und dem Land die nötige Stabilität geben, um die großen Fragen anzugehen. Die neue Volkspartei und die Grünen gehen eine neue Etappe dieses österreichischen Weges. Chancen nützen heißt Verantwortung übernehmen. In einer Zeit, in der Europa auf der Bühne der Weltmächte immer mehr an Bedeutung und Einfluss zu verlieren droht, in einer Zeit, wo sich die Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung grundlegend verändert haben, und in einer Zeit, in der wir bereits die ersten Auswirkungen der drohenden Klimakrise bemerken, braucht es eine Regierung, die die großen Fragen unserer Zeit angeht. Wir setzen uns für ein starkes Europa ein, das geeint ist und sich auf die wesentlichen Herausforderungen unseres Kontinents konzentriert. Wir müssen die europäischen Außengrenzen schützen und sicherstellen, dass alle Menschen in Frieden und Sicherheit leben können. Und wir müssen die Rahmenbedingungen erhalten und verbessern, damit die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen, die unseren Wohlstand schaffen, von Steuern und Bürokratie entlastet werden und gleichzeitig unser soziales Netz gestärkt wird und jene auffängt, die sich selbst nicht helfen können. Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt, und gleichzeitig die letzte Generation, die noch gegensteuern kann. Der Schutz der Umwelt und eine starke Wirtschaft dürfen kein Widerspruch sein. Unser Wirtschaftsstandort kann noch dynami- scher werden, wir können mehr und bessere Jobs schaffen, wenn wir in Nachhaltigkeit investieren: Wir können die Schöpfung bewahren und die Klimakrise bekämpfen. Beides Regierungsprogramm 2020 – 2024 5 heißt, den kommenden Generationen ein lebenswertes Österreich zu hinterlassen – öko- nomisch und ökologisch intakt. Nachhaltigkeit heißt dabei auch, auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu achten. Dass die neue Volkspartei und die Grünen die österreichische Tradition fortsetzen, das Trennende hintanstellen, um neue Wege zu finden, ist auch eine Chance für das politische Klima: für mehr Vertrauen in die Politik an sich und in die demokratischen Institutionen für sich. Verfassung, Rechtsstaat, Demokratie, Grundrechte – und unsere Werte und Traditionen. Sie bilden das Fundament des Vertrauens der Menschen in die Politik. Dieses Fundament gilt es zu schützen und zu bewahren. Außerdem setzen wir uns ein für echte Chancengleichheit – für alle Bürgerinnen und Bürger. Respekt voreinander und vor den gemeinsamen Regeln. Wir wollen eine Gesell- schaft, die sich aktiv für alle einsetzt – und in die sich alle aktiv einbringen. All diese positiven Errungenschaften und Eigenschaften unseres Landes sind das, was Österreich ausmacht, und bilden letztlich unsere Identität, die es zu bewahren gilt. Zu- wanderung erfolgt entlang unseren Erfordernissen und nach klaren Spielregeln, daher verfolgen wir einen konsequenten Kurs im Bereich Migration und Integration. Voraus- setzung für eine gelingende Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache, das rasche Erlangen der Selbsterhaltungsfähigkeit sowie die Akzeptanz der europäischen und unserer österreichischen Rechts- und Werteordnung: die Trennung von Religion und Staat, die Gleichstellung der Geschlechter und die Ablehnung jeder Form von Gewalt. Demzufolge hat mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen, wer sich nicht an unsere Rechtsordnung hält. Auf dieser Basis wollen die neue Volkspartei und die Grünen eine gemeinsame Regie- rung bilden, die die großen Herausforderungen unserer Zeit angeht. Dafür haben wir gemeinsame Ziele definiert – im vollen Bewusstsein, dass es in allen politischen Feldern neue Wege braucht: 1. Eine spürbare Entlastung für arbeitende Menschen 2. Die Bekämpfung des Klimawandels und die Einhaltung der Klimaziele von Paris 3. Einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort 4. Die soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung 5. Ein konsequenter Kurs im Bereich Migration und Integration 6. Die beste Bildung für alle 7. Nachhaltige Finanzen, notwendige Investitionen und ein ausgeglichener Haushalt 8. Mehr Transparenz im öffentlichen Bereich 6 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Mit diesem Programm übernehmen wir Verantwortung – gegenüber den Menschen in Österreich und gegenüber dem Parlamentarismus und dem guten Miteinander, gegenüber dem Wert des Kompromisses und des Austausches für die Demokratie. Wir übernehmen diese Verantwortung in einer Situation, in der niemand sonst die Kraft hat, sie im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher zu schultern. Und nicht zuletzt übernehmen wir Verantwortung als Vorreiter in der Europäischen Union und der globalen Gemeinschaft: Diese Bundesregierung und dieses Programm stärken die Position Österreichs in Europa und der Welt als ausgleichende, vermittelnde Kraft in Konflikten – und soll Vorbild für andere sein. Wir schaffen zusammen Zukunft. Regierungsprogramm 2020 – 2024 7 1 Staat, Gesellschaft & Transparenz 8 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 9 Verfassung, Verwaltung & Transparenz Staatliches Handeln ist in Österreich aufgrund der Bun- Und dafür sind wir bereit, alte Wege zu verlassen und desverfassung gegeben, die gerade die letzten Monate neue zeitgemäße Lösungen umzusetzen. bewiesen hat, dass sie auch nach 100 Jahren ihrer Geltung das solide Fundament unserer Republik bildet. Wir wollen Transparenz ist ein entscheidender Faktor eines demokra- die vorhandenen Stärken dieser Bundesverfassung vor tischen Gemeinwesens. Daher werden wir das Wahlrecht dem Hintergrund neuer Herausforderungen weiterentwi- zeitgemäß modernisieren und vollständige Transparenz ckeln – damit die Menschenrechte, das Verfassungsrecht der Parteien und vor allem im Bereich der Parteienfinan- und der Rechtsstaat auch in Zukunft eine gute Grundlage zierung herstellen. Damit wollen wir das Vertrauen in die für unser Land, für unsere Umwelt und für die Arbeit der Politik stärken und das politische Engagement fördern. österreichischen Verwaltung sind. Beides bildet die Grundlage der funktionierenden Demo- kratie unserer Republik. Diese Verwaltung ist im Dienste der Bevölkerung sowie der Unternehmen in unserem Land tätig. Wir setzen uns als Bundesregierung daher für einen leistungsstarken, Verfassungsstaat auf der Höhe effizienten sowie nachhaltig und serviceorientiert agie- der Zeit renden öffentlichen Sektor ein. Durch ziel- und wirkungs- orientiertes Arbeiten sowie Modernisierung soll in enger • Auf Grundlage bisheriger Vorarbeiten fortgesetzte Kooperation mit den öffentlich Bediensteten sichergestellt Verhandlung über weitere Kompetenzbereinigungen werden, dass die hohe Qualität der erbrachten Leistungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden den Bürgerinnen und Bürgern auch künftig niederschwellig – Weitere Reduktion der Doppelgleisigkeiten zur Verfügung gestellt sowie Bürokratie serviceorientiert zwischen Grundsatzgesetzgebung und Ausfüh- weiter vereinfacht werden kann. rungsgesetzgebung – Schaffung klarerer Regelungs- und Verantwor- So bürgernah wie möglich, so effizient wie nötig – diesem tungsstrukturen zwischen den Gebietskörper- Grundprinzip fühlen wir uns verpflichtet. Im modernen schaften, um einen fairen Finanzausgleich zu Föderalismus ist die Kooperation zwischen Bund, Ländern ermöglichen und Gemeinden entscheidend für das Funktionieren unse- – Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grund- res Staates und damit für das Vertrauen der Bürgerinnen lage, damit Amtssachverständige auch in und Bürger. anderen Bundesländern tätig werden können Wesentlich für dieses öffentliche Vertrauen sind Rechts- • Gemeinsame Prüfung und Ausarbeitung eines sicherheit, Bürgernähe und Transparenz. Das gilt für die zeitgemäßen Kompetenzrahmens (einschließlich der Aufgabenteilung im Staat, für Finanzflüsse zwischen den Möglichkeit von Art.-15a- B-VG-Vereinbarungen) zur staatlichen Ebenen, für das Förderwesen – und es gilt für Erreichung der Klimaziele staatliches Handeln insgesamt. Wir wollen keine gläsernen Bürgerinnen und Bürger, sondern einen gläsernen Staat. 10 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Steigerung der Effizienz und Transparenz von • Verstärkte Schaffung von auch Gebietskörperschaf- Art.-15a-Vereinbarungen zwischen Bund, Ländern ten übergreifender One-Stop-Shops für Bürgerinnen und Gemeinden bzw. Bürger und Unternehmerinnen bzw. Unter- – Auslotung der Möglichkeiten der Reduktion von nehmer Art.-15a-Vereinbarungen sowie mögliche Integra- – Forcierung der Vollkonzentration bei Anlagenge- tion bestehender Art.-15a-Vereinbarungen in den nehmigungen unter Wahrung der materienrecht- nächsten Finanzausgleich lichen Parteienrechte sowie Genehmigungskrite- – Systematische Erfassung von finanziellen Mitteln rien und Gemeindeautonomie und Abbildung im Haushalt – Vollkonzentration des UVP-Verfahrens nach dem – Bestehende Vereinbarungen müssen in Hinblick 3. Abschnitt des UVP-G 2000 (Bundesstraßen auf Mischfinanzierungen und Kompetenz ver- und Hochleistungsstrecken) nach dem Vorbild schiebungen hinterfragt werden. der Regelungen des 2. Abschnitts des UVP-G – Einführung von Benchmarks unter vergleichbaren 2000 Grundlagen, damit Vergleichsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen Gebietskörperschaften • Pauschalierter ideeller Schadenersatz bei Grund- (Bundesländer-Vergleiche, Gemeinde-Vergleiche rechtsverletzungen etc.) gegeben sind – Prüfung der Vertragsfähigkeit von Städten, • Volksanwaltschaft Gemeinden und Gemeindeverbänden für – Stärkung der Volksanwaltschaft und Ausstattung Art.-15a-B-VG-Vereinbarungen mit bedarfsgerechten Ressourcen hinsichtlich der Abwicklung der Heimopferrentenregelung • Verwaltung/Kommunale Dienstleistungen – Deshalb werden die Zuständigkeiten bei den • Weiterentwicklung des datenschutzrechtlichen Gebietskörperschaften klar zugeordnet. Grundrechtsschutzes – Effizienz- und Qualitätsvorteile von Koopera- – Ausweitung der Vertretungsrechte nach § 28 tionen zwischen Gemeinden werden stärker DSG auf Verfahren nach § 29 DSG für Unterneh- genutzt (Abschaffung der Umsatzsteuerpflicht). men mit einer Unternehmensgröße analog der – Schutz der kommunalen Grundversorgung Regelung in der österreichischen Digitalsteuer – Transparente Verwaltung (Veröffentlichungen aller Verordnungen im RIS) Ein neuer Finanzausgleich • Bekenntnis zum Erhalt des Bargelds im Rahmen der geltenden Geldwäschebestimmungen • Bekenntnis zum Finanzausgleichs-Paktum/neuer Finanzausgleich • Schaffung der Möglichkeit einer Vorprüfung von – FAG zielorientiert entlang strategischer Ziele Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof erarbeiten – Bestmögliche Zusammenführung der Zuständig- • Cooling-off-Phase ehemaliger Regierungsmitglieder keiten bezüglich Verantwortung und Finanzie- für die Bestellung als Mitglied oder Ersatzmitglied rung; Regeln und Kriterien für Entscheidungs- des Verfassungsgerichtshofes und Vollziehungspraxis Regierungsprogramm 2020 – 2024 11 – Bundesweite Planungs- und Steuerungsmecha- Volksgruppen nismen, Festlegung einheitlicher Wirkungsziele und im Einklang damit Maßnahmen und Indikato- • Neukodifikation der verfassungsrechtlichen ren (z. B. soziodemographische, geographische, Bestimmungen zu Volksgruppen (u. a. Bekenntnis zu topo­graphische) zu deren Messung Minderheitenschulwesen, Minderheitensprachen und – Kooperationsbereite Gemeinden sollen aufgrund Topographie) höherer finanzieller Erfordernisse (z. B. Lage, Betreuungsbedarf, Siedlungsstruktur etc.), aber • Volksgruppenförderung auch zentraler und überörtlicher Funktionen – Bekenntnis zur zeitnahen Erhöhung der Volks- mehr Mittel aus dem FAG bekommen. gruppenförderung und Absicherung der Medien- – Die Mittel aus dem FAG sind zudem an die Ein- förderung durch einen eigenen Budgetansatz haltung der Klimaziele gekoppelt. (ein Publikationsorgan je Volksgruppe) – Konkrete Zuordnung und damit Verantwortung – Der Bund bekennt sich zu Gesprächen mit für die Ergebnisse zu den jeweiligen Gebietskör- den Ländern und Gemeinden mit dem Ziel, die perschaften (Aufgabenentflechtung) nötigen Finanzierungsmittel wirkungsorientiert – Schaffung klarer Verantwortlichkeiten sowie (Qualitätssicherung in der Bildungsgruppe) Prüfung einer Stärkung der Steuer­autonomie für gemeinschaftlich bereitzustellen, damit die Länder und Gemeinden Errichtung, Erhaltung und Förderung zwei- und – Reduktion der Transferströme, wichtig ist dabei mehrsprachiger Kindergärten der Volksgruppen vor allem, dass Wechselwirkungen im Finanzaus- sowie sonstiger frühkindlicher Betreuungsange- gleich beachtet werden. bote gewährleistet ist. • Die Erreichung der Klimaziele als gemeinsame Auf- • Bekenntnis zur stärkeren Sichtbarmachung der gabe Volksgruppen im ORF – Prüfung eines Finanzverantwortlichkeitsmecha- – Sicherstellung der Radioprogramme in Volks- nismus in Bezug auf die von der EU vorgegebe- gruppensprachen nen Klimaschutzziele (z. B. stärkere Leistungs- – Verstärkte Berücksichtigung der Volksgruppen orientierung beim ÖPNV, Ökologisierung der entsprechend den öffentlich-rechtlichen Ver- Wohnbauförderung und Dekarbonisierung des pflichtungen des ORF Wohnbaus) – Erweiterung der Fernsehprogrammfläche auf das Programm ORF III • Finanzen – Berücksichtigung der Sprachen der anerkannten – Stärkung des Eigenanteils der Finanzierung der Volksgruppen Gemeinden – Prüfung einer Reform der gemeinderelevanten • Einrichtung einer Arbeitsgruppe unter Einbeziehung Steuern hinsichtlich Strukturen, Wirksamkeit und der Volksgruppenvertretungen zur Prüfung einer Bemessungsgrundlagen Modernisierung der Volksgruppenvertretung • Prüfung von Möglichkeiten für Sanktionen im • Volksgruppensprachen im virtuellen Raum Rahmen des Finanzausgleichs bei Nichtbefüllung der – Amtssprache im virtuellen Raum Transparenz-Datenbanken gegenüber den Bundes- • Finanzamt ländern • Gemeinde-Websites und Online-Dienste der Gemeinden (kann über FA kommen) 12 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Zweisprachige Bezirksgerichtsbarkeit der Volks- Problemen entgegenzutreten, die durch die künst- gruppen liche Intelligenz für die Menschenrechte, die Rechts- – Absicherung der zweisprachigen Bezirksge- staatlichkeit und die Demokratie entstehen. richtsbarkeit im Siedlungsgebiet; bei Zusammen- legungen von Bezirksgerichten im zweispra- • Im Rahmen seiner Mitgliedschaft im VN-Menschen- chigen Gebiet ist sicherzustellen, dass in den rechtsrat bis Ende Dezember 2021 wird Österreich Volksgruppensprachen ein gleichberechtigter aktiv zur Entwicklung und Stärkung des internatio- und leistungsfähiger Teil der österreichischen nalen Menschenrechtsschutzes beitragen. Justiz bleibt. • Anlässlich von 30 Jahren Kinderrechte Evaluierung • Prüfung der Anerkennung der jenischen Volksgruppe des Grundrechtsschutzes im BVG Kinderrechte Stärkung der Grund- und Verwaltung in die Zukunft führen Menschenrechte • Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe, • Wiederaufnahme der Allparteienverhandlungen zur die Deregulierungspotentiale erhebt und für die Erarbeitung eines umfassenden österreichischen Umsetzung verantwortlich ist, einschließlich des Grundrechtskatalogs und Prüfung einer allfälligen Verwaltungsstrafrechts Erweiterung des Grundrechtsschutzes sowie Erarbeitung eines einheitlichen Katalogs von Staats- • Einführung einer Bürokratiebremse, damit Regulie- zielbestimmungen rung kein Selbstzweck ist – Informations-, Melde- und Aushangpflichten • Verankerung der Menschenwürde sollen evaluiert werden mit dem Ziel, sie, falls notwendig und zweckmäßig, zu reduzieren. • Stärkung des Menschenrechtsschutzes auf Europa- ratsebene • Aus Anlass der jüngsten EuGH-Rechtsprechung erfolgt eine Reform des Kumulationsprinzips im • Einsatz auf europäischer Ebene für den Beitritt der Verwaltungsstrafrecht; Verhältnismäßigkeitsprüfung Europäischen Union zur EMRK unter Wahrung general- und spezialpräventiver Aspekte • Erarbeitung einer ganzheitlichen Strategie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Anti- • Bürgerfreundliche Rechtssetzung im Sinne der semitismus „Better-Regulation“-Strategie orientiert an inter- nationalen Ansätzen wie in Deutschland und den • Erarbeitung einer ganzheitlichen Strategie zur Niederlanden Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Rassis- mus, Fremdenfeindlichkeit, Radikalisierung und • Weiterer Ausbau von zweckmäßigen Shared Ser- gewaltbereitem Extremismus vices nach den Grundsätzen Sparsamkeit, Wirt- schaftlichkeit, Zweckmäßigkeit (IT-Konsolidierung, • Österreich wird sich für eine Stärkung von Initiativen Beteiligungsmanagement, Gebäudemanagement, auf internationaler Ebene einsetzen, um wirksam Fördermanagement etc.) und verbesserte Rahmen- Regierungsprogramm 2020 – 2024 13 bedingungen für Verwaltungskooperationen im Entscheidungspflicht an das Verwaltungsgericht Sinne einer modernen Verwaltung übergeht. – Weitere Bündelung und Koordinierung von – Klarstellung, dass die Landesverwaltungsge- operativem Personaleinsatz (IT- und Supportauf- richte als „mitbeteiligte Behörden“ im Sinne des gaben) UVP-G anzusehen sind und daher Feststellungs- – Vereinfachung und Forcierung von Gemeinde- anträge stellen können kooperationen – Modernisierung des Dienstrechts fortsetzen mit dem Ziel eines einheitlichen, modernen • Entwicklung eines Konzepts, um die Verwaltung von und durchlässigen Dienstrechts für alle neu Liegenschaften im Eigentum des Bundes zu verein- eintretenden Bediensteten in Bund und in allen fachen mit dem Ziel, Synergien nützen zu können Ländern (unter Einbeziehung der BHÖ und BIG) – Abgeflachte Gehaltskurve (höhere Einstiegsbe- züge) bei gleichbleibendem Lebenseinkommen • Zugang zu ÖNORMEN für Gebietskörperschaf- – Durchlässigkeit zwischen den Gebietskörper- ten sowie Bürgerinnen und Bürger erleichtern. schaften und zur Privatwirtschaft fördern ÖNORMEN sind ein wichtiger Arbeitsbehelf für (eventuell dienstrechtliche Anpassungen) Behörden, die Erleichterung des Zugangs steigert – Prüfung eines Modells für die Altersteilzeit für die Effizienz und Umsetzbarkeit für Städte und Beamtinnen und Beamte Gemeinden. – Adäquate Miteinbeziehung der bevorstehenden Pensionierungswelle und damit der Altersstruk- • Erstellung und Evaluierung eines Verzeichnisses aller tur im Bundesdienst in strategische Planungen in Österreich tätigen Amtssachverständigen auf – Demografiesensible Personalpolitik zur Gewähr- Ebene aller Gebietskörperschaften leistung des notwendigen Wissenstransfers – Aufgabenorientierte Sicherstellung von ausrei- • Verfahrensbeschleunigung und Effizienzsteigerung chend Personal- und Sachressourcen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren – Schaffung einer einheitlichen Basis des Dienst- – Bessere Strukturierung von VwG-Verfahren und rechts für vertragliche wie auch öffen­tlich- Nachbesserungen beim Schluss des Ermittlungs- rechtliche Dienstverhältnisse. Wichtig ist die verfahrens Berücksichtigung von Berufsspezifika im Rahmen – Prüfung der Möglichkeit, bei technischen Fragen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes Ermittlungs- bzw. Berechnungsaufträge an die – Bürokratieabbau bei der Nachbesetzung von belangten Behörden zu richten Planstellen vorantreiben – Stärkung des Rechtsstaates durch Zuständig- keitsübertragung zwischen Landesverwaltungs- • Schaffung von Rahmenbedingungen für die (tempo- gerichten in Fällen, wo ein Richter bzw. eine räre) Verfügbarkeit von projektbezogenen Spezialis- Richterin oder ein Mit­arbeiter bzw. Mitarbeiterin tinnen und Spezialisten (IT, Technik, Wirtschaft etc.) eines LVwG Verfahrenspartei ist – Bei einer Säumnisbeschwerde soll der säumigen • Umfassende Gewährleistung der Sicherheit der Verwaltungsbehörde eine Nachfrist zur Entschei- öffentlich Bediensteten im Rahmen der Ausübung dung gesetzt werden, in welcher diese verpflich- ihrer Tätigkeit tet ist, die Entscheidung nachzuholen, bevor die 14 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Ehrenamtliche Tätigkeit und zivilgesellschaftliches • Prüfung der Ansiedelung von Verwaltungstätigkeiten Engagement anerkennen und wertschätzen des Bundes in strukturschwache Regionen – Förderung der Anerkennung für das Engagement von Ehrenamtlichen in der Öffentlichkeit und in • Abbau von überschneidenden Kompetenzen inner- der Gesellschaft halb der Verwaltung – Bündelung und Ausbau auf Bundesebene – Heben von Synergien zwischen der Bundeswett- bestehender Initiativen zu einer „Servicestelle bewerbshörde und dem Kartell­anwalt sowie Ehrenamt“ für Ehrenamtliche zu den verschie- Prüfung einer eventuellen Zusammenführung densten Problemstellungen – Prüfung versicherungs- und arbeitsrechtlicher • Prüfung der Zweckmäßigkeit von ausgelagerten Aspekte ehrenamtlich Tätiger Stellen – Etablierung eines bundesweiten Preises für – Insbesondere auch Schaffung klarer Zielvor- besonderes ehrenamtliches Engagement gaben für ausgegliederte Rechtsträger durch die – Anerkennung der Bedeutung des zivilgesell- öffentliche Hand schaftlichen Engagements und dessen Organisa- – Kosten-Nutzen-Analyse und eingehende Prüfung tionen für die Demokratie; die Bundesregierung der budgetären Auswirkungen bekennt sich weiterhin dazu, einen aktiven Dialog und respektvollen Umgang mit Nichtre- gierungsorganisationen zu fördern. Modernes Förderwesen – Evaluierung des Vollzugs und der Effizienz des Rechtsschutzes im Versammlungsrecht • Prüfung, bestehende Datenbanken in eine umfas- sende Transparenzdatenbank zu integrieren, sowie • Evaluierung und Prüfung des Lehrerdienstrechts Verbesserung der Datenqualität und des Daten- austausches, um eine gesamthafte Sichtweise zu • Weiterentwicklung und Intensivierung der Grund- ermöglichen ausbildung und Weiterbildung im öffentlichen Dienst • Ausarbeitung einer bundesweiten Förderstrategie • Stärkung der Bewusstseinsbildung über die Leistung unter Einbeziehung der Gebietskörperschaften mit des öffentlichen Dienstes nach dem Motto: „Wer Schwerpunkten, Volumina und Zielen, einer service- sind wir, was macht der Staat, wofür wird unser orientierten Organisation sowie einer klaren Auf- Steuergeld verwendet“ gabenzuordnung der Fördergeber – Projekt beim BM für Öffentlichen Dienst unter Einbindung aller Ressorts und der GÖD – Niederschwellig, Nutzung von Social Media Nachhaltige öffentliche Vergabe sicherstellen • Die Länder werden aufgefordert, Bautechnikver- ordnungen zu harmonisieren, damit die bautech- • Einführung von ökosozialen Vergabekriterien, die nischen Vorschriften künftig für Unternehmen, die bindend für die bundesweite Beschaffung sind länderübergreifend arbeiten, anwenderfreundlicher, – Einsatz für eine Stärkung der Regionalität im einfacher und klarer gestaltet sowie insgesamt Rahmen EU-rechtlicher Vergaberichtlinien reduziert werden können. – Im Sinne des beschlossenen Best-Bieter-Prinzips muss der Fokus auf Qualitätskriterien liegen. Regierungsprogramm 2020 – 2024 15 • Verlängerung der Schwellenwerte-Verordnung und weitgehender Einbindung der wahlwerbenden Prüfung der Anhebung der Schwellenwerte im Sinne Gruppen gebildet werden. der Förderung der regionalen und ökosozialen Marktwirtschaft • Wahlkartenbeantragung kann nur individuell über- tragen werden und nicht durch eine Organisation. Wahlrechtsreform • Einfachere Gestaltung der Wahlkartenwahl, um die Anzahl der ungültigen Briefwahlstimmen zu senken • Prüfung von Auszählung aller Urnen- sowie Brief- wahlstimmen am Wahltag unter Beibehaltung sämt- • Briefwahl auf dem Postweg analog zu Paketsen- licher Wahlgrundsätze, sodass das Ergebnis bereits dungen nachvollziehbar machen (z. B. mit Barcode). am Wahltag bereitgestellt werden kann Zumindest der Eingang bei der Wahlbehörde sollte bestätigt werden. • Erleichterungen bei der Briefwahl, insbesondere bei Beantragung, Ausstellung und Stimmabgabe am • Ausweitung des behindertengerechten Wahlrechts Gemeindeamt, Magistrat oder Bezirksamt – Einführung barrierefreier Stimmzettel und Wahl- informationen • Drei Wochen vor einer Wahl müssen Wahlberech- tigte die Möglichkeit haben, die Briefwahl persönlich • Prüfung einer etwaigen flexibleren Regelung für zu beantragen und unmittelbar im Anschluss auch gemeindeübergreifende Wahllokale und Wahlspren- auf der Gemeinde ihre Stimme abzugeben. gel – Dafür ist es notwendig, sich an die Lebensreali- tät der Bürgerinnen und Bürger anzupassen und • Prüfung von elektronischen Alternativen zur physi- beispielsweise auch Abendtermine zu ermög- schen Auflage des Wählerverzeichnisses in Gemein- lichen. den – Den Wahlberechtigten, die selbstverständ- lich einen Identitätsnachweis liefern müssen, • Prüfung der vorgeschriebenen Größe der Wahlbe- sind adäquate Rahmenbedingungen zu bieten hörden im Hinblick auf eine mögliche Verkleinerung (getrennter Raum, Wahlzelle, ausreichend Zeit). Die Verwahrung der Stimmen liegt in der Ver- • Aufsichtspflichtige und Begleiterinnen bzw. Beglei- antwortung der Gemeinde und muss durch eine ter für Menschen mit besonderen Bedürfnissen versiegelte Urne sichergestellt werden. dürfen im Wahllokal anwesend sein. – Bestehende Regelungen zur Mitnahme von Briefwahlkarten sowie deren Versand bleiben • Prüfung der Kammerwahlordnungen unter Einbezie- aufrecht. hung der betroffenen Kammern, um Wahlen transpa- – Die Regelung bezüglich der Abgabe der Stimme renter, für die Wahlberechtigten serviceorientierter mittels Briefwahlkarte in einem fremden Wahl- zu gestalten und Missbrauch hintanzuhalten lokal bleibt bestehen. Wie bisher zählt die Bezirkswahlkommission diese Stimmen aus. • Prüfung einer einheitlichen Abgeltung von Wahlbei- – Fliegende Wahlkommissionen werden weiterhin sitzerinnen und Wahlbeisitzern bei Krankheitsfällen eingesetzt. Die betreffen- den Wahlkommissionen sollten unter möglichst 16 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Prüfung der Einrichtung eines Pools für Bürgerinnen • Pflicht zur aktiven Informationsveröffentlichung (im und Bürger zur Beschickung der Wahlkommissionen Verfassungsrang) hinsichtlich der von den Parteien nicht besetzten – Informationen von allgemeinem Interesse Beiratspositionen (einfachgesetzlich zu regeln) sind in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise zu • Prüfung einer Fristfestlegung bei Neuwahlbeschluss veröffentlichen, insbesondere Studien, Gutachten, durch den Nationalrat Stellungnahmen, Verträge ab einem festzulegen- den Schwellenwert (Veröffentlichung in angemes- • In der Vergangenheit wurden gerade in der Zeit vor sener Frist, einfachgesetzlich festzulegen). Wahlen Beschlüsse mit langfristiger Auswirkung – Schaffung eines zentralen Transparenzregisters auf das Bundesbudget gefasst, ohne dass diese Beschlüsse den regulären Prozess einer Begut- • Recht auf Zugang zu Informationen (unabhängig von achtung durchlaufen haben. Daher sollen, unter der Form der Speicherung) Einbeziehung aller Parlamentsparteien, Maßnahmen geprüft werden, um in Vorwahlzeiten nachhaltiges • Einschließlich Zugang zu (bereits angelegten) und verantwortungsvolles Handeln im Parlament Dokumenten sicherzustellen und die üblichen Prozesse im Gesetzgebungsverfahren einzuhalten. • Kein Informationsrecht, soweit und solange die Geheimhaltung erforderlich und verhältnismäßig ist: – aufgrund der Vertraulichkeit personenbezogener Kontroll- und Transparenzpaket Daten im Sinne der DSGVO, Informationsfreiheit – aufgrund außen- und integrationspolitischer Gründe, • Abschaffung des Amtsgeheimnisses bzw. der Amts- – im Interesse der nationalen Sicherheit, der verschwiegenheit umfassenden Landesverteidigung oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und • Aufhebung von Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG Sicherheit, – zur Vorbereitung einer behördlichen Entschei- • Neu: Einklagbares Recht auf Informationsfreiheit dung, – sofern ein erheblicher wirtschaftlicher oder finan- • Richtet sich an: zieller Schaden einer Gebietskörperschaft oder – die Organe der Gesetzgebung eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers droht, – die mit der Besorgung von Geschäften der – zur Wahrung von Geschäfts- oder Betriebsge- Bundesverwaltung und der Landesverwaltung heimnissen, sofern diese durch innerstaatliches betrauten Organe oder EU-Recht geschützt sind, – Organe der Selbstverwaltung – wegen der Vertraulichkeit von Beratungen von – Organe der Justizverwaltung Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit – die Volksanwaltschaft sowie eine vom Land für gesetzlich vorgesehen ist, den Bereich der Landesverwaltung geschaffene – zum Schutz laufender Ermittlungs-, Gerichts- Einrichtung mit gleichwertigen Aufgaben wie die und Disziplinarverfahren. Volksanwaltschaft – Unternehmen, die der RH-Kontrolle unter­liegen – mit Ausnahme börsennotierter Unternehmen Regierungsprogramm 2020 – 2024 17 • Missbrauchsklausel in Anlehnung an das UIG bzw. • Alle Spenden (Einzelspenden) über 500 Euro sollen Auskunftspflichtsgesetz bis spätestens drei Monate nach Erhalt der Spende veröffentlicht werden. • Übermittlung der Informationen bzw. Dokumente – Offenlegung, auf welcher Organisationsebene unverzüglich, jedenfalls binnen vier Wochen, in (Bund/Land/Bezirk/Gemeinde) bzw. bei welcher begründeten Fällen ist die Frist auf insgesamt acht Teilorganisation oder nahestehenden Organisa- Wochen zu verlängern tion die Spende angefallen ist – Einzelspenden ab 2.500 Euro sind wie bisher • Gebührenfrei unverzüglich zu veröffentlichen. – Legistische Präzisierung einer Frist, innerhalb • Rechtsschutz analog zum Umweltinformations- der die politischen Parteien eingehende Spen- gesetz; Entscheidungsfrist: zwei Monate nach den zu überprüfen und gegebenenfalls abzu- Einlangen, zwei Monate Entscheidungsfrist des lehnen haben Landesverwaltungsgerichts • Klarstellung: Über rechtlich verbindlich festgelegte • Die weisungsfreie und unabhängige Datenschutz- Mitgliedsbeiträge hinausgehende Zuwendungen des behörde soll als Beratungs- und Servicestelle den einzelnen Mitglieds werden als Spende behandelt. umfassten Institutionen zur Seite stehen. • Höhe der meldepflichtigen Mitgliedsbeiträge unter 7.500 Euro evaluieren Modernes Parteiengesetz als Grundpfeiler für das Funktionieren • Erstellung und Veröffentlichung von Bewertungsricht- des demokratischen Staatswesens linien für Sachspenden und lebende Subventionen Mehr Transparenz • Anonyme Spenden auf maximal 200 Euro begrenzen • Stärkung der Prüfungsrechte des Rechnungshofs: Zusätzlich zu den bestehenden Befugnissen des • Prüfung der Nachvollziehbarkeit von Zuwendungen Rechnungshofs nach dem Rechnungshofgesetz, von Berufs- und Wirtschaftsverbänden sowie insbesondere die Parteienförderung zu kontrollieren, anderer Interessenvertretungen werden folgende Ausweitungen der Kontrollrechte angestrebt • Erfassung bzw. Verhinderung von Umgehungs- – Der Rechnungshof erhält originäre und direkte strukturen: Evaluierung und Anpassung des Begriffs Kontroll- und Einschaurechte bei konkreten der nahestehenden Organisationen zur Vermeidung Anhaltspunkten zur Feststellung der Vollständig- von Umgehungskonstruktionen unter Beachtung der keit und Richtigkeit des Rechenschaftsberichts Empfehlungen des Rechnungshofs der Parteien und der Einhaltung des Parteien- gesetzes. • Prüfung, ob Verstöße gegen die Spendenverbots- – Zusätzlich kann der Rechnungshof bei begrün- regelungen ab einer gewissen Grenze auch Sanktio- detem Verdacht auf Verletzung des Parteienge- nen gegenüber wissentlich handelnden Spenderin- setzes von sich aus jederzeit tätig werden und nen und Spendern auslösen prüfen. 18 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Ausdehnung des Spendenverbots für Unternehmen, von dritter Seite über 50.000 Euro; Kredit- bzw. an denen die öffentliche Hand direkt oder indirekt Darlehenshöhe, Laufzeit, Angaben zur Bank/Person beteiligt ist und die konkreten Vertragskonditionen sind dem Rechnungshof bekannt zu geben. • Auslandsspenden: Evaluierung der Regelungen zum Spendenverbot von ausländischen natürlichen und • Detaillierte Einnahmen- und Ausgabenaufstellung juristischen Personen hinsichtlich der Vollziehbarkeit von Bezirksorganisationen, Statutar- und Landes- hauptstädten • Zur Bürokratievereinfachung werden Spenden bis zu einer Bagatellgrenze von 100 Euro nicht in die Spen- • Prüfung der Konkretisierung der Zwecke, für welche denobergrenze von 750.000 Euro eingerechnet. die Mittel der Parteienförderung verwendet wurden • Ausweisung der nahestehenden Organisationen Bundespräsidentenwahlgesetz – analoge Regelungen vorsehen • Präzisierung der Verpflichtung zur Offenlegung der • Anpassung des Bundespräsidentenwahlgesetzes Rechtsgeschäfte zwischen staatlichen Stellen und hinsichtlich der Transparenzregelungen des Par- Parteiunternehmen (Richtung und jeweiliger Umfang teiengesetzes (u. a. Prüfkompetenz für RH, Wahl- der Geldflüsse gegenüber dem Rechnungshof) kampfkostenobergrenze und Spendenobergrenze) • Aufbewahrungspflichten: Die Pflicht, die Bücher aufzubewahren, sollte auf sieben Jahre festgelegt Inhalte des Rechenschaftsberichts werden. • Neustrukturierung der Gliederung des Rechen- schaftsberichts hinsichtlich der Einnahmen und • Zeichnungsregister im Parteienregister, ähnlich wie Ausgaben bzw. Erträge und Aufwendungen in im Firmenbuch oder Vereinsgesetz Anlehnung an das UGB (und Festlegung der Rech- nungslegungsgrundsätze) • Impressumspflicht bei politischen Inseraten – unter Beibehaltung der Informationen über Kredittilgungen – unter Beibehaltung der Informationen über Wahlwerbungskosten Investitionen • Pflicht zur Veröffentlichung eines eigenen Rechen- – unter Beibehaltung der Informationen über schaftsberichts nach definierter Gliederung über die Beteiligungen Wahlwerbungsausgaben innerhalb von sechs Mona- – unter Beibehaltung der Informationen von Geld- ten nach der Wahl (RH-Prüfung dann im Rahmen der flüssen nahestehender Organisationen regulären Prüfung des jährlichen Rechenschafts- – unter zusätzlicher Ausweisung von Geldflüssen berichts) innerhalb der Parteiorganisationen • Fixe und erhöhte Strafen bei Überschreitung der • Bund: Bilanzierung der Bundespartei Wahlwerbungsausgaben – 0–10 % Überschreitung: 15 % • Land: Rechenschaftsbericht mit zusätzlichen – 10–25 % Überschreitung: 50 % des 2. Überschrei- Ausweisen der Immobilien, Kredite und Darlehen tungsbetrages Regierungsprogramm 2020 – 2024 19 – 25–50 % Überschreitung: 150 % des 3. Über­ – Sanktionen für nicht fristgerechte Abgabe des schreitungsbetrages Rechenschaftsberichts – Über 50 % Überschreitung: 200 % des 4. Über­ – Sanktion für fehlenden Ausweis der Wahlwer- schreitungsbetrages bungsausgaben im Rechenschaftsbericht – Klare Verjährungsfristen für Verstöße gegen das • Ausdrückliche legistische Klarstellung, dass unter Parteiengesetz Wahlwerbungsausgaben ausschließlich Aufwendun- – Beginn der einjährigen Verjährungsfrist bei gen im Zeitraum vom Stichtag bis zum Wahltag zu verwaltungsstrafrechtlichen Regelungen gegen verstehen sind (unabhängig von Rechnungs- und individuelle Entscheidungsträger erst ab dem Zahlungsterminen) Zeitpunkt der Übermittlung des Rechenschafts- berichts • Evaluierung des neu eingeführten Monitoring-Ver- fahrens zu den Wahlwerbungsausgaben Weniger Bürokratie • Registrierungspflicht für Personenkomitees beim • Klare Differenzierung zwischen Aktivitäten der RH (anstatt UPTS) mit Einverständnis­erklärung der politischen Parteien und der Zivilgesellschaft begünstigten Partei; Eva­luierung einer Registrie- – Ehrenamtliches zivilgesellschaftliches Engage- rungspflicht auch für „Third Parties“ (z. B. Vereine), ment, das ohne Gegenleistung getätigt wird, deren Ausgaben jenseits eines Freibetrages (z. B. soll durch die Regelung des Parteiengesetzes bundesweite Wahlen 7.500 Euro, Gemeinderats- und nicht beschränkt werden. Diesbezüglich ist eine Landtagswahlen entsprechend niedriger) liegen Regelung speziell zu Sachspenden zu prüfen. • Prüfung möglicher gesetzlicher Regelungen, welcher Organwalter für falsche, unrichtige, unvollständige Mehr Transparenz bei Stellen- Meldungen die Verantwortung zu tragen hat besetzungen • Erweiterung der Prüfzuständigkeit des RH auch auf Sponsoring und Inserate Unternehmen ab einer öffentlichen Beteiligung von • Jeweils gesonderter Ausweis von Einnahmen aus 25 % mit Ausnahme der börsennotierten Unterneh- Sponsoring und Inseraten bei den einzelnen Organi- men sationseinheiten entsprechend den Rechenschafts- berichten • Evaluierung von Bestellungen von Geschäfts- führungsorganen (insbesondere Vorständen) in • Erfassung von Inseraten in Medien, deren Medien- Unternehmen mit staatlicher Beteiligung mit der inhaber eine nahestehende Organisation oder eine Zielsetzung der Verbesserung der Transparenz und Gliederung der Partei ist Objektivierung bei Bestellungsvoraussetzungen Sanktionen • Grundsätzliche Überprüfung des Sanktionensystems des PartG auf Vollständigkeit und Transparenz, insbesondere 20 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Justiz & Konsumentenschutz Die österreichische Justiz mit all ihren Mitarbeiterinnen Bevölkerung effektiv zu schützen und die Korruptionsbe- und Mitarbeitern trägt entscheidend zu einem funktionie- kämpfung effektiv voranzutreiben. Der Opferschutz soll renden Rechtsstaat bei. Eine effiziente und qualitätsvolle gestärkt und auf neue Phänomene, wie beispielsweise Justiz sorgt für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in „Hass im Netz“, muss wirkungsvoll reagiert werden. Im Österreich und ermöglicht dadurch das nötige Vertrauen Wirtschaftsrecht und Konsumentenschutz gilt es, durch seitens der Bürgerinnen und Bürger. Sie ist somit der einen klugen Interessensausgleich Rahmenbedingungen Grundpfeiler eines jeden Rechtsstaates und jeder De- zu schaffen, die sich positiv auf das tägliche Leben der mokratie. Vor diesem Hintergrund bekennen wir uns als Menschen auswirken. Und im Bereich Wohnen wollen wir Bundesregierung zu einer ausreichend ausgestatteten leistbare Mieten, die Bildung von Eigentum, Nachhaltigkeit Justiz. Dies ist die Voraussetzung für eine Absicherung und Fairness fördern. der unabhängigen Gerichtsbarkeit und für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit. Justizverwaltung Die Justiz muss sich dabei den wechselnden Heraus- forderungen unserer Zeit stetig anpassen. Sie soll rasch, Ressourcen/Personal zuverlässig und bürgernah handeln. Dazu ist es etwa • Ausstattung der Justiz mit erforderlichen Ressour- notwendig, die Digitalisierung weiter voranzutreiben und cen, um Verfahren rasch und qualitätsvoll durchfüh- das Service für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unter- ren zu können, nicht nur zur Aufrechterhaltung des nehmen weiter auszubauen. Diese und andere innovative Betriebs, sondern auch zur Verbesserung und für Lösungen sollen insgesamt den Zugang der Bürgerinnen anstehende Reformen und Bürger zur Justiz erleichtern. Weiters sind insbeson- dere die Beschleunigung von Verfahren, die Optimierung • Unterstützung des Bundesverwaltungsgerichts von Arbeitsabläufen und die Nutzung von Synergieeffek- (BVwG) zum zügigen Abbau der anhängigen Verfah- ten wesentliche Bausteine einer leistungsfähigen Justiz, ren im Bereich der Asyl- und Fremdenverfahren die somit zu einem starken Wirtschaftsstandort und einer – Mehr wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und lebendigen Zivilgesellschaft beiträgt. Mitarbeiter sowie Prüfung zusätzlicher Plan- stellen Im Rahmen des Straf- und Maßnahmenvollzugs sorgt die österreichische Justiz auch wesentlich für die Sicherheit • Ausstattung der Datenschutzbehörde mit ausrei- unserer Bevölkerung. In allen Vollzugsanstalten sollen chenden Ressourcen daher die notwendigen und zeitgemäßen Sicherheits- standards gewährleistet und die Resozialisierung der • Nachhaltige Sicherung des exekutiven und nicht- Inhaftierten gefördert werden. exekutiven Personalstandes im Bereich des Strafvoll- zuges Darüber hinaus muss der Rechtsbestand auf Basis wissen- schaftlicher Erkenntnisse stetig evaluiert und im Hinblick • Behördeneigene Expertenstruktur, insbesondere im auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwick- strafrechtlichen Ermittlungsverfahren weiter aus- lungen modernisiert werden. So muss beispielsweise bauen (Wirtschaft, Finanzen, IT) das Strafrecht neue Bedrohungslagen abbilden, um die Regierungsprogramm 2020 – 2024 21 • Evaluierung der Tätigkeiten von Richterinnen bzw. Großteil der Bürgeranfragen rasch und unbüro- Richtern, Rechtspflegerinnen bzw. Rechtspflegern kratisch erledigen zu können und Kanzleikräften, um Abgrenzungen, Zuständig- – Einrichtung eines zentralen Telefoncenters mit keiten und Aufgabenzuteilungen klarer zu definieren dem Ziel, als First-Level-Support sämtliche eingehende Telefonate entgegenzunehmen und einen Großteil der Anfragen rasch und unbüro- Sachverständigen- und Dolmetscherrecht – kratisch zu erledigen Qualität erhöhen – Bekenntnis zum und Erhalt des Amtstages • Erhöhung der Qualität von SV-Gutachten, Erstellung – Bekenntnis zum Erhalt der derzeitigen Gerichts- von Richtlinien für formale Mindestvoraussetzungen struktur (u. a. psychiatrische Gutachten), Betonung der – Medienarbeit bei Gericht und Staatsanwalt- Fallmanagement-Verantwortung des Gerichts, Nach- schaft professionalisieren (Aus- und Fortbildung) schärfungen beim Rezertifizierungsverfahren und Öffnung für nicht-richterliches Personal – Verpflichtende Veröffentlichung im RIS zumin- • Evaluierung und Überarbeitung der Gebühren- dest von Urteilen der Oberlandesgerichte ordnungen der Sachverständigen und Dolmet- – Förderung einer für Laien verständlicheren scherinnen und Dolmetscher, insbesondere unter Sprache in der Justiz Berücksichtigung der Tarife sowie Qualitätskriterien • Pilotprojekt und Evaluierung gemeinsam mit mit dem Ziel der Attraktivitätssteigerung (wo nötig, der Wissenschaft auch finanzielle Erhöhung der Tarife) und in diesem Zusammenhang Prüfung von Insourcing Zugang zur Justiz für alle Bürgerinnen und Bürger erleichtern Bürger-/Bürgerinnen- und • Evaluierung der Gerichtsgebühren und allfällige Unternehmensservice Gerichtsgebührensenkung, insbesondere bei Rechts- • Umsetzung eines modernen und zeitgemäßen mittelinstanz und Privatanklagen Bürger-/Bürgerinnen- und Unternehmensservice, Anliegen in digitaler Form herantragen sowie rasche • Neuordnung der Verfahrenshilfe unter Einbeziehung und unbürokratische Auskunft für Bürgerinnen und der Rechtsanwaltskammer Bürger – Schaffung einer digitalen Plattform für Bürge- • Ersatz von Kosten im Falle eines Freispruchs im rinnen und Bürger bzw. Unternehmerinnen und Strafverfahren erhöhen (Novellierung § 393a Abs. 1 Unternehmer zur nutzerzentrierten Bündelung StPO unter Anknüpfung an die „AHK“) zur Bereitstellung der erforderlichen Verfahrens- informationen (allen voran Akteneinsicht, Ver- • Evaluierung und Novellierung des Privatbeteiligten­ fahrensstand, Verhandlungstermine, Edikte) samt anschlusses (sollte „bürgerfreundlicher“ werden, wo verbesserten Möglichkeiten zur Einbringung und einfach möglich; Staatsanwaltschaft sollte Scha- zum Empfang von justiziellen Schriftstücken denersatzanspruch für Geschädigten übernehmen – Implementierung von regionalen Justiz-Service- können) centern (Helpdesk), die über eine entsprechende personelle Ausstattung verfügen, um einen 22 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Ausbau der Digitalisierung lichen Ausbildungsstandards unter Berücksichtigung • Weiterführung der strategischen Initiative „Justiz der Vorteile der jeweiligen Systeme, Aus- und Fort- 3.0“ zur Digitalisierung der Aktenführung bildung. Neue Mitglieder der Verwaltungsgerichte – Verpflichtendes digitales Verfahrensmanagement sollen weiterhin vorwiegend aus der Verwaltung für die gesamte Gerichtsbarkeit bis Ende 2022 kommen, um die erforderliche Praxiserfahrung aus bei Berücksichtigung des nötigen Ressourcen- dem Vollzug sicherzustellen. bedarfs – Orts- und zeitunabhängige Akteneinsicht samt • Ausweitung und Förderung der Zugangsmöglichkeit Information zum Verfahrensstand, unter Beibe- verwandter Berufsgruppen zum Richter-/Staatsan- haltung physischer Akteneinsicht waltsberuf und umgekehrt – Strukturierte personenbezogene Übersicht zu Verhandlungsterminen sowie Möglichkeit zur • Prüfung einer österreichweiten Vereinheit­lichung Mitteilung von Terminpräferenzen für Verfah- und Professionalisierung der Justiz­aus- und -fort- rensbeteiligte bildung unter Einbeziehung der Wissenschaft – Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs insbesondere zur Strukturierung von Anträgen • Ergänzung der richterlichen und staatsanwaltlichen im Firmen- und Grundbuch Regelausbildung um die verpflichtenden Module – Ressortübergreifende Nutzung moderner Ana- „Umweltstrafrecht“ und „Technikklauseln (Stand lysewerkzeuge in Großstrafverfahren der Technik, Regeln der Technik, Stand der Wissen- – Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Unterstüt- schaft) und Bedeutung von grundsätzlich unverbind- zung gerichtlicher Entscheidungen durch auto- lichen Normen“ matisierte Literaturrecherche und Aufbereitung von digitalen Akten sowie zur Schaffung von • Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur Transparenz und Rechtssicherheit durch öffent- Attraktivierung des Amtes des Familienrichters liche Zurverfügungstellung von anonymisierten – Erfahrene Richterinnen bzw. Richter und rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälte aus den Instanzen sollen künftig ihre erreichte „Gehalts- • Einführung der elektronischen Akteneinsicht im position“ in eine funktional niedriger entlohnte Strafverfahren analog zum Zivilverfahren (webERV) Position, z. B. die der Familienrichterin bzw. des Familienrichters, mitnehmen können. • Einführung elektronischer Benchmark- und Cont- rollingsysteme auf Ebene der Justizanstalten und • Flexibilisierung des starren Gehaltsschemas von Zentralstelle mit dem Ziel der Erhöhung der Sicher- Richterinnen bzw. Richtern und Staatsanwältinnen heit, Stärkung der Resozialisierung und Entlastung bzw. Staatanwälten der Justizwache • Weiterentwicklung des Auswahl- und Aufnahmever- fahrens für den richterlichen Vorbereitungsdienst im Berufsbild Richterin bzw. Richter/Staats- Sinne eines modernen, transparenten und objektiven anwältin bzw. Staatsanwalt Prozesses anhand objektiver Kriterien zur Berufs- • Förderung der Durchlässigkeit zwischen der ordent- qualifikation unter Mitwirkung externer Prüferinnen lichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit (in beide und Prüfer Richtungen) und Schaffung von bundesweit einheit- Regierungsprogramm 2020 – 2024 23 – Verlängerung der Gerichtspraxis auf neun Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre und des Monate Verbots der Heirat von Cousins. Erb- und familien- – Bei Abweichung der Bestellung vom Vorschlag rechtliche Regelungen (z. B. Unterhalt) im Fall von des Personalsenats muss eine ausreichende Nichtig­erklärung von Kinderehen und Mehrfach­ehen Begründung erfolgen. müssen evaluiert und novelliert werden. • Evaluierung der Kostentragung der Familien- und • Festhalten am Verbot der Leihmutterschaft und Jugendgerichtshilfe im Rahmen des Finanzaus- Maßnahmen gegen ihre Kommerzialisierung gleichs • Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- oder Eizellspenden Zivilrecht • Modernisierung, Vereinfachung, Rechts­sicherheit Familien- und Eherecht des Kindesunterhaltsrechts • Weiterentwicklung des Familien- und Eherechts, – Erleichterung einvernehmlicher Lösungen (Infor- um es anwendungsorientierter an die heutigen mation über die mögliche Unterhaltsleistung) gesellschaftlichen Lebensrealitäten anzupassen, über den Unterhalt gemeinsamer Kinder unter anderem durch Herausarbeiten von Unter- – Grundlegende Vereinfachung der mate- schieden zwischen dem Institut der Ehe und der riell-rechtlichen Unterhaltsbemessung eingetragenen Partnerschaft als alternativem – Klarere Regelungen beim Doppelresidenzmodell Modell. Dabei sollen u. a. Regelungen wie Zweck der – Beschleunigung des Unterhaltsverfahrens, Ehe, Mitwirkungspflichten, gemeinsames Wohnen, insbesondere des Unterhaltsvorschussrechts Unterhaltszahlungen, Pensionssplitting und das (einfacherer Zugang zum Unterhaltsvorschuss) Verschuldensprinzip überprüft und gegebenenfalls – Erhöhung der Rückersatzquote (besserer und neu gefasst werden, wobei Grundsätze wie Schutz effizienterer Ressourceneinsatz) bei der Her- der Kinder, Schutz der schwächeren Partnerin bzw. einbringung von Unterhaltsvorschüssen beim des schwächeren Partners, Vermeidung verletzender Unterhaltspflichtigen Auseinandersetzungen und alle Formen des Zusam- menlebens im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. • Weitere Modernisierung des Kindschaftsrechts – Es besteht Übereinstimmung insbesondere bei – Prüfung der Möglichkeit einer gesetzlichen folgenden Punkten: Regelung des Doppelresidenzmodells • Rechtliche Information vor Eheschließung – Etablierung der gemeinsamen Obsorge als und Verpartnerung (am Standesamt) Regelfall – keine gemeinsame Obsorge bei • Verkürzung des Zerrüttungszeitraumes innerfamiliärer Gewalt und erheblicher Verlet- zung der Obsorgepflicht • Weitere Anpassungen bei abstammungsrechtlichen – Beschleunigung der Obsorge- und Kontakt- Fragen bei Kindern in Ehe zweier Frauen und bei rechtsverfahren Kindern in verschiedengeschlechtlicher eingetrage- – Stärkere Reglementierung des Verfahrens nach ner Partnerschaft zwangsweisen Kindesabnahmen • Maßnahmenpaket gegen Zwangsehe. Prüfung (auch unter Heranziehung internationaler Beispiele) der 24 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Ersatz des Personalstatuts durch den Anknüpfungs- • Überprüfung und Anpassung des Kartellrechts auf punkt „gewöhnlicher Aufenthalt“ unter Berücksich- europäischer und nationaler Ebene in Bezug auf das tigung der damit verbundenen Problemstellungen moderne Wirtschaftsleben (keine Anwendung von Rechtsordnungen, die mit der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sind) • Stärkung staatlicher Zivil- und Wirtschaftsgerichts- im internationalen Privatrecht barkeit durch Erweiterung dispo­sitiver Verfahrens- modelle mit Einwilligung beider Parteien (z. B. Fast-Track-Verfahren) Reform des Unterbringungsrechts • Evaluierung der Unterbringungsvoraussetzungen • Reform und Attraktivierung des Privatstiftungs- und -praktiken rechts im internationalen Vergleich unter Stärkung der Begünstigtenstellung • Klärung der politischen Verantwortung durch Fest- machung eines Weisungsrechts • Evaluierung und Prüfung einer vereinfachten Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften • Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine bessere Vernetzung der verschiedenen Stellen • Prüfung einer Reform des Exekutionsrechts zur unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Not- Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens wendigkeiten • Evaluierung der haftungsrechtlichen Sorgfaltsanfor- • Klarere Aufgabenverteilung zwischen Polizei, derungen bei der Kontrolle und Pflege von Bäumen Amtsärztinnen und Amtsärzten, Psychiatrien und und Wäldern mit dem Ziel, Österreichs Bäume und Gerichten Wälder zu erhalten und unnötiges Zurückschneiden oder Fällen von Bäumen zu verhindern (Wegehalter- haftung) Zivil- und Wirtschaftsrecht • Weitere Beschleunigung und Vereinfachung von Unternehmensgründungen, z. B. durch einen Ausbau Reformen im Strafrecht und Straf- der Digitalisierung im Gesellschaftsrecht, Einführung prozessrecht einer strukturierten Eingabe in das Firmenbuch und die Ermöglichung von Firmenbuch-Eingaben Unabhängige Justiz und Korruptionsbe- kämpfung • Flexibilisierung des Kapitalgesellschaftsrechts • Die Staatsanwaltschaft muss unabhängig von Beein- (GmbH, AG): Die bestehenden Regelungen sollen flussungen arbeiten können. insbesondere in Hinsicht auf Familienunternehmen und Start-ups flexibilisiert werden (unter Berücksich- • Stärkung der Staatsanwaltschaften zur unabhän- tigung des Anlegerschutzes und der Gläubiger). gigen Ermittlungsarbeit im verfassungsrechtlichen Rahmen durch • Prüfung der Modernisierung des Übernahmerechts – Entfall von vermeidbaren Berichten zur Hintanhaltung im europäischen Vergleich über- – Transparenz von Erledigungsdauer des internen schießender Regelungen (insbesondere bestehende Berichtswesens im Rahmen des Ermittlungsaktes Regelung zum „creeping in“) Regierungsprogramm 2020 – 2024 25 – Stärkung der fachlichen Ressourcen (insbe­ Strafrecht an aktuelle Herausforderungen sondere IT- und Wirtschaftsexpertise) anpassen – Stärkung der Stellung der Gruppenleiterin bzw. • Im Rahmen der Weiterentwicklung des Strafrechts des Gruppenleiters bedarf es evidenzbasierter Grundlagen, wobei – Bei besonders öffentlich verhangenen Verfahren polizeiliche, justizielle und andere Statistiken Mehraugenprinzip heranzuziehen sind, um Prävention zu stärken und – Evaluierung des vorgelagerten Rechtschutzes Kriminalität wirkungsvoller zu bekämpfen. durch Journaldienst – Verkürzung der Ermittlungsverfahren • Strafrechtspolitik auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, um Straftaten zu verhindern, Kriminali- • Anlassbezogene strukturierte und unabhängige tät zu bekämpfen und den Opferschutz zu stärken. Mitwirkung der Ermittlungseinheiten bei der Korrup- Dazu werden u. a. folgende Instrumente eingesetzt: tionsbekämpfung – Regelmäßige und langfristige Evaluierung einzu- führender und bereits eingeführter kriminalpoli- • Entlastung der Staatsanwaltschaft durch Ein- tischer Entscheidungen (u. a. durch Studien) satz von KI zur Durchsuchung von Beweismitteln – Verbesserung der statistischen Aufarbeitung (gemeinsames System für StA und Polizei) und dabei insbesondere Angleichung der polizei- lichen und justiziellen Kriminal- und Rechtspfle- • Zulassung von englischsprachigen Urkunden als gestatistiken Beweismittel im Strafverfahren; unabhängig davon – Regelmäßige repräsentative und österreichweite auch für Zivilverfahren zu überlegen „Dunkelfeldbefragungen“ zur Kriminalität, in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium • Ausbildungsoffensive im Zusammenhang mit „Geld- – Repräsentative Umfragen über Erfahrungen wäsche“ für die Strafjustiz in der Bevölkerung mit Kriminalität und Straf- rechtspflege sowie über subjektive Sicherheit, in • Stärkung der Korruptionsbekämpfung Zusammenarbeit mit dem Innenministerium – Evaluierung der für Wirtschafts(groß)verfahren – Beseitigung von Defiziten bei Statistiken der eingesetzten Kapazitäten bei der WKStA (best- Staatsanwaltschaft. Dabei soll die geplante möglicher Einsatz aller verfügbaren Kapazitäten elektronische Aktenführung genutzt werden, um für die Korruptionsbekämpfung) eine deliktspezifische Statistik der Erledigung zu – Evaluierung des Managements von Großver- erreichen. fahren, mit dem Ziel der effizienteren Erledigung der Verfahren und eines effektiven Ressourcen- • Offensive zur Bekämpfung des Missbrauchs öffentli- einsatzes (rasche Entscheidungen sichern Ver- cher Versorgungsleistungen trauen in Wirtschaftsstandort und Rechtsstaat) – Neuformulierung und Verschärfung der Straftat- – Präzisierung der Zuständigkeiten der WKStA bestände rund um organisierte Schwarzarbeit im Sinne einer zielgerichteten Strafverfolgung, soweit sinnvoll • Strukturierte Mitwirkung der Staatsanwaltschaft bei der Bekämpfung des organisierten Schlepperwesens • Behördeneigene Sachverständigenstruktur weiter ausbauen 26 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Maßnahmenpaket für die Bekämpfung im Bereich derinnen und Umweltsünder zur Verantwortung der organisierten Kriminalität, u. a. durch härtere für ihr Handeln zu ziehen (u. a. Stärkung des Strafen für Hintermänner und mehr Unterstützung privatbeteiligten Anschlusses zur Schadensgut- für Betroffene mit klarer Unterscheidung zwischen machung). Es braucht wirkungsvolle Strafen für Opfer und Täter Umweltsünderinnen und Umweltsünder sowie – Menschenhandel und Ausbeutung Verbände im Sinne des Verbandsverantwortlich- – Zwangsprostitution keitsgesetzes (VbVG). Die Kontrollen müssen – illegales Glücksspiel massiv verstärkt werden (z. B. illegale Müllent- sorgung, Harmonisierung des Abfallbegriffes). • Präzisierung und Ergänzung von Straftatbeständen – Bündelung staatsanwaltlicher Ermittlungskompe- zur effektiven Bekämpfung des religiös motivierten tenzen zur Bekämpfung von Umweltverbrechen politischen Extremismus (politischer Islam) – Evaluierung möglicher Erschwerungsgründe für • Prüfung von strafrechtlichen Bestimmungen, die religiös motivierten politischen Extremismus Einfluss auf den Wirtschaftsstandort haben (ver- stärkter Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheim- • Kampf gegen den Antisemitismus – Überarbeitung nissen sowie Novellierung der Bestimmungen über des Verbotsgesetzes Industriespionage) – Evaluierung und allfällige legistische Über- arbeitung des VerbotsG unter dem Aspekt der • Evaluierung und Prüfung des Untreuetatbestandes inländischen Gerichtsbarkeit, insbesondere in (§ 153 StGB) Hinblick auf die Äußerungsdelikte der §§ 3g und 3f VerbotsG und Schließen weiterer Lücken (z. B. • Überarbeitung des Verbandsverantwortlichkeits- Teilleugnung) gesetzes (VbVG) – Prüfung einer Möglichkeit der Einziehung von – Überarbeitung des Sanktionensystems durch NS-Devotionalien unabhängig von der Verwirkli- Erweiterung und attraktivere Gestaltung der chung einer mit Strafe bedrohten Handlung und Möglichkeiten diversioneller Erledigung Evaluierung des Abzeichengesetzes – Überprüfung und Überarbeitung der prozessua- len Bestimmungen • Stärkung von Sicherheit, Rechtsfrieden und des Schutzes der höchsten Rechtsgüter, nicht nur in der • Das Strafrecht sollte in einzelnen Punkten evaluiert analogen Welt, sondern auch in der digitalen Welt und gegebenenfalls überarbeitet werden, so ins- – Erarbeitung zeitgemäßer und Erweiterung bzw. besondere Präzisierung vorhandener Straftatbestände zur – Schließung von Lücken im Korruptionsstrafrecht Bekämpfung aller Arten von Cyberkriminalität (z. B. Einbeziehung von Personen in die Beste- sowie Prüfung der Erhöhung der derzeit in chungsbestimmungen, die sich um eine Funktion Geltung stehenden Strafrahmen als Amtsträger bewerben) – Bündelung staatsanwaltlicher Ermittlungskompe- tenzen zur Bekämpfung digitaler Verbrechen • Zielgerichtetere Verfolgung von Jugendstraftaten sowie effiziente Resozialisierung mit Bündelung der • Kampf gegen Umweltkriminalität notwendigen Kompetenzen – Evaluierung und gegebenenfalls Novellierung der derzeitigen Strafbestimmungen, um Umweltsün- Regierungsprogramm 2020 – 2024 27 Strafprozessrecht modernisieren • Effektive Beschäftigungsmodelle für Insassen hin • Modernisierung des Haupt- und Rechtsmittelver- zu überregionaler Gliederung unterschiedlicher fahrens, u. a.: Betriebs- und Ausbildungsbereiche – Einführung der Verpflichtung zur Strukturierung des Verhandlungsablaufs in Form eines Rechts- • Die Ressourcen zur Erfüllung des Resozialisierungs- gesprächs auftrags müssen zielgerichtet primär bei jenen Per- – Präzisierungen im Bereich des Ablaufs der sonen eingesetzt werden, deren Lebensmittelpunkt Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung (z. B. auch nach Verbüßung der Haftstrafe in Österreich Recht der Verteidigerin bzw. des Verteidigers liegt. Potentiell zu überstellende Insassinnen und auf nicht unterbrochene Fragestellung) Insassen sind daher zeitnah nach der rechtskräf- – Audiovisuelle Aufzeichnung der Hauptverhand- tigen Verurteilung in Übergangsabteilungen anzu- lung halten. – Moderne Protokollierungsbestimmungen unter Ausweitung des Einsatzes geeigneter und • Gewährleistung der notwendigen und zeitgemäßen benutzerfreundlicher Spracherkennungspro- Sicherheitsstandards in allen Justizanstalten durch gramme bauliche und technische Maßnahmen (u. a. Droh- – Verpflichtung der bzw. des bestellten Sachver- nenabwehr, Mobilfunkblockaden, Körperscanner, ständigen, zu widerstreitenden Ergebnissen Videoanalyse und Maßnahmen zur Prävention von eines Privatsachverständigengutachtens Stellung gefährlichem Verhalten) zu nehmen – Prüfung und Klarstellung des Einsatzes von • Notwendige Sanierungs- und Modernisierungsmaß- Expertinnen und Experten bei der Staatsan- nahmen von Justizanstalten waltschaft und der Behandlung der von ihnen erarbeiteten Ergebnisse in strafprozessualer • Bedarfsorientierte Einrichtung von Sicherheitsabtei- Hinsicht lungen für besonders gefährliche Insassen • Prüfung der Ausweitung des Antrags auf Einstellung • Bestmögliche Sicherheitsausstattung aller Justiz- nach § 108 StPO wachebediensteter (u. a. Kombi- und Stichschutz- westen) • Prüfen des Umfangs eines Beweisverwertungs- verbots bei rechtskräftig festgestellter Rechts- • Verpflichtende Sicherheitsüberprüfung gem. § widrigkeit einer Ermittlungsmaßnahme im konkreten 55 SPG für alle im Strafvollzug dauerhaft tätigen Strafverfahren und in anderen Verfahren Externen • Sicherheitsrelevanten Vorfällen zu jeder Tages- und Reformen im Strafvollzug Nachtzeit effektiv begegnen –Nachtdienstkapazi- täten verstärken, insbesondere die der Einsatz- Moderner Strafvollzug gruppenmitglieder und Mitglieder der Brandschutz- • Modernisierung des Strafvollzugsgesetzes durch gruppe/Betriebsfeuerwehr klare und strukturierte Handlungsanleitungen und Ausweitung des elektronisch überwachten Haus- • Kooperation der für Sicherheits- und Einsatz­ arrests angelegenheiten befassten Sektionen im Innen- 28 Regierungsprogramm 2020 – 2024 ministerium sowie Justizministerium zur künftigen • Prüfung der Ausweitung der Möglichkeit zu gemein- Bewältigung von Sonderlagen, um im Ernstfall nütziger Arbeit rasche Kommunikationskanäle zur Verfügung zu haben und die Sicherheit der Bevölkerung best- • Evaluierung der Haftalternativen und Einführung möglich zu gewährleisten (Synergieeffekte durch eines Maßnahmenpakets bei unter 16-Jährigen gemeinsame Schulungsmaßnahmen und Übungen sicherstellen) • Verbesserung der Schnittstellen zwischen Strafvoll- zug und Nachbetreuung • Strukturierung des Bereichs der medizinischen Ver- sorgung im Strafvollzug zur Effizienzsteigerung und Kostenersparnis Haft in der Heimat weiter forcieren – Einbeziehung der Insassinnen und Insassen in • Konsequente und rasche Überstellung ausländischer die gesetzliche Krankenversicherung ohne Ein- Insassen in deren Heimatstaat zur Verbüßung der beziehung der Angehörigen (Standardleistungen) Haftstrafe unter Einhaltung rechtsstaatlicher und – Prüfung organisatorischer Alternativen zur EMRK-Mindeststandards, insbesondere um dort Sicherung der medizinischen Versorgung der eine eventuell mögliche Resozialisierung zu gewähr- Insassinnen und Insassen (z. B. verstärkte leisten Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Trägern mittels Gesamtvertrags statt vieler • Forcierung bilateraler und multilateraler Überstel- teurer Einzelverträge, Bildung von regionalen lungsabkommen Clustern, zeitliche Ausweitung der ärztlichen Leistungen in den Anstalten, Kooperation mit • Initiative auf europäischer Ebene, ausreichende dem Bundesheer) Rechtsstaatlichkeitsstandards für Gefängnisse in – Ausbau der Projekte Videodolmetsch und Drittstaaten zu fördern Telemedizin (zur Senkung der Ausführungen zur Behandlung) • Verstärkte Nutzung von Instrumenten wie ein Abse- – Stärkung von Erwachsenenschutzvereinen und hen von einem Teil des Strafvollzugs bei freiwilliger Bewährungshilfe Rückkehr in den Heimatstaat (§ 133a StVG) • Bedarfsgerechte Ressourcen für Justizwachebeamte und Attraktivierung des Berufsbildes Reform des Maßnahmenvollzugs • Zweck der Unterbringung ist einerseits die Gewähr- • Bedarfsgerechte Ressourcen für psychologische, leistung der öffentlichen Sicherheit und andererseits psychiatrische und sozialarbeiterische Betreuung die erforderliche medizinische Behandlung sowie die Resozialisierung. • Neubewertung von Karrierewegen für Justizwache- beamte in Justizanstalten • Überarbeitung der derzeit geltenden Rechtsgrund- lagen hin zu einem modernen Maßnahmenvoll- • Prüfung der Möglichkeit eines Anspruchs auf zugsgesetz unter Berücksichtigung der aktuellen bedingte Entlassung mit Auflagen und Einschrän- Rechtsprechung des EGMR, insbesondere zum kung auf bestimmte Deliktsgruppen (Ausschluss von Rechtsschutzsystem Sexual- und schweren Gewaltdelikten) Regierungsprogramm 2020 – 2024 29 • Berücksichtigung der Empfehlungen der Evaluierun- Stärkung des Opferschutzes gen zu erhöhten Einweisungszahlen • Minderjährige, die Zeuginnen bzw. Zeugen fami- liärer Gewalt wurden, sollen Prozessbegleitung in • Enthaftung von untergebrachten Rechts­ Anspruch nehmen können brecherinnen und Rechtsbrechern, ausschließlich wenn durch Gutachten an­genommen wird, dass • Gerichte: Prüfung der Möglichkeit einer Sonder- keine weitere gleichartige Straftat begangen wird; zuständigkeit für Gewalt im sozialen Nahraum und Verbesserung des Prozesses des Entlassungsma- Sexualdelikte (wie bei StAs) nagements inner- und außerhalb von Anstalten • Aus- und Weiterbildung für Fach-StAs sowie • Berücksichtigung der Kosten des Maßnahmenvoll- Richterinnen und Richter zum Thema; Ausbau von zugs gem. § 21 Abs. 1 StGB im Rahmen des Finanz- Supervisions- und Intervisionsangeboten ausgleichs • Bei Verletzung des Identitätsschutzes bzw. bei • Errichtung einer weiteren Sonderanstalt bzw. eines bloßstellender Berichterstattung über Opfer von Forensisch-therapeutischen Zentrums für den Straftaten: Erhöhung der Entschädigungsbeträge im Bereich des Maßnahmenvollzugs gemäß § 21 Abs. MedienG 1 StGB in Fortführung der sogenannten „Insour- cing-Strategie“ Schutz vor Gewalt und Hass im Netz • Umwidmung von bestehenden Abteilungen unter Einhaltung des Trennungsgebots und höchstmögli- • Verfolgung von „Hass im Netz“ che interne Erweiterung der Kapazitäten zur Bewäl- – Bündelung der Ressourcen im Zusammenhang tigung der Anstiege der Anzahl an Untergebrachten mit Cyberkriminalität für die Staatsanwaltschaf- nach § 21 Abs. 1 und 2 StGB ten (Spezialzuständigkeit) – Errichtung baulich getrennter Departments für – Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach § 21 Abs. 2 StGB Untergebrachte möglichst der Justiz in Kooperation mit dem Innenministe- auf dem Areal einer bestehenden Justizanstalt rium auf Grund steigender Anzahl Untergebrachter – Bei Privatanklagedelikten sollte in der StPO (JA Graz-Karlau, Stein, Garsten) für bestimmte Fälle (Hasskriminalität) eine Ermittlungspflicht der Strafverfolgungsbehörden • Verhandlung neuer Verträge zur Behandlung der eingeführt werden, weil die Ausforschung zeit- Insassen in Krankenanstalten und kostenintensiv ist. • Überprüfung des Einweisungserfordernisses • Opferunterstützung bei „Hass im Netz“ Anlasstat – Entwicklung von rechtlichen Instrumenten und Möglichkeiten für Betroffene von Hass im Netz, • Maßnahmen zur Reduktion der Rückfallsgefahr sich effektiv gegen Hass im Netz zur Wehr zu während der Probezeit setzen – Forcierung von bundesweiter Vernetzung von damit befassten Stellen 30 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Prüfung auf Effizienz in der Rechtsumsetzung eines – Forcierung der Zusammenarbeit der mit Kon- digitalen Gewaltschutz-Gesetzes sumentenschutzangelegenheiten befassten – Effektive Instrumente, mit denen Betroffene Ministerien unter größtmöglicher Bündelung Sperren gegen Accounts beantragen können, – Förderung der Nachhaltigkeit von Produkten, die für festgestellte rechtswidrige Äußerungen Maßnahmen gegen geplante Obsoleszenz (u. a. missbraucht werden Haltbarkeit, Reparaturfreundlichkeit) durch – Zwingende Nennung eines Zustellbevollmäch- rasche Umsetzung der RL Waren und digitale tigten für Betreiber internationaler sozialer Inhalte Netzwerke • Instrumente der Rechtsdurchsetzung rasch an die • Einsetzung einer ressortübergreifenden Taskforce modernen Geschäftspraktiken anpassen zur effizienten Bekämpfung von Hass im Netz und – Einsatz für umfassende Nachbesserungen bei anderer digitaler Kriminalitätsformen der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Richtlinie zur Einführung von Verbandsklagen – Um Missbrauch zum Schutz der Konsumentinnen Konsumentenschutz und Konsumenten zu verhindern, müssen die qualifizierten Einrichtungen besonders hohe • Bekenntnis zu einer Balance zwischen Wirtschafts- Qualitätsanforderungen erfüllen. standort und Konsumentenschutz – Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verbandsklage als Opt-in-Prinzip mit niederschwelligem Schutz • Dauerhafte Finanzierung des Vereins für Konsumen- gleichgelagerter Ansprüche vor Verjährung teninformation (VKI) (solange Musterverfahren bei Gericht anhängig – Ziel: Finanzierung des VKI über 2020 hinaus ist), Beibehaltung des Loser-Pays Principles, sichern der Maßnahmen zur Sicherstellung eines – Evaluierung der Struktur und Tätigkeit des VKI, niederschwelligen Zugangs (z. B. Beibehaltung um auf dieser Grundlage die Finanzierung der der Möglichkeit der Prozessfinanzierung, Bei- Tätigkeit des VKI durch den Bund sowie durch behaltung der Behelfslösung österreichischer andere öffentliche und private Mitglieder auf Prägung inkl. des anwaltsfreien Zugangs) sowie geeignete und dauerhafte Weise sicherzustellen. des Ausschlusses der Bindungswirkung ausländi- Im Sinne einer dauerhaften und professionellen scher Urteile Lösung im Interesse der österreichischen Konsu- – Schlichtungen aufwerten mentinnen und Konsumenten und deren berech- – Prüfen der grenzüberschreitenden Verbraucher- tigten Anliegen soll dies so rasch wie möglich rechtsdurchsetzung im Rahmen der EU-weiten geschehen, der VKI wird eingebunden und wirkt Verbraucherbehördenkooperation (gem. VBKG), entsprechend mit. um österreichische Verbraucherinnen und Ver- braucher effektiv zu schützen • Effektive Umsetzung des Europäischen Verbraucher- – Evaluierung des Inkassowesens: Forderungen rechts zur Herstellung fairer Bedingungen müssen transparent und angemessen ausgestal- – Vermeidung von Rechtszersplitterung durch tet sein, maximale und relative Obergrenze zum Integration von EU-Rechtsakten weitgehend Streitwert einziehen in bestehende Gesetze (aktuell: EU-Richtlinie Waren und digitale Inhalte) Regierungsprogramm 2020 – 2024 31 • Beiträge zur effektiven Entschuldung und Armutsbe- der Pariser Klimaziele gemäß dem Reduktionspfad kämpfung beitragen – Evaluierung der letzten Novelle zum Insolvenz- recht • Die Länder sollen klimarelevante Maßnahmen in den – Verbesserung der Verbraucherinformation zum Bauordnungen implementieren. Basiskonto • Die Länder sollen zur Unterstützung der E-Mobilität im Rahmen der Bauordnungen Leerverrohrungen Wohnen allenfalls verpflichtend vorsehen. Investitionsanreize für Sanierungen und • Im Rahmen der 15a-Vereinbarung zur Energie- Neubau (insbesondere auch durch Abschluss effizienz werden Bezugsgrößen wie Total Costs of eines neuen Finanzausgleichs ab 2022) Ownership implementiert. • Vorrang von Nachverdichtung und Überbauung vor Versiegelung grüner Wiesen, Förderung von flächen- optimierten Bauweisen bei Neubauten Eigentumsbildung fördern • Regelmäßige Überprüfung und Evaluierung der • Vergabe von Wohnbaufördermitteln nur noch unter Wohnbaufördersysteme der Länder unter Einbezie- der Voraussetzung, dass umweltschonend gebaut hung der systematischen Bedarfsanalyse in Hinblick wird auf die Schaffung von leistbarem Eigentum • Erhöhung bzw. Schaffung neuer Abschreibungsmög- • Baukosten senken: Schaffung bundesweit einheit- lichkeiten für Neubauten und Sanierung: dafür aber licher Regelungen zu technischen Vorschriften sowie Bauweise unter höchsten ökologischen Aspekten generelle Rücknahme von ineffizienten Standards und Normen in Zusammenarbeit mit den Ländern • Explizite verfassungsrechtliche Regelung der Vertragsraumordnung zur Erhöhung der Rechts- • Baukostensenkung durch Beschleunigung der Bau- sicherheit (Prüfung der Überführung vom zivilen ins verfahren im Zusammenwirken mit den Ländern öffentliche Recht) • Mietkauf als sozial orientierter Start ins Eigentum • Überarbeitung der Anforderungen an den sozialen – Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeit- und geförderten Wohnbau in den Bauordnungen mit raumes von 20 auf 10 Jahre beim Erwerb von dem Ziel, dass Wohnraum unter Anwendung öko- Mietwohnungen mit Kaufoption logischer Maßnahmen besser leistbar wird – Mietkauf ist ein wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung. Die Transparenz der • Ziel: Durch Abschluss eines neuen FAG soll Öster- Kalkulation gegenüber der Wohnungsnutzerin reich in die Lage versetzt werden, europäischer bzw. dem Wohnungsnutzer soll erhöht werden. Spitzenreiter bei Energieeffizienz und der Verwen- – Schaffung eines Ansparmodells für den Mietkauf dung von ökologischen Baustoffen zu werden. • Überprüfung des Hypothekar- und Immobilienkredit- • Aufnahme von Gesprächen mit den Bundesländern gesetzes hinsichtlich der Weitergabe der Kreditkon- mit dem Ziel, dass Bauordnungen zum Erreichen ditionen bei der Übergabe von der Wohnbaugenos- senschaft auf den Mietkaufenden 32 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Baulandmobilisierung Schaffung von leistbarem Wohnraum • Das Instrument des Baurechts soll attraktiver • Ziel der Wohnraumpolitik ist es, Wohnraum leistba- gestaltet werden. rer zu machen, die Bildung von Eigentum zu erleich- tern und Mieten günstiger zu gestalten. • Unternehmen, die dem Bund mehrheitlich gehören, wie ÖBB, BIG und dgl. werden angeleitet, bei • Unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Grundstücksverwertungen von Bauland geförderten Expertinnen und Experten, Ländern und Gemeinden, Wohnbau besonders zu berücksichtigen. Grundsätz- der Zivilgesellschaft, Kammern und Interessen- lich soll angestrebt werden, den Grundstücksbe- vertretungen wird im Rahmen parlamentarischer stand in der öffentlichen Hand zu behalten und an Instrumente (z. B. Wohnraum-Enquete, Dialogforen) Dritte hauptsächlich per Baurecht zu vergeben. das Wohnrecht (MRG, WGG, WEG, ABGB, WBF) reformiert, damit mehr sozialer Ausgleich, öko- logische Effizienz sowie mehr Rechtssicherheit und Wohnungseigentum: Modern, sinnvoll und Wirtschaftlichkeit geschaffen wird. Ziel ist es, bis klar verständlich Ende der Legislaturperiode koordinierte Maßnahmen • Novellierung und Modernisierung des WEG: Durch- zu formulieren und umzusetzen, die alle wesent- setzbarkeit von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen lichen Regelungsbereiche behandeln. erhöhen (u. a. Überprüfung der verfahrensrecht- lichen Vorschriften), Analyse der Zustellvorschriften • Bei der Novellierung des Mietrechts sollen folgende und Zustimmungsvoraussetzungen, Erleichterung Ziele Berücksichtigung finden: der Beschlussfassung, Schaffung von neuen Mehr- – Transparentes, nachvollziehbares Mietrecht für heitsverhältnissen (z. B. Elektro-Tankstellen und Mieterinnen und Mieter sowie Eigentümerinnen Photovoltaik-Anlagen) unter Wahrung berechtigter und Eigentümer Minderheitsrechte – Hohe Rechtssicherheit und Rechtsdurchsetzbar- keit für Mieterinnen und Mieter sowie Eigentü- • Grundbuchsnovelle: Ausweitung der Automatisie- merinnen und Eigentümer rung/Digitalisierung, Reduktion der Medienbrüche – Transparente Preisbildung, die zu einem leist- baren Mietpreis für die Mieterinnen und Mieter • Maßnahmen zur Dekarbonisierung sind nicht mehr führt und die Wirtschaftlichkeit von Investitio- unter „Verbesserung“, sondern unter „Erhaltung“ zu nen wie Neubau, Nachverdichtung, Instandhal- subsumieren. tung und Sanierung sicherstellt – Das Mietrecht soll attraktiviert werden, um Öko- • Energieeffizienzmaßnahmen können unter gewissen logisierung zu forcieren. Voraussetzungen (wie die Deckung durch die Rück- – Im Finanzausgleich sollen die Wohnbauför- lagen) auch von qualifizierten Mehrheiten beschlos- derungsmittel die Erzielung leistbarer Mieten sen werden. unterstützen. • In Anlehnung an den gemeinnützigen Wohnbau sind auch im privaten Mehrparteienwohnbau verpflich- Wohnrecht tende Erhaltungsrücklagen zu implementieren. • Zielsetzung, „Right to Plug“ zu implementieren Regierungsprogramm 2020 – 2024 33 Wohnbauförderung • Prüfung von Maßnahmen, damit Wohnungen, die • Im Rahmen des Finanzausgleichs wird die Bundesre- für den ganzjährigen Wohnbedarf errichtet worden gierung darauf Einfluss nehmen, dass die Einnahmen sind, den hier lebenden Menschen zur Verfügung und Rückflüsse der Wohnbauförderung wieder für stehen Wohnen zweckgewidmet werden. • Struktureller Leerstand wird durch eine intensivere • Stärkung der Sanierung in der WBF Nutzung der Wohnbauförderung in der Sanierung wirksam bekämpft. • Die Bundesländer werden aufgefordert, zur effizien- ten Baulandbewirtschaftung Sanierung und Nach- • Verbot von Zweitwohnsitzen im Gemeindebau und verdichtung vor Neubau verstärkt zu fördern. im geförderten Mietverhältnis Leerstand & Mindernutzung Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip • Die Bundesregierung möchte das Angebot an • Wie für gewöhnlich bei Dienstleistungen üblich, Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck sollen die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobili- Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen sieren. übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat. 34 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Kunst & Kultur Für die weltweite Bedeutung Österreichs sind Kunst und Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus. Wir er- Kultur ein wesentlicher Faktor. Ob es Kunst- und Kulturerbe achten das Gedenkjahr 2020 als Ausgangspunkt für eine oder zeitgenössische Kunst ist, ob es Volkskultur, Baukultur neue, umfassende und auf breiter gesellschaftlicher Basis oder darstellende Kunst ist – Österreich zählt in allen stehende Gedenkkultur sowie geschichtswissenschaft- künstlerischen und kulturellen Bereichen zu den Besten. liche Arbeit in Österreich. Nur wer die Vergangenheit Dabei ist stets zu bedenken, dass künstlerische Positionen kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, aktuelle ge- entsprechend gestalten. sellschaftliche Herausforderungen wie etwa Klimawandel oder Integration im öffentlichen Bewusstsein zu verankern und Problemlösungsstrategien mit zu entwickeln. Österreichs Kunst und Kultur stärken und in der Welt noch Wir wollen die Basis schaffen, damit wir auch in den sichtbarer machen kommenden Jahrzehnten das internationale Niveau bei- behalten und weiter heben. Unser Ziel ist daher, zeit- • Entwicklung einer Kunst- und Kulturstrategie genössische Kunst und Kultur aus Österreich weltweit zu – Unter Einbeziehung aller Gebietskörperschaften stärken. Dafür müssen wir die bestmöglichen Rahmenbe- und mit Partizipation der Kulturinitiativen, Künst- dingungen für die in der Kunst und Kultur Tätigen sowie für lerinnen bzw. Künstler sowie Kulturarbeiterinnen die vielfältigen kulturellen Einrichtungen – von der freien und Kulturarbeiter soll in einem strukturierten Szene bis zu großen Kulturinstitutionen – schaffen. Diese Verfahren eine Kunst- und Kulturstrategie ent- Rahmenbedingungen sollen gleichermaßen Innovation wickelt werden. wie Planungssicherheit und soziale Unterstützung für – Gesetzliche Verankerung des kulturellen Erbes Künstlerinnen und Künstler ermöglichen. Auch die mu- als schützenswertes Gut sisch-kreative-künstlerische Ausbildung und Bildung als – Nachhaltiger Schutz und Erhalt unseres kulturel- wichtiger Faktor einer positiven Persönlichkeitsentwick- len Erbes – Bekenntnis zur UNESCO-Konvention lung muss weiter forciert werden. Wir brauchen auch in zur kulturellen Vielfalt und dem Schutz des Zukunft herausragende Künstlerinnen und Künstler sowie immateriellen Kulturerbes ein offenes und interessiertes Publikum. Das kreative und – Verbindlichmachung ausgewiesener Objekte künstlerische Schaffen von heute ist das kulturelle Erbe und Regionen des UNESCO-Weltkulturerbes im von morgen. österreichischen Rechtskanon – Das Bundesdenkmalamt weiterentwickeln, Neben den hellen müssen wir uns als Gesellschaft aber seine Unabhängigkeit stärken, an internationale auch mit den dunklen Kapiteln unserer Geschichte aus- Standards anpassen und die Reform fortsetzen. einandersetzen. Das Gedenkjahr 2020 bietet Gelegenheit für beides. Einerseits feiern wir mit dem 100-jährigen • Stärkung der österreichischen Kultur im Ausland Jubiläum der Salzburger Festspiele den beispiellosen – Enge Abstimmung und Zusammenarbeit der Erfolg einer der zentralen Institutionen in der vielfältigen österreichischen Auslandskultur mit dem für österreichischen Festspiel-, Festival- und Orchesterland- Kunst und Kultur verantwortlichen Ressort in schaft. Gleich­zeitig markiert 2020 den 75. Jahrestag der den Bereichen Residencies und Austausch von Gründung der Zweiten Republik und damit das Ende des in der Kunst und Kultur Tätigen; Vermittlung von Regierungsprogramm 2020 – 2024 35 Auftrittsplattformen im Ausland für heimische Provenienzforschung sollte jedenfalls auch bei Künstlerinnen und Künstler Dauerleihgaben stattfinden. – Verstärkte Sichtbarmachung der Kultureinrich- – Ein zusätzlicher Bereich soll für die postkoloniale tungen Österreichs im Ausland (z. B. Gastspiele, Provenienzforschung und den Umgang mit auch im internationalen Austausch) Human Remains etabliert werden. – Unterstützung bei der erfolgreichen Ausrichtung – Die Provenienzforschung sollte in Zukunft im der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 BDA angesiedelt sein. • Die Bundestheater-Holding GmbH weiterentwickeln Bundeskunst- und und Stärkung der Eigentümervertreterverantwor- -­kultureinrichtungen tung durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit kompetitiven Anteilen • Bundesmuseen – Stärkung der Bundesmuseums-Direktorenkon- • Beteiligungscontrolling des Bundes stärker wahr- ferenz durch gesetzliche Verankerung mit klar nehmen definierter Zielsetzung und Geschäftsordnung – mit dem Ziel, die inhaltliche Autonomie der • Konjunkturpaket für Kultur- und Gedenkstätten einzelnen Häuser sicherzustellen – Prüfung unterschiedlicher Möglichkeiten, um – Schaffung einer Bundesmuseums-Holding mit entsprechende Ressourcen für anstehende klar definierten wirtschaftlichen Aufgaben Infrastrukturprojekte in den Bundesländern zur (z. B. Übertragung des Gebäudemanagements, Verfügung stellen zu können Ticketing, IT in der Verwaltung, Kollektivver- – Die kulturelle Infrastruktur Österreichs weiter tragsfähigkeit, Stärkung der Digitalisierung, auszubauen und durch gezielte Maßnahmen umfassende Barrierefreiheit in Museen und bei zu stärken, stellen nachhaltige Investitionen in Museumswebsites) die Ressourcen Österreichs dar (insbesondere – Stärkung der Eigentümervertreterverantwortung Renovieren und Sanieren). durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit – Volkskundemuseum: zukunftsweisende Lösung kompetitiven Anteilen und durch transparente, zwischen Bund, Stadt Wien und Trägerverein, um nach inhaltlichen Kriterien zu erfolgende dieses Museum abzusichern und in die Zukunft Kuratoriumsbesetzungen (Frauen-Männer-Quote zu führen 50:50) – Digitalisat der Bestände vervollständigen – Verstärkte Kooperationen zwischen Bundesmu- Kulturelles Erbe sichern seen, Ländern und Privaten (u. a. ein abgestimm- und weiterentwickeln ter Kulturkalender und gemeinsame Schwer- punktsetzungen) • Österreich als Culture Tech Hub – Österreich als innovative internationale Platt- • Weiterführung und Ausbau der Provenienzforschung form für die Verschmelzung von Kunst, Kultur, – Provenienzforschung und Kunstrückgabe sind ein Technologie und der digitalen Welt etablieren weltweites Erfolgsmodell und sollen jedenfalls – Stärkung interdisziplinärer Zusammenarbeit aufgrund des Kunstrückgabegesetzes auch in zwischen Kultur-, Techszene und Start-ups sowie der Stiftung Leopold weitergeführt werden. Die Universitäten und Forschungseinrichtungen, um 36 Regierungsprogramm 2020 – 2024 nachhaltig unser kulturelles Erbe von morgen zu Collagen), um diese rechtlich unbeschadet zu schaffen ermöglichen – Die Einrichtung eines Film Preservation Centers umsetzen und Anpassung im Bundesarchivgesetz – Urheber- und Verwertungsrecht im digitalen Gestern – heute – morgen: Raum forcieren und schützen Die richtigen Rahmenbedingungen – Digitalisierungsoffensive zum Kulturerbe voran- für Kunst und Kultur in Österreich treiben stärken • Prüfung der Errichtung eines digitalen Foto- und • Unterstützung durch regelmäßigen Kultur-Dialog Architekturlabs: Virtuelles interaktives Ausstel- bieten, den Austausch von in der Kunst und Kultur lungsformat mit Fokus auf nachhaltige Stadt- und Tätigen und deren Interessenvertretungen mit Minis- Raumplanung (Best Practice) terien- und Ländervertreterinnen und -vertretern beleben • Baukultur – Umsetzung der Leitlinien – Entwicklung eines Umsetzungsplans der bau- • Möglichkeiten schaffen, um die Drittmittel­akquise kulturellen Leitlinien des Bundes der Einrichtungen des Bundes unter der Vorausset- – Stärkung des ländlichen Raums zung der Teilrechtsfähigkeit zu stärken – Eigener Fonds für das Bundesdenkmalamt (BDA) • Prüfung einer neuen Organisationsform des Öster- reichischen Staatsarchivs in eine wissenschaftliche • Weiterentwicklung eines strukturellen Anreizmodells Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes für privates finanzielles Engagement (Kriterien definieren; steuerliche Absetzmöglichkeiten prüfen) • Verantwortung gegenüber den durch Gewalt und illegalen Handel bedrohten Kulturgütern verstärkt • Überprüfung steuerlicher Entlastung im Kunst- und wahrnehmen Kulturbereich • Die musisch-kreative Ausbildung unserer Kinder Zeitgenössische Kunst und Kultur und Jugendlichen muss in allen Bildungs- und stärken Ausbildungseinrichtungen weiter forciert werden: für Kunstschaffende und ein Publikum von morgen – • Einführung eines Urhebervertragsrechts und kreative Menschen in einer digitalisierten Welt. – Ein modernes Urheberrecht beinhaltet ein Vertragsrecht, das unfaire Knebelverträge • Unterstützung der Entwicklung von Musikschulen zu verhindert und die Künstlerinnen und Künstler gesamthaften Kunstschulen (Beispiel Tschechien), gegenüber den Produktions- und Vertriebsge- um den österreichischen Nachwuchs im Bereich sellschaften stärkt. Kunst und Kultur sowie die weltweite Vorreiterrolle – Angemessene Vergütung der Urheberinnen und der österreichischen Kunst- und Musikuniversitäten Urheber mithilfe einer Pauschalabgabe zu fördern sowie eine Verschränkung mit dem Regel- – Ausdehnung des Katalogs der Ausnahmen für schulwesen. freie Werknutzung (z. B. Remixes, Samples, Regierungsprogramm 2020 – 2024 37 • Unsere Kunstuniversitäten gehören zu den besten • Sicherstellung der Dotierung des Künstlersozial- der Welt – Anpassung in den Studienplänen versicherungsfonds sowie seine Evaluierung und der Lehramtsstudien und der Instrumental- und Weiterentwicklung der Förderkriterien und des Gesangspädagogik und Änderung im Lehrerdienst- Bezieherkreises recht, um für Absolventinnen und Absolventen die Möglichkeit zu schaffen, im Primarbereich zu • Entwicklung einer gemeinsamen Strategie von Bund, unterrichten Ländern und Gemeinden zur Umsetzung der Kultur- strategie „Fairpay“ • Weiterer Ausbau von Förderprogrammen für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichti- • Mögliche jährliche Valorisierung der Kunst- und gung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung Kulturförderungen (u. a. der Personalkosten) in mehrjährigen Verträgen, vergleichbar den Leistungs- • Position der Kunstvermittlerinnen und -vermittler in vereinbarungen den Kulturbetrieben stärken • Entwicklung von speziellen Mentoring-Programmen • Nachwuchsförderung – Start Now in der Kunst, speziell für Frauen – Schaffung von gemeinschaftlichen Plattformen zwischen Studierenden und Absolventinnen/ • Gleichstellung und Frauenförderung Absolventen (bis zu vier Jahre) sowie professio- – Bei der Fördervergabe ist jedenfalls auf nellen Kulturorganisationen/Universitäten zur Geschlechtergerechtigkeit zu achten und diese Präsentation und Unterstützung von Kooperatio- umzusetzen. nen – Förderungen und Basissubventionen nur bei – Evaluierung bestehender Preise, Stipendien gleicher Bezahlung von Männern und Frauen für und Wettbewerbe; auf dieser Basis Entwick- gleiche Arbeit lung neuer Formate für Preise, Stipendien – Schritt für Schritt Reduzierung des Gender-Pay- und Wettbewerbe (z. B. Schaffung eines Tho- Gap in Kunst- und Kulturorganisationen mas-Bernhard-Preises für junge österreichische Nachwuchsautorinnen und -autoren) • Förderwesen verbessern und mehr Transparenz – Förderabwicklung weiter digitalisieren und • Öffentlich-rechtlichen Auftrag im Bereich Kunst und vereinfachen. Ansuchen und Abwicklung von Kultur stärken und klares Profil für ORF III als Kultur- Förderungen nach dem One-Stop-Shop-Prinzip, und Kunstsender sowie für Ö1 und FM4 im Bereich Synergien mit Förderabteilungen in den Bundes- des Radios ländern nutzen – Transparente Entscheidung und Förderabwick- • Abbilden der österreichischen Pop- und Jazzszene lung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Besetzung von Beiräten und Jurys (Compliance) ausschließlich nach sachlichen und inhaltlichen • Weiterentwicklung der sozialen Absicherung der in Gesichtspunkten auf der Grundlage von trans- der Kunst und Kultur Tätigen im Bereich der Pen- parenten Auswahlverfahren; stärkere Berück- sionsansprüche (Maßnahmen gegen die Altersarmut) sichtigung der Internationalität und Forcierung und der Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenversicherung), der Diversität vergleichbar mit der Selbstständigen-Regelung 38 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Neue Förderschwerpunkte Synergien und Transparenz im Interesse der – Stärkung der inter- und transdisziplinären künst- Urheberinnen und Urheber lerisch-wissenschaftlichen Vorhaben – Stärkung der Aufsichtsbehörde – Stärkung der Kunst- und Kulturprojekte im – Vereinfachte Verfahren bei Lizenzvergaben Bereich der anerkannten Volksgruppen • Kulturpass für Menschen mit finanziellen – Stärkung der Kunst- und Kulturprojekte im Engpässen in Anlehnung an das Konzept Bereich der Integration „Hunger auf Kunst und Kultur“ • Filmstandort Österreich forcieren: Die bestehen- den Filmfördermodelle mit dem Ziel evaluieren, Gedenkkultur heimisches Filmschaffen in all seinen Varianten und Vertriebsmöglichkeiten gezielt zu stärken • Entwicklung einer Gedenkstrategie mit dem Ziel, die unterschiedlichen Rechtsträger der österreichischen • Bund, Länder, Gemeinden Gedenkstätten, Sammlungen und Museen unter dem – Verbesserung der Koordination zwischen Bund/ Dach des Parlaments zusammenzuführen und die Ländern/Gemeinden im Kunst- und Kulturbereich dauerhafte Finanzierung sicherzustellen – Stärkung der regionalen und lokalen Förderung für Künstlerinnen und Künstler, die freie Szene • Stärkung des Dokumentationsarchivs des österrei- und Kulturinitiativen, insbesondere mit überre- chischen Widerstandes (DÖW) und Schaffung einer gionaler Bedeutung Forschungs- und Dokumentationsstelle für Anti- – Keine Verpflichtung zur „wenn, dann-Förderung“: semitismus, für den religiös motivierten politischen „Wenn Land, dann …“ Extremismus (politischer Islam) und für den Rassis- – Transparente Aufschlüsselung der Zuordnung mus im 21. Jahrhundert der Fördermittel nach Bundesländern und Gemeinden in den Kunst- und Kulturberichten • Ankauf und Weiterentwicklung der Gedenkstätte KZ Mauthausen-Gusen • Flächendeckende Grundversorgung mit öffentlichen Bibliotheken • Stärkung der Erinnerungskultur für Jugendliche – Bekenntnis zur Bedeutung von öffentlichen inner- und außerhalb der Schulen Bibliotheken. • Entwicklung eines Masterplanes • Unterstützung der Weiterbildung von (ehren- amtlichen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern • Koordinierung der Bibliotheken bei der Anschaffung von Lizenzen • Erweiterung der Öffnungszeiten (Sonntags- öffnung) der Österreichischen Nationalbiblio- thek (ÖNB) • Verwertungsgesellschaften – Umfassende Evaluierung der Verwertungsgesell- schaften vor allem hinsichtlich wirtschaftlicher Regierungsprogramm 2020 – 2024 39 Medien Wir bekennen uns zu einer Medienpolitik, die Grund- muss dabei an die medialen Anforderungen der Zeit an- werte wie Pluralismus, Unabhängigkeit, Medien- und gepasst werden und die dafür notwendige, unabhängige Pressefreiheit sowie Innovation sicherstellt und fördert. Finanzierung erhalten. Zusätzlich sehen wir es als zentrale Aufgabe, auf die ver- änderten Rahmenbedingungen durch die fortschreitende Digitalisierung und Globalisierung zu reagieren. Digitale Österreichischen und europäischen Technologien verändern die Art und Weise, wie Inhalte Medienstandort stärken produziert, verbreitet und konsumiert werden. Das birgt Chancen, aber auch große Herausforderungen, die völlig • Förderwesen weiterentwickeln neue Antworten und Ansätze erfordern. – Schaffung eines Medienfonds (AVMD-Richtlinie nutzen), Ziele der Mittelverwendung definieren Österreichische Medien sehen sich einem ungleichen – Umsetzung Copyright-Richtlinie – Schutz geisti- Wettbewerb mit international agierenden Plattformen gen Eigentums ausgesetzt. Hier braucht es dringend faire Rahmenbe- – Reform der Verwertungsgesellschaften im dingungen, damit österreichische Medienunternehmen Interesse der Künstlerinnen und Künstler sowie konkurrenzfähig bleiben. Klar ist: In der digitalen Welt anderer Urheberinnen und Urheber müssen die gleichen Prinzipien gelten wie in der realen – Digitalisierungsförderung – Geld für Wandel: Welt! Gerade auch im Kampf gegen Hass und Gewalt im projektbezogene Förderung nach festgelegten Netz müssen international agierende Plattformen stärker Kriterien in die Verantwortung genommen werden. – Prüfung aller medienrelevanten Gesetze mit dem Ziel einer Harmonisierung und Vereinfachung Medien tragen zur Information und Aufklärung maßgeblich – Überprüfung der derzeitigen Vergabe- und bei. Wir sehen es als unsere Aufgabe, ein Medienange- Förderkriterien bot mit österreichischen und internationalen Inhalten • Überprüfung der Kriterien der Inseraten- für unser Land und seine Bevölkerung, unter anderem vergabe der öffentlichen Verwaltung und durch Berücksichtigung und Stärkung des „Public Value“, staatsnaher Unternehmen sicherzustellen. Österreich ist dabei mit einem zehnmal • Überprüfung des Medientransparenz­ so großen, gleichsprachigen Nachbarn und digitalen Welt- gesetzes marktführern konfrontiert. Die Tragfähigkeit und der krea- tive Output österreichischer Medien sowie Produzentinnen – Überprüfung der Dotierung des Nichtkommer- und Produzenten muss daher in seiner Vielfalt erhalten ziellen Rundfunkfonds (NKRF) mit dem Ziel einer und gefördert werden, um eigenständige österreichische Erhöhung im Hinblick auf Entwicklung innovati- Inhalte weiter entwickeln zu können. Dafür braucht es ver Medienformen eine Stärkung des dualen Rundfunksystems unter Berück- sichtigung des nichtkommerziellen Sektors, zum Beispiel • Kampf gegen Hass im Netz durch Kooperation zwischen öffentlich-rechtlichem Rund- – Große Plattformen – Löschung von rechtswid- funk und privaten Rundfunk- und Fernsehunternehmen im rigen Inhalten, wirksame Beschwerdeverfahren, Zusammenhang mit Internetplattformen sowie anderen klar definierte Verantwortliche digitalen Angeboten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk 40 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Schutz vor Desinformation • Überprüfung und Überarbeitung des Fernseh-Ex- klusivrechtegesetzes • Wirtschaftliche Kooperation ermöglichen – Überprü- fung des Wettbewerbsrechts hinsichtlich kartell- • ORF-Archiv öffentlich sowie digital zugänglich rechtlicher Bestimmungen in der Medienlandschaft machen unter Klärung der rechtlichen Rahmenbedin- gungen und Erstellung einer Benutzerordnung nach • Einsatz für zeitgemäße europäische Regulierung – dem Bundesarchivgesetz Überarbeitung der E-Commerce-Richtlinie • Ausbau und Stärkung der Ausbildung von Journalis- • Neues Geschäftsmodell der Wiener Zeitung mit tinnen und Journalisten dem Ziel des Erhalts der Marke – Serviceplattfor- men des Bundes bündeln • Förderung des Medienstandorts Österreich und österreichischer Inhalte – Verstärkte Förderung zur Produktion von Kooperation der dualen Inhalten der österreichischen Filmwirtschaft und Medienlandschaft – Medienstandort Creative Industries Österreich stärken – Aufbau eines Öko-Systems für Innovationen durch enge Verzahnung von Start-ups, For- • Wir stehen für einen unabhängig finanzierten schungseinrichtungen und öffentlich-rechtlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Notwendig ist sowie kommerziellen Medienanbietern zur die gesetzliche Verankerung der stärkeren Zusam- Förderung von Innovationen im Bereich Virtual menarbeit zwischen ORF und Privaten sowie die Reality (VR), Augmented Reality (AR), der Ent- Anpassung des öffentlich-rechtlichen Auftrags an wicklung von Algorithmen, Artificial Intelligence das digitale Zeitalter unter Berücksichtigung der (AI), Immersive Storytelling, Second Screen Tech- europarechtlichen Rahmenbedingungen, wobei nologien, Personalisierung, Podcasts, Privacy, ein besonderer Schwerpunkt auf regionale Vielfalt Voice und Smart Assistants sowie 5G Broadcast gelegt werden soll. mit dem Ziel, Österreichs internationale Wett- bewerbsfähigkeit zu unterstützen • Gemeinsamer ORF-Player zwischen ORF und Privaten mit öffentlich-rechtlich relevanten Inhalten • Stärken des „Public Value“ und nach Etablierung der Plattform Einbeziehung weiterer öffentlicher Einrichtungen • Europäische Kooperationen forcieren • Auf- und Ausbau der Verbreitung der österreichi- schen Hörfunkangebote, auch des öffentlich-recht- lichen Rundfunks, auf kostenlosen Podcast-Por- talen; zukunftsfähige technische Verbreitung und Teilnahme an Plattformen wie Radioplayer (nach dem Vorbild der BBC) unter Berücksichtigung von Urheber- und Verwertungsrecht Regierungsprogramm 2020 – 2024 41 Sport Bewegung und Sport sind ein wesentlicher Bestandteil des es erforderlich, eine gesamthafte für alle Bereiche des Alltags der Menschen in Österreich. Als Bundesregierung Sports und für alle gesellschaftlichen Gruppen geltende unterstützen wir den Sport daher in seiner ganzen Breite: langfristig ausgerichtete Strategie zur Sportförderung und vom Erlernen der körperlichen Grundkompetenzen im ein österreichweites Sportstättenkonzept zu entwickeln, Kinderturnen, über individuelle sportliche Aktivitäten, auch unter dem Aspekt der Ökologie. berufliches oder ehrenamtliches Engagement in den zahlreichen Verbänden und Vereinen bis hin zu den opti- malen Rahmenbedingungen für Spitzensportlerinnen und Struktur- und Organisationsent- Spitzensportler bei Olympischen Spielen und Weltmeister- wicklung im österreichischen Sport schaften; von der Förderung des Sports als wirkungsvolles Mittel der Integration von Migrantinnen und Migranten • One-Stop-Shop: Synergien in der Förderverwaltung bis hin zum inklusiven Training von Menschen mit und heben – Aufgabenverteilung Sektion Sport und För- ohne Behinderung; von traditionellen Disziplinen bis hin der-GmbH „Bundes Sport GmbH“, Vereinheitlichung zu neuen Trendsportarten. der Förderrichtlinien Als Bundesregierung sehen wir unser Engagement für • Professionalisierung des Fachverbandswesens: den Sport als wichtige Investition in eine positive Ent- Zusammenführung von Aufgaben unterschiedlicher wicklung unserer Gesellschaft. Zudem ist Sport auch Aufgabenträger, Nutzung von Shared Services über Lebensschule – für Jung und Alt: Im Sport lernt man, Förder-Spiel­regeln und den Anreiz eines „Hauses sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen, des Sports“ als Serviceinstitution über seine eigenen Grenzen zu wachsen und mit Siegen und Niederlagen umzugehen; man lernt Fairplay und den • Stärkung der Autonomie des organisierten Sports respektvollen Umgang mit Mitspielerinnen und Mitspielern über Leistungsvereinbarungen durch mehrjährige sowie Mitbewerberinnen und Mitbewerbern. Zu unserem Förderungen unter Koordination und Führung der Engagement für den Sport gehört auch der gemeinsame Österreichischen Bundes-Sportorganisation. Zent- Kampf gegen Doping, Machtmissbrauch, Rassismus und rale Kriterien sind dabei beispielsweise das Zusam- Homophobie sowohl im Spitzen- wie auch im Breitensport. menwirken Ehrenamt/bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Nachwuchsarbeit, Gendergerechtigkeit, Insgesamt ist mit 2,1 Millionen Menschen jeder Vierte Inklusion, Nachhaltigkeit, Digitalisierung etc. in unserem Land Mitglied in einem Sportverein. Mehr als 500.000 Menschen engagieren sich ehrenamtlich in • Aufwertung und Absicherung des Ehrenamtes Funktionen und übernehmen Verantwortung im Sport. – Überlegungen mit Ländern, Gemeinden und Ver- Viele von ihnen bringen sich speziell in der Ausbildung der bänden, bestmögliche Rahmenbedingungen für Jugend ein. Damit leistet der Sport einen unverzichtbaren ehrenamtliches Engagement zu gewährleisten Beitrag zum Zusammenleben in der österreichischen Ge- – Einführung eines österreichweiten Preises für sellschaft. Wir sehen es als unsere Verantwortung, dafür besonderes ehrenamtliches Engagement im die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Sportbereich dafür Sorge zu tragen, die notwendige finanzielle und – Prüfung der Möglichkeit steuerlicher Erleichte- organisatorische Unterstützung bereitzustellen. Dazu ist rungen 42 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Neuaufstellung der begleitenden Service- und – Stärkung der Nationalen Anti-Doping-Agentur Dienstleistungsangebote des Bundes bei Sport- (NADA) sowie Novellierung des Anti-Doping-Ge- wissenschaft, Sportmedizin, Sportpsychologie und setzes in der Technologieentwicklung (IMSB, ÖISM, ÖBS) in – Keine Subventionen für Breitensportveranstal- Kooperation mit Forschungseinrichtungen; Konzept tungen ohne klare Anti-Doping-Regelungen zur Entwicklung eines Instituts zur Förderung von Innovation und Forschung im Bereich Sportgeräte und -technologie unter Einbindung der Sportorgani- Optimale Spitzensportlaufbahnen sationen sowie Einrichtungen des tertiären Sektors • Evaluierung der individuellen und strukturellen • Etablierung eines Berufssportgesetzes: Verbesserung Sportförderung im Spitzensport der Rahmenbedingungen für sportspezifische Berufe im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht • Überführung der Schulversuchsmodelle der Leis- durch Anerkennung der Spezifika des Sports unter tungssportschulen in ein breit gefasstes Regelmo- Beseitigung bestehender Ungleichbehandlungen dell der Sekundarstufe II • Sicherung der medialen Aufmerksamkeit für öster- • Entwicklung von Leistungssportmodellen für die reichischen Sport in seiner Breite und Vielfalt Sekundarstufe I in jedem Bundesland • Green Sport stärken: Sportveranstaltungen und hier • Weiterentwicklung der Verbindung von Leistungs- insbesondere Großveranstaltungen sollen in Zukunft sport mit Lehrberufen zumindest den Kriterien von Green Event Austria gerecht werden, insbesondere unter dem Aspekt • Weiterentwicklung der Angebote an Arbeitsplätzen der Nachhaltigkeit, Mobilität und des Klimaschutzes. für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler sowie ausgebildete Trainerinnen und Trainer beim öffentli- • Ausbau der Transparenz bei Beiräten und Gremien chen Dienst • Erweiterung der Budgetmittel für verbands­ • Systematisierte Abstimmung zwischen den Erfolgs- unabhängige Vereine, die den zu Grunde liegenden faktoren einer Leistungssportlaufbahn: Leistungs- Förderkriterien entsprechen sportschule und Bildungssystem / Sportliche Betreuung im Verein und Verband / persönliche • Ergänzung des jährlichen Sportberichts an den Umfeldbetreuung / Anschlussarbeitsplatz Heeres-, Nationalrat durch einen Teil zur Sportförderung Polizei-, Zoll- und Schulsport / Olympia- bzw. Leistungszentrum im Spitzensport • Kampf gegen Doping – Informationsprogramm für die Dachverbände zur Aufklärung über Doping im Breitensport – Die Auszahlung von Sportförderung an glaubwürdige Anti-Doping-Maßnahmen und Good-Governance-Programme (Gleich­stellung, Integration, Kampf gegen Rassismus im Sport) des betreffenden Verbandes koppeln Regierungsprogramm 2020 – 2024 43 Breitensport / Vereins- und Sportstätteninfrastruktur Freizeitsport • Entwicklung eines österreichischen Sportstätten- • Ehestmögliche Umsetzung der täglichen Bewe- entwicklungsprogramms auf Basis von akkordierten gungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen bis Kriterien mit den Bundesländern und Gemeinden zum Ende der Schulpflicht in Kooperation mit dem – Definition von Versorgungskriterien nach Sport- Bildungsressort, den Bundesländern, den Gemein- art-Priorisierung für Spitzensport und Breiten- den und den Sportorganisationen sport – Evaluierung und allfällige Neuordnung des • Mehr Bewegungsangebote integriert in den Alltag in Finanzierungsschlüssels Kindergärten – Evaluierung, Stärkung und Ausbau des „Zentren- ansatzes“ (Olympia-, Bundesleistungszentren) • Prüfung der Weiterentwicklung der regelmäßigen – Definition von Sonderprojekten und Sonderbud- Gesundheitsuntersuchungen bei Pflichtschülerinnen gets für Regierungsleitprojekte im Zusammen- und Pflichtschülern unter den Aspekten der körper- hang mit der Rolle Österreichs als Austragungs- lichen Voraussetzungen für schulischen Wettkampf- ort von Großereignissen (z. B. multifunktionales sport und methodische Analyse von Entwicklungen Nationalstadion) des körperlichen Zustands der Kinder und Jugend- lichen • Prüfung eines digitalen Marktplatzes von Schul- sportanlagen, Sportstätten und sämtlichen Sport- • Schwimmkurse für alle: Ein österreichweites Konzept angeboten unter Berücksichtigung der bestehenden für Gratisschwimmkurse für alle Menschen ist zu Geoinformationssysteme der Bundesländer, der erarbeiten und umzusetzen. Angebotsdatenbanken des organisierten Sports und bestehender kommerzieller Sportbuchungsplattfor- • Einführung von Sporttagen in der Primarstufe von men („Österreichischer Sportstättenatlas“) mindestens vier Tagen und in der Sekundarstufe I und II von mindestens je zwei Wochen, wobei eine • Verbesserung der Auslastung öffentlich finanzierter davon dem Wintersport gewidmet werden muss Sportinfrastruktur, Gebäude und anderer Liegen- schaften: ganzjährige Nutzung von Sportflächen in • Konzept zur Förderung der Bewegung am Arbeits- öffentlicher Hand (z. B. Schulen) sicherstellen platz • Prüfung besserer Rahmenbedingungen zur Nutzung • E-Sport: Einrichtung einer Arbeitsgruppe, um den von Verkehrsrestflächen für sportliche Betätigung rechtlichen Rahmen hinsichtlich Gemeinnützigkeit (z. B. Firmenparkplätze in Kooperation mit Unter- und Sport zu klären nehmen) • Trendsportarten fördern • Sicherstellung der Umsetzung der gesetzlich geregelten Barrierefreiheit von Sportstätten für • Forcierung der Eigenverantwortung und Bewusst- Sportaktive (Sportlerinnen und Sportler) und Sport- seinsbildung für Versicherungen bei Ausübung von konsumenten (Zuschauerinnen und Zuschauer) risikobehafteten Sportarten 44 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Sportgroßveranstaltungen Gleichstellung im Sport • Entwicklung eines mit den Bundesländern und dem • Frauenanteil in jenen Gremien erhöhen (Ziel 50 %), Sport abgestimmten Plans für die Unterstützung die über die Sportförderung des Bundes entscheiden der Bewerbung und Ausrichtung von internationalen Sportgroßveranstaltungen in Österreich • Verpflichtende Gleichbehandlungsbeauftragte in – Definition von finanziellen Ressourcenrahmen allen Verbänden des Bundes, der Länder und Gemeinden für Mehrjahres-Zeiträume (Regierungsperioden, • Umfangreiche Maßnahmen zur Prävention von olympische Zyklen) Machtmissbrauch und sexueller Gewalt im Sport – Erstellung von Wirkungsparametern von Groß- setzen, insbesondere im Bereich der Trainerinnen- veranstaltungen für eine Prioritätenreihung in und Trainerausbildung der Bundes-Sportförderung (z. B. Effekte auf Sportartentwicklung, Effekte auf Erfolgsaussich- • Gleiche Gehälter, Prämien und Preisgelder bei ten österreichischer Sportlerinnen und Sportler, gleicher Leistung für Frauen und Männer nachhaltige Infrastruktureffekte, volkswirtschaft- licher Nutzen, Green Sport etc.) • Nachhaltige Verankerung der Förderung des – Qualitätssicherung durch Projektbegleitung der Mädchen- und Frauensports im Bundes-Sport- öffentlichen Fördergeber mit Veranstaltungs- förderungsgesetz und Entwicklung wirkungsvoller expertise und Know-how Förderprogramme – Einrichtung einer Taskforce unter Federführung des BMI mit allen Stakeholdern, um die Sicher- heit aller Beteiligten (Mannschaft, Delegation, Inklusion und Integration durch Besucherinnen und Besucher, Medien) bestmög- Sport lich zu garantieren (z. B. UEFA EURO 2020 und die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020) • Klärung der Förderung im Bereich des Behinderten- sports • Die starke Inklusionswirkung von Sport für Men- schen mit Behinderung ist durch die Entwicklung von geeigneten Einstiegsangeboten in Bewegung und Sport im Zusammenwirken der Behinderten- sportorganisationen ÖBSV, ÖPC und Special Olym- pics und dabei insbesondere durch Kooperation mit Institutionen der Behindertenbetreuung möglichst rasch und gezielt zu fördern. • Überprüfung der Erhöhung der Förderung des Behindertensports, um den für die Teilhabe in der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung so not- wendigen Sportbetrieb im ÖBSV in der bisherigen Qualität weiterhin sicherstellen zu können Regierungsprogramm 2020 – 2024 45 • Weiterverfolgung des eingeschlagenen Weges zur Gleichbehandlung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern mit und ohne Behinderung in Berei- chen wie: Kontingent an öffentlichen Arbeitsplätzen, finanzielle Förderung und Erfolgsprämien, mediale Berichterstattung etc. • Nutzung des hohen integrativen Potentials von Sport für Menschen mit Migrationshintergrund durch Förderung und Aufbau eines Netzwerks an Integrationspromotorinnen und -promotoren in den heimischen Sportvereinen in Zusammenarbeit mit den für Integration zuständigen Organisationen der Gebietskörperschaften sowie Verbänden und Vereinen aus der Integrationsarbeit 46 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 47 2 Wirtschaft & Finanzen 48 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 49 Finanzen & Budget Ein funktionierendes und verlässliches Wirtschafts- und internationale Verpflichtungen, insbesondere das Finanzsystem bildet die Grundlage für den Erhalt unseres Pariser Klimaabkommen. Wohlstandes, sichert die nachhaltige Finanzierung unseres Sozialstaates und spielt eine Schlüsselrolle in der Bewäl- • Die Bundesregierung ändert die Steuer- und Abga- tigung neuer Herausforderungen wie der Globalisierung, benstruktur. Ziele sind: eine Entlastung der Men- des Klimaschutzes und der Digitalisierung. schen, eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote, eine ökologisch-soziale Reform mit Lenkungseffek- Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Finanz- und ten zur erfolgreichen Bekämpfung des Klimawandels Budgetpolitik, die fiskalische Stabilität sicherstellt und sowie der Erhalt und Ausbau von Innovationskraft, den heimischen Unternehmerinnen bzw. Unternehmern Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der öster- und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern Planungs- reichischen Wirtschaft. sicherheit bietet. Der Staat soll dabei mit gutem Beispiel vorangehen und mit dem Geld der Steuerzahlenden sorg- • Die Bundesregierung setzt sich für die Veranlagung sam umgehen, während er überall dort, wo es sinnvoll und öffentlicher Mittel (z. B. bei Beteiligungen des notwendig ist, Spielräume schafft, um durch öffentliche Bundes im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Investitionen das Allgemeinwohl zu fördern. Möglichkeiten) in nachhaltige und ökologische Anlageformen ein. Stabile wirtschaftliche Rahmen- • Berücksichtigung der Gleichstellungsziele der bedingungen sicherstellen Ressorts bei großen Regierungsvorhaben (z. B. Steuerreform); Weiterentwicklung und Verbesserung • Die Bundesregierung bekennt sich zu dem wirt- des Berichtswesens (z. B. Förderbericht) schaftspolitischen Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts, abhängig von konjunkturellen • Prüfung einer „Bürger-Stiftung Klimaschutz“: Anreize Entwicklungen und Erfordernissen. schaffen, Private dazu zu bewegen, in den Klima- schutz zu investieren. Gelingen soll das mithilfe • Die Bundesregierung bekennt sich zu dem wirt- einer „BürgerStiftung Klimaschutz“, die Bürger-An- schaftspolitischen Ziel, die Schuldenquote der leihen vergeben soll. Republik weiter in Richtung Maastricht-Ziel von 60 % zu senken. Unabhängig davon werden die notwendi- • Die Bundesregierung bekennt sich zur Auflage gen Klima- und Zukunftsinvestitionen sichergestellt. von Green Bonds durch die ÖBFA. Institutionelle Die Bundesregierung verbindet damit fiskalische Investoren und die Bevölkerung können sich damit Stabilität und Verantwortung gegenüber zukünfti- an der Klimawende beteiligen. gen Generationen. • Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Budgetpolitik ökonomische, ökologische und soziale Ziele. Als Handlungsgrundlage dienen auch europäische und 50 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Zukünftiger Finanzausgleich fung des illegalen Glücksspiels, Einschränkung von Werbemöglichkeiten, Möglichkeit der Selbstsperre • Die Bundesregierung bekennt sich zum Instrument von Spielerinnen und Spielern, Prüfung einer effek- des Finanzausgleichs. tiven Behördenstruktur, Evaluierung der zahlenmä- ßigen Beschränkung von Video-Lottery-Terminals im • Vor dem Hintergrund zukünftiger Herausforderun- Glücksspielgesetz. gen soll der Aufgabenorientierung stärkeres Augen- merk zukommen. Teilhabe am Kapitalmarkt und • Mögliche zusätzliche Mittel für den ÖPNV sollen vor private Altersvorsorge stärken dem Hintergrund der notwendigen Ersterschließung bzw. der Wiederaktivierung und des notwendigen • Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapital­ Ausbaus bereits vorhandener Strecken als Investi- ertragsteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wert- tionsanreiz dienen und vorrangig unterversorgten papieren und Fondsprodukten Gebieten durch verbindliche Leistungsindikatoren wie Streckenlänge, Anzahl der Fahrzeuge, Fahrplan- • Ergänzend zur staatlichen Pensionsvorsorge auch kilometer, Platzkilometer, Personenkilometer, Anzahl entsprechende Rahmenbedingungen für die private der Fahrgäste und dergleichen gewichtet zugeteilt Pensionsvorsorge schaffen werden. Damit soll der Umstieg auf den ÖPNV deut- – Rahmenbedingungen für einen Generalpensions- lich erleichtert werden. kassen-Vertrag: Möglichkeit der Übertragung von Kapital aus einer Vorsorgekasse (z. B. • Die Bundesregierung strebt die Ökologisierung der Abfindung) in eine Pensionskasse (z. B. bei einer Wohnbauförderung an. neuen Arbeitgeberin bzw. einem neuen Arbeit- geber) – Rechtliche Rahmenbedingungen für mögliche Rahmenbedingungen für Glücksspiel Verwaltungsvereinfachungen bei Pensionskassen und Mitarbeitervorsorgekassen schaffen • Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Bekämp- – Weiterentwicklung zur Optionalität zwischen fung des illegalen Glücksspiels und zu einer Auswei- Vorsorgeplänen mit und ohne Kapitalgarantie bei tung des Spielerschutzes. der freiwilligen privaten Vorsorge. Im Rahmen der Optionalität Angebot von Produkten mit • Die Bundesregierung strebt eine Entflechtung der Kapitalgarantie zur Veranlagung in sichere und unterschiedlichen Rollen des BMF im Bereich des nachhaltige Anlagen Glücksspiels an. – PensionsApp: Zusammenführung der drei Säulen in einer App für jede Bürgerin und jeden Bürger • Die bestehenden Abgaben sollen evaluiert werden, zur Schaffung von Transparenz unter Berück- vor dem Hintergrund einer Einschränkung der sichtigung von Datenschutz. Ausbaufähigkeit Glücksspielaktivitäten, bei gleichzeitiger Erhöhung zur späteren Risikosteuerung der individuellen der Bundessportförderung. Pensionstöpfe • Maßnahmen zur Erreichung der oben genannten Ziele sind z. B. effektive Instrumente zur Bekämp- Regierungsprogramm 2020 – 2024 51 • Stärkung der Financial Literacy von Jung und Alt • Einsatz für Umsatzsteuerabzugsfähigkeit auf – Verstärkte Eingliederung der Grundlagen des EU-Ebene: Die Bundesregierung wird sich auf euro- Wirtschaftsverständnisses und Finanzwissens päischer Ebene dafür einsetzen, dass die Trennlinie sowie der kritischen Finanzbildung und ihrer zwischen umsatzsteuerfreien Bankumsätzen und Bedeutung für die Gesamtwirtschaft und die Nicht-Bankumsätzen besser ausgearbeitet wird, um Gesellschaft in heimische Lehrpläne die Abzugsfähigkeit zu erhalten. – Ziel der Teilnahme Österreichs am entsprechen- den Modul der PISA-Tests – Lebenslange, berufsbegleitende Lehrangebote Ökologisierung vorantreiben zum Kapitalmarkt mit privaten Partnern, um gesamtgesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen • Erarbeitung eines Modells zur aktiven Beratung von Gemeinden und Ländern hinsichtlich ökologischer • Digitalisierung im österreichischen Kapitalmarkt und nachhaltiger Infrastrukturprojekte und Sanie- vorantreiben: z. B. digitale Schuldverschreibung (für rungsmaßnahmen sowie deren Finanzierung unter Wertpapiere, Anleihen, Zertifikate etc.) und Bekämp- Einhaltung des innerösterreichischen Stabilitäts- fung der Finanzkriminalität (z. B. pattern recognition paktes und Einsatz von KI) bzw. Fortsetzung der Tätigkeit des FinTech-Beirats • „Green Supporting Factor“ auf europäischer Ebene: Im Kampf gegen den Klimawandel werden wir auch den tatkräftigen Beitrag von Start-ups und KMUs Einsatz auf EU-Ebene für einen brauchen, die jene Innovationen beschleunigen, starken Kapitalmarkt die uns ein CO2-neutrales Leben und Wirtschaften ermöglichen. Die Bundesregierung wird sich daher • Vorschlag Bankenunion auf EU-Ebene zu reformie- auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass ren: Verstärkte Zusammenarbeit des Bankensektors Banken für Kredite, die effektiv dazu beitragen, den auf EU-Ebene wünschenswert, aber eine neue Übergang zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Systematik einer europäischen Einlagensicherung Wirtschaft zu beschleunigen, weniger Eigenkapital soll nicht dazu führen, dass Banken mit Bilanz-Diszi- hinterlegen müssen. Ein solcher „Green Supporting plin für andere Banken, die hohe Verluste schreiben, Factor“ würde die Vergabe von „grünen Krediten“ Haftung übernehmen. erleichtern und somit einen wertvollen Beitrag zur Erreichung unserer europäischen Klimaziele leisten. • Proportionalität: Österreichs Stimme bei Verhand- lungen zu Bankenregulierung in der EU für mehr • Die Bundesregierung wird das Vergaberecht als Proportionalität nutzen. Nicht alle Regeln, die für wichtiges Instrument zur Bekämpfung des Klima- internationale Großbanken wichtig sind, müssen wandels nutzen. Dazu ist das Bestbieterprinzip um auch auf kleinere heimische Banken zutreffen. verbindliche ökologische Kriterien für die angebo- tenen Produkte und Dienstleistungen zu erweitern • Die Bundesregierung bekennt sich aktiv gegen den (z. B. öffentliche Bautätigkeit). Einsatz von „Green Washing“ bei der Festlegung von Nachhaltigkeitsklassifizierungen. 52 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Entbürokratisierung im • Reform des Hypothekar- und Immobiliengesetzes: Kapitalmarkt-Bereich – Hypotheken sind derzeit in unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Daraus ergeben sich teils • Das Finanzministerium und das Justizministerium unvollständige und widersprechende Regelun- evaluieren gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden gen. Weiters ist historisch begründet nur ein regelmäßig eine mögliche Übererfüllung von eingeschränkter Kreis von Kreditinstituten zur EU-Richtlinien für den Kapitalmarkt (Gold-Plating). Emission von Pfandbriefen berechtigt. Eine neue einheitliche gesetzliche Regelung soll diese • Laufender Dialog mit Wiener Börse zum Abbau Unstimmigkeiten bereinigen sowie sicherstellen, unnötiger Bürokratie bei Börsegängen in Österreich dass alle Banken, die die Voraussetzungen (besonders auch für KMUs) erfüllen, Pfandbriefe in ihrer hohen Qualität begeben dürfen. • Elektronische Kommunikation mit Kundinnen und – Modernisierung des Pfandbriefgesetzes (stammt Kunden soll auch für Finanz- und Versicherungsunter- in der letzten Fassung von 1927 und muss nehmen zeitgemäß möglich sein und der gesetzliche modernisiert werden, um modernen Kapital- Rahmen entsprechend gelockert werden, wobei der marktanforderungen zu entsprechen) Datenschutz zu berücksichtigen ist. • Änderung des Abwicklungsgesetzes für Banken, um • Erleichterungen bei der Prospektpflicht: Im Alterna- sicherzustellen, dass zusätzliche Nachrangigkeits- tivfinanzierungsgesetz besteht vereinfachte Pros- erfordernisse für die gesetzlich vorgeschriebene pektpflicht bis zu einer Grenze von 5 Millionen Euro. Liquiditätsreserve nicht notwendig sind Dies könnte, basierend auf bestehendem EU-Recht, auf bis zu 8 Millionen Euro (siehe Deutschland) • Evaluierung der Stärkung der externen Rotation bei ausgedehnt werden und Finanzierungen könnten Wirtschaftsprüferinnen bzw. -prüfern und Bankprü- soerleichtert werden. ferinnen bzw. -prüfern • Regulatory Sandbox umsetzen: Konzessions- pflichtige Finanz-Start-ups können ihr Geschäftsmo- dell in enger Zusammenarbeit mit FMA erarbeiten und so Konzessionen erwerben. Regierungsprogramm 2020 – 2024 53 Steuerreform & Entlastung Steuern und Abgaben sind die wichtigsten Einkommens- Steuerentlastung quellen des Staates, mit denen öffentliche Dienstleis- tungen, Infrastruktur und Transferleistungen finanziert Der Bundesregierung ist die Entlastung der Menschen in werden. Darüber hinaus sind Steuern auch ein wichtiger Österreich ein zentrales Anliegen. Dabei ist es besonders Lenkmechanismus, um individuelles Verhalten mit den wichtig, dass diese Entlastung bei allen spürbar ankommt Interessen des Allgemeinwohls in bestmöglichen Einklang – bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern genauso wie zu bringen. Österreich ist hierbei in vielerlei Hinsicht ein bei Pensionistinnen und Pensionisten, Selbstständigen Vorreiter. Gleichzeitig ist Österreich im internationalen sowie Land- und Forstwirten. Sie alle sollen künftig mehr Vergleich ein Land mit einer hohen Abgabenquote, dessen Netto vom Brutto erhalten. Steuersystem in den vergangenen Jahrzehnten durch viele Teilreformen komplexer geworden ist. Darüber hinaus ist die Entlastung der heimischen Wirt- schaft ein wichtiger Schritt, um Österreich im interna- Die Bundesregierung bekennt sich dazu, im Zuge einer tionalen Wettbewerb gut zu positionieren. Die Bundes- geplanten Steuerstrukturreform die Menschen in Öster- regierung berücksichtigt dabei den langfristigen Erhalt reich spürbar zu entlasten und unser Steuersystem zu von Arbeitsplätzen sowie die langfristige Finanzierung vereinfachen. Dabei geht es besonders darum, dass Haus- des Sozialstaats. Dafür braucht es ein breites Set an halte mit kleinen und mittleren Einkommen am Ende des Maßnahmen, das Steuern senkt, Investitionen fördert und Monats wieder mehr zum Leben haben und sich Eigentum Unternehmen auch verstärkt die Möglichkeit bietet, die schaffen können. Bei der bevorstehenden Reform steht eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am wirtschaft- neben dieser Entlastung besonders die ökologisch-soziale lichen Erfolg zu beteiligen. Umsteuerung im Vordergrund – ökologisch-nachhalti- ges Verhalten soll künftig stärker attraktiviert werden, Ein wichtiges Ziel der geplanten Entlastungen wird es auch während es bei ökologisch-schädlichem Verhalten einer sein, die soziale Absicherung unserer Landwirtschaft zu stärkeren Kostenwahrheit bedarf (unter Rücksicht auf die stärken. Die heimischen Bäuerinnen und Bauern arbeiten soziale Verträglichkeit bzw. die Wettbewerbsfähigkeit oft unter schweren Bedingungen (z. B. vermehrte Ernte- unserer Wirtschaft). ausfälle durch Dürre) und wir wollen besonders landwirt- schaftliche Familienbetriebe entlasten, um sie in ihrer Die Bundesregierung ändert die Steuer- und Abgaben- wichtigen Arbeit weiter zu unterstützen. struktur. Ziele sind: eine Entlastung der Menschen, eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 %, Um diese Ziele zu erreichen, werden folgende Entlastungs- eine ökologisch-soziale Reform mit Lenkungseffekten zur maßnahmen umgesetzt: erfolgreichen Bekämpfung des Klimawandels sowie der Er- halt und Ausbau von Innovationskraft, Nachhaltigkeit und • Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Ent- Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. lastung der Menschen in Österreich. Um Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten, Selbstständige sowie Land- und Forstwirte insbesondere mit geringen und mittleren Einkommen spürbar zu entlasten, sollen die erste, 54 Regierungsprogramm 2020 – 2024 zweite und dritte Stufe des Einkommensteuertarifs Bei diesem Gesamtpaket legt die Bundesregierung ein reduziert werden: von 25 % auf 20 %, 35 % auf 30 % besonderes Augenmerk auf die soziale Verträglichkeit, und 42 % auf 40 %. berücksichtigt regionale Unterschiede und die Wettbe- werbsfähigkeit des Standorts Österreich. • Ausweitung Gewinnfreibetrag: Investitionserforder- nis erst ab einem Gewinn von 100.000 Euro Neben Forschung und Innovationsförderung, gezielten Investitionen und ordnungspolitischen Maßnahmen ist • KÖSt-Entlastung auf 21 % das Steuersystem ein wirksamer Hebel, um die Dekarboni- sierung voranzutreiben und Natur und Lebensgrundlagen • KESt-Befreiung für ökologische bzw. ethische Inves- auch für künftige Generationen nachhaltig zu erhalten. Die titionen (Ausarbeitung eines Konzepts mit klarem Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen Kriterien-Set durch die zuständigen Ministerien für ist dafür erforderlich. Finanzen und Klima) Die Bundesregierung treibt eine ambitionierte und fort- • Analog der Begünstigung für Beteiligung von schrittsorientierte Klima- und Energiepolitik in Europa und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Kapital eines der Welt voran (siehe Kapitel Klima & Energie). Die bisher Unternehmens soll alternativ auch die Möglichkeit auf europäischer Ebene gesetzten Maßnahmen bleiben geschaffen werden, die Belegschaft am Gewinn zu hinter dem zurück, was für die Erfüllung des Klimavertrags beteiligen. von Paris nötig wäre. • Sicherstellung der sozialen Absicherung für die Auch in jenen Bereichen, für die die nationale Klimaschutz- Landwirtschaft (Erhöhung der Buchführungsgrenze politik verantwortlich ist, wie z. B. Verkehr und Gebäude, auf 700.000 Euro, Absenkung fiktives Ausgedinge gibt es deutlichen Handlungsbedarf. Angesichts drohen- auf 10 %, Erhöhung der PV-Beitragsgrundlage für der Strafzahlungen bei Nichterreichung unserer Klimaziele hauptberuflich Beschäftigte bis 27 Jahre, Anglei- ist eine ambitionierte Reduktion nationaler Treibhausgas- chung der KV-Mindestbeitragsgrundlage auf das emissionen auch aus finanzieller Sicht sinnvoll. ASVGNiveau) Daher wird die Bundesregierung – um ihrer angestreb- • 3-Jahres-Verteilung für Gewinne in der Landwirt- ten Rolle als Klimaschutzvorreiter in Europa gerecht zu schaft werden – nationale Maßnahmen vorbereiten und setzen. • Einführung eines Gewinnrücktrages für Einnah- Die Schaffung von Kostenwahrheit für den Ausstoß von men- und Ausgabenrechner analog zur Lösung für CO2-Emissionen geht Hand in Hand mit der Schaffung Künstlerinnen und Künstler von Wahlmöglichkeiten, einer sozialen Abfederung, der Berücksichtigung von regionalen Unterschieden und der Schaffung von Umstiegsmöglichkeiten für Unternehmen. Ökosoziale Steuerreform Die Bundesregierung wird daher in Etappen eine Steuer- Die Bekämpfung der Klimakrise ist der Bundesregierung reform auf den Weg bringen, die die Menschen in Öster- ein zentrales Anliegen. Um diese Aufgabe erfolgreich zu reich entlastet und parallel ökologische Kostenwahrheit bewerkstelligen, ist ein Gesamtpaket an Klimamaßnahmen im Steuersystem herstellt. zu setzen. Regierungsprogramm 2020 – 2024 55 Dazu werden in einem ersten Schritt die oben skizzierten • Erarbeitung des effizientesten ökonomischen Inst- Entlastungsmaßnahmen und in Verbindung folgende rumentes zur schrittweisen Herstellung von Kosten- steuerlich-ökologische Maßnahmen gesetzt: wahrheit bei den CO2-Emissionen in den Sektoren, die nicht dem EU ETS unterworfen sind, z. B. durch • Flugticketabgabe (deutliche Erhöhung Kurzstrecke, CO2-Bepreisung über bestehende Abgaben oder ein Erhöhung Mittelstrecke, Senkung Langstrecke, nationales Emissionshandelssystem Anti-Dumping-Regelung): einheitliche Regelung von 12 Euro pro Flugticket • Ermittlung der volkswirtschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen als Referenzwert für Kostenwahrheit • NoVA ökologisieren (Erhöhung, Spreizung, Über- arbeitung CO2-Formel ohne Deckelung) • Erarbeitung eines Implementierungspfades inklusive konkreter Maßnahmen zur Herstellung von Kosten- • Entschlossener Kampf gegen den Tanktourismus wahrheit für CO2-Emissionen, die klare Lenkungs- und LKW-Schwerverkehr aus dem Ausland: Diese effekte haben, Planbarkeit sicherstellen und die stellen eine massive Belastung der österreichischen Erreichung der Pariser Klimaziele ermöglichen Bevölkerung dar. Der Tanktourismus belastet die österreichische CO2-Bilanz. Die Bundesregierung • Ausarbeitung sektoral differenzierter Entlastungs- wird alle EU-rechtlich zulässigen Maßnahmen sowie maßnahmen für Unternehmen und Private, um nationale Maßnahmen setzen, um den Tanktouris- sicherzustellen, dass es keine Mehrbelastungen für mus zu unterbinden und den LKW-Schwerverkehr zu die Wirtschaft und für Private gibt, unter Berück- reduzieren. sichtigung vorhandener Umstiegsmöglichkeiten, sektoraler Auswirkungen, regionaler Unterschiede • Ökologisierung der bestehenden LKW-Maut (z. B. der Lebensverhältnisse und sozialer Abfederung bei durch stärkere Spreizung nach Euroklassen) gleichzeitiger Wahrung des CO2-Lenkungseffekts • Ökologisierung des Dienstwagenprivilegs für neue • Schaffung von Wahlmöglichkeiten und Anreizen für Dienstwägen (stärkere Anreize für CO2-freie Dienst- den Umstieg für Unternehmen und Private wägen) Die Taskforce berücksichtigt europäische Entwicklungen • Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit und jene in den Nachbarländern bei der Entwicklung der des Pendlerpauschales geplanten nationalen Maßnahmen. Nationale Maßnahmen sind dabei so auf Instrumente auf der europäischen Ebene Mit dem zweiten Schritt dieser ökosozialen Steuerreform abzustimmen, dass durch Anrechenbarkeit Doppelbeprei- sollen aufkommensneutral klimaschädliche Emissionen sungen ausgeschlossen sind. wirksam bepreist und Unternehmen sowie Private sektoral entlastet werden. Dieser Schritt erfolgt 2022. Dazu setzt Angesichts der Herausforderungen, vor der unsere Ge- die Bundesregierung unverzüglich eine „Taskforce ökoso- sellschaft steht, müssen wir über Parteigrenzen hinweg ziale Steuerreform“ unter der gemeinsamen Leitung des zusammenarbeiten. Die Bundesregierung lädt daher alle für Klimaschutz zuständigen Ministeriums und des BMF Parla­mentsparteien zur Mitarbeit ein, sodass die österrei- ein. Der von der Taskforce zu erarbeitende Umsetzungs- chische Klimapolitik und Maßnahmen zur Ökologisierung fahrplan orientiert sich an folgenden Punkten: des Steuer- und Wirtschaftssystems von einem breiten nationalen Konsens getragen werden. 56 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Sonstige steuerliche Maßnahmen • Personengesellschaften: Es sollen die Besteuerung von Personengesellschaften (Mitunternehmerschaf- • Prüfung einer Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit ten) und das Feststellungsverfahren attraktiviert, auf weitere gemeinnützige Organisationen und des vereinfacht und modernisiert werden. Antrags- und Anerkennungsverfahrens für die Spen- denabsetzbarkeit mit dem Ziel der Vereinfachung und • Zusammenlegung von Einkunftsarten: Zur Ver­ Prüfung der Voraussetzung der Unmittelbarkeit einfachung sollen die selbstständigen Einkünfte und die Einkünfte aus Gewerbebetrieben zu einer • Steueranreizmodell für die österreichische Filmpro- Einkunftsart zusammengefasst werden. duktion • Abzugsfähige Privatausgaben: Um eine bessere • Senkung des USt-Satzes für Damenhygieneartikel Systematik und Übersicht zu erreichen, sollen Son- derausgaben und außergewöhnliche Belastungen • Forcierung umweltfreundlicher betrieblicher Mobili- unter dem Begriff „Abzugsfähige Privatausgaben“ tät von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch zusammengeführt und vereinfacht werden. steuerliche Begünstigung von Unterstützungsleis- tungen (z. B. Radfahren, Elektroräder) • Die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezugs wird im Rahmen der Neukodifizierung • Nachhaltige Besteuerung im Bereich der Tabaksteuer: unangetastet bleiben. Die Tabaksteuer für Zigaretten, Feinschnitttabake und Tabak zum Erhitzen soll umstrukturiert bzw. • Kalte Progression: Prüfung einer adäquaten Anpas- angepasst werden, um auf diese Art und Weise eine sung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen nachhaltige Besteuerung dieser Tabakwaren und die auf Basis der Inflation der Vorjahre unter Berücksich- wirtschaftliche Existenz der Tabaktrafikantinnen und tigung der Verteilungseffekte -trafikanten sicherzustellen. Durch Änderungen im Tabakmonopolgesetz sollen Maßnahmen getroffen werden, welche den Zielsetzungen des Tabakmono- Einsatz auf internationaler Ebene pols und der langfristigen Absicherung der Einnah- men der Tabaktrafikantinnen und -trafikanten dienen. • Einsatz für CO2-Zölle auf internationaler und euro- päischer Ebene: Es braucht weltweit mehr klima- und umweltpolitische Gerechtigkeit. Für Importe Steuerstrukturreform – das in den europäischen Binnenmarkt aus Drittstaaten, Steuersystem vereinfachen die den nötigen Standards im Klima- und Umwelt- schutz nicht entsprechen, sollten – in Abstimmung • Nach der Regierungsbildung wird eine Arbeits- mit der Welthandelsorganisation (WTO) – CO2-Zölle gruppe im BMF mit der Neukodifizierung des eingeführt werden. Einkommensteuergesetzes beginnen, damit das Steuerrecht einfacher und fairer wird. Ein besonde- • Einsatz für Besteuerung von Kerosin und Schiffsdie- res Augenmerk wird auf die Rechts- und Planungssi- sel auf internationaler bzw. europäischer Ebene: Die cherheit und die Ökologisierung des Steuersystems Bundesregierung strebt eine verursachergerechte gelegt werden. Besteuerung von Kraftstoffen im Flugverkehr und Regierungsprogramm 2020 – 2024 57 in der Schifffahrt an. Dafür ist international bzw. • Unternehmen sollen einen Rechtsanspruch auf europäisch akkordiertes Handeln nötig. Durchführung einer Betriebsprüfung zur verbesser- ten Planungs- und Rechtssicherheit haben, soweit • Einführung und Fortführung der Initiative zur es bestehende Prüfkapazitäten zulassen. Financial Transaction Tax (FTT) auf EU-Ebene zielgerecht umsetzen: Die Bundesregierung steht • Prüfung von Verfahrensbeschleunigungen bzw. zu dem Ziel, hochspekulative Finanzprodukte, vor Prozessoptimierungen (z. B. Analyse des Beschwer- allem sogenannte Derivate und „high-frequency devorentscheidungsverfahrens, schnellere Verfahren trading“-Aktivitäten, stärker zu besteuern. Der beim Bundesfinanzgericht, Möglichkeit zur Schlie- momentane Vorschlag der FTT-Gruppe wird diesem ßung des Ermittlungsverfahrens) Anspruch aber nicht gerecht, sondern benachteiligt heimische Unternehmen am internationalen Kapital- • Klare und praktikable Regelungen zur Abgrenzung markt. Österreich wird sich auf EU-Ebene für die von Dienst- und Werkverträgen sollen gefunden Umsetzung einer zielgerechten FTT einsetzen. werden. • Reduktion der (Einzel-)Meldepflicht für Unternehmen Entlastung der Wirtschaft durch automatisierte Übermittlung von melde- pflichtigen Daten von der Sozialversicherung an • Abschaffung der Mindestkörperschaftsteuer prüfen, die Statistik Austria und das Bundesministerium für um besonders KMUs zu entlasten Finanzen unter Wahrung des Datenschutzes • Abschaffung der Schaumweinsteuer • Die Prüfungszuständigkeit für Privatstiftungen soll bei der Großbetriebsprüfung angesiedelt werden. • Prüfung der Entbürokratisierung bzw. Evaluierung der Regelung zur Einlagenrückzahlung • Modernisierung der Bundesabgabenordnung (BAO) mit dem Ziel der Prozesseffizienz und der Wahrung • Regelungen im Bereich der Abschreibungsmethoden hoher Qualität (z. B. Reform des Verfahrensrechts, sollen im Rahmen der Steuerstrukturreform über- Verkürzung der Verfahrensdauer, Weiterentwicklung/ prüft werden, z. B. steuerliche Abschreibung von Einführung von kooperativen Verfahren, begleitende abnutzbaren Anlagegütern an das Unternehmens- Kontrolle, Ausweitung des Auskunftsbescheids) gesetzbuch im betrieblichen Bereich angleichen. • Schaffung einer automatisierten Vorprüfung mit • Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnneben- vorgelagerten Kontrollalgorithmen für die Umsatz- kosten ohne Leistungsreduktion steuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, um im Rahmen der Selbstveranlagung das Verfahren zu beschleunigen Vereinfachung und moderne Services • Neue digitale Angebote der Finanzverwaltung: z. B. • Ausbau des Steuerombudsdienstes für Arbeitneh- Apps für Terminerinnerungen oder mobile Zahlungs- merinnen und Arbeitnehmer (z. B. Beschwerdewesen möglichkeiten, Einziehungsauftrag für Abgaben- im Zusammenhang mit Verfahrensdauern und inhalt- schulden liche Meinungsverschiedenheiten) 58 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Weitere Modernisierung der Steuer- und Zollverwal- Bekämpfung des Steuerbetrugs tung (strukturelle Reform) unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Digitalisierung (effizientere • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, konsequent elektronische Abwicklung) gegen internationale Steuerverschiebungen bzw. gegen jede Art von Missbrauch, Steuerbetrug und • Digitaler Datenaustausch auf Basis international Steuervermeidung vorzugehen, und wird Steuerrück- anerkannter Standards: Für Unternehmen (insbe- stände effizient einbringen. sondere KMU) wird die technische Möglichkeit zur Übermittlung der Daten des Rechnungswesens für • Festhalten an der eingeführten digitalen Konzern- digitale Prüfung geschaffen (auf freiwilliger Basis steuer, zumindest bis internationale Gespräche (auf und unter Wahrung des Datenschutzes). Ebene der EU und der OECD), die Österreich unter- stützt, zur Einführung einer digitalen Betriebsstätte • Festhalten an Jahressteuergesetzen (einmal im signifikante Fortschritte erzielen. Jahr) – statt wie bisher mehrere Abgabengesetze pro Jahr • Reverse-Charge-System: Österreich wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass nicht nur national, • Evaluierung eines steuerneutralen Rechtsformwech- sondern auch international alle Möglichkeiten der sels von Vereinen zu Genossenschaften Steuervermeidung und des Steuerbetrugs unter- bunden werden. Das derzeit gültige Umsatzsteuer- system in der Europäischen Union bietet sehr viele Möglichkeiten für Betrügerinnen und Betrüger. Durch die Einführung des Reverse-Charge-Systems zwischen Unternehmern – in dem Leistungsemp- fänger die Umsatzsteuer schulden – könnte diese Betrugsmöglichkeit wirksam bekämpft werden. Regierungsprogramm 2020 – 2024 59 Standort, Entbürokratisierung & Modernisierung Unsere Wirtschaft und unsere Arbeitswelt verändern Fachkräfteoffensive für Österreichs sich – in Österreich, in Europa und auf der ganzen Welt. Unternehmen umsetzen Österreich ist hier dank seiner starken, diversifizierten und exportorientierten Wirtschaft in einer guten Position. • Die Bundesregierung bekennt sich zur Sicherstellung Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir aktiv jene des Arbeits- und Fachkräftebedarfs. Zukunftsindustrien identifizieren, in denen Österreich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten international • Um die größtmögliche Anzahl der offenen Fach- Vorreiter sein kann. Der Wirtschaftsstandort Österreich soll kräftestellen in Österreich besetzen zu können, international wettbewerbsfähig bleiben, um Wertschöpfung bedarf es einer Gesamtstrategie, die besonders auf und Arbeitsplätze in Österreich zu halten und auszubauen. Aus- und Weiterbildung und damit die Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Darüber hinaus können wir in Österreich stolz sein auf Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet unseren funktionierenden Rechtsstaat, mit klaren Geset- ist. In dieser Gesamtstrategie sind auch weitere zen und Vorschriften, die unser Leben und Wirtschaften Faktoren, wie z. B. Gesundheit, Mobilität und regeln. Das ist eine unserer größten Stärken. Über die Betreuungssituation („persönliche Lebenssituation“), Jahre wurden dabei allerdings, durch europäische und zu berücksichtigen. heimische Gesetzgebung, viele Bereiche des Lebens und Wirtschaftens immer stärker reguliert, wodurch in einzel- • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, bei allen nen Bereichen mit der Zeit teilweise eine aufwendige und Maßnahmen zur Arbeits- und Fachkräftesicherung komplexe Bürokratie entstanden ist. zuerst den österreichischen Arbeitsmarkt, dann die Arbeitsmärkte der EU-Mitgliedstaaten und Die Bundesregierung bekennt sich dazu, gemeinsam mit dann Arbeitsmärkte in Drittstaaten in den Fokus zu Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitnehmervertreterinnen nehmen. bzw. -vertretern eine umfassende Standortstrategie für die Zukunft zu erarbeiten, um bestehende Stärken der hei- • Um die Gesamtstrategie möglichst effektiv umzu- mischen Wirtschaft auszuweiten und vielversprechende setzen, bekennt sich die Bundesregierung zu einem Zukunftsindustrien zu identifizieren, um Wertschöpfung verstärkten Einsatz empirischer Modelle (z. B. öster- und Arbeitsplätze bei uns im Land zu halten und weiter reichweites Fachkräftemonitoring). auszubauen. Standortpolitik erschöpft sich nicht in Steuer- politik, sondern beinhaltet ein breites Set an Maßnahmen, • Die Bundesregierung wird die Berufsbildung aufwer- von Rechtssicherheit bis hin zu Lebensqualität. ten und das Berufsausbildungsgesetz modernisieren. – Duale Ausbildung weiter attraktivieren, u. a. Weiters wollen wir die Verwaltung in Österreich moderni- durch die verpflichtende Evaluierung und Moder- sieren und effizienter gestalten, um es den Unternehme- nisierung aller Lehrberufe alle fünf Jahre rinnen bzw. Unternehmern und Arbeitnehmerinnen bzw. – Neue zeitgemäße Ausbildungen durch Ein- Arbeitnehmern künftig so einfach wie möglich zu machen, führung neuer Lehrberufe schaffen (z. B. im in Österreich zu wirtschaften und zu arbeiten, ohne dabei Bereich Digitales oder Klima/Umweltschutz) und unsere hohen Standards zu senken. Beschleunigung dieser Einführung 60 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Überarbeitung der Möglichkeit von Lehrlings- Standort- und Industriepolitik verbünden („Verbundausbildung“), um eine vermehrte Ausbildung von Lehrlingen auch in • Standortstrategie für die Zukunft entwickeln – kleinen Betrieben – inklusive EPUs – zu ermög- Österreich 2040: lichen – Erarbeitung einer umfassenden Strategie durch – Kooperation von Schulen mit Unternehmen aus- die Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Sozial- bauen (z. B. Unternehmenswoche) partner, um aktiv jene Zukunftsbranchen zu – Maßnahmen zu Rollenbildern setzen (z. B. Attrak- identifizieren, in denen Österreich international tivierung technischer Lehrberufe für Frauen und Vorreiter sein kann. Ziel ist es, in den kommen- Pflege-/Care-Berufe für Männer) den Jahren und Jahrzehnten Wertschöpfung und – Möglichkeit zur „Flexi-Lehre“ für Wiedereinstei- Arbeitsplätze in Österreich zu halten und weiter gerinnen bzw. Wiedereinsteiger und betreuende auszubauen sowie einen Beitrag zu Klima- und Angehörige schaffen Umweltschutz zu leisten. – Durchlässigkeit zwischen dem formalschulischen – Enge Abstimmung mit anderen politischen und dem berufsbildenden System stärken Zielsetzungen, wie etwa der FTI-Strategie, der Klima- und Energiepolitik, der arbeitsmarktpoliti- • Betriebliche Lehrstellenförderung bestmöglich schen Zielsetzung und der Bildungspolitik konsolidieren, um Zuständigkeiten zu bündeln und – Auf Stärken bauen: Bestehende Stärken wie z. B. Effizienz zu steigern die Mobilitätsindustrie, erneuerbare Energien und Umwelttechnik, Biotechnologie, Mikroelek- • Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) reformieren: Kon- tronik, Landwirtschaft, Tourismus und andere solidierung des gesetzlichen Rahmens, One-Stop- müssen weiter ausgebaut, weiterentwickelt und Shop bei der Austrian Business Agency, Antragstel- durch gemeinsame Bemühungen der Wirtschaft lung vereinfachen, Verfahren straffen, Senkung von und der Politik international beworben werden. Gehaltsgrenzen – Neue Sektoren erschließen: Entstehende Stärken, in denen Österreich relevante Wettbe- • Ausrichtung der ABA-Unit „Work in Austria“ als werbsvorteile aufweist, müssen vor dem Hinter- zentrale Plattform für die Anwerbung von Spezialis- grund der Technologieneutralität weiterentwi- tinnen und Spezialisten aus dem Ausland ckelt werden, Österreichs internationales Profil – Aktive Bewerbung des Arbeitsstandortes Öster- darin gestärkt und durch österreichische Pro- reich in der EU dukte weltweit ein Beitrag zur CO2-Reduktion – Strategisch gezielte Anwerbung von spezifischen geleistet werden – wie z. B. digitale Geschäfts- Berufsgruppen bzw. aus bestimmten Ländern modelle, forschungsintensive Industrien, Modelle (z. B. Schwerpunkt „Digital Austria“, Software- der Kreislaufwirtschaft, die E-Mobilität, die entwicklung) Nutzung von grünem Wasserstoff in Verkehr und Industrie, Gesundheitswirtschaft und andere • Bestehende Jahreskontingente für Saisonniers Bereiche, die auf Österreichs Verbindung von für Tourismus und Landwirtschaft sollen bedarfs- Grundlagenforschung, angewandter Forschung gerecht angepasst werden, unter Einhaltung aller und industriellem Know-how bauen. arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen – Im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie Bestimmungen. bekennt sich die Bundesregierung dazu, Investi- tionen anzuziehen. In einem Schulterschluss aus Regierungsprogramm 2020 – 2024 61 Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmervertrete- gien, Dienstleistungen oder Produkte vertreiben rinnen und -vertretern wollen wir uns in Zukunft wollen, die sich durch die bestehende Gewerbe- koordiniert dafür einsetzen, internationale ordnung nicht abdecken lassen). Dabei soll es Unternehmensansiedlungen und Investitions- zu enger Zusammenarbeit mit der zuständigen entscheidungen für den Standort Österreich zu Aufsichtsbehörde kommen, um das betroffene gewinnen. Modell zu testen und zu adaptieren. Ab einem – Stärkere Ausrichtung nationaler Maßnahmen am bestimmten Reifegrad (zeitlich bestimmt oder „Green Deal“ der EU-Kommission durch Unternehmensgröße) soll ein Übergang ins • Identifikation und Umsetzung von Leucht- reguläre Gewerbesystem stattfinden. turmprojekten im Bereich der Ökologisierung • Entwicklung eines strategischen Maßnah- • Die Möglichkeit zur Gründung interdisziplinärer menplans für Umwelttechnologien sowie für Unternehmen erweitern die Kreislauf- und Recyclingwirtschaft • Förderung der Entwicklung einer regionalen • Neue Gesellschaftsform schaffen: Aufbauend auf Kreislaufwirtschaft sowie Kreislaufwirt- internationalen Beispielen soll eine neue Kapital- schaftsprojekten gesellschaftsform geschaffen werden, die besonders • Koordinierte Teilnahme an relevanten für innovative Start-ups und Gründerinnen bzw. IPCEI-Programmen (Important Project of Gründer in ihrer Frühphase eine international wett- Common European Interest), z. B. Mikroelek­ bewerbsfähige Option bietet. tronik, Wasserstoff, Batterien – Unbürokratische Gründung (Stammkapital-An- sparmodelle, digitale Behördenwege, Englisch • Entrepreneurship fördern als Amtssprache) – Entrepreneurship Education: Erarbeitung eines – Flexible Anteilsvergabe an mögliche Investorin- Konzepts, um unternehmerisches Denken im nen und Investoren sowie Mitarbeiterinnen und Bildungssystem zu verankern, z. B. freiwillige Mitarbeiter (mit minimalen, digitalen Behörden- „Unternehmerwoche“ ab der Oberstufe, um wegen) Berufsbilder und Wirtschaftsbetriebe kennen – Angepasst an österreichische Standards (z. B. zu lernen und Zugang zu unternehmerischem Transparenz aller Gesellschafterinnen und Denken zu ermöglichen Gesellschafter) – Eine Kultur der 2. Chance stärker verankern, – Einsatz auf europäischer Ebene, dass eine besonders für Gründerinnen und Gründer von einheitliche, zeitgemäße Gesellschaftsform für innovativen Start-ups und KMUs (Missbrauch soll innovative Start-ups und KMUs EU-weit umge- vorgebeugt werden) setzt wird („EU Limited“) – Regulatory Sandboxes umsetzen: Innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen sollen in ihrer Frühphase mit Blick auf europäi- sche und internationale Entwicklungen in einem wettbewerbsneutralen Rahmen, der nach objek- tiven Kriterien ausgestaltet ist, erprobt werden können, wenn ihre Anwendung sonst rechtlich nicht gedeckt ist (z. B. innovative Start-ups / KMUs, die neue Geschäftsmodelle, Technolo- 62 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Österreichs Wirtschaft international Chinas als Entwicklungsland und der Einführung positionieren von CO2-Zöllen). – Österreich tritt dafür ein, dass die EU ihr wirt- • Den Erfolg österreichischer Unternehmen auf schaftliches und politisches Gewicht in der Welt ausländischen Märkten stärken und ausbauen: alle nutzt, um durch faire und transparente Handels- bestehenden Bemühungen in der Außenwirtschaft – verträge weltweiten Wohlstand zu fördern und von den Ministerien, von Branchenvertreterinnen die Ökologisierung zu beschleunigen. bzw. -vertretern und privaten Initiativen – künftig – Internationale Handelsabkommen mit Beteili- noch besser koordinieren gung der EU müssen dabei den hohen Standards – Umsetzung und Ergänzung der bestehenden der EU entsprechen (Menschenrechte, Umwelt- Außenwirtschaftsstrategie anhand der Schwer- interessen, Sustainable Development Goals, punktsetzungen dieses Regierungsprogramms Arbeitsrechte). – Aktive Bewerbung des Standorts Österreich im – Österreich tritt auf OECD-Ebene dafür ein, dass Ausland durch verstärkte Zusammenarbeit aller die dort verhandelten Musterabkommen den relevanten Stellen des Wirtschafts- und Außen- oben genannten Grundsätzen der österreichi- ministeriums sowie der Wirtschaftskammer schen Handelspolitik entsprechen. Österreich – Österreich setzt sich auf EU-Ebene, in enger – Bündelung, nach Möglichkeit, der Außenwirt- Abstimmung mit der Europäischen Kommission, schaftslegistik in einem Ministerium und ver- für die Schaffung eines multilateralen Investitions- stärkte internationale Bewerbung des Standorts gerichtshofes zur Beilegung von Streitigkeiten Österreich (z. B. Roadshow Finanzplatz Öster- mit Drittstaaten ein (ständige Richterinnen und reich, regelmäßige Konferenz InvestInAustria). Richter, keine Laienrichterinnen und -richter). Zusätzlich soll go-international ausgebaut und fortgesetzt werden. • Österreich wird sich, gemeinsam mit seinen europäi- – Erarbeitung einer Afrika-Strategie für vertiefte schen Partnern, für eine Deeskalation internationaler wirtschaftliche Zusammenarbeit, unter Berück- Handelskonflikte einsetzen. sichtigung bestehender und zukünftiger Abkom- men auf nationaler und internationaler Ebene • Investitionskontrolle umsetzen und kritische Indus­ – Entbürokratisierung bei der Ausstellung von trie­z weige schützen: Während internationale Investi- Geschäftsvisa, um Einreise von Geschäftspart- tionen, die lokale Jobs und Wertschöpfung schaffen, nerinnen und -partnern heimischer Unternehmen grundsätzlich wünschenswert sind, muss die Politik zu vereinfachen (z. B. Weiterführung der Initia- dafür sorgen, dass es nicht zu einem Ausverkauf tive „Red-White-Red Carpet“) kritischer Technologie und Infrastruktur kommt. – Direktinvestitionen aus unterschiedlichen • Bekenntnis zu aktiver, fairer Handelspolitik auf Drittstaaten dürfen nicht dazu führen, dass Basis österreichischer und europäischer Regeln und bestimmte Zukunftstechnologien aus dem Standards europäischen Binnenmarkt abwandern. – Österreich setzt sich aktiv auf nationaler, – Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene für europäischer und internationaler Ebene für eine eine stärkere staatliche Investitionskontrolle ein. strategische Ausrichtung der EU-Handelspolitik – In einem ersten Schritt soll Österreich mit gutem sowie eine Reform für eine handlungsfähige Beispiel vorangehen und eine entsprechende WTO ein (insbesondere zur überholten Stellung Reform des Außenwirtschaftsgesetzes umsetzen: Regierungsprogramm 2020 – 2024 63 Der Schwellenwert für die Genehmigungspflicht lassen, indem man Unternehmerinnen und Unterneh- soll auf 10 % gesenkt werden und neue Prüfkri- mer dabei unterstützt, regelkonform zu arbeiten. terien für kritische Technologie und Infrastruktur festgesetzt werden. Die Ressorts für Wirtschaft, • Widersprüche bereinigen: Die Bundesregierung Außenpolitik und Finanzen sollen hierbei, gemein- verpflichtet sich zu einer gesamthaften Prüfung sam mit der ÖBAG, zusammenarbeiten. relevanter Vorschriften für Unternehmen, um mög- liche Widersprüche in unterschiedlichen Bereichen • Einrichtung eines Produktivitätsrates gemäß der (z. B. Arbeitsrecht, Hygienevorschriften, Bauordnung EU-Ratsempfehlung: Prüfung einer Ansiedelung etc.) zu harmonisieren, ohne einer Verwässerung von beim bereits bestehenden Fiskalrat oder anderen sinnvollen Standards. Institutionen (z. B. WIFO, IHS etc.) • Once-Only-Prinzip für Unternehmen umsetzen, • Die Bundesregierung bekennt sich zum aktiven um Datenmeldungen zwischen Unternehmen und Beteiligungsmanagement der ÖBAG, dazu zählt Verwaltung zu verringern: Alle relevanten unterneh- die aktive Wahrnehmung der Eigentümerrechte mensbezogenen Daten sollen Verwaltungsbehörden der Republik. Auch die ÖBAG soll zur Umsetzung nur einmal kommuniziert werden müssen und ab der Standortstrategie beitragen, um in den kom- dann bei unterschiedlichen Behördenwegen automa- menden Jahren und Jahrzehnten Wertschöpfung tisiert abrufbar sein. Dabei sollen alle Datenschutz- und Arbeitsplätze in Österreich zu halten und standards eingehalten und die Datendichte bzw. weiter auszubauen sowie einen Beitrag zu Klima- Datenqualität aufrechterhalten werden. und Umweltschutz zu leisten, z. B. Incentivierung Flottenumbau E-Mobilität, Car-Sharing Mitarbeite- • Gold-Plating reduzieren: Nationale Verschärfungen rinnen und Mitarbeiter, Einsatz von ökologischen über EU-Vorgaben, die keine sachliche Rechtfertigung Baustoffen bzw. erneuerbaren Energieträgern in der haben, gilt es zu vermeiden bzw. zu reduzieren. öffentlichen Bauwirtschaft. – Erarbeitung eines Konzepts, um möglichst viele nicht durch EU-Vorgaben notwendige Betriebs- beauftragte freiwillig zu stellen Entbürokratisierung und Modernisie- – Statistische Abgaben/Informationspflichten für rung der Verwaltung Unternehmen sollen sich stärker an EU-Vorgaben orientieren. • Plan zur Steigerung der Effizienz und Qualität in der – Bürokratieabbau im Vergabeverfahren (unter Verwaltung (Entbürokratisierung) im ersten halben Berücksichtigung des Bestbieterprinzips) Jahr in jedem Ministerium entwickeln und abstimmen – Eine Monitoringstelle einrichten, die den Fort- • Verfahrensbeschleunigung unter Wahrung hoher schritt bei der Entbürokratisierung messbar Qualität macht und als Ansprechpartner für Betroffene – Prüfung einer Reform des Verfahrensrechts im agieren kann AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz; wurde seit 1998 nicht mehr weiterentwickelt) • „Beraten vor strafen“ umsetzen: Es soll das Ziel der – Digitalen Bescheid ermöglichen (Kundmachungs- Verwaltung sein, Fehlverhalten zwar zu bestrafen, vorschriften) aber es im besten Fall gar nicht dazu kommen zu – Fristen bei digitaler Einbringung auf 24 Uhr des entsprechenden Tages ausweiten 64 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Flexibilisierung bei Sachverständigen, um bei • Planungssicherheit und Bürokratieabbau bei För- mangelnder Verfügbarkeit zu lange Wartefristen derungen (z. B. Entscheidung über Förderanträge künftig zu vermeiden innerhalb definierter Fristen, objektive Wirkungs- ziele, Abwicklungskooperationen von Bund und • Veröffentlichungspflicht in Papierform in der Wiener Ländern) Zeitung abschaffen • Verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse ver- • Lohnverrechnung vereinfachen stärkt nutzen, um Verwaltungsabläufe effizienter zu – Strukturelle Vereinfachung der Lohnverrechnung gestalten und Bürokratie zu reduzieren (Verhaltens- (bessere Koordinierung der einzelnen Player: ökonomie) Finanzamt, Gebietskrankenkasse und Gemein- den) • Prüfung, ob handelsübliche Überbegriffe bei Waren- – Harmonisierung der Beitrags- und Bemessungs- bezeichnungen (z. B. Obst, Gemüse) bei den Regist- grundlage so weit als möglich rierkassen beibehalten werden können, um vor allem – Reduktion der Komplexität und Dokumentations- kleine und mittlere Händlerinnen und Händler zu erleichterungen entlasten; mögliche Verlängerung der bestehenden – Prüfung der Vereinfachung und Reduktion von Ausnahmen Ausnahme- und Sonderbestimmungen – Verpflichtende Anführung der Dienstgeberabga- • Normenwesen reformieren, um hohe österreichische ben am Lohnzettel Standards beizubehalten (z. B. Konsumentenschutz), aber gleichzeitig unnötige Mehrausgaben für Unter- nehmen vermeiden • Dienstleistungsscheck entbürokratisieren und digitalisieren Regierungsprogramm 2020 – 2024 65 EPUs & KMUs Mehr als 99 % der heimischen Unternehmen sind kleine • Rechtssicherheit in der Abgrenzung von Selbststän- und mittlere Unternehmen (KMUs), die für den Großteil der digkeit und Dienstverhältnissen: Der Dienstnehmer- Arbeitsplätze in Österreich verantwortlich sind – sie bilden begriff soll im Sozialversicherungs- sowie Steuer- das Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Wohlstands. recht vereinheitlicht und klarer umschrieben werden, Die Bundesregierung verbessert die Rahmenbedingungen um Rechtssicherheit zu schaffen. Dabei ist sowohl für KMUs und Ein-Personen-Unternehmen (EPUs), indem auf die Privatautonomie (bzw. Entscheidungsfreiheit, steuerliche Vereinfachungen umgesetzt werden, die Ver- „Recht auf Selbstständigkeit“) als auch auf Miss- waltung moderne digitale Services anbietet und Bürokratie brauchsfälle im Bereich der Scheinselbstständigkeit abgebaut wird. ein besonderes Augenmerk zu legen. Hierbei sind im Besonderen die Mehrfachversicherung und damit in Die Bundesregierung bekennt sich dazu, die Rechtssicher- Zusammenhang stehende Probleme zu evaluieren. heit für EPUs und KMUs zu erhöhen und sie auch spürbar zu entlasten. Weiters soll der heimische Kapitalmarkt • Evaluierung eines Modells, um die soziale Absiche- ausgebaut werden, um innovative KMUs und Start-ups rung in der Startphase der Unternehmertätigkeit in ihrem Wachstum zu unterstützen – hierfür braucht es sicherzustellen verbesserte Anreize für privates Risikokapital und eine Stärkung des öffentlichen Risikokapitalmarktes. Die Rolle • Leichtere Absetzbarkeit von Arbeitszimmern: Die von „Social Entrepreneurs“, die mit innovativen Geschäfts- steuerliche Absetzbarkeit von Arbeitszimmern modellen gesellschaftlichen Herausforderungen neu be- zuhause (anteilig am Gesamtwohnraum) soll ausge- gegnen, soll dabei besonders berücksichtigt werden. weitet werden, indem analysiert wird, ob die Voraus- setzungen „ausschließliche, berufliche Nutzung“ und „Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit“ noch zeitgemäß Rechtssicherheit und Entlastung sind bzw. wie diese Regelung vereinfacht und der für Selbstständige und KMUs heutigen Arbeitswelt angepasst werden kann. Eine Pauschalierung soll angestrebt werden. • Das GmbH-Mindeststammkapital auf 10.000 Euro senken • Erhöhung der Freigrenze für geringwertige Wirt- schaftsgüter (GWG) auf 1.000 Euro, mit Ziel einer • Evaluierung einer Verbesserung der sozialen Absi- weiteren Erhöhung auf 1.500 Euro für GWG mit cherung der Gruppe der Selbstständigen (ehem. besonderer Energieeffizienzklasse (mit minimalem SVA-Versicherte) im Rahmen der Zusammenführung bürokratischen Aufwand) der Träger SVA und SVB zu SVS • Vereinfachung ausgewählter sonstiger Bezüge (z. B. • Regelmäßige und frühzeitige Informationsverpflich- Vergleiche, Kündigungsentschädigungen etc.) mit tung der SVS bzgl. der Nachbemessung nach dem dem Ziel, die Komplexität zu reduzieren. Daher soll 3. Jahr und bzgl. der freiwilligen Höherversicherung durch eine einheitliche Besteuerung mittels pau- – „opt-in“ bzw. Verbesserung der Information zur schalen Steuersatzes eine Vereinfachung erreicht freiwilligen Arbeitslosenversicherung werden. 66 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Modernisierung der Gewinnermittlung, z. B. die form der Genossenschaft. Wir wollen Genossen- „Unternehmensgesetzbuch-Bilanz“ und die „Steuer- schaften als nachhaltige und krisenfeste Unterneh- bilanz“ sollen stärker zusammengeführt werden mensform in den unterschiedlichsten Wirtschafts- („Einheitsbilanz“) (u. a. abweichendes Wirtschafts- bereichen stärken, um folgende Ziele zu erreichen: jahr für alle Bilanzierer, Harmonisierung der Firmen- – Unterstützung der kleinen und mittelständischen wertabschreibung) Unternehmen in den Regionen im Wettbewerb, z. B. durch gemeinsame Projekte der Digitalisie- • Förderung des Prinzips „Reparieren statt wegwerfen“ rung durch steuerliche oder andere Anreizmaßnahmen zur – Gründung und Etablierung von lokalen und gleichzeitigen Stärkung von Gewerbe und Handwerk nationalen Initiativen im Bereich des koopera- tiven Wirtschaftens und Sharing Economy als • Erleichterungen für Betriebsübergaben: Alternative zu den Angeboten internationaler – Unternehmensübergaben in der Familie sollen Konzerne erleichtert werden. – Ausbau und Absicherung der kommunalen – Weiters soll eine zweijährige „grace period“ Infrastruktur in den ländlichen Regionen unter eingeführt werden, in der nur die nötigsten Einbeziehung von bürgerlichem Engagement betrieblichen Kontrollen durchgeführt werden – Ausbau der Versorgungssicherheit für die und an deren Ende der Übertritt in das Regel- Bürgerinnen und Bürger durch Kooperationen regime stattfindet. insbesondere im Bereich Gesundheit, Pflege und Energie • Die Bundesregierung bekennt sich grundsätzlich zur Förderung der Weiterbildung der Unternehmerinnen und Unternehmer, vor allem EPU und KMU, durch Innovation durch Risikokapital steuerliche oder andere Maßnahmen. ermöglichen • Kleinunternehmer-Steuererklärungen vereinfachen: • Verbesserte Anreize für privates Risikokapital für Besonders für Einnahmen-Ausgaben-Rechner sollen innovative Start-ups und KMUs bürokratische Vereinfachungen durch intuitive Online- – Start-up- und KMU-Finanzierung: Um den ­Eingabemasken ausgebaut werden („Steuer-App“). österreichischen Standort und vor allem die Gründung neuer Unternehmen mit innovativen • Die Bundesregierung bekennt sich zur Stärkung Ideen (inkl. Social Entrepreneurship) und deren der Rolle von Frauen in der Unternehmerschaft und Wachstum zu fördern, soll privates Risikokapital damit zu spezifischen Förderprogrammen in der mobilisiert werden, z. B. durch die Einführung Gründungssituation. und Lockerung der Verlustverrechnungsmöglich- keit bei Einkünften aus Kapitalvermögen. Aktuell • Einführung eines Qualifizierungsschecks für Wie- können private Investorinnen und Investoren dereinsteigerinnen und -einsteiger sowie Lang- Verluste aus der Beteiligung an Start-ups nur zeitarbeitslose, damit Unternehmen punktgenau mit bestimmten positiven Kapitaleinkünften und Schulungen und Fortbildungen finanzieren können nur im gleichen Jahr ausgleichen – zukünftig soll die Verlustverrechnung auch über mehrere Jahre • Die Bundesregierung bekennt sich zur Stärkung hinweg erfolgen können. wirtschaftlicher Kooperationsmodelle in der Rechts- Regierungsprogramm 2020 – 2024 67 – Prüfung einer steuerlichen Absetzbarkeit von Modell Dänemark (Dachfonds/Fund of Funds Anschub- und Wachstumsfinanzierung für Lösung). innovative Start-ups und KMUs mit Obergrenze – Verstärkte Zusammenarbeit des Bundes mit pro Investment (z. B. 100.000 Euro über fünf der Kommunalkredit Public Consulting (KPC) Jahre absetzbar) und einer Gesamtdeckelung – zur zielorientierten Förderung von Klima- und nach Vorbild des erfolgreichen (Seed) Enterprise Umweltschutzprojekten Investment Scheme (SEIS/EIS) in Großbritannien – Verstärkte Koordinierung und mögliche Zusam- – Institutionelle Investoren, wie Pensionskassen, menführung der Finanzierungsaktivitäten von Vorsorgekassen und Versicherungen, sollen in aws und FFG langfristige, innovative Anlageformen (inkl. öko- – Verbesserte Governance der österreichischen logischem und Social Impact) investieren dürfen Förderlandschaft/Risikokapitalstruktur zur Ver- (z. B. Seed-Finanzierung für Start-ups und KMUs). meidung von Doppelgleisigkeiten Die zugrundeliegenden Kataloge zulässiger Veranlagungen sollen entsprechend angepasst • Stärkere Nutzung von European Fund for Strategic werden (in Einklang mit EU-Recht). Investments (EFSI) durch eine zentrale Förderstelle – Die Bundesregierung bekennt sich zur Stärkung bzw. einen zentralen Ansprechpartner in Österreich bestehender Mikrokreditprogramme und zur sowie durch Standardisierung und Bündelung von besseren Bekanntmachung der Möglichkeit der Projekten, um Fördergelder optimal abzuholen und Social-ImpactBond-Finanzierung. einzusetzen – Gesellschaftsform für den alternativen Invest- mentfonds nach Vorbild SICAV (Société d’in- • Neue Finanzierungsmodelle für Unternehmen vestissement à capital variable) mit variablem fördern Kapital ermöglichen. Dabei werden hohe – Überführung des Pilotprogramms „aws Garantie- Transparenzstandards sowie der Anlegerschutz promesse“ (zuerst zur aws, dann Bank) in ein berücksichtigt. Regelprogramm: Das derzeitige aws-Pilotpro- gramm für Vorabgarantien für KMU soll dauer- • Vereinheitlichung und Stärkung des öffentlichen haft weiter­geführt werden. Risikokapitals – Weiterentwicklung der Garantiemöglichkeiten im – Verstärkte Kooperation des Bundes mit der Rahmen von KMU-Fördergesetz und Garantiege- Österreichischen Kontrollbank (OeKB) setz (adäquate Risikoanteile und Garantiequoten – Vergabeprozess der Österreichischen Ent- bei nicht investiven Maßnahmen, Flexibilisierung wicklungsbank AG (OeB) weniger bürokratisch der Entgelte) gestalten, um zügigere Entscheidungen zu ermöglichen, z. B. Genehmigungsverfahren für Afrika-Fazilität – Ausbau der Verfügbarkeit von Wachstumskapital für Start-ups und KMUs (Finanzierungsvolumen 2 Millionen bis 20 Millionen Euro) in Zusammen- arbeit mit privaten Investorinnen und Investoren. Mögliche internationale Beispiele wären z. B. Modell Schweiz (Corporate Venture Fund unter Einbindung österreichischer Leitbetriebe) oder 68 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Social Entrepreneurship • Zielgruppenspezifische öffentliche Finanzierungs- instrumente bzw. Ausweitung und Öffnung bestehender Finanzierungsprogramme für Social Entrepreneurs • Die Bundesregierung bekennt sich zur steuerlichen Begünstigung der gemeinnützigen Aktivitäten von Stiftungen und prüft die weitere Förderung sozialer Innovationen. • Prüfung einer Reform der Gemeinnützigkeitsbestim- mung durch Ausweitung auf Social Entrepreneurs Regierungsprogramm 2020 – 2024 69 3 Klimaschutz, Infrastruktur, Umwelt & Landwirtschaft 70 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 71 Klimaschutz & Energie Die besorgniserregende Veränderung unseres Klimas ist wird Klimaschutz bei Gesetzen und Verordnungen ein eine der größten Herausforderungen unserer Generation zentrales Entscheidungskriterium. Wichtige Rahmenbe- – in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Die dingungen werden auch im Steuersystem gesetzt. österreichische Bundesregierung bekennt sich zu ihrer Verantwortung, die notwendigen Schritte und Weichen- Bund, Bundesländer und Gemeinden arbeiten gemeinsam stellungen vorzunehmen, um dieser Herausforderung und abgestimmt an der Erreichung der Klimaziele und auf allen Ebenen gerecht zu werden und die Ziele des treffen Zukunftsentscheidungen, die Planungssicherheit Pariser Klimaschutzabkommens zu erfüllen. Wir betrach- für die Bevölkerung und die Wirtschaft ermöglichen. So ten Klimaschutzmaßnahmen als bedeutende Chance für sichern wir den Wohlstand der österreichischen Bevölke- Gerechtigkeit sowie für die zukunftsfähige Entwicklung rung und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen von Wirtschaft und Arbeitsplätzen in Österreich. Diese Wirtschaft. Es gilt, rasch ins Tun zu kommen und Vor- Chancen gilt es zu nutzen – Österreich hat die besten arbeiten aus dem Nationalen Energie- und Klimaplan, Voraussetzungen dafür. Gemeinsam können wir das Ziel der Bioökonomiestrategie oder dem Sachstandsbericht eines klimaneutralen Österreichs bis spätestens 2040 Mobilität umzusetzen. erreichen und in Europa zum Vorreiter im Klimaschutz werden. Für uns bedeutet das selbstverständlich, dass Wir nehmen Klimaschutz ernst: Was die öffentliche Hand Atomkraft keine Alternative ist, sondern, dass wir aus- selbst vorzeigt, kann auch von unserer Bevölkerung schließlich auf erneuerbare Energieträger setzen. leichter angenommen werden. Die öffentliche Hand muss deshalb Vorbild für Klimaneutralität sein. Mit Initiativen in Der klimagerechte Umbau aller Sektoren, insbesondere der Beschaffung, in der Sanierung und im Mobilitätsma- des Energiesystems und der Infrastruktur, erfolgt unter nagement wird die Umstellung der Verwaltung in Richtung Berücksichtigung der Kosten für Haushalte und Unter- 100 % Nachhaltigkeit vorangetrieben. nehmen. Soziale Härtefälle werden jedenfalls vermieden und auch Unternehmen werden bei der Transformation und Die Bundesregierung bekennt sich zum Ausbau aller For- den notwendigen Anpassungsmaßnahmen unterstützt. men heimischer erneuerbarer Energieträger. Den Rahmen dafür wird das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geben, das Auf europäischer Ebene wird die Bundesregierung dazu bis 2030 eine 100 % (national bilanziell) Versorgung mit beitragen, dass die EU das Pariser Klimaschutzabkommen Ökostrom sichert. Damit einher gehen die notwendigen in die Tat umsetzt und eine globale Führungsrolle im Klima- Netzinfrastrukturinvestitionen. Ein wirksames Energie- schutz einnimmt. Daher wird die Anpassung der EU-Klima- effizienzgesetz trägt dazu bei, dass Österreich – unter ziele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen, wie es Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung – bis der Green Deal der EU-Kommission vorsieht, unterstützt. zur Mitte des Jahrhunderts mit deutlich weniger Energie- In Österreich setzt die Bundesregierung ambitionierte verbrauch auskommen und die Energiewende naturver- nationale Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion. Ein träglich gelingen kann. Klimaschutzgesetz mit klaren Treibhausgasreduktions- pfaden, Zuständigkeiten, Zeitplänen und entsprechenden Zur vollständigen Umstellung unseres Energiesystems Res­sourcen sorgt dafür, dass Österreich sein CO2-Budget tragen alle Sektoren bei: der Sektor Gebäude durch ther- nicht übersteigt. Durch den verpflichtenden Klimacheck mische Sanierung, die wertvolle Energie sparen hilft und 72 Regierungsprogramm 2020 – 2024 den konsequenten Umstieg auf Heiz- und Kühlsystemen – Einsatz für ein wirkungsvolles ETS-System und mit erneuerbaren Energien. Die Land- und Forstwirtschaft einen CO2-Mindestpreis auf europäischer Ebene leistet ihren Beitrag ebenso wie die Abfallwirtschaft und – Erhöhung der Internationalen Klimafinanzierung: selbstverständlich der Sektor Verkehr. Für die Industrie Signifikante Erhöhung des österreichischen Bei- und das Gewerbe werden die Weichen in Richtung einer trags zum Green Climate Fund neuen, hoch innovativen, kreislauffähigen und klima- freundlichen Technologie-Ära gestellt, die Österreich und • Unmittelbare Nachbesserung und Konkretisierung Europa als führenden Industriestandort für hochwertige, des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) ressourcenschonende und CO2-arme Produktion positio- – Erfüllung der Effort-Sharing-Ziele im Non-ETS- niert. So sichern wir langfristig diesen wichtigen Sektor am Bereich sichern (derzeit minus 36 %), mit Blick Standort Österreich und sind im Wettbewerb der Zukunft, auf die zu erwartende Erhöhung der EU-Ziele dem Wettbewerb um die ökologischsten statt billigsten – Eine unabhängige und wissenschaftlich fun- Produktionsweisen, als Vorreiterland po­sitioniert. dierte Wirkungsfolgenabschätzung, welche die Zielerreichung belegt, ist Voraussetzung für den Beschluss des NEKP. Klimaneutralität bis 2040 – ein – Der NEKP legt einen ausreichenden Detaillie- klares Ziel, ein klarer Auftrag rungsgrad von Maßnahmen, Verantwortlichkei- ten und einen Finanzierungsplan für die Gesamt- • Paris-Pfad einschlagen mit wissenschaftsbasierter heit der Maßnahmen dar. Klimapolitik – NEKP als verbindliche Grundlage für den Klima- – Paris-kompatibles CO2-Budget und dement- schutz sprechende Reduktionspfade, um bis spätestens 2040 Klimaneutralität in Österreich zu erreichen • Gemeinsame Prüfung und Ausarbeitung eines zeitgemäßen Kompetenzrahmens (einschließlich der • Vorantreiben einer ambitionierten und fortschritts- Möglichkeit von Art.-15a- B-VG-Vereinbarungen) zur orientierten Klima- und Energiepolitik in Europa und Erreichung der Klimaziele der Welt – Österreich positioniert sich konsequent in der Gruppe der Klimaschutzvorreiter in Europa und Die Weichen richtig stellen: not- verfolgt eine energiepolitische Orientierung an wendige horizontale Maßnahmen erneuerbaren Energien und Klimaschutz. – Konsequentes Eintreten für eine Anpassung der • Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Reduk­ Zielsetzung der EU bis 2030 und 2050 im Hin- tionspfaden bis 2040 und verbindlichen Zwischen- blick auf die Erreichung der Paris-Ziele zielen bis 2030 – Konsequentes Eintreten für wirkungsvolles – Verbindliche Gesamt- und Sektorziele für alle Border-Tax-Adjustment / CO2-Zölle auf europäi- Sektoren, Pfade, Ressourcen und Maßnah- scher Ebene men-Verantwortlichkeiten – Konsequentes Eintreten für die ausreichende – Verantwortlichkeitsmechanismus zwischen Bund Finanzierung von Maßnahmen gegen die Klima- und Ländern für die Zielerreichung und bei krise im EU-Budgetrahmen bis 2027 Zielverfehlung – Einsatz für ein Ende der Finanzierung und der – Verbesserter Mechanismus zum Ergreifen von Subventionen für fossile Infrastrukturen und zusätzlichen Maßnahmen bei Zielverfehlung fossile Energien auf europäischer Ebene Regierungsprogramm 2020 – 2024 73 – Zeitnäheres und laufendes unabhängiges Moni- • Klimaschutzorientierte Energieraumplanung toring der Klimapolitik durch das UBA – Raumplanerische Aspekte des Klimaschutzes – Erarbeitung eines Klimaschutzaktionsplans der sollen durch eine (auf den derzeit schon Bundesregierung zur konkreten Umsetzung der bestehenden Bundeskompetenzen basierende) Maßnahmen gesetzliche Regelung zur Fachplanungskompe- tenz des Bundes geregelt werden. • Neue ebenenübergreifende Governance für den Klimaschutz • Bund und Länder verständigen sich auf abge- – Auf bestehenden Bundeskompetenzen basierend stimmte, mittel- und langfristig ausgerichtete, wird die Zusammenarbeit mit den Bundeslän- planbare und gesicherte sowie hinreichend dotierte dern und Gemeinden forciert, um die Zielerrei- Klima- und Energieförderungen für die verschie- chung zu steuern. denen Zielgruppen zur effektiven und effizienten – Innerösterreichisches Effort-Sharing anhand Erreichung der im NEKP und diesem Regierungs- klimaschutzrelevanter Indikatoren übereinkommen gesteckten Ziele. – Steuerungsmaßnahmen bei Abweichungen vom Zielpfad ergreifen • Erhöhung der Budgets des Klima- und Energiefonds – Die gesamte Bundesregierung übernimmt und der UFI Verantwortung für den Klimaschutz; der Klima- – Ausreichende Finanzierung als zentrale Tools zur schutzaktionsplan wird durch ein Klimakabinett Umsetzung des Nationalen Klima- und Energie- umgesetzt plans – Weiterentwicklung und Aufwertung des NKK – Fortführung wichtiger Klimaschutzprogramme wie – Verankerung im Klimaschutzgesetz klima.aktiv, Klima- und Energiemodellregionen, e5-Programme und Klimabündnis-Gemeinden • Verpflichtender und unabhängiger Klimacheck – Für alle neuen und bestehenden Gesetze, Ver- • Umweltbundesamt ordnungen und Bund-Länder-Vereinbarungen – Evaluierung des Umweltkontrollgesetzes im – Für die Erstellung von Förderrichtlinien und Hinblick auf die Stärkung der wissenschaftlichen Investitionen des Bundes unter Bedachtnahme Unabhängigkeit der Minimierung des bürokratischen Aufwands – Absicherung einer ausreichenden Basisfinanzie- – Einrichtung einer neuen verbindlichen Wirkungs- rung dimension innerhalb der WFA „Klimaschutz“, deren Kriterien jedenfalls Auswirkungen eines • Ausrollen einer Kommunikationskampagne Klima- Vorhabens auf Treibhausgasemissionen (positiv, schutz negativ, innerhalb und außerhalb Österreichs) und auf den Bodenverbrauch umfassen • Prüfung der zweckgebundenen Verwendung der – Bei begründeter Erwartung einer signifikanten Versteigerungserlöse aus dem Zertifikatshandel Auswirkung erfolgt die Abschätzung der Wir- (Emissionszertifikategesetz) als zusätzliche Mittel kung auf Grundlage eines unabhängigen Gut- für den Klimaschutz und klimagerechte Innovation achtens, das von einer geeigneten akkreditierten Stelle erstellt wird. – Entwicklung eines Mechanismus, der Ergebnisse aus dem Klimacheck umsetzt 74 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Die öffentliche Hand zeigt’s vor! • Nachhaltige und innovationsfreundliche Beschaffung Klimaneutrale Verwaltung wird Standard – Ziel ist die Umstellung der Bundesbeschaffung • Verbindliche Klimaschutz-Richtlinien für alle Institu- nach ökologischen und sozialen Mindeststan- tionen des Bundes (inkl. nachgelagerter Dienststel- dards, die sich am Umweltzeichen orientieren len und Unternehmen, die zu 100 % im Eigentum des und Regionalität fördern. Bundes stehen) – Darüber hinaus wird die Bundesregierung das – Vorbildwirkung der öffentlichen Hand bei der Vergaberecht als wichtiges Instrument zur thermischen Sanierung: 3 % Sanierungsquote, Bekämpfung des Klimawandels nutzen. Dazu ist verbindliche Leitlinien für ökologisch vorbild- das Bestbieterprinzip um verbindliche ökologi- hafte Sanierung sche Kriterien für die angebotenen Produkte und – Neubau im Niedrigstenergiehaus-Standard, Dienstleistungen zu erweitern (z. B. öffentliche PV-Anlage verpflichtend, wo technisch und Bautätigkeit). wirtschaftlich möglich – Überarbeitung und Aktualisierung des „Aktions- – 100 % Umweltzeichen-zertifizierter Ökostrom ab plan nachhaltige öffentliche Beschaffung“, 2021 dessen Anwendung für Beschaffungsvorgänge – Veranstaltungen erfüllen die Mindestanforde- verbindlich ist und evaluiert wird rung der Umweltzeichen-Kriterien für Green – Paradigmenwechsel vom Billigstbieter zum Best- Events sowie Green Meetings bieter sowie Total Cost of Ownership (TCO) – Klimaschutz-Vorgaben für Dienstreisen sowie für das Mobilitätsmanagement • Erarbeitung einer Strategie mit einem konkreten – Der öffentliche Fuhrpark wird Vorbild für alter- Zeitplan für eine klimaneutrale Verwaltung bis 2040 native Antriebstechnologien: So rasch wie – Kompensation von zunächst überschießenden möglich (wenn möglich schon ab 2022) wird (über Zielpfad) bzw. verbleibenden Emissionen die Beschaffung von emissionsfrei betriebenen aufgrund eines Kriterienkatalogs Fahrzeugen durch die öffentliche Hand zum Standard, die Beschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren wird zur Ausnahme und Umsetzung einer muss begründet werden. „Green Finance Agenda“ – Aus für Neuzulassungen von Kfz (PKW) mit Verbrennungsmotoren in der öffentlichen • Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für Beschaffung (mit Ausnahme der Sonderfahr- die Mobilisierung von privatem Kapital zur Lösung zeuge, Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge des gesellschaftlicher Herausforderungen, insbesondere Bundesheers) ab 2027 im Bereich Klimaschutz und Energie – Flächendeckende Einführung von Umweltma- – Prüfung einer „Bürger-Stiftung Klimaschutz“: nagementsystemen Anreize schaffen, Private dazu zu bewegen, in – Ziel ist eine 100 % regionale und saisonale den Klimaschutz zu investieren. Gelingen soll Beschaffung in Verbindung mit einer Bio-Quote das mithilfe einer „Bürger-Stiftung Klimaschutz“, von 30 % bis 2025 und 55 % bis 2030. die Bürger-Anleihen vergeben soll. – Angebot eines täglichen Klimatellers in Öster- – Die Bundesregierung bekennt sich zur Auflage reichs öffentlichen Küchen von Green Bonds durch die ÖBFA. Institutionelle Regierungsprogramm 2020 – 2024 75 Investoren und die Bevölkerung können sich Gebäude: Nachhaltig und damit an der Klimawende beteiligen. energiesparend heizen, kühlen, – KESt-Befreiung für ökologische/ethische Investi- bauen und sanieren tionen (Ausarbeitung eines Konzepts mit klarem Kriterien-Set durch die zuständigen Ministerien • Green Jobs – Sanierungsoffensive für Finanzen und Klima) – Ausbildungs- und Sanierungsoffensive bringen – „Green Supporting Factor“ auf europäischer zusätzliche Beschäftigung in den nächsten zehn Ebene: Im Kampf gegen den Klimawandel Jahren, auch im ländlichen Raum werden wir auch den tatkräftigen Beitrag von Start-ups und KMUs brauchen, die jene Innova- • Überarbeitung der „Vereinbarung gemäß Art. 15a tionen beschleunigen, die uns ein CO2-neutrales B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Leben und Wirtschaften ermöglichen. Die Bun- Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der desregierung wird sich daher auf europäischer Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen“ Ebene dafür einsetzen, dass Banken für Kredite, die effektiv dazu beitragen, den Übergang zu • Erhöhung der Sanierungsrate in Richtung des einer nachhaltigen, klimaneutralen Wirtschaft zu Zielwerts von 3 %, insbesondere durch folgende beschleunigen, weniger Eigenkapital hinterlegen Maßnahmen müssen. Ein solcher „Green Supporting Factor“ – Langfristige und mit den Bundesländern koordi- würde die Vergabe von „grünen Krediten“ nierte Förderoffensive des Bundes erleichtern und somit einen wertvollen Beitrag – Weiterentwicklung der Wohnbauförderung im zur Erreichung unserer europäischen Klimaziele Sinne einer Orientierung an Klimaschutzzielen leisten. unter besonderer Berücksichtigung raumord- – Die Bundesregierung setzt sich für die Veranla- nungsrelevanter Aspekte, wie z. B. Bebauungs- gung öffentlicher Mittel (z. B. bei Beteiligungen dichte, Quartiersqualitäten, ÖV-Erschließung des Bundes im Rahmen der gesellschaftsrecht- etc. lichen Möglichkeiten) in nachhaltige und ökologi- – Einführung eines sozial verträglichen Sanie- sche Anlageformen ein. rungsgebots – Erarbeitung eines Modells zur aktiven Beratung • für sich rasch amortisierende Maßnahmen von Gemeinden und Ländern hinsichtlich öko- wie beispielsweise die Dämmung der obers- logischer und nachhaltiger Infrastrukturprojekte ten Geschoßdecke und Sanierungsmaßnahmen und deren Finanzie- • begleitet durch geförderte Beratungen sowie rung unter Einhaltung des innerösterreichi­schen spezielle Förderangebote Stabilitätspaktes • mit Ausnahmeregelungen und Schwellen- werten – Förderprogramme für die thermisch-energeti- sche Sanierung von Nutzgebäuden • Steigerung der Sanierungsqualität und damit rasche Verbrauchsreduktion und Kosten­ersparnis für die Haushalte, insbesondere durch folgende Maßnahmen 76 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Erstellung eines Sanierungskonzepts bei jeder – Implementierung von folgenden Maßnahmen in geplanten größeren Renovierungsmaßnahme einschlägigen Rechtsmaterien und Förderinstru- (nach Vorbild Energieausweis) mit dem Ziel, sinn- menten: hochwertige Quartiersentwicklung mit volle Sanierungsabfolgen zu gewährleisten und Grünräumen, Reduktion der versiegelten Flächen, für maximale Verbrauchsreduktion zu möglichst Nutzung von Grauwasser, Dachbegrünungen, geringen Kosten zu sorgen konstruktiver Überwärmungsschutz, Ausbau von – Umsetzung der Leitlinien für bauökologisch vor- Energienetzen und aktive Kühlmöglichkeiten teilhafte Sanierungen gemäß Energieeffizienz- gesetz (§ 16 Abs. 13) – Weiterführung des Förderschwerpunkts für öko- Phase-out-Plan für fossile logisch vorteilhafte Sanierungen Energieträger in der Raumwärme • Weiterentwicklung der Standards in den Bauvor- • Um die Erreichung der Klimaschutzziele Österreichs schriften in Zusammenarbeit mit den Bundesländern bis 2040 zu gewährleisten, muss auf die Verbren- mit folgenden Zielen nung von Heizöl, Kohle und fossilem Gas für die – Vorbereitung bzw. Planung der nächsten Anpas- Bereitstellung von Wärme und Kälte weitestgehend sung der OIB-Richtlinie 6 verzichtet werden. – Nullemissionsgebäude Schritt für Schritt zum Standard machen • Forcierung der Nah- und Fernwärme. Fernwärme – Ausrichtung der Baustandards in den Bauordnun- wird in Räumen mit ausreichender Wärmedichte in gen in Neubau und Sanierung gemäß kostenopti- der Wärmeversorgung der Zukunft an Bedeutung malem Niveau der Niedrigstenergiestandards gewinnen. Sie leistet einen großen Beitrag zur Errei- – Anschluss- bzw. Lademöglichkeiten für batterie- chung des österreichischen CO2-Reduktionsziels im elektrische Fahrzeuge sind bei allen Neubauten Non-ETS-Sektor. vorzusehen. In Bestandsgebäuden sind die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestal- • Zur Priorisierung der Anwendungsbereiche im Sinne ten, dass entsprechende Nachrüstungen leicht eines größtmöglichen Klimaschutznutzens wird erfolgen können. eine Mobilisierungsstrategie Grünes Gas erarbeitet. Klare Rahmenbedingungen und Zeitpläne schaffen • Forcierung des Holzbaus und ökologischer Bauma- Planungssicherheit und vermeiden Lock-in-Effekte. terialien Grünes Gas ist ein hochwertiger Energieträger, der – Anpassung der Baunormen und Vereinbarungen quantitativ begrenzt ist und soll daher bevorzugt mit den Ländern zur Veränderung der Bauord- in Anwendungen eingesetzt werden, in denen die nungen und Förderinstrumente Hochwertigkeit notwendig ist. – Vorbildwirkung der öffentlichen Hand in ihren zu errichtenden Gebäuden und Schwerpunkt • Im Dialog mit den Bundesländern, Energieversorgern Holzbauforschung und Gasnetzbetreibern ist ein Fahrplan zur stufen- weisen Entflechtung der Wärmenetze zu entwickeln. • Klimaanpassung im Gebäudesektor – Planung und Bau von Gebäuden jedweder • Phase-out für Öl und Kohle in der Raumwärme: Nutzungskategorie in Hinblick auf zunehmende Ein Bundesgesetz regelt in einem Stufenplan das Außentemperaturen Phase-out von Öl und Kohle im Gebäudesektor. Zur Regierungsprogramm 2020 – 2024 77 Vermeidung sozialer Härtefälle werden alle Maß- • Förderung für erneuerbare Großanlagen nahmen durch eine langfristig angelegte, degressiv und Geothermie in Fernwärmenetzen für die gestaltete und sozial gestaffelte Förderung flankiert: Anhebung des durchschnittlichen erneuerba- – für den Neubau (ab 2020) ren Anteils in der Fernwärme um mindestens – bei Heizungswechsel (ab 2021) 1,5 Prozent pro Jahr – verpflichtender Austausch von Kesseln älter als 25 Jahre (ab 2025) • Sicherstellung der Versorgung – Austausch von allen Kesseln spätestens im Jahr – Verankerung der Nutzung von Wärme in tiefen 2035 Erdschichten (Tiefengeothermie) im MinRoG mit der Möglichkeit, die Nutzungsrechte Dritten zu • Analog zum Stufenplan Öl und Kohle in der Raum- überlassen wärme werden die gesetzlichen Grundlagen zum – Verankerung einer Verpflichtung zur Pelletsbe- Ersatz von Gasheizsystemen geschaffen vorratung für Produzenten und Importeure im – Im Neubau sind ab 2025 keine Gaskessel/Neu- Rohstoffbevorratungsgesetz anschlüsse mehr zulässig. – Kein weiterer Ausbau von Gasnetzen zur Raum- wärmeversorgung, ausgenommen Verdichtung Erneuerbare Energie für eine innerhalb bestehender Netze saubere Zukunft • Wärmestrategie erstellen: In enger Zusammenarbeit • Aufbauend auf der bisherigen Arbeit – der mit den Bundesländern erarbeitet die Bundesregie- #mission2030 und dem Nationalen Energie- und rung eine österreichische Wärmestrategie mit der Klima-Plan – sollen folgende Maßnahmen gesetzt Zielsetzung der vollständigen Dekarbonisierung des werden Wärmemarktes. – Klare Zieldefinition für die Steigerung des – Pfade und Möglichkeiten der vollständigen Anteils von erneuerbaren Energien am nationa- Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer len Gesamtverbrauch: 100 % (national bilanziell) Energieträger (Biomassetechnologien, Fern- Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis 2030 wärme, direkte Solarnutzungen, Geothermie – Verstärkte Nutzung und Koppelung von in Öster- und Umgebungswärme), inkl. Maßnahmen und reich vorhandenen Ressourcen zur nachhaltigen Fahrpläne Erzeugung von erneuerbarer Energie in allen – Verbindliche Grundlage der strategischen Ziel- Anwendungsbereichen (Strom, Wärme und Kälte, erreichung Mobilität) – Forcierung der Nah- und Fernwärme – Konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Ener- – Raumplanerische Rahmenbedingungen ver- gie- und Versorgungssicherheit in Österreich bessern: Festlegung von Versorgungszonen mit durch den erleichterten Ausbau bestehender der Möglichkeit von Anschlussverpflichtungen und Errichtung neuer Energieerzeugungsanlagen in Raumplanungsinstrumenten, gesetzliche für erneuerbare Energien Regelung zur Begründung von Leitungsrechten – Ausbau heimischer Ressourcen statt Energie- für Fernwärme, Regelungen für die Erfassung importe und einfache Einbindung von Abwärmequellen – Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz etc. begleitet durch entsprechende Förderpro- (speziell im Wohnbau) gramme 78 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Einsatz von Cross-Cutting-Technologies und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Aufbau von Hybridnetzen für die Energiever- Österreich zu stärken. sorgung – Wasserstoff als Speichermedium verstärkt • 100 % Strom aus Erneuerbaren bedeutet einen nutzen Zubau von rund 27 TWh. Zielsetzung ist, bis 2030 eine Photovoltaik-Erzeugungskapazität von 11 TWh • Ausbau- und Unterstützungsprogramm für „grünes zuzubauen, bei Wind beträgt das Ausbauziel 10 Gas“ (Biomethan, grüner Wasserstoff und syntheti- TWh, bei Wasserkraft 5 TWh (wobei eine am öko- sches Gas auf Basis erneuerbaren Stroms) mit dem logischen Potential orientierte Aufteilung zwischen Ziel, bis 2030 5 TWh ins Gasnetz einzuspeisen. Kleinwasserkraft und Großwasserkraft vorzunehmen Dazu wird auf Basis von Verfügbarkeiten sowie ist) und bei Biomasse 1 TWh. klimapolitischem und volkswirtschaftlichem Nutzen ein Ausbaupfad definiert. Die Herstellung von • Der Ausbau soll, unter Berücksichtigung von Vorlauf- synthetischem Gas erfolgt vorwiegend auf Basis zeiten, einem zehnjährigen linearen Pfad folgen. Bei von Überschussstrom. Begleitet wird der Ausbau signifikanten Pfadabweichungen sind entsprechende zum Beispiel mit Förderprogrammen und Quoten, Maßnahmen zur durchschnittlichen Pfadeinhaltung die die Zielerreichung ermöglichen, sowie durch ein zu setzen. stringentes System für Herkunftsnachweise und Kennzeichnung. • Der Ausbau soll unter Beachtung strenger Kriterien in Bezug auf Ökologie und Naturverträglichkeit • Mobilisierung von Flächen im direkten oder erfolgen. indirekten Eigentum des Bundes für die Nutzung erneuerbarer Energie, insbesondere Verkehrsflächen • Es erfolgt ein laufender Ausbau: Statt Stop-and-go (ASFINAG, ÖBB) oder Flächen an Gebäuden oder aufgrund jährlicher Kontingente erfolgt ein kontinu- auf Liegenschaften. Erfassung und Bewertung: ierlicher Ausbau, mit Ausnahme der Förderung von Geeignete Flächen können selbst genutzt oder Drit- Speichern im Zusammenhang mit PV-Anlagen. ten zugänglich gemacht werden für eine Nutzung (Contracting oder Pacht). • Das Ausmaß des Unterstützungsvolumens orientiert sich am Ausbaufahrplan. Im 3-jährigen Mittel darf dabei ein Jahres-Maximum von 1 Milliarde Euro nicht Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz überschritten werden. Innovative Sonderprogramme im Detail im Klima- und Energiefonds bleiben möglich. • Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) wird so • Die Unterstützung erfolgt mit einem Fokus auf einen rasch wie möglich erlassen, es implementiert als Mix aus Investitionsförderungen und gleitenden Sammelgesetznovelle folgende Eckpunkte in den Marktprämien, unter Einbeziehung von Ausschrei- entsprechenden Materiegesetzen und zieht eine bungen, wo dies im Sinne der Zielerreichung sinnvoll Reform der Ökostromförderung nach sich. einsetzbar ist. • Ziel ist es, die Stromversorgung bis 2030 auf 100 % • Die Laufzeiten für die Gewährung der Marktprämien (national bilanziell) Ökostrom bzw. Strom aus erneu- werden generell auf 20 Jahre ausgedehnt. erbaren Energieträgern umzustellen und gleichzeitig Regierungsprogramm 2020 – 2024 79 • Die Errichtung von PV-Anlagen und das Ziel, 1 Million Weiterentwicklung des Dächer mit Photovoltaik auszustatten, wird durch Energieeffizienzgesetzes folgende Änderungen administrativ erleichtert: – Abbau von bürokratischen Hürden bei bestehen- Novellierung des Energieeffizienzgesetzes auf Basis der den Anlagen, dazu gehört die Ermöglichung der folgenden Grundsätze: Erweiterung bestehender Anlagen, ohne dass ein Einspeisetarifverlust für die bisherige Kapazi- • Einsparungen werden weiterhin mit einer Kombi- tät eintritt nation aus strategischen Maßnahmen (Steuerrecht, – vereinfachter Netzzugang für Anlagen bis 10 kW Ordnungsrecht, Förderungen) und einer Verpflich- – Ausweitung der leistungsbezogenen Förder- tung der Energielieferanten, Einsparmaßnahmen zu grenzen setzen, erzielt. – Vereinfachung der rechtlichen Rahmenbedingun- gen für PV-Anlagen • Einsparverpflichtung, um die Möglichkeit einer – Förderfähigkeit auch auf Flächen außerhalb von Ersatzzahlungsleistung in einen Fonds zu ergänzen. Gebäuden, mit besonderem Fokus auf versie- Aufgebrachte Mittel fließen zur Finanzierung von gelte Flächen (z. B. P&R-Anlagen, Parkplätze etc.) Energieeffizienzmaßnahmen in Haushalte (mit und Doppelnutzung besonderer Berücksichtigung sozialer Härtefälle) der UFI zu. • Prüfung der Tarifstruktur auf Änderungsbedarf, um abzufedern, dass unterschiedliche Ausgangsbe- • Katalog anrechenbarer Maßnahmen wird deutlich dingungen in Bezug auf den nächsten verfügbaren eingeschränkt auf Maßnahmen, die auf Basis einer Netzanschlusspunkt zu Benachteiligungen bei den fachlich verbesserten Berechnungsbasis beleg- Kontrahierungen von Erzeugungskapazitäten führen bare Energiereduktionen gewährleisten. Wechsel zu Technologien auf Basis fossiler Energieträger • Erweiterung der Möglichkeiten der Gestaltung von werden keine anrechenbaren Maßnahmenfelder „Erneuerbaren Energiegemeinschaften“ und „Bürger- mehr darstellen. energiegemeinschaften“ für verstärkte dezentrale Energieversorgung und die Stärkung von regionalen • Die Abwicklung soll möglichst unbürokratisch Versorgungskonzepten, mit Fokus auf Gemein- erfolgen. nützigkeit und genossenschaftliche Systeme, lokale Mikro-Netze und Speicherbetreiber, Etablierung • Energieaudits werden auf einen größeren Kreis eines One-Stop-Shops zur Beratung von Unternehmen ausgeweitet, um Reduktionen im Non-ETS-Sektor zu verstärken, und in ihrer Wirk- • Ermöglichung einer unkomplizierten Direktver- samkeit verbessert, damit Unternehmen sich rasch marktung bei Eigenstromerzeugungen, sofern das amortisierende Maßnahmen umsetzen. öffentliche Netz nicht benutzt wird • Geeignete Übergangsbedingungen erhalten den • Streichung der Eigenstromsteuer auf alle erneuer- Anreiz für Unternehmen, bereits 2020 neue Ein- baren Energieträger sparmaßnahmen zu setzen, die über 2020 hinaus wirksam sind. • Forcierung der Revitalisierung großer Wasserkraft- anlagen 80 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Prüfung einer neuen Kompetenzgrundlage für die Den österreichischen Anti-­ Umsetzung der Energieeffizienz-RL 2021 sowie Atomkraft-Weg konsequent der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit weiterer fortsetzen und Einsatz gegen die bundeseinheitlicher Regelungen Kohlekraft • Fortsetzen der konsequenten Anti-Atomkraft-Linie: Versorgungs- und Netzsicherheit keine öffentlichen Gelder für Atomkraft, insbeson- gewährleisten dere bei öffentlichen Beihilfen für Bau/Betrieb von AKWs, bei Forschungsgeldern, der Anrechnung von • Österreichischen Integrierten Netzinfrastrukturplan MFR-Geldern im Sinne des Klimaschutzes und bei entwickeln – strategische Energieplanung mit Län- Kriterien zur nachhaltigen Finanzierung („Taxonomie“) dern und Gemeinden sowie Wirtschaft sicherstellen • Energieunion ohne Kernenergie forcieren: Österreich • Erforderliche Reservekapazitäten sind für einen wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Atomkraft stabilen Netzbetrieb unabdingbar und benötigen auch in Zukunft nicht über Mechanismen des Pariser daher entsprechende Investitions- und Betriebs- Abkommens unterstützt wird. sicherheit. Das erforderliche Ausmaß wird auf Basis einer entsprechenden transparenten Bedarfsprog- • Dem Neu- und Ausbau von Atomkraftwerken in nose bzw. Evaluierung festgestellt. Ein Fokus erfolgt Europa, insbesondere in den Nachbarländern, mit auf die Einbindung erneuerbarer Energieträger. Um allen zur Verfügung stehenden politischen und kleineren Erzeugungskapazitäten und industriellen rechtlichen Mitteln entgegenwirken Anlagen die Teilnahme am Reservekapazitätsmarkt zu erleichtern, sollen die Losgrößen reduziert und • Setzung aller notwendigen politischen und diploma- Pooling ermöglicht werden. tischen Schritte auf nationaler und bilateraler sowie EU-Ebene, um zu erreichen, dass Überprüfungen • Evaluierung der netzgebundenen Tarifstrukturen von Kernkraftwerken in den Nachbarstaaten und der hinsichtlich Vereinfachungen und mehr Transparenz von diesen ausgehenden Gefahren mit modernsten für Kundinnen und Kunden Methoden sowie unter Einbindung unabhängiger nationaler und internationaler Expertinnen und • Prüfung von Erleichterungen im Starkstromwege- Experten unter verbindlicher Transparenz durch- recht für Erweiterungen und Änderungen bereits geführt werden bestehender Leitungen • Konsequentes Einschreiten gegen grenznahe Atom- mülllager • Reform Euratom-Vertrag: Mittel sind nur noch zu verwenden für die Frage der Entsorgung bzw. lang- fristigen Lagerung radioaktiver Abfälle sowie des Strahlenschutzes, der Sicherheit und des Rückbaus von Atomkraftwerken sowie der Forschung im Bereich der medizinischen Nutzung. Regierungsprogramm 2020 – 2024 81 • Die Bundesregierung tritt für die Schaffung eines – Energieeffizienz EU-weiten einheitlichen nuklearen Haftungsregimes – ggf. neue Projekte (z. B. „energieeffiziente Stadt“ ohne Haftungsobergrenzen und mit der Festlegung und „energieeffizientes Dorf“) des Schadensorts als Gerichtsort ein. • Experimentierklausel (nach deutschem Vorbild) für • Gegen den Neubau von AKWs in Europa wird mit Unternehmen ermöglichen allen zur Verfügung stehenden Mitteln vorgegangen. Die Bundesregierung setzt sich entschieden und mit • Innovation – von Start-ups bis Industrie. Ener- Vehemenz gegen die Inbetriebnahme der slowa- gie-Cluster & Open Energy Innovation kischen Reaktoren Mochovce 3 und 4 und für eine erneute UVP ein. • Digitalisierung: Vorteile nutzen, Datenschutz sicher- stellen • Gründung einer Allianz der EU-Mitgliedstaaten für einen europaweiten Atomausstieg • Strategie zur Verwendung alternativer Energieträger in der Mobilität (E-Mobilität, Wasserstoff, syntheti- • Die Bundesregierung verfolgt konsequent und mit sche Treibstoffe) mit Fokus auf Gesamt-Klimabilanz allen rechtlichen und diplomatischen Mitteln die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprü- • Neue Österreichische Wasserstoffstrategie: Wasser- fung auch bei Laufzeitverlängerungen von AKWs. stofftechnologie speziell für den Wirtschafts- und Sie setzt sich für die Schaffung klarer EU-Regeln wie Verkehrsbereich entwickeln zeitliche Obergrenze für Laufzeitverlängerungen – Damit soll Österreich zur Wasserstoffnation und verpflichtende grenzüberschreitende UVP ein. Nummer 1 werden. – Klimaschutz- und Wasserstoffzentrum als Clus- • Kohleausstieg in ganz Europa umsetzen ter für Forschung, Innovation und Technologie – Einen europaweiten Kohleausstieg forcieren, umsetzen um dem Import von billigem Kohlestrom nach Österreich entgegenzuwirken und die Wett- • Internationale Positionierung Österreichs als Vorrei- bewerbsfähigkeit heimischer Strom­erzeuger zu ter im Bereich der erneuerbaren Energie als Unter- gewährleisten stützung der österreichischen Exportwirtschaft – Vorreiter bei Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien; Anti-Atomkraft/Anti-Kohlekraft; Technologieoffensive, Digitalisierung Innovationsführer bei Wasserstofftechnologie und Innovation • Integrierte Energiesysteme (Sektorkopplung): Gesamthafte Betrachtung der Systeme für Strom, Wärme und Mobilität • Technologieoffene Energieforschungsoffensive zur Dekarbonisierung – Schwerpunkte: Smart Grids, neue Speichertech- nologien, Wasserstoff, Demand Side Management 82 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Industrie und Gewerbe: ein Green • Investitionsprämien: Zur Erhöhung der Transforma- Deal für Österreichs Wirtschaft tionsgeschwindigkeit sollen Unternehmen mittel- fristig und planbar angelegt Investitionsprämien • Umfassende, sektorübergreifende Klima- und Kreis- für Investitionen in klimaschonende Technologien laufwirtschaftsstrategie mit prioritärer Ausrichtung erhalten. auf die besonders energie- und emissionsintensiven Sektoren Stahlerzeugung, Chemie und Zement • Einsetzen auf europäischer Ebene für einheitliche sowie die Abfallwirtschaft. Sie orientiert sich einer- Regelungen zur Verhinderung des indirekten Carbon seits an den Pariser und europäischen Klimazielen, Leakage – falls auf europäischer Ebene keine ein- andererseits an der EU Circular Economy Strategy heitliche Regelung erfolgt, Prüfung einer nationalen und dem EU Circular Economy Action Plan. Die zen- Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der Wettbe- trale Herausforderung besteht in der Technologie- werbsfähigkeit entwicklung in Richtung industrieller Skalierung und Umsetzung neuer, CO2-armer bzw. CO2-zirkulärer Prozesstechnologien sowie deren wirtschaftlicher Klimaschutz durch Bioökonomie Darstellbarkeit. Die sektorübergreifende Koppelung von Klima- und Kreislaufwirtschaftsstrategie erfor- • Entwicklung geeigneter Instrumente zur Forcierung dert eine rasche Transformation des Energiesystems von erneuerbaren Rohstoffen in allen Produktberei- hin zu gesamtsystemischer Energieeffizienz und zu chen bzw. Wirtschaftssektoren unter Berücksichti- erneuerbaren Energietechnologien bei gleichzeiti- gung der Verfügbarkeit von Flächen und Klimazielen gem Erhalt internationaler Wettbewerbsfähigkeit, in der Landwirtschaft nachhaltiger Standortsicherung und der Positionie- rung Österreichs als internationaler Vorreiter • Vorbildwirkung der öffentlichen Hand (nachhaltige – Nutzung bestehender Instrumente für sektor- Beschaffung) übergreifende Cluster-Initiativen zur Abdeckung von Mehrkosten für die Technologieentwicklung • Umsetzung der Bioökonomiestrategie des Bundes und -umstellung auf nationaler und europäischer samt zugehörigem Aktionsplan, Etablierung des Bio- Ebene (EU-ETS-Innovationsfonds, Horizon ökonomieclusters und zugehöriger Geschäftsstelle Europe, European Cluster Collaboration Platform mit den bestehenden Ressourcen in der Verwaltung [IPCEI]). – Spezielle Förderungen für industrielle Clus- • Sicherstellung der regionalen Verfügbarkeit von ter-Leitprojekte von Branchenführern, bei denen nachwachsenden Rohstoffen für die Bioökonomie; Klimaschutz, F&E und Innovation einen hohen die Importabhängigkeit von natürlichen Ressourcen Stellenwert genießen, durch obengenannte muss minimiert werden Instrumente • Aufstockung der Grundlagenforschung zu Ressour- • Förderung der Energieeffizienz in der Produktion cen-Verfügbarkeit, ökologischen Funktionen (Boden, in Industrie- und Gewerbeunternehmen sowie der Biodiversität etc.), Standortbedingungen und sozia- Erzeugnisse über deren Lebenszyklus, Einrichtung len Rahmenbedingungen biobasierter Wirtschaft, von Anreizsystemen für Unternehmen zum Ersatz (physikalische, chemische, biologische) Analytik von ineffizienter Technologien Materialeigenschaften Regierungsprogramm 2020 – 2024 83 • Erhöhung der Anstrengungen im Bereich Produkt- und Prozessentwicklungen bei stofflicher und energetischer Verwertung biogener Materialien in der angewandten Forschung • Bessere Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Produkte aus biogenen Roh- und Reststoffen bzw. Abfällen und Nebenprodukten sowie deren zugehörige Lagerungs- und Logistikkapazitäten, bei gleichzeitiger Reduktion der Lebensmittelabfälle • Start einer Imagekampagne für bioökonomiebasierte Produkte zur Kommunikation ökologischer und ökonomischer Vorteile (Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung) • Weiterentwicklung und Anpassung bestehender nationaler und europäischer Gütesiegel sowie Labels zur Ausweisung bioökonomiebasierter Produkte • Stärkere Einbindung von Bioökonomie in schulische und akademische Ausbildungen sowie in berufliche Weiterbildungsangebote 84 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Verkehr & Infrastruktur Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen, der Trans- abgewickelt und die Chancen dieses Effizienzsprungs für port von Waren eine Voraussetzung für unsere Wirtschaft. den Beschäftigungs- und Wirtschaftsstandort sollen um- Ein zukunftsfähiger Standort braucht ein innovatives, fassend genützt werden. Der Logistik-Hub Österreich wird effizientes und gut funktionierendes Mobilitäts- und Trans- damit zukunfts­fähig aufgestellt und nachhaltig gestärkt. portsystem. Gleichzeitig wissen wir um die Notwendigkeit, das Verkehrssystem neuen Anforderungen anzupassen: Österreich hat eines der dichtesten Straßennetze Europas. Digitalisierung, Energieeffizienz und Dekarbonisierung Zur Erhaltung, Optimierung und verkehrsträgerüber- im Einklang mit den Klimazielen von Paris sind unabding- greifenden Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur bar. Um die im Verkehrssektor notwendige Trendwende braucht es fachliche Entscheidungs- und Planungspro- bei den CO2-Emissionen zu schaffen, bedarf es klarer zesse. Der Mobilitätsmasterplan 2030 soll den wirkungs- Rahmenbedingungen und engagierter Umsetzungspro- orientierten strategischen Rahmen bieten, um Österreichs gramme. Deshalb werden Maßnahmen entwickelt, um Mobilitätssektor nach ökologischen, ökonomischen und Verkehr zu vermeiden, Verkehr zu verlagern und Verkehr sozialen Zielen auszurichten. Der Rad- und Fußgänger- zu verbessern und den Anteil des Umweltverbunds (Fuß- verkehr nimmt stetig an Bedeutung zu. Dieser positive und Radverkehr, öffentliche Verkehrsmittel und Shared Trend muss weiterhin unterstützt und gestärkt werden. Mobility) deutlich zu steigern. Luftfahrt, Schifffahrt und auch Seilbahnwirtschaft sind im Zusammenhang mit den Bereichen Verkehr und Infra- Die Bundesregierung bekennt sich zum gemeinsamen struktur nicht zu vernachlässigen – auch hier werden Voranbringen der notwendigen Innovationen im Ver- ökologische, ökonomische und soziale Ziele verfolgt. kehrssektor hin zu umweltfreundlicher Mobilität für alle, um zukunftsfähige Lösungen für unser individuelles Mo- Neben der Dekarbonisierung sind Digitalisierung und bilitätsbedürfnis zu bieten. Dadurch sollen die Menschen Sharing die größten Innovationstreiber für moderne echte Wahlfreiheit auf ihren alltäglichen Wegen erhalten, Mobilität. Wir wollen die Rahmenbedingungen für neue nicht nur in unseren Städten, sondern auch und besonders Mobilitätsdienste optimieren und dabei vor allem den im ländlichen Raum. Wir wollen ein Verkehrssystem, das Nutzen für alle sicherstellen. im Sinne der österreichischen Bevölkerung ist und den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Des- halb schaffen wir ein gutes, sicheres, barrierefreies und Klimaschutz-Rahmen für preisgünstiges sowie flächendeckendes Mobilitätsangebot Verkehrssektor für die Österreicherinnen und Österreicher. • Mobilitätsmasterplan 2030 für eine wirkungs- Der Bahnverkehr steht vor Heraus­forderungen wie die orientierte integrierte Strategie für Luft-, Wasser-, der Kapazitäts­steigerung. Um diese zu bewältigen, wird Schienen- und Straßenverkehr, von der sich konkrete zeitgerecht und mittels mehrjährig fixierter Prioritäten in Maßnahmen für einzelne Sektoren ableiten, die die nötige Infrastruktur investiert. Dies ist die Basis für Österreichs Klima- und Wirtschaftsziele unterstützen Angebotsausweitungen und dichte Taktfahrpläne. Der – Langfristige strategische Ausrichtung des Mobi- Güterverkehr hat großes Potential, einen wesentlichen litätssektors in Richtung Erfüllung des Pariser Beitrag für die Erreichung der Pariser Klimaziele zu leis- Klimaabkommens ten. Er soll energieeffizient, umwelt- und klimaschonend Regierungsprogramm 2020 – 2024 85 – Das gesamtstaatliche Klimaziel für den Bereich Umweltfreundliche, leistbare Verkehr fungiert als übergeordnete verbindliche Mobilität für alle in Stadt und Land Handlungsanleitung, an der sich die strategische Planung für alle Verkehrsträger ausrichten muss. • Garantiert mobil: Ausbauen, vernetzen, verstärken – Der Mobilitätsmasterplan 2030 adressiert die – Sicherstellung eines weitgehend stündlichen, Transformationstreiber Dekarbonisierung und ganztägigen ÖV-Angebots im urbanen Raum und Digitalisierung. Er nutzt die Potentiale der ländlichen Gebiet durch sämtliche Mobilitäts- Digitalisierung (Daten als Grundlage für modi­ services (Bahn, Bus, Bim, Carsharing, Mikro-ÖV, übergreifende Steuerung und Nutzung neuer Sammeltaxis, Ridesharing-Plattformen …) Geschäftsmodelle zur Erreichung der Klimaziele). – Kombination aus flexiblen Mobilitätsangeboten Im Mittelpunkt stehen Lebensqualität und Wett- (wie Mikro-ÖV), Sharing-Lösungen und Rad- bewerbsfähigkeit. Hierfür müssen neue Mobili- verkehr-Attraktivierung bringt österreichweite, tätskonzepte und Innovationen gestärkt werden, flächendeckende Mobilitätsgarantie u. a. auch mit der Etablierung von Experimentier- – Rasche vollständige Umsetzung der bisher räumen. beschlossenen ÖV-Mindeststandards – Aufgebaut wird der Mobilitätsmasterplan 2030 – Stufenweise Verankerung und Umsetzung auf Vorarbeiten wie der #mission2030, dem ausreichender Anschlüsse für alle Ortskerne mit NEKP oder dem Sachstandsbericht Mobilität. Er öffentlichem Verkehr entwickelt Einzelmaßnahmen in den Bereichen – Sicherstellung der nötigen, kontinuierlichen „Verkehr vermeiden“, „Verkehr verlagern“ und Bundes-Kofinanzierung „Verkehr verbessern“ – von Mobilitätsdienstleis- tungen bis hin zu Infrastrukturmaßnahmen. • Reform des Öffentlicher Personennah- und Regional- – Besondere Berücksichtigung finden attraktive verkehrsgesetzes (ÖPNRV-G) entlang folgender Mobilitätsdienstleistungen sowohl für urbane Schwerpunkte: Zentren als auch für ländliche Gebiete. – Änderung der Finanzierungsreglungen durch – Nutzung der Beteiligungen des Bundes in den Zusammenfassung zu einer zweckgebundenen Bereichen Infrastruktur und Verkehr und Erarbei- Zuweisung an die Bundesländer (FAG, FLAF, tung einer Portfolio-Strategie, die die Ziele des ÖPNRV-G) Mobilitätsmasterplans 2030 unterstützt und eine – Zweckbindung der Verkehrsanschlussabgabe für serviceorientierte Mobilitätspolitik verwirklicht ÖV-Finanzierung mit begleitenden Maßnahmen – Verkehrsträgerübergreifende strategische gegen negativen Standortwettbewerb Planung beim Bau und Ausbau von Infrastruktur – Gesetzliche Festlegung der Gesamthöhe der sowie Prüfung der Effizienzsteigerung durch Mittel und des Verteilungsschlüssels, orientiert bessere Kooperation im Infrastrukturausbau an den ÖV-Mindeststandards (Beschlüsse 2014) inklusive Berücksichtigung der Sektorintegration sowie Zweckbindung für ÖPNV (beispielsweise Bau, Breitbandausbau oder – Prüfung einer Neuorganisation (Integration in die Klimaschutzprojekte) Linienverkehre etc.) des Schüler-Gelegenheits- • Effizienzsteigerung durch den Digitalen Tief- verkehrs, um eine Steigerung der Planungseffi- bauatlas für Infrastrukturausbau ermöglichen zienz und eine faire Ausfinanzierung zu erreichen • Einsatz im nationalen und europäischen Rahmen in Richtung einer verursachergerechten Kostenwahrheit 86 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • 1-2-3-Österreich-Ticket zur Erreichung der Klima- an Bahnhöfen in Abhängigkeit von der Verfüg- ziele – eine klimaschonende Alternative zum barkeit attraktiver Zubringerdienste, um die motorisierten Individualverkehr, breit leistbar und Angebote des öffentlichen Verkehrs für Pendle- zugleich unkompliziert zugänglich rinnen und Pendler zu erweitern und aufzuwer- – Umsetzung durch österreichweite Jahresnetz- ten. Dafür notwendig ist auch Folgendes: karte für den öffentlichen Verkehr • Neuordnung Park&Ride-Regelungen ÖBB mit – Um 1 Euro pro Tag in einem Bundesland, um Gemeinden und Ländern sowie einheitliche 2 Euro pro Tag in einem und im Nachbarbundes- Bewirtschaftungs- und Betriebskriterien von land, um 3 Euro pro Tag das gesamte Bundes- Park&Ride-, Bike&Ride- und Sharing-An- gebiet geboten – Kostengünstige Variante für junge Menschen in • Bekenntnis zum regionalen, schienengebun- Ausbildung und Studierende denen Verkehr bzw. zu kostengünstigeren – Dieses Angebot soll durch die erfahrungsgemäß Alternativen des öffentlichen Verkehrs nachfragebedingt steigenden Markterlöse (On-Demand-Lösungen, Busse etc.) teilfinanziert und zusätzlich durch die öffentliche • Zusammenarbeit mit dem Tourismus, um Hand gestützt werden, um die nötige Markt- auch dort die sogenannte „Last Mile“ mittels durchdringung zu erreichen. öffentlicher Verkehrsmittel zu ermöglichen – Zeitgerechte Bereitstellung der dafür benötigten Bundesmittel bei der Einführung • Bahn im Fernverkehr zur attraktiven Alternative – Entwicklung der nötigen Entscheidungsgrund- machen lagen und Abwicklungsstrukturen sowie recht- – Prüfung der Ausweitung des Angebots an Auto- lichen Voraussetzungen wird gemeinsam mit den reisezügen (wie beispielsweise Wien–Innsbruck/ ÖV-Systempartnern mit hoher Priorität voran- Feldkirch). Berücksichtigung von E-Mobilität getrieben. durch Lademöglichkeiten auf dem Zug – Prüfung eines Austrorail-Tickets nach Alter – Ausbau des Nachtzugangebots im Fernver- gestaffelt nach dem Vorbild von Interrail kehr, innerösterreichisch und zu internationalen Destinationen • Verstärkter Einsatz von Shared Services zur – Verbesserung der Fahrradmitnahme im Fernver- Schaffung einer gemeinsamen Orga­nisation der kehr öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen. Ziel ist die Steuerung, Bündelung und Koordination von tariflichen und vertrieblichen Innovationen im Verkehrssicherheit öffentlichen Verkehr. • Novelle der Straßenverkehrsordnung • Flexible, nachfrageorientierte Mobilitätsangebote – Evaluierung der StVO auf Benachteiligungen des als Ergänzung zu Bahn- und Kraftfahrlinien auf der Radfahrens und Zufußgehens „letzten Meile“ – Mikro-ÖV – Abbau von rechtlichen Barrieren zum Wohle des – Absicherung gemeinwohlorientierter Mobilitäts- sicheren Radfahrens sowie Zufußgehens dienste (Dorfbus, Anrufsammeltaxis etc.) durch – Ermöglichung von Temporeduktionen in Ortsker- klare und stabile Rahmenbedingungen nen und vor Schulen sowie an Unfallhäufungs- – Bundesweiter Ausbau von den ÖV ergänzenden stellen (auch auf Landesstraßen) Park&Ride-, Bike&Ride- und Carsharing-Lösungen – Stärkung des Rücksichtnahmeprinzips in der StVO Regierungsprogramm 2020 – 2024 87 • Rettungsgasse: Klarstellung des Begriffs „Stocken • Evaluierung des Alkolocksystems nach Ablauf der des Verkehrs“ in der StVO etwa durch konkrete Fünfjahresfrist (Versuchsbeginn am 1. September Geschwindigkeitsangabe 2017) • Klarstellung Höchstgeschwindigkeit 20 km/h in • Effektives Einschreiten gegen Lenkerinnen und Begegnungszonen Lenker, die sich auf Grund von verbotenem Sucht- giftkonsum, Alkoholkonsum sowie des Konsums von • Verbesserungen der LKW-Sicherheit (nicht fachärztlich verschriebenen) psychotropen – Verstärkter Fokus auf LKW-Sicherheit im Ver- Stoffen in einem fahruntauglichen Zustand befinden kehrssicherheitsbeirat – Vertiefende Ausbildung der LKW-Fahrerinnen • Ausarbeitung eines Verkehrssicherheitsprogramms und -Fahrer im Rahmen der Berufskraftfah- 2021ff mit Annäherung an Vision Zero rer-Aus- und -Weiterbildung hinsichtlich „Ver- kehrssicherheit und toter Winkel“ • Evaluierung und Novelle der OffroadVO und des – Bewusstseinsbildungsmaßnahmen für KFG in Bezug auf den missbräuchlichen Einsatz von besonders gefährdete Gruppen von Verkehrs­ Traktoren teilnehmerinnen und -teilnehmern betreffend „Toter Winkel“ – Prüfung einer Förderung für Nachrüstung von Effiziente E-Mobilität jetzt: Abbiegeassistenten Schienen in die Zukunft und mehr – Ausstattung von ASFINAG-Parkplätzen mit Bahn, Bim & Bus Einrichtungen zur korrekten Ausrichtung der Spiegel von LKWs sowie Kontaktaufnahme und • Bus, Bahn & Co. – innovativ, aufeinander abge- gemeinsame Evaluierung mit den Mineralölfir- stimmt, benutzerfreundlich men, ob die Einrichtung solcher Plätze auch bei Tankstellen möglich ist • Etablierung einer gemeinsamen Bestellorganisation, – Adäquate personelle Ausstattung der Exekutive die als Servicestelle für den Bund, die Bundesländer für ein dichtes Kontrollnetz bezüglich arbeits- und die Verkehrsbünde zur Verfügung steht, um rechtlicher, technischer und rechtlicher Belange Synergien zu nutzen und Beschaffungskosten zu unter zumutbarer zeitlicher Beeinträchtigung der minimieren sowie zu einer abgestimmten Planung Beamtshandelten von Bahn- und Busverkehrsausschreibungen zu kommen • Einführung einer verpflichtenden Verkehrserziehung inklusive einheitlicher Unterrichtsmaterialen sowie • Schaffung einer nationalen Buchungsplattform mit verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse in allen Schulen transparenten Tarifen inkl. Vereinheitlichung des Ticketing im öffentlichen Verkehr; Möglichkeit, mit • Verstärktes Angebot von Fort- und Weiterbildung einem Ticket mehrere Verkehrsdienstleister – von für Führerscheinbesitzerinnen und -besitzer, um Mikro-ÖV bis Schienen-Fernverkehr zu nutzen. Um aktuelles Wissen und Bewusstsein technischer und die Kundenzufriedenheit zu steigern, sollen die Tarif- rechtlicher Neuerungen zu gewährleisten und Automatensysteme harmonisiert werden. 88 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Vereinheitlichung der wichtigsten Tarifnebenbestim- Carsharing-Stellplätze, Lademöglichkeiten für mungen und mehr Vernetzung bei Fahrplangestaltung E-Fahrzeuge sowie Verbesserung von Fahrgast- informationssystemen und Abholterminals für • Fahrgastrechte absichern und ausbauen (Mitwir- Online-Bestellungen kungspflicht für Unternehmen an Schlichtungsver- fahren beibehalten, Prüfung Einbezug Einzeltickets • Öffi-Milliarde für den Regionalverkehr für die Sicher- SPNV) stellung flächendeckender ÖV-Angebote außerhalb von Ballungsräumen. Dazu gehören: • Breitband-Ausbau entlang Pendlerstrecken – Investprogramm für Privatbahnen – Modernisierung der Bahnhöfe zu „Mobilitäts- • Bahn-Infrastruktur PLUS drehscheiben“ – Evaluierung, Überarbeitung und ggf. Auf- – Ausarbeitung von Handlungsoptionen zur nach- stockung des ÖBB-Rahmenplans 2020–2025, haltigen Absicherung von Regional-, Neben- und um die Fertigstellung des Zielnetzes 2025+ zu Privatbahnen beschleunigen und dringliche Nahverkehrs-Pro- – Überprüfung der technischen Standards (Ein- jekte in Ballungsräumen rasch zu starten sparungsmöglichkeiten), um den Betrieb von – Entsprechend der Zielrichtung des NEKP erfolgt Nebenbahnen aufrechtzuerhalten ausgehend vom Basisjahr 2020 im gültigen – Verankerung von mehr Zugsangebot (Grund­ Rahmenplan (2018–2023) eine Investitionssteige- angebot Bund) in den Verkehrsdienstverträgen rung von 5 % pro Jahr (inklusive Vorausvalorisie- mit den Ländern rung von 2,5 %). – Vollständige Bedeckung der im Juni 2019 bereits – Sicherstellung entsprechender Finanzierungsver- mit dem BMF vereinbarten VDV-Leistungen träge (inklusive Privatbahnen) – Attraktivierung der bestehenden ÖBB-Strecken, • Öffi-Milliarde für den Nahverkehr für die Verbes- die nicht im Zielnetz beinhaltet sind serung der Rahmenbedingungen im öffentlichen – Zusatzbestellungen für Nahverkehr-Leistungs- Verkehr. Damit sollen vor allem Ausbau und Verbes- ausweitungen durch den Bund serung des öffentlichen Verkehrs in und um Bal- lungsräume vorangetrieben werden. Dazu gehören: • Die Mittelzuteilung aus Nahverkehrs- und Regional- – Ausbau und Verbesserung der Schieneninfra- verkehrsmilliarde erfolgt unter der Maßgabe der struktur, abhängig von der Mobilitätsnachfrage, Kofinanzierung durch die Bundesländer in einem und die Stärkung der Schiene als „Rückgrat“ für noch zu vereinbarenden Schlüssel. den öffentlichen Verkehr – Stadtregionalbahn/S-Bahn/Straßenbahnaus- • Überprüfung des vermehrten Einsatzes von alter- bauten nativen Antrieben bei öffentlichen Verkehrsmitteln – Fortsetzung U-Bahn-Kofinanzierung sowie Erarbeitung zugehöriger Maßnahmen – Dekarbonisierung Busverkehr, Steigerung der Umweltverträglichkeit der öffentlichen Verkehrs- • Forcierung von Energieeffizienzmaßnahmen für mittel öffentliche Verkehrsmittel – Modernisierung der Bahnhöfe zu „Mobilitäts- drehscheiben“ zur Verbesserung der Umsteige- qualität Bus-Bahn, Park&Ride, Fahrradparken, Regierungsprogramm 2020 – 2024 89 • Förderung von neuen Technologien und Pionierpro- • Internationale Bahn-Optimierung: Bekenntnis zum jekten im öffentlichen Schienen-Nahverkehr, wie zum Ausbau und zur Aufnahme geeigneter Strecken in Beispiel einer Wasserstoff-Eisenbahn ins Zillertal die TEN-Netze und Einsatz für Öffnung von EU-Töp- fen für Erhalt bestehender Bahn-Infrastruktur • Einsatz auf europäischer Ebene für eine technische und betriebliche Harmonisierung der Systeme und • Leistungsfähige ÖBB: Die ÖBB ist ein volkswirt- eine gemeinsame Verkehrssprache, um die organisa- schaftlich bedeutendes Unternehmen, als einer der torischen und verwaltungstechnischen Hindernisse größten Arbeitgeber, als wirtschafts- und industrie- abzubauen (besonders entlang von Transit-Routen) politischer Motor mit großer Wertschöpfung und Treiber von Innovation. Bekenntnis zur ÖBB als ein • Forcierter Ausbau des ETCS-Systems (European wichtiges Instrument zur Umsetzung der Verkehrs- Train Control System), vorrangig auf den höchst- politik, insbesondere im Sinne eines nachhaltigen, ausgelasteten Strecken, um Fahrplanstabilität und dekarbonisierten Verkehrssystems Sicherheit zu verbessern – Als Rückgrat des öffentlichen Verkehrs ist für den Schienenverkehr die Modernisierung und • Umgehende nationale Attraktivierung von System- der Ausbau des Schienennetzes Voraussetzung, voraussetzungen im Bahnbereich um einen verdichteten Taktfahrplan und die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene • Zusatzbestellungen für Fahrplan-Integration Fern- zu ermöglichen. verkehr – Die ÖBB sind – in Kooperation mit den regiona- len Systempartnern – zentraler Dienstleister für • Aufrechterhaltung der existierenden Programme im die Mobilität von Personen im Nah- und Fern- Bereich der Privatbahnen verkehr sowie im nationalen und internationalen Güterverkehr. • Prüfung der bestmöglichen Nutzung der bestehen- den Schieneninfrastruktur • Um den künftigen Herausforderungen und Auf- gaben gerecht zu werden, sind folgende Punkte von • Zielnetz 2040 voranbringen zentraler Bedeutung – Fokus auf Nahverkehr, Regionalbahn-Attraktivie- – Chancen der Digitalisierung nützen, um insbe- rung, Güterstrecken-Neu- und -Ausbau, Lücken- sondere Kapazitäten, Sicherheit und Produktivi- schlüsse, Barrierefreiheit, Digitalisierung tät bei der Infrastruktur zu erhöhen und neue – Beschleunigte Bestellung der Grundlagen für kundenorientierte Vertriebswege weiterzuent- die mittelfristig weiterreichende Infrastruktur- wickeln planung (Verkehrsprognose etc.) inkl. Finanz- – Dekarbonisierung im Unternehmen vorantreiben, rahmenplan. Strukturierter und transparenter etwa durch Erhöhung des Elektrifizierungsgra- Prozess für die Infrastrukturplanung (minutenge- des bei der Infrastruktur oder durch Erhöhung naue Netzgrafiken mit allen Schienennutzungen) der Eigenversorgung mit nachhaltiger Energie- unter Einbindung der Bundesländer und Nach- produktion barstaaten – Notwendige Maßnahmen zur Bewältigung des – Vorantreiben der Elektrifizierung mit dem Ziel, Generationswechsels im Unternehmen setzen 90 % des Netzes zu elektrifizieren – Weiterentwicklung einer österreichweiten Vertriebsplattform gemeinsam mit den Verkehrs- 90 Regierungsprogramm 2020 – 2024 organisationen und -unternehmen diskriminie- • Senkung der Energieabgabe auf Bahnstrom auf das rungsfrei organisieren europäische Durchschnittsniveau, Zweckbindung für – Weiterentwicklung von Kunden- und Markt­ günstigere Tickets orientierung insbesondere auch des grenz­ überschreitenden Schienengüter- und -perso- • Photovoltaik-Anlagen sind nach technischen Mög- nenverkehrs lichkeiten bei Neubau und Sanierung von Lärm- – Weiterhin Sicherstellung des diskriminierungs- schutzwänden vorzusehen. freien Zugangs zur Infrastruktur gewährleisten (gemäß den europarechtlichen Vorgaben) • Lärmschutzoffensive – Verbessertes Wagenmaterial (Förderung Flüster- • Die Kernaufgabe der ÖBB ist die Weiterentwicklung bremsen) und Optimierung des Systems Schiene und des – Fortsetzung des Ausbaus von Lärmschutz, ins- öffentlichen Verkehrs im Zusammenwirken mit den besondere bei Kapazitätsausbau anderen Verkehrsorganisationen. Die ÖBB als inte- – Lärmschutz-Dienstanweisung Bahn (Verschub, grierter Konzern haben sich dazu im europäischen Betrieb) Rechtsrahmen so aufzustellen und zu organisieren, – Vertrag Bund-Länder-Verkehrsunternehmen für dass folgende Eckpunkte berücksichtigt werden: Kostenteilung bei Lärmschutz-Reinvestitionen – Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit sowie Überprüfung des Bestandsschutzes insbesondere in den Marktsegmenten, indem – Bundesbeteiligungen sollen notwendige Daten Strukturkosten und Overhead abgebaut sowie den Ländern zur Verfügung stellen, damit diese vorgegebene Effizienzziele umgesetzt werden eine Gesamtlärmbetrachtung für alle besonders – Zusammenführung von Führungs- und Steue- belasteten Regionen entlang der EU-Umge- rungsverantwortung und klare Strukturierung bungslärm-Richtlinie erstellen können. der Vorstandsagenden – Optimierung interner Prozesse, Abbau von Dop- • Dekarbonisierung Busverkehr pelgleisigkeiten und die Steu­erung des Konzerns – Mehrkosten der Elektrifizierung von Busflotten mit klaren Ergebnisverantwortlichkeiten für zeitgerechte Umsetzung der Clean Vehicles – Sicherstellung des Vermögenswerts Directive finanziell fördern, Phase-out-Pfad für – Vorbereitung auf die bevorstehende europa- Diesel festlegen weite Liberalisierung des Bahnverkehrs und die – Ladeinfrastruktur vereinheitlichen damit verbundene wettbewerbliche Vergabe von Leistungen; noch mögliche Direktvergaben nur • Bestbieterprinzip inkl. Anwendung von Qualitäts- unter der Voraussetzung der Marktkonformität und Sozialkriterien bei regionalen Ausschreibungen der Vergabebedingungen im Busverkehr • Beibehaltung der selbstständigen Regulierungsstelle für die Schiene und Prüfung der Backoffice-Syn- ergien mit anderen unabhängigen Regulierungs- stellen Regierungsprogramm 2020 – 2024 91 Radpaket und Zufußgehen – – Verstärkte Förderung von Investitionen im Fuß- Offensive für aktive, sanfte Mobilität gängerverkehr – Förderschiene Mobilitätsmanagement ausbauen • Fahrradoffensive – Anpassung der Kriterien für Klimaförderungen – Bekenntnis zur Erhöhung des Radverkehrs­anteils aus Bundesmitteln, damit auch Infrastruktur für von derzeit 7 % auf 13 % bis zum Jahr 2025 den Fußverkehr förderungswürdig wird (klima- – Neue Radkultur: Berücksichtigung des Radver- aktiv) kehrs bei allen Infrastrukturinvestitionen für – Infrastrukturentscheidungen sollen die Planung Straßen, Bahnhöfe, Wohn-/Städtebau und in der und Errichtung begleitender und vernetzender Raumplanung Fuß- und Radwege berücksichtigen – Deutlicher Ausbau der Bundesfinanzierung für – Der Unterausschuss Radverkehr des BMVIT wird Infrastruktur, Routing, Kombination Rad/Öffis. um die Agenden des Fußverkehrs erweitert. Einsatz der Finanzierungmittel auf Basis des Masterplans Radfahren sowie eines gemeinsam mit den Ländern entwickelten Fahrradpro- Straßenverkehr gramms („Masterplan Radland Österreich“) – Abbau finanzieller Barrieren: Abschaffung • Weiterentwicklung des Gelegenheitsverkehrsge- steuerlicher Benachteiligungen im Radverkehr, setzes: Aufbauend auf der Novelle des Jahres 2019 zum Beispiel beim Kilometergeld für dienstliche bekennt sich die Bundesregierung zu einem klar Radfahrten; Forcierung umweltfreundlicher regulierten Mischgewerbe, in dem traditionelle Taxi- betrieblicher Mobilität der Mitarbeiterinnen und unternehmen und digitale Mobilitätsunternehmen in Mitarbeiter durch steuerliche Begünstigung von fairem Wettbewerb ihre Dienste anbieten können. Unterstützungsleistungen für Radfahren, Förde- rungen für private und betriebliche Anschaffun- • Bürokratieabbau im Straßenverkehr gen von Rädern, Cargo-Bikes und E-Bikes und – Evaluierung der Beschilderung und damit entsprechender Abstellmöglichkeiten Prüfung der Kundmachung von diversen Gebo- – Aktionsprogramm Radfahren für Kinder ten und Verboten durch Schilder (Dotierung – Attraktivierung von Radwegen im ländlichen möglicherweise via Verkehrssicherheitsfonds Bereich des BMVIT) – Eigene Organisationseinheit für Fahrradfahren, – Evaluierung und Überarbeitung der Rahmenbe- Zufußgehen und Barrierefreiheit im BMVIT durch dingungen bzgl. Rechtssicherheit für Parkraum- Reorganisation der bestehenden Ressourcen bewirtschaftungssysteme im Zusammenhang mit Effizienz, Nutzungsorientierung und Klimafreund- • Attraktivierung des Fußgängerverkehrs lichkeit – Weiterentwicklung und Umsetzung des „Master- plans Gehen“ zur Förderung des Fußgängerver- • Predictive Maintenance in der Infrastrukturwartung kehrs (Straßenbau, Brücken etc.): Sensoren messen präzise – Fußgängerverkehr bei Gestaltung rechtlicher die täglichen Verschleiß­erscheinungen und können Rahmenbedingungen der Verkehrsorganisation dadurch extrapolierte Aussagen liefern, wann eine wie der StVO und bei Gestaltung des Straßen- Wartung notwendig ist. raums stärker berücksichtigen 92 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Ausbau E-Mobilität im Bereich Entwicklung und – Überprüfung der verminderten Verwendung von Forschung importiertem Biodiesel und der dementspre- – Teilnahme an IPCEI „Batterien“ (Important Pro- chenden Anpassung der Beimischungsquote ject of Common European Interest, europäische – Ehestmöglicher Ausstieg aus der Verwendung Ausnahme vom Beihilfenrecht zur gebündelten von Biotreibstoffen mit negativer Ökobilanz wie Investition privater und öffentlicher Gelder) Palmöl • Strategie zur Verwendung alternativer Energieträger • Prüfung einer eigenen Mautkategorie für Autobusse in der Mobilität (E-Mobilität, Wasserstoff, syntheti- bzw. Reisebusse zur Reduktion des Individualver- sche Treibstoffe) mit Fokus auf Gesamt-Klimabilanz kehrs und im Sinne von verkehrs­politischen Innovationen wie beispielsweise Elektrifizierung von Oberleitun- • Prüfung von Park&Ride-Anlagen an neuralgischen gen, Antriebstechnologien (Brennstoffzelle) und Punkten von Hauptverkehrsachsen zur Unterstüt- Digitalisierung (Platooning, AUV, Digitalisierungs- zung von Car-Pooling strategien im Bereich Eisenbahn) – Unterstützung der Forschung im Bereich syn- • Umsetzung des Verkehrsprotokolls der Alpenkon- thetischer Kraftstoffe (für Straße, Luftfahrt und vention, Einsatz auch für die grenzüberschreitende Schifffahrt) Einhaltung • Die Anschaffung von E- und Wasserstoff-PKW soll • Dekarbonisierung des Straßenverkehrs weiterhin gefördert werden (Privatwagen-Prämie). – Ziel der Bundesregierung ist ein Maßnahmen- Die Prämie sollte auch weiterhin für PKW in Bezug bündel, das dazu führt, dass ab dem für die auf die Anschaffungskosten limitiert sein. Erreichung der Pariser Klimaziele notwendigen Zeitpunkt nur mehr emissionsfreie PKW, einspu- • Prüfung einer möglichen stärkeren Bevorteilung von rige Fahrzeuge sowie leichte Nutzfahrzeuge auf Fahrzeugen der modernsten Fahrzeuggeneration Österreichs Straßen neu zugelassen werden. EURO VI d (Abgasnorm) – Konsequenter Einsatz der Bundesregierung auf EU-Ebene für die seitens der Europäischen • Alternative Kraftstoffe als Beitrag zum Klimaschutz Kommission mit dem Green Deal angestrebte unter Beachtung der THG-Effekte von indirekten Neuverhandlung der Flotten-Emissionsvorgaben, Landnutzungsänderungen nutzen um ab 2025 den Weg hin zu emissionsfreier – Forcierung der Verwendung von fortschrittlichen Mobilität zu ebnen Biotreibstoffen sowie Unterstützung von For- – Vorreiterrolle und Vorbildwirkung der öffentli- schungs- und Demonstrationsanlagen chen Hand durch verbindliche Vorgaben – Forcierte Beimischung von Bioethanol (E10) • So rasch wie möglich (wenn möglich schon und Überarbeitung der entsprechenden Ziel- ab 2022) wird die Beschaffung von emis- setzungen in der Kraftstoffverordnung, um die sionsfrei betriebenen Fahrzeugen durch die bestehende heimische Bioethanol-Produktion öffentliche Hand zum Standard, die Beschaf- bestmöglich zu nutzen und den tatsächlichen fung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmoto- CO2-Ausstoß im Verkehr laufend zu reduzieren ren wird zur Ausnahme und muss begründet werden. Lebenszykluskosten (TCO/Total Cost of Owner­ship) sind Grundlage des Regierungsprogramm 2020 – 2024 93 Beschaffungsvorgangs, inklusive Berücksich- – Mehrkosten der Elektrifizierung von Busflotten tigung des Umwelt- und Gesundheitsvorteils. für zeitgerechte Umsetzung der Clean Vehicles Directive finanziell fördern, Phase out-Pfad für • Aus für Neuzulassung von Kfz (PKW) Diesel festlegen mit Verbrennungsmotoren in öffentlicher – Entwicklung von Umstellungsstrategien für Beschaffung (mit Ausnahme der Sonderfahr- Reisebusflotten in Richtung emissionsfreie zeuge, Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge des Antriebssysteme Bundes­heers) ab 2027 • Geschwindigkeitsreduktion • Ausbau bundesweiter Beschaffungsaktion – Umgehende Beendigung der Pilotprojekte 140 emissionsfreier Nutzfahrzeuge für kommu- km/h auf Autobahnen nale Flotten – Konsequente Kontrolle (Ausstattung Exekutive) der reduzierten Höchstgeschwindigkeiten (IG-L) • Ökologisierung des Dienstwagenprivilegs für in besonders belasteten Gebieten neue Dienstwägen (stärkere Anreize für CO2-freie – Hinwirkung auf die Beendigung des Spielraums Dienstwägen) und weitere Anreize für nachhaltige im Hinblick auf technisch unnötige Toleranzgren- Dienstwagenflotten zen bei Geschwindigkeitskontrollen • Normverbrauchsabgabe (NoVA) ökologisieren • Überprüfung von weiteren Strafbestimmungen (Erhöhung, Spreizung, Überarbeitung CO2-Formel bei umwelt- und klimarelevanten Manipulationen ohne Deckelung) (Abgasmanipulationen, Chiptuning und dgl.) am Fahrzeug durch Hersteller oder Eigner und diese • Rasche Umsetzung der Maßnahmen der #mis- konsequent vollziehen sion2030 und weiterer Anregungen zur Flotten-De- karbonisierung – Ab 2025 emissionsfreier Betrieb von neu Güter in Einklang mit dem Klima zugelassenen Taxis, Mietwagen und Carsha- transportieren & Transitproblem ring-Autos; entsprechende Anpassung u. a. des bekämpfen Gelegenheitsverkehrsgesetzes und der sonsti- gen rechtlichen Rahmenbedingungen • Masterplan Güterverkehr für Ziele und Maßnahmen – Förderangebote für emissionsfreie Antriebe in zur Verbesserung des Modalsplit im Güterverkehr, den Flotten bedarfsorientierter Verkehrssysteme insbesondere durch Verlagerung auf die Schiene im wie Car-Sharing, Rufbusse, Taxi und Sammeltaxi Sinne der Klimaziele und in Weiterentwicklung des etc. Logistikaktionsplans durch Schaffung eines Gesamt- – Carsharing-Stellplätze im öffentlichen Raum nur konzepts, das im Ergebnis zu einer Entlastung der bei einem bis 2027 auf 100 % steigenden E-An- Bevölkerung insbesondere entlang der Transitrouten teil in der Flotte des Betreibers führt. Dies bedarf einer Neubewertung der insge- – Fortführung Ankaufsförderungen und Förderun- samt bestehenden steuer- und gebührenrechtlichen gen für E-Busse, H2-Busse inklusive Infrastruktur, sowie eisenbahn- und straßenrechtlichen Normen. E-Ladestationen und Flottenumstellungen auf Ebene der Länder und des Bundes mit Verein- fachung des Förderregimes 94 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Gütertransport auf der Schiene und Verlagerung arbeitung der Europäischen Richtlinien (Wege- voranbringen kostenrichtlinie, Eurovignette), um eine größere – Schienengüterverkehr finanziell attraktiver Flexibilität bei der Mauttarifgestaltung für LKW gestalten (Anpassung der Förderungen bis zu erreichen, die bei besonders belasteten EU-genehmigte Höhe, Einsatz v. a. für kosten- Räumen Aufschläge mit nachhaltiger Lenkungs- intensive Flächen-Bedienung, Unternehmen wirkung gestattet. Ziel der Lenkungswirkung mit geringen Transportvolumina, Verlagerung, ist es – unter anderem anhand des Beispiels Förderung des Einzelwagenverkehrs) des Brenners –, eine deutliche Verlagerung des – Zielsetzung ist das Einfrieren der Preise (IBE) für Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene Trassen im Güterverkehr für drei Jahre zu erreichen und Umweg-Transit zu verhindern. – Sicherung und Ausbau von intermodalen • Brenner-Maut: Ziel einer Korridormaut Verlademöglichkeiten, um die Effizienz des zwischen München und Verona, um Kosten Gütertransports auf der Schiene zu steigern: an andere Transitstrecken über die Alpen Forcierung und Förderung betrieblicher Gleis- anzupassen (z. B. über die Schweiz) anschlüsse, inkl. Instandhaltung und Betrieb; bei Neuwidmung von Industrie- und Gewerbegebie- • Einsatz von intelligenten LKW-Leitsystemen entlang ten sollen Anschlussbahnen forciert werden. wichtiger Transit-Knotenpunkte (aufbauend auf – Verstärkter Transport bahnaffiner Güter auf der laufende Bemühungen im Bereich Brenner–München) Schiene • Schwerverkehrsbelastung reduzieren durch Bekennt- • Österreich setzt sich vor dem Hintergrund der nis der Bundesregierung zu und Unterstützung Klimaziele und der Transitfrage proaktiv für eine der Bundesländer bei ihren Notmaßnahmen zur EU-Wegekostenrichtlinie II mit verlagerungswirksa- Bekämpfung des LKW-Transitverkehrs und Aufrecht- men Eckpunkten wie Mindest- statt Höchstmautsät- erhaltung der Verkehrs- und Versorgungssicherheit, zen ein. Folgende Punkte sind dabei von besonderer wie die Sektoralen Fahrverbote (auch außerhalb von Bedeutung: Luftsanierungsgebieten), LKW-Dosierungen an den – Kostenwahrheit durch eine der verursachten Außengrenzen, LKW-Nachtfahrverbote, LKW-Wo- Umwelt- und Klimabelastung entsprechende chenendfahrverbote, Euroklassen-Fahrverbot, LKW-Maut inkl. Mindestsätze. Verbesserung des Samstagsfahrverbote im Sommer und Winter EU-Rechts und in Österreich die bestehende mögliche Einberechnung für Luftschadstoffe und • Bekämpfung des Tanktourismus sowie der Aus- Lärm in Maut-Tarife voll nutzen weich- und Umwegverkehre im internationalen – Einsatz auf EU-Ebene für die Ermöglichung wirk- Schwerverkehr durch Beseitigung von wettbewerbs- samer Maßnahmen für weniger Transitfahrten verzerrenden Privilegien und Berücksichtigung bzw. zu deren Verlagerung auf die Bahn (z. B. externer Kosten zur Angleichung der Preiskonditio- Alpentransitbörse, um Lizenzen für eine umwelt- nen entlang der Transit-Routen verträgliche Obergrenze an LKW-Transitfahrten – Beibehaltung der gesetzlichen Grundlage für zu handeln, sektorales Fahrverbot), dazu Auf- Länder, um zur Eindämmung des Tanktourismus nahme von Gesprächen mit der EU-Kommission LKW-Abfahrverbote aussprechen zu können (mit und der Schweiz Ausnahme Ziel- und Quellverkehr) – Korridor-Maut: Erarbeitung eines Vorschlags – Aufrechterhaltung bestehender LKW-Fahr- an die Europäische Kommission zur Über- verbote im niederrangigen Straßennetz bzw. Regierungsprogramm 2020 – 2024 95 Weiterentwicklung der notwendigen Verkehrs- Höchstgewicht sowie Kabotage eingehalten werden lenkung durch tarifliche Regelungen (Ökologi- und so das heimische Frächtergewerbe und den sierung der bestehenden LKW-Maut, z. B. durch Logistikstandort stärken stärkere Spreizung nach Euroklassen) – Gesetzliche Präzisierung der PKW-Abfahrver- • Keine Gigaliner auf Österreichs Straßen bote zur Vermeidung von Ausweichverkehr auf die untergeordneten Straßennetze – Verstärkte Kontrollen der Abfahrverbote durch Klima-faire Zukunft in Luftfahrt, ASFINAG und Exekutivbeamtinnen und -beamte Schifffahrt, Seilbahnwesen – Initiative auf europäischer Ebene zur Kooperation mit führenden Anbietern von GPS-Navigation zur • Stärkung der (öffentlichen) Verkehrsverbindung, besseren Kommunikation von Abfahrverboten besonders für den Flughafen Wien. Errichtung der Flughafenspange Richtung Osten und bessere Ver- • Pilotprojekt und möglicher Ausbau automatischer knüpfung an das S-Bahn- und U-Bahnnetz, Verlänge- Abfahrverbote für LKW mit digitalen Straßenschil- rung der S-Bahn nach Bratislava dern (aufbauend auf Messung der Verkehrsdichte im niederrangigen Straßennetz) • Prüfung eines möglichen Stopover-Programms für den bestehenden Anteil von Transfer-Passagieren in • Einsatz der Bundesregierung bei allen europäischen Abstimmung mit dem Tourismus Institutionen für die Ergreifung aller geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung der • Prüfung einer Reduktion der Kerosinbevorratungs- gesetzlichen Rahmenbedingungen für LKW-Trans- pflicht – inkl. Möglichkeit der Abzugsfähigkeit von porte durch den Einsatz von Klein-LKW im Transit- alternativen Flugkraftstoffen verkehr • Evaluierung der österreichischen Flugsicherung im • Entwicklung City-Logistik zur Reduktion des stadt- Hinblick auf Effizienz und Kostenoptimierung unter internen Güterverkehrs Einbeziehung von Empfehlungen des Rechnungs- hofs. Sicherstellung höchster Sicherheitsniveaus • Bedarfsgerechter Ausbau des Lärmschutzes unter sowie umwelt- und klimaschonender Abwicklung in Miteinbeziehung von Kriterien wie Topographie, der österreichischen Luftraumkontrolle Anteile des Schwerverkehrs am Gesamtverkehrsauf- kommen und bestehenden Schutzmaßnahmen für • Umsetzung Single European Sky: Schaffung eines effizientere Lärmschutzmaßnahmen in besonders einheitlichen europäischen Luftraums, um Flug- sensiblen und von Verkehr geplagten Regionen distanzen, Kerosinverbrauch und CO2-Emissionen zu sowie die Nutzung der Lärmschutzwände für Photo- minimieren voltaik-Anlagen • Umsetzung eines Emissionsreduktionspfades für die • Gerechte Entlohnung in den Branchen Transport und Luftfahrt zur Erreichung der Klimaziele durch eine Logistik sicherstellen Kombination aus – CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction • Mit stringenten LKW-Kontrollen sicherstellen, dass Scheme for International Aviation: Globales Sozialstandards und Lenkzeiten, Tempo­limits und CO2-Kompensationssystem für den Luftverkehr 96 Regierungsprogramm 2020 – 2024 aller Mitgliedstaaten der UN-Luftfahrtorgani- (EuGH-Urteil C-379/18 vom 21. November 2019) und sation ICAO), für die freiwillige Kompensation daraus resultierender unionsrechtlichen Regelungen womöglich weiter steigender CO2-Ausstöße der Luftfahrt ab 2021 • Umsetzung fluglärmreduzierender An- und Abflug- • Fortgesetzte Einbeziehung der Luftfahrt verfahren zum frühestmöglichen Zeitpunkt durch die in den EU-Emissionshandel (ETS) für eine Austro-Control deutliche Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 • Überarbeitung des Luftfahrtgesetzes bezüglich Kli- • Einsatz für wirksames ETS für die Luftfahrt- maschutz und Ökologisierung und ggf. Novellierung industrie auf europäischer Ebene • Nutzung von Drohnen und anderer Unpiloted Aerial – Flugticketabgabe (deutliche Erhöhung Kurzstre- Vehicles: Schaffung klarer gesetzlicher Grundlagen, cke, Erhöhung Mittelstrecke, Senkung Lang- klarer Betriebsvorschriften und adäquater Flug- strecke, Anti-Dumping-Regelung): Einheitliche sicherung Regelung von 12 Euro pro Flugticket • Der nicht motorisierte Flugsport ist ein interessan- • Einsatz auf europäischer Ebene und in den globalen tes Potenzial für den österreichischen Tourismus. Gremien für eine mit anderen Treibstoffen in Rela- Die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für tion stehende Besteuerung von Kerosin – es braucht den Flugsport unter Einbeziehung der relevanten eine gerechte Kerosin­besteuerung auf EU-Ebene Interessensgruppen ist daher anzustreben. • Entwicklung von klimaschonenden Treibstoff­ • Bekenntnis zur Behördenstruktur im Aeroclub für die alternativen für die Luftfahrt „kleine Luftfahrt“ (Hänge- und Paragleiten, Fall- – Initiative EU/Mitgliedstaaten für Markteinfüh- schirm, Ultralight, Ballonfahren, Segelflug, Modell- rung alternativer Kraftstoffe flug), Implementierung von EASA-Standards für – Beteiligung der Luftfahrtbranche an Pilotpro- Segelflug und Ballonfahren jekten zum Aufbau industrieller Anlagen zur Herstellung von synthetischem Kraftstoff • Ausbau trimodaler Verkehrsknoten (Schiene, Straße, – Förderungsinitiativen Österreichs zur Erfor- Wasser) schung alternativer Treibstoffe • Schifffahrt • Prüfung der Möglichkeit von Kompensationszahlun- – Wenn technisch möglich, verpflichtende Land- gen als Opt-out-Mechanismus beim Flugticketkauf stromanschlüsse an den öffentlichen Anlege- stellen am Bundeswasserstraßennetz sowie die • Prüfung einer Anti-Dumping-Ergänzung der Flugha- Prüfung eines Maßnahmenpakets des Bundes fen-Gebührenordnung insbesondere am Flughafen zur Forcierung von Landstromanschlüssen an Wien – Kopplung an österreichische Beschäftigungs- privaten Bootsanlegestellen an Seen und Flüssen standards – Prüfung des Einsatzes von umweltschonenderen alternativen Kraftstoffen • Evaluierung von Flughafen-Gebührenordnungen – Auf EU-Ebene Einsatz für eine Einbeziehung der sowie allfälliger Incentiveregelungen unter Berück- Schifffahrt in den ETS sichtigung der europäischen Rechtssprechung Regierungsprogramm 2020 – 2024 97 • Einsatz für gerechte Schiffsdieselbesteuerung auf (EVIS-Verkehrsredaktion, VAO, Ticketing, Transit- EU-Ebene börse, Telematische Mautsysteme …) • Beibehaltung guter Schifffahrtsverhältnisse und • Prüfen des breiteren Einsatzes von Telematik/ Einbau der Schifffahrt in Logistikketten Intelligenten Verkehrssystemen mit dem Ziel, die Sicherheit auf Österreichs Straßen zu erhöhen und • Seilbahnen die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren – Die österreichische Seilbahnwirtschaft leistet – Autonomes Fahren: Forschung und Modellregion einen maßgeblichen Beitrag zu Wertschöpfungs- weiterentwickeln sowie Einberufung eines möglichkeiten sowohl im ländlichen Raum als Ethikbeirates, der die Entwicklungen begleitet; auch in der österreichischen Exportwirtschaft. Rechtsfragen jeweils vor Einstieg in weitere Technische Innovationen, insbesondere betref- Levels klären; Vorsorgeprinzip muss gelten fend Ökoeffizienzsteigerung und Nutzung von – Intelligente Fahrzeuge: Ausstatten von Einsatz- Seilbahnen als Verkehrsmittel werden begrüßt. fahrzeugen/Straßenbahnen etc. mit Sensoren – Anreize für Innovation in der Seilbahnwirtschaft, und Kameras, um Auffälligkeiten zu identifizieren vor allem im urbanen Raum (Stadtseilbahn) (Schlaglöcher, defekte Ampeln etc.) – Intelligente Straßenlaternen, die erkennen, ob Personen/Fahrzeuge in der Nähe sind, und sich Neue Mobilität – mehr als Verkehr erst dann bei Bedarf einschalten (Stromreduk- tion), dabei Umstellung auf möglichst energieef- • Gelegenheitsverkehrsgesetz zur Förderung neuer fiziente Beleuchtungssysteme (LED) Mobilitätsdienstleistungen verbessern – Radargeräte aufrüsten, um als Sensoren den Verkehrsfluss zu analysieren und ökologisch und • Shared Mobility Strategie, u. a. sicherheitstechnisch steuernd einzugreifen, z. B. – Rein privates Car- und Ridesharing ohne Ver- durch Stauvermeidung oder auch Reduktion von dienstabsicht durch Überprüfung und nötigen- Unfällen falls Änderung von Steuer- und Gewerberecht vereinfachen durch Anreize für Ride-Sharing: • Optimierung des Verkehrsflusses, um höhere Sicher- Erhöhung des PKW-Besetzungsgrads (z. B. mög- heit, aber auch ökoeffizientere Nutzung der Infra- liche Anhebung der Gewerblichkeitsgrenze von struktur zu gewährleisten 5 auf 25 Cent) – Erhöhung des Verkehrsflusses durch intelligente Straßenführung wie vernetzte smarte Ampel- • Innovationsvorsprung Österreichs bei MaaS (Mobi- systeme, geringere Wartezeiten, geringere lity as a Service) optimal nutzen: MaaS-Architektur CO2-Belastung öffentlich vorgeben, Dienste öffentlich integrieren, – Stärkere Priorisierung der Flüssigkeit und Absicherung multimodaler digitaler Mobilitätsplatt- Leichtigkeit des Verkehrs für Fuß-, Rad- und form zusammen mit Ticketshop in öffentlicher Hand öffentlichen Verkehr als frei zugänglicher „öffentlicher Raum“, offen für alle unter fairen Bedingungen • Digitalisierung insbesondere im öffentlichen Verkehr und im Güterverkehr zügig nutzbringend anwenden 98 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Umwelt- und Naturschutz Gute Luft, sauberes Trinkwasser, fruchtbare Böden und von Lebensräumen und zur Förderung der Strukturviel- Artenvielfalt sind unsere Lebens­grundlagen. Österreich falt. Der Schutz von Gewässern, Luft und Böden ist der genießt das Privileg vielfältiger, wunderschöner Natur. Bundesregierung ein großes Anliegen. Wir wollen einen Unsere Umwelt steht aber auch unter Druck: Flächen- Zielpfad einschlagen, um das Sustainable Development versiegelung, Artensterben, Bodenerosion oder Luftver- Goal „Gesundes Leben“ umzusetzen, das heißt, bis 2030 schmutzung sind die Herausforderungen, die gemeinsam die Belastungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und bearbeitet und gelöst werden sollen. Dies bedarf der der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser Unterstützung aller. Denn der Schutz unserer Lebens- und Boden erheblich zu verringern. Unser Land profitiert grundlage hat Priorität. Dafür ist ein Umsteuern notwen- in jeglicher Hinsicht von hohen Umwelt- und Naturschutz- dig: Anstatt ständig mehr Ressourcen zu verbrauchen, soll standards, diese gilt es zu verteidigen und zu stärken. Es intelligenter produziert und konsumiert werden. Durch ist ein Privileg, dass sauberes Trinkwasser rund um die Uhr eine ambitionierte Umweltpolitik sichern wir Lebensquali- in bester Qualität bereitsteht. Wasser ist ein wesentliches tät und ermöglichen damit Gesundheit, gute Ernährung, Element der Daseinsvorsorge und darf nicht privatisiert Wohlstand, einen zukunftsfähigen Standort und eine werden. Saubere und ökologisch intakte Gewässer sichern lebenswerte Welt für nachfolgende Generationen. aber nicht nur die Versorgung mit Trinkwasser, sondern auch die Artenvielfalt und bieten Schutz vor Hochwasser. Österreich ist Vorreiter in der Umwelttechnologie – wir Gewässerökologische Maßnahmen und Maßnahmen zur exportieren unser Wissen in die ganze Welt. Dabei zeigen Einhaltung der Grenzwerte für die Wasserqualität tragen wir immer wieder, dass Umwelt- und Wirtschaftspolitik dazu bei, die wertvollen österreichischen Wasserres- kein Widerspruch sein müssen. Vielmehr können sie Hand sourcen nach­haltig zu sichern. Ebenso wichtig ist es, die in Hand gehen. Echte Kreislaufwirtschaft arbeitet dabei Luftqualität in Österreich weiter zu verbessern – für die nach den Prinzipien „Vermeiden, Wiederverwenden und Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher und Verwerten“, denn wertvolle Ressourcen müssen verant- den Schutz unserer Ökosysteme. Ziel ist die Annähe- wortungsbewusst, sparsam und effizient genutzt werden. rung an die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation Der Abfall von heute ist der Rohstoff von morgen. Längere WHO, insbesondere durch die Weiterentwicklung und Lebenszyklen machen nicht nur aus ökologischer und Umsetzung des nationalen Luftreinhalteprogramms und ökonomischer Sicht Sinn: Auch die Konsumentinnen und durch ambitionierte Maßnahmen zur Reduktion verkehrs- Konsumenten genießen die Vorteile von langlebigen und bedingter Emissionen. innovativen Produkten. Wir werden die Lebensmittelver- schwendung reduzieren und das Reparieren fördern. Unsere Böden bilden die Grundlage für Nahrungsproduk- tion, sauberes Trinkwasser, Naturräume und Siedlungs- Die Vielfalt der Ökosysteme, der Tier- und Pflanzenarten entwicklung. Mit einer österreichweiten Boden­ schutz­ und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten sind die strategie werden gemeinsam mit den Bundesländern Basis unserer Ernährung und gewährleisten eine gesunde Grundsätze zur Reduktion des Flächenverbrauchs und Lebenswelt für uns alle. Intakte Ökosysteme bieten zudem zur Verbesserung der Bodenqualität festgelegt. Bei Fach- Schutz vor Naturgefahren und tragen zur Klimaregulierung planungen des Bundes werden raumplanerische Aspekte bei. Die Bundesregierung übernimmt die Verantwortung des Klimaschutzes verstärkt berücksichtigt. für den Schutz der Biodiversität. Sie setzt in allen Sekto- ren Initiativen zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Verbund Regierungsprogramm 2020 – 2024 99 Kreislaufwirtschaft fördern und • Verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen Abfallpolitik gestalten inklusive konkreter Ziele für den Ausbau von Mehr- wegsystemen, insbesondere auch für Getränkever- • Forcierung der Kreislaufwirtschaft packungen – Weiterentwicklung und Umsetzung des Abfall- vermeidungsprogramms • Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung – Aufrechterhaltung des natürlichen Stoffkreislaufs über die gesamte Wertschöpfungskette in partner- durch eine ökologische, regionale Kompostwirt- schaftlicher Zusammenarbeit mit den österreichi- schaft schen Handelsunternehmen, mit Produzenten und – Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Förderung karitativen Organisationen des innovativen Ressourcenmanagements – Evaluierung bestehender Gesetze und Förder- – Unterstützung von Modellregionen für die Kreis- systeme laufwirtschaft – Verbot des Entsorgens von genusstauglichen Lebensmitteln aus dem Lebensmitteleinzelhan- • Maßnahmenpaket Reparatur del (Kaskadenmodell nach Vorbild Frankreich) – Steuerliche Begünstigung für kleine Reparatur- – Nationale Koordinierungsstelle dienstleistungen und den Verkauf reparierter – Verbesserung der Datenbasis und Transparenz Produkte über die gesamte Wertschöpfungskette – Erleichterter Zugang für Konsumentinnen und Konsumenten sowie unabhängige Reparatur- • Maßnahmenpaket (z. B. finanzielle Anreize, Beseiti- betriebe zu Ersatzteilen, Software, Servicedoku- gung rechtlicher Hindernisse etc.) für den Einsatz mentation und Information von Sekundärrohstoffen bei Industrie, Verpackungen – Ausweitung des Förderprogramms zur Unter- (z. B. differenzierte Lizenzentgelte) und Baustoffen stützung von Re-Use-Aktivitäten, Repair-Cafés und anderen Kreislaufwirtschaftsinitiativen • Österreichisches Kunststoffprogramm – Reduktion – Forcierung freiwilliger Händlergarantien von Plastik weiter vorantreiben – Finanzielle Anreize für Reparaturen schaffen – Konsequente Umsetzung der Europäischen Ein- wegplastikrichtlinie mit dem Verbot bestimmter • Forcierung von langlebigen, reparierbaren und Einwegprodukte wiederverwertbaren Produkten – Umsetzung und – Gesetzliche Verankerung des Reduktionsziels Weiterentwicklung der europäischen Ökodesign- von Plastikverpackungen um 20 % richtlinie in Richtung Design for Recycling und – Gezielte Maßnahmen zur Reduktion von Einweg- Design for Reuse (Verhinderung geplanter Obsoles- plastikverpackungen, u. a. forcierte Kooperation zenz), z. B. mit Handel, Gastronomie und Herstellern zur – Lieferfähigkeit von Ersatzteilen sicherstellen Reduktion von Einweggebinden – Reparaturfähigkeit – Recyclierbarkeit als Produktionsvoraussetzung – Einsatz von Recyclatanteilen in der öffentlichen • Weiterentwicklung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie Beschaffung zur Ermöglichung weiterer steuerlicher Begünstigun- gen für Reparaturdienstleistungen 100 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Aktionsplan gegen Mikroplastik • Novellierung des Altlastensanierungsgesetzes mit – Datenerhebung und Evaluierung für Mikroplas- dem Ziel einer schnelleren, effizienteren und siche- tikemissionen und Belastungen unter Einbezie- ren Altlastensanierung und damit einen Beitrag zum hung aller einschlägigen Fachbereiche inklusive Flächenrecycling zu leisten der Umwelttoxikologie mit dem Ziel, rechtliche – Saniert der Bund mit öffentlichen Mitteln Grundlagen für die Reduktion von Mikroplastik anstelle des Verursachers, kommt ihm ein Vor- zu entwickeln zugspfandrecht zu. – Einsetzen auf europäischer Ebene für – Bei Umwidmungen von brachliegenden Alt- • Verbot von Mikroplastik in der Produktion lastenflächen und ihren Nachnutzungen ist auf (Ziel einer österreichischen Lösung, sollte es ihren Sanierungsstandard Rücksicht zu nehmen. keine europäische Lösung geben) – Verstärkte Anwendung des Verursacherprinzips • Europaweiter Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika und Reini- • Preis- und Wettbewerbsvorteile, die durch öko- gungsmitteln – sollte kein europäisches logisch und sozial wenig verträgliche Produktion Verbot kommen, Anstreben eines nationalen entstehen, müssen hinterfragt werden. Verbotes von „add-ons“ (Mikroplastikpartikel in Produkten) • Umsetzung der EU-Recyclingvorgaben • Mikrofilter für Waschmaschinen und Trockner • Grenzwerte für Industrieanlagen • Unterstützung österreichischer Umwelttechnolo- gie-Unternehmen durch die Umsetzung des Master- – Gezielte Forschung plans Umwelttechnologie – Nachrüstung von Kläranlagen (im Rahmen des aktuellen Förderprogramms) • Programme zur „Grünen Chemie“ und zu innovativen – Ziel ist es, die Ausbringung von Klärschlamm bei Geschäftsmodellen wie „Chemikalien Leasing“ mit Belastung durch Mikroplastik und andere Schad- dem Ziel eines effizienten und reduzierten Chemika- stoffe gänzlich zu unterbinden lieneinsatzes • Prüfung eines bundesweiten Verbots für die Ausbringung von Klärschlamm bei Belastung durch Mikroplastik und andere Schadstoffe Artenvielfalt erhalten – • Entwicklung einer Phosphor-Strategie (Plan Natur schützen für die Herstellung von Kapazitäten für die Phosphorrückgewinnung etc.) • Erneuerung und Weiterentwicklung der nationalen Biodiversitätsstrategie („Biodiversitäts-Strategie – Reduktion der Austragung von Mikroplastik 2030+“) sowie Aufnahme aller Sektoren aus Gletschervlies und Abdeckungen von Schneedepots und Entwicklung von alternativen • Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umset- Abdeckungen zung der Biodiversitätsstrategie • Prüfung eines Pfandsystems auf Batterien und • Unterstützung der Bundesländer bei der Auswei- Kleingeräte sung neuer und Erhaltung von bestehenden Wildnis- gebieten, Natura-2000-Gebieten, Biosphärenparks • Verstärkte sortenreine Sammlung und Schutzgebieten Regierungsprogramm 2020 – 2024 101 • Gemeinsame Initiative mit den Bundesländern zur • Schutz vor Naturgefahren Schaffung neuer und Erweiterung bestehender – Ausreichende Dotierung für den „Schutz vor Nationalparks Naturgefahren“ – Ausbau des Hochwasserschutzes und Zusam- • Weiterentwicklung der Erfassung und Bewertung menführung der Zuständigkeit für Hochwasser- von Ökosystemleistungen schutz auf allen Fließstrecken, Förderkriterien vereinheitlichen, nicht-baulichen Maßnahmen • Bundesweite Koordinierung der landesspezifischen Vorrang vor technischem Hochwasserschutz Insekten- und Artenschutzmonitorings und Bünde- einräumen lung von Expertise – Ziel ist es, dem dezentralen und ökologischen Hochwasserschutz mehr Gewicht zu geben • Klärung und allfällige Anpassung der Kompetenz- – Verbesserung der Katastrophenhilfe, insbeson- rechtslage im Bereich Biodiversität dere Schaffung klarer Zuständigkeiten, Verein- heitlichung der Kriterien für die Mittelvergabe, • Vereinheitlichung der Bioindikatoren und Biotop- Zweckbindung der Ressourcen, Wegfall der kartierung 30-Millionen-Euro-Grenze zur Vorziehung von Hochwasserschutzprojekten • Förderung des Lebensraumverbundes und der – Verstärkung der nachhaltigen Schutzwald- Strukturvielfalt in der Landschaft bewirtschaftung (Naturverjüngung des Waldes, klimafitter Wald) • Konzept für den Schutz und die nachhaltige Nut- zung alpiner Freiräume gemäß Alpenkonvention • Ökologische Gartenbewirtschaftung privater Gärten und öffentlicher Grünflächen (z. B. Schulen, Kinder- • Engagierte Umsetzung internationaler Verpflichtun- gärten) weiter vorantreiben zur Förderung der gen Biodiversität – Weitestgehender Verzicht auf Pflanzenschutz- • Entwicklung von Biotop-Verbundsystemen, die mittel bei öffentlichen Flächen Artenvielfalt ermöglichen • Reduktion von negativen Auswirkungen invasiver, • Schaffung von Anreizen für Biodiversitätsmaßnah- gebietsfremder Arten men • Maßnahmen zur Wiederherstellung von degradier- Wasser schützen ten Ökosystemen • Schutz des Wassers als zentrales Element der • Einrichtung einer EU-weiten wildökologischen Raum- Daseinsvorsorge planung und Ausarbeitung von Wildtiermanage- – Kein Ausverkauf der Ressource Wasser mentlösungen im Einklang mit EU-Recht – Sicherstellung der langfristigen Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser und Verbesserung • Reduktion von Palmöl in allen Produkten auf natio- der Versorgungssicherheit (Erhalt und Erweite- naler und europäischer Ebene forcieren rung der Trinkwasserversorgungsinfrastruktur) und der Wasserqualität 102 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Absicherung der Siedlungswasserwirtschaft Saubere Luft und – Rechtzeitige Überarbeitung des Nitrataktions- besserer Lärmschutz programms und Erlassung geeigneter Maßnah- men zur Einhaltung der Grenzwerte für Nitrat • Zielpfad zur raschen Einhaltung der EU-Richtwerte – Erhalt und Erweiterung der Abwasserinfra- zum Gesundheitsschutz und zur Einhaltung von struktur zur geordneten Abwasserentsorgung SDG 3 Gesundes Leben (Abwasserreinigungsanlagen, Kanäle) – Entwick- lung einer Phosphor-Strategie zur Phosphorrück- • Weiterentwicklung und Umsetzung des nationalen gewinnung aus Klärschlamm in den Kläranlagen Luftreinhalteprogramms – mit konkreten und quantifizierbaren Maßnahmen • Ausreichend UFG-Fördermittel für gewässeröko- zur Erfüllung der europäischen Emissionsreduk- logische Maßnahmen zur Erreichung der Wasser- tionsverpflichtungen insbesondere für Ammo- rahmenrichtlinie niak, Stickoxide und Feinstaub – mit Kostenschätzung und finanzieller Sicher- • Weiterentwicklung der integrativen wasserwirt- stellung schaftlichen Planung im dritten Nationalen Gewäs- serschutzplan im Rahmen des Unionsrechts • Verbesserungen im ImmissionsschutzG-Luft – Weiterentwicklung der Ziele zur Erreichung – Der Bund unterstützt die Länder bei Sofortmaß- eines guten Gewässerzustandes nahmen und vorbeugenden Reduktionsmaßnah- – Nachhaltige Sicherung der Wasserressourcen men in belasteten Gebieten. unter Berücksichtigung von Klimawandel und – Messstellen-Netz optimieren: Fortführung der Grundwasserverunreinigungen Pilotprojekte bei Ultra-Feinstaub (PM1) und – Konkrete Reduktionsziele für Nitrat und Pesti- Black-Carbon-Anteil bei PM2,5-Emissionen zide – Integrativer ökologischer Hochwasserschutz mit • Schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung von regelmäßigen und einheitlichen Fortschritts- Laubbläsern und -saugern im Bundesdienst kontrollen • Novellierung PyrotechnikG • Gesetzliche Vorrangstellung der Trinkwasserversor- gung bei Nutzungskonflikten • Verkehr & Luftqualität: Verbindliches Maßnahmen- programm zur Reduktion verkehrsbedingter Emissio- • Vereinheitlichung der Voraussetzungen für die nen Errichtung von Schneedepots – Initiative der Bundesregierung für die rasche, durch Beiträge der Hersteller für Fahrzeugeigner • Trinkwasserversorgung bleibt in öffentlicher Hand: und -eignerinnen kostenfreie Hardware-Nach- keine Wasserprivatisierung rüstung von herstellerseitig abgasmanipulierten Dieselfahrzeugen, im Sinne der Einhaltung der • Rechtliche Erleichterungen für die Umsetzung Zulassungsvoraussetzungen hydromorphologischer Maßnahmen zur Erreichung – Einschränken des LoF-Einsatzes abseits der der Wasserrahmenrichtlinie Landwirtschaft Regierungsprogramm 2020 – 2024 103 – Raschere und räumlich ausgeweitete Nachrüs- – Bodenfunktionsbewertung inkl. CO2-Speicher- tung älterer LKW und Baumaschinen mit Parti- kapazität kelfiltern (Maßnahmenpaket und Anreizsystem) – Verankerung von Regelungen zur Bodenscho- für öffentliche Aufträge und Private nung und zum Schutz der Agrarstruktur – Ausnahmen für Sonderfahrzeuge und Einsatz- fahrzeuge, soweit geboten • Förderung und Erweiterung von Brachflächenrecyc- ling • Aktionspläne für lärmbelastete Gebiete • Bundesweites Monitoring zum Bodenverbrauch und • Lärmschutzoffensive im Straßenverkehr zur aktuellen Schadstoffbelastung – Evaluierung der Dienstanweisung Bundesstraßen – Ermöglichung von Geschwindigkeitsanpassun- • Leerstandsmanagement (Leerstandserhebung, gen aus Lärmschutzgründen -datenbank und -aktivierung) • Zum Schutz der europaweit einzigartigen (IUCN-an- • Förderung der Baukultur erkannten) Dunkelgebiete in Österreich sollen – Umsetzung der Empfehlungen des dritten Lichtemissionen und -immissionen Berücksichtigung Baukultur-Reports, der Davos-Erklärung sowie finden. der baukulturellen Leitlinien des Bundes 2017 in Zusammenarbeit mit den Bundesländern voran- treiben Gesunde Böden und – Informations- und Bildungskampagne zukunftsfähige Raumordnung • Forcierung der Vertragsraumordnung zur Bauland- • Raumplanerische Aspekte des Klimaschutzes sollen mobilisierung und Schaffung von neuem nachhalti- durch eine (auf den derzeit schon bestehenden Bun- gen und sozial leistbaren Bauland deskompetenzen basierende) gesetzliche Regelung – Prüfung ggf. notwendiger rechtlicher Klarstellun- zur Fachplanungskompetenz des Bundes geregelt gen werden. • Stärkung der überregionalen Raumplanung • Österreichweite Bodenschutzstrategie für sparsa- meren Flächenverbrauch – Umsetzung der ÖROK-Empfehlungen zur Umweltverfahren verbessern Stärkung der Orts- und Stadtkerne und zum Flächensparen, Flächenmanagement und zur • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, dass aktiven Bodenpolitik umweltrechtliche Genehmigungsverfahren rasch und – Zielpfad zur Reduktion des Flächenverbrauchs effizient durchgeführt werden, unter Achtung hoher auf netto 2,5 ha/Tag bis 2030 und mittelfristig ökologischer Standards, unter Einbeziehung der Mit- zusätzliche Bodenversiegelung durch Entsiege- glieder der Öffentlichkeit und der Gewährleistung lung von entsprechenden Flächen kompensieren von Rechtssicherheit für die Projektwerber. – Ausweisung von landwirtschaftlichen Produk- tionsflächen und ökologischen Vorrangflächen 104 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Anpassung des Umweltverträglichkeitsprüfungsge- setzes im Sinne der Rechtssicherheit an die Ergeb- nisse des Vertragsverletzungsverfahrens 2019/2224 • Zur Vermeidung eines EuGH-Verfahrens und im Sinne der Rechtssicherheit werden verbindliche strategische Umweltprüfungen in den vom Ver- tragsverletzungsverfahren 2017/4072 abgedeckten Bereichen eingeführt. • Schaffung einer zentralen, digitalen Plattform für die Kundmachung von (umweltrechtlichen) bereits jetzt veröffentlichungspflichtigen Genehmigungsbeschei- den; diese Veröffentlichung soll die Rechtsmittelfrist und Stellungnahmefrist in (den umweltrechtlichen) Verfahren auslösen. • Eine solche Kundmachungsplattform bringt für Behörden und Projektwerber Kosteneinsparungen und ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, zeitnah Informationen zu für sie relevanten Verfahren zu erhalten; die Verpflichtungen zur Auflage bleiben unberührt. • Forcierung eines länderübergreifenden Inn-Vertrags mit Bayern und der Schweiz unter Einbeziehung der Projektwerber zur Verbesserung der Gewässer-Öko- logie (Sunk/Schwall-Betrieb) Regierungsprogramm 2020 – 2024 105 Landwirtschaft, Tierschutz & ländlicher Raum Die Bundesregierung bekennt sich zur Bedeutung der Nur eine ausreichend dotierte Gemeinsame Agrarpolitik heimischen Land- und Forstwirtschaft und der bäuer- kann die notwendigen Rahmen­ bedingungen für eine lichen Familienbetriebe. Unsere Bäuerinnen und Bauern nachhaltige und umweltgerechte Bewirtschaftung schaf- versorgen uns täglich mit hochqualitativen, leistbaren und fen. Die Sicherstellung dieser GAP-Mittel für Österreich regionalen Lebensmitteln und erhalten mit ihrer Arbeit im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 der EU ist unsere einzigartige Kulturlandschaft und vielfältigen daher Grundvorausset­ zung für die Absicherung einer Lebensräume. Sie leisten Enormes in der Bereitstellung bäuerlichen Landwirtschaft und ökosozialen Agrarpolitik. von erneuerbaren Rohstoffen, dem Erhalt der natürlichen Eine ergebnisorientierte österreichische GAP-Strategie Ressourcen und der Artenvielfalt sowie dem Schutz des setzt auf den weiteren Ausbau umweltgerechter Bewirt- Bodens und der Wasserqualität. Diese gesellschaftlich schaftungsmethoden und des biologischen Landbaus, anerkannten Leistungen der Bäuerinnen und Bauern sind sichert die österreichische Berglandwirtschaft durch auch in Zukunft ein wesentlicher Beitrag im Kampf gegen eine ausreichende Dotierung der Ausgleichszulage und den Klimawandel. unterstützt die Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure zur Erhaltung vitaler ländlicher Regionen. So Die österreichische Landwirtschaft ist kleinstrukturiert leistet die Landwirtschaft einen Beitrag zur Erreichung und auf höchste Qualität ausgerichtet – Agrarfabriken der Pariser Klimaziele. sind für uns keine Alternative. Unser Fokus liegt dar- auf, Österreich als Vorzeigemodell in Europa weiter zu Österreich zählt im internationalen Vergleich zu jenen stärken. Übergeordnetes Ziel ist dabei die Versorgung Ländern mit den höchsten Tierschutz- und Lebensmittel- mit hochwertigen Lebensmitteln, der Erhalt einer multi- standards und hat sich dadurch zu einem Feinkostladen in funktionalen, nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und Europa entwickelt. Der Umstieg auf mehr Tierschutz soll für flächendeckenden Land- und Forstwirtschaft sowie ein alle Betriebsgrößen erleichtert werden. Die gentechnikfreie hoher Selbstversorgungsgrad. Der Erhalt unserer Wälder Lebensmittelproduktion steht genauso im Mittelpunkt wie und die Unterstützung der Forstwirtschaft bei der nach- die Stärkung regionaler und saisonaler Produkte und der haltigen Bewirtschaftung sind ein zentrales Anliegen. Ausbau durchgängiger Qualitäts- und Herkunftssysteme – im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten und Die vielfältigen bäuerlichen Familienbetriebe, ob im Voll-, einer vitalen und zukunftsfähigen Land­wirtschaft. Zu- und Nebenerwerb, ob Ackerbau oder Viehhaltung, ob konventionell oder biologisch, ob in Gunstlagen oder im Berg- und benachteiligten Gebiet, leisten einen wesent- lichen Beitrag dazu. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen dafür aber auch ein faires, existenzsicherndes Einkommen sowie faire Preise für ihre hochwertigen Produkte. Durch weitere Entlastungsschritte im Bereich Steuern, der Di- rektvermarktung sowie der bäuerlichen Sozialversicherung unterstützt die Bundesregierung den Fortbestand und die Weiterentwicklung der bäuerlichen Betriebe. 106 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Existenz der bäuerlichen • Weitere Entlastungen bei Steuern und Abgaben Landwirtschaft absichern umsetzen – Entlastung von Klein- und Mittelbetrieben in • Evaluierung, Absicherung und Verbesserung des der SV – Abfederung der stark gestiegenen Systems der Einheitswerte Belastung. Gemeinsame Evaluierung der Versi- cherungswerte nach dem BSVG im Verhältnis zur • Stärkung der bäuerlichen Vermarktung tatsächlichen Einkommensentwicklung anhand – Evaluierung der Urprodukteliste und ggf. Über- der Ergebnisse des Grünen Berichts arbeitung – Anhebung der Umsatzgrenze für landwirtschaft- – Absenkung der AMA-Gütesiegel-Lizenzgebühren liche Nebentätigkeiten auf 40.000 Euro und (kleine Betriebe, DV-Betriebe) zukünftige Valorisierung – Angepasste Hygieneauflagen und Kontroll- – Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichs- vorschriften (Untersuchungsgebühren) für maßnahme zur besseren Absicherung der Kleinbetriebe (Schlachtung, Lagerung, Weiter- Landwirtinnen und Landwirte gegen Preis- und verarbeitung) Ertragsschwankungen – Neue Formen der Landwirtschaft unterstützen – Beibehaltung und rechtliche Sicherstellung (Food-Coops, Community Supported Agricul- des Einheitswertsystems sowie Streichung der ture) Einheitswertgrenze für die Buchführungspflicht und Anhebung der Umsatzgrenze für die Buch- • Soziale Situation in der Landwirtschaft verbessern führungspflicht auf 700.000 Euro – Datenerhebung zu Berufskrankheiten in der – Weitere Ausweitung und Stärkung des Versiche- Landwirtschaft rungsschutzes für Risiken und Schäden in der – Soziale Absicherung der bäuerlichen Familienbe- Land- und Forstwirtschaft triebe durch die Beibehaltung berufsspezifischer – Streichung der Bagatellsteuer „Schaumwein- Leistungen, One-Stop-Shop in der SV und die steuer“ Gewährleistung der gesetzlichen Grundlagen des Beitrags- und Versicherungsrechts (pauscha- • Bestehende Jahreskontingente für Saisonniers für les System bzw. Option für die steuerrechtliche die Landwirtschaft sollen bedarfsgerecht angepasst Aufzeichnung) werden, unter Einhaltung aller arbeitsrechtlichen – Senkung des Anrechnungsprozentsatzes beim und kollektivvertraglichen Bestimmungen fiktiven Ausgedinge von 13 % auf 10 %, Abschaf- fung des Solidaritätsbeitrags für Pensionistinnen • Schaffung von land- und forstwirtschaftlichen und Pensionisten (0,5 % der Pensionsleistung) Arbeitgeberzusammenschlüssen, um Synergien – Angleichung der KV-Mindestbeitragsgrundlage (beispielsweise gemeinsame Beschäftigung von im pauschalen System und in der Option an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) bestmöglich zu Mindestbeitragsgrundlage nach dem GSVG und nutzen. Entfall des 3 %-Zuschlags für Optionsbetriebe – Erhöhung der PV-Beitragsgrundlage für haupt- beruflich tätige Kinder bis 27 Jahre Regierungsprogramm 2020 – 2024 107 Gute Lebensmittel für alle und Direktvermarktungsbetriebe, Manufakturen und Transparenz für Bürgerinnen Gastronomie und Bürger – Verstärkte Nutzung des EU-Herkunftsschutzes (ggA, gU, gtS) sowie der Qualitätsangabe • Verstärkter Absatz heimischer Lebensmittel im In- „Bergerzeugnis“ und Ausland durch konsequente Weiterverfolgung – Überarbeitung des österreichischen Patentge- der österreichischen Lebensmittel- und Qualitäts- setzes zur Umsetzung des EU-Herkunftsschut- strategie zes in österreichisches Recht – Aktive Kommunikation der hohen Qualität und – Regionale Herkunft der Lebensmittel als Quali- Produktionsstandards österreichischer Lebens- tätskriterium in der Gastronomie verstärken mittel sowie Initiative zur stärkeren Verbreitung der – Etablierung einer national und international ein- Herkunftskennzeichnung heitlichen Positionierungs- und Kommunikations- – Verpflichtende Herkunftskennzeichnung der strategie entlang der vereinbarten Ziele Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der – Sicherstellung der Versorgung mit hochqualitati- Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) ven, leistbaren sowie regionalen Lebensmitteln und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 und Anreize für erhöhte Verfügbarkeit von Produkten mit negativer Versorgungsbilanz • Mehr Bewusstsein für Lebensmittel und Ernährung – Förderung von Exportinitiativen im Bereich der schaffen Vermarktung österreichischer Lebensmittel mit – Bessere Verankerung von Lebensmittelkompe- Schwerpunkt Europa tenz und Verbraucherbildung in der Lehreraus- – Umsetzung der Strategie Kulinarik Österreich bildung und Weiterentwicklung unter Einbindung von – Einführung eines Schulversuchs mit dem Schul- regionalen Initiativen fach Lebensmittelkompetenz und Verbraucher- • Österreich als die wichtigste Kulinarik-Desti- bildung nation Europas positionieren • Sicherstellung der Finanzierung des Netz- • Gemeinsame Weiterentwicklung des AMA-Gütesie- werks Kulinarik als zentrale Ver­netzungs- gels und Maßnahmenstelle – Maßnahmen setzen, damit es zu einem ver- stärkten Absatz von GVO-freien AMA-Güte- – Rasche Umsetzung der EU-Richtlinie über unlau- siegel-Produkten in allen Tierhaltungssparten tere Geschäftspraktiken (UTP-EU RL) kommt, um die Produktion anzukurbeln – Etablierung einer Mediations- und Schlichtungs- – Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels, um stelle zur Absicherung des fairen Wettbewerbs die Gentechnikfreiheit zu forcieren mit dem Ziel im Rahmen der UTP-EU RL des Einsatzes von gentechnikfreiem europäi- – Bildung von Branchenverbänden zur Stärkung schem Soja der bäuerlichen Wertschöpfungsstruktur aktiv – Ziel ist der Ausstieg aus nicht GVO-freien forcieren Futtermitteln im Rahmen einer marktbasierten Entwicklung • Verbesserung der Kennzeichnung von Lebensmitteln – Sicherstellung der Transparenz bezüglich – Umsetzung eines durchgängigen freiwilligen Wertschöpfung und Abgeltung der Mehrkosten Qualitäts- und Herkunftssicherungssystems für für die GVO-freie Fütterung in den relevanten Materiengesetzen 108 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Weiterentwicklung der Tierwohlkriterien beim von Leben; Zugang zum Saatgut sowie die Sorten- AMA-Gütesiegel (auch in Basis-Anforderungen, vielfalt müssen erhalten bleiben Auslauf, Platzangebot) • Strategie gegen Antibiotika-resistente Keime • Erarbeitung einer nationalen Eiweißstrategie – Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit Einbindung • Weiterentwicklung des Tiergesundheitsdienstes aller relevanten Stakeholder unter Federführung (z. B. Anreize schaffen, den Antibiotika-Einsatz zu des Landwirtschaftsministeriums in der AGES reduzieren) – Ausbau der standortgerechten Sortenzüchtung im Bereich der Leguminosen • Sicherstellung der notwendigen strukturellen – Einsatz von heimischen und europäischen Voraussetzung für ein Krisenmanagement im Tier- Eiweißfuttermitteln in der österreichischen seuchenfall Futtermittelwirtschaft – Stärkung von Initiativen wie Donau-Soja und • Nationale Palmölreduktionsstrategie und Kennzeich- heimische Saatzuchtunternehmen nung von palmölhaltigen Produkten • Aktionsprogramm für den schrittweisen Aus­stieg • Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz aus Gentechnik-Futtermitteln im Rahmen der öster- – Weiterentwicklung im Hinblick auf Pestizidre- reichischen Eiweißstrategie duktionsziele – Klimaschutzpartnerschaft mit dem österreichi- – Fortführung der Finanzierung von Beratung und schen Handel: Regalflächenanteil für österreichi- Alternativen sche Produkte wird zumindest beibehalten. – Unterstützung durch ÖPUL-Maßnahmen – Regionale Kreisläufe, Verarbeiter und Branchen- – Aufstockung des Forschungsbudgets für alter- lösungen werden unterstützt. native Pflanzenschutzmaßnahmen – Unterstützung des Umstiegs auf heimische und europäische Eiweißquellen für Futtermittel • Prüfung der Einführung einer Nährstoff- und Dünge- – „Gentechnikfrei aus Europa“ im Rahmen der managementdatenbank europäischen Eiweißstrategie • Prüfung der ausreichenden Verankerung der Gen- Landwirtschaftliche Institutionen technikfreiheit im Sinne der Rechtssicherheit und Strukturen • Gentechnikfrei-Labels unterstützen • Evaluierung des AMA-Marketings • Position zu Neuer Gentechnik – neue Gentech- • LKÖ als Körperschaft öffentlichen Rechts nik-Verfahren unterliegen den bestehenden gesetz- lichen Bestimmungen für Gentechnik (wie z. B. • Zur bestmöglichen Umsetzung der GAP in Öster- Kennzeichnungspflicht), Forschungstätigkeit zum reich enthalten die Beraterverträge mit Landwirt- Nachweis unterstützen schaftskammern und AMA transparente und eva- luierbare Leistungspakete für die GAP-Abwicklung • Überarbeitung des europäischen Patentübereinkom- und Maßnahmen für Klima und Umweltschutz mens im Hinblick auf das Verbot der Patentierung Regierungsprogramm 2020 – 2024 109 • Bessere Dotierung der AGES mit dem Ziel • Positionierung zu Capping und Degression auf – Entwicklung und Forschung für alternative europäischer Ebene zu den kommenden GAP-Ver- Pflanzenschutz- und Bodenschutzhilfsstoffe für handlungen: Bekenntnis zu einer einheitlichen agrarökologische Anwendungen Obergrenze (maximal 100.000 EUR) auf europäi- – Risikoforschung über negative Auswirkungen von scher Ebene im Sinne eines degressiven Modells (ab Pestiziden und deren Metaboliten sowie Auswir- 60.000 EUR) kung auf Biodiversität • Evaluierung und Verankerung der GAP-Strategie im bestehenden gesetzlichen Rahmen Sicherstellung einer wettbewerbs- – Punktation der strategischen Ausrichtung fähigen, multifunktionalen und – Zielformulierung hinsichtlich der geplanten flächendeckenden österreichischen Marktordnungsmaßnahmen Land- und Forstwirtschaft auf der – Ziele und Grundsätze der Ländlichen Entwick- Basis bäuerlicher Familien lung verankern – Praxis- und ergebnisorientierte wissenschaft- • Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als Basis für liche Begleitung unsere bäuerlichen Familienbetriebe • Agrarumweltprogramm (ÖPUL = Agrarumwelt, Bio, • Ökosoziale Agrarpolitik und österreichischer Weg Naturschutz, Tierwohl) der regionalen, nachhaltigen und qualitätsorientier- – Positionierung des Agrarumweltprogramms mit ten Produktionsweisen mit dem Schwerpunkt der ÖPUL, Bio, Naturschutz und Tierwohl als Beitrag Ländlichen Entwicklung, wie die biologische Land- zur Erreichung der Pariser Klimaziele, wobei wirtschaft und die Maßnahmen des Agrarumwelt- insbesondere dem Biolandbau eine wesentliche programms, sichern unsere Lebensgrundlage für die Bedeutung zukommt Zukunft. – Bekenntnis zu folgenden Zielen: Erhalt und Ausbau der Wasserqualität (Unterstützung • Sicherstellung der GAP-Mittel für Österreich im im vorbeugenden Grundwasserschutz), Ver- mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis besserung der Luftqualität in Hinblick auf 2027 mindestens auf dem bisherigen Niveau, Feinstaub, Ammoniak etc., Vermeidung von insbesondere für die Ländliche Entwicklung sowie Boden­erosion, Humusaufbau, nachhaltige nationaler Ausgleich im Falle einer Kürzung von Forstbewirtschaftung, Erhalt nicht produktiver EU-Mitteln Landschaftselemente oder Landschaftsbereiche zur Verbesserung der Biodiversität, Erhalt der • Ausfinanzierung der derzeitigen GAP auf dem bis- Bodenfruchtbarkeit, Reduktion und nachhaltiges, herigen Niveau in den Übergangsjahren (2021 und effizientes und optimiertes Dünge- und Schäd- 2022) bzw. gemeinsame Vorgangsweise für allfällige lingsbekämpfungsmanagement inhaltliche Änderungen und Anpassungen – Verstärkung der (finanziellen) Anreizkomponente für Landwirtinnen und Landwirte (bei der Maß- • Positionierung Österreichs im Rat bei GAP-Verhand- nahmenkalkulation) aufgrund des hohen gesell- lungen: öffentliches Geld für öffentliche Leistungen schaftlichen Mehrwerts des Programms – Verpflichtender Umwelt-/Klimabeitrag von 40 % (z. B. Schutz der Biodiversität) für die Umwelt der GAP-Mittel 110 Regierungsprogramm 2020 – 2024 sowie zusätzliche finanzielle Abgeltung von • Unter Berücksichtigung der Vorrangstellung der Klimamaßnahmen Trinkwasserversorgung den Aufbau von land- – Zusätzliche nationale Mittel zur Reduktion wirtschaftlichen Bewässerungssystemen für eine von Ammoniakemissionen zur Umsetzung des nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung ermög- Luftreinhalteprogramms lichen, unter Beachtung der Erhaltung eines guten Zustandes der damit verbundenen Wasserkörper • Ausgleichszulage (Bergbauernförderung): Wei- terführung und positive Weiterentwicklung der • Umsetzung der GAP auf nationaler Ebene Ausgleichszulage für Bergbäuerinnen und -bauern – Weiterführung der Prüfung von GAP-Maßnah- als einfache Maßnahme zur gezielten Abgeltung men auf Klimatauglichkeit sowie Umweltfolgen- betriebsindividueller und klimatischer Erschwernisse abschätzung sowie Berücksichtigung der Tierhaltung – Ausschöpfen der Möglichkeiten zur ökonomi- schen und ökologischen Treffsicherheit der • Erarbeitung neuer Perspektiven für unterschiedliche GAP-Maßnahmen in Hinblick auf den Erhalt der und innovative Formen der Landwirtschaftsbetriebe, regionstypischen agrarischen Strukturen der bäuerlichen Familienbetriebe und landwirt- – Bodengebundene Tierhaltung unter Einhaltung schaftlichen Bewirtschaftung des Aktionsprogramms Nitrat verankern – Ökologische, klimagerechte und Tierwohl-Krite- • Ausbau der Qualitäts-, Spezialitäten- und Nischen- rien für Investitionsförderungen im Rahmen der produkte im Programm für die Ländliche Entwick- Ländlichen Entwicklung forcieren, z. B. Förderun- lung (Investitions- und Innovationsprogramm), mit gen primär für Investitionen, die der Marktent- besonderer Berücksichtigung von Bereichen, in wicklung und den gesellschaftlichen Anforderun- denen der nationale Selbstversorgungsgrad nicht gen entsprechen, wie Tierwohlgerechter Stallbau erreicht ist – Keine Einführung von Zuzahlungen zu Risikover- sicherungsprämien (insbesondere Einkommens- • LEADER als geeignetes Instrument zur Stärkung der versicherung) im Rahmen der GAP Wertschöpfung im Ländlichen Raum fortführen – Die Bedeckung von allenfalls seitens der Euro- päischen Kommission vorgenommenen Finanz- • Erarbeitung und Umsetzung eines Junglandwir- korrekturen in der GAP erfolgt im Rahmen des te-Pakets in der GAP 2020+ und Sicherstellung der Budgetvollzugs durch zusätzlich zur Verfügung Förderungen für die Junglandwirtinnen und Jung- gestellte Mittel. landwirte analog der bisherigen Ausgestaltung • Flächendeckende und kostengünstige Beratungs- und Serviceleistungen sicherstellen • Entbürokratisierung vorantreiben durch Erleichte- rungen bei Mehrfachanträgen, bei der Existenz- gründungsbeihilfe und der Investitionsförderung sowie stabile Flächenfeststellung zur Erhöhung der Rechtssicherheit Regierungsprogramm 2020 – 2024 111 Den Biolandbau stärken Land- und forstwirtschaftliche Bildung und Bildungseinrichtungen • Den Biolandbau im GAP-Strategieplan verankern stärken – Kontinuierlicher Ausbau der biologischen Land- wirtschaft im GAP-Strategieplan bis 2027 • Eigenständiges land- und forstwirtschaftliches – Kontinuierlichen Einstieg in die Bio-Förderung Bildungs- und Forschungssystem wie Fachschulen, ermöglichen höhere Schulen bis hin zum hochschulischen Ange- – Praxistaugliche Umsetzung der EU-Bio-Regelungen bot (z. B. Hochschule für Agrar- und Umweltpäda- gogik oder neue Agrar-Fachhochschule) nachhaltig • Ambitionierte Weiterentwicklung des Bio-Aktions- absichern plans – Förderung der optimalen Vernetzung zwischen Bildung, Wissenschaft und Praxis, um zukünftige • Positionierung der biologischen und nachhaltigen Herausforderungen zu bewältigen Wirtschaftsweise als strategisches Element zur Erreichung der umwelt- und klimapolitischen Ziele in • Attraktivierung des land- und forstwirtschaft- der Landwirtschaft lichen Bildungs- und Forschungssystems sowie der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik durch • Vorreiterrolle Österreichs in der biologischen Wirt- gezielte Öffentlichkeitsarbeit schaftsweise in Europa weiter ausbauen • Positionierung der Schulen und der Hochschule • Fortführung der direkten und indirekten Umwelt- für Agrar- und Umweltpädagogik als „Role Model“ und Bio-Förderungen im Programm für die Ländliche nachhaltiger Bildungseinrichtungen (Einsatz von Entwicklung (inkl. LE-Projektmaßnahmen wie Bildung PV-Anlagen, E-Mobilität, regionale Versorgung der und Beratung, Informations- und Absatzförderun- Kantinen, Schulbau mit klimaaktiv-Kriterien, Umwelt- gen, Investitionsförderungen) zeichenschulen etc.) • Unterstützung und Zusammenarbeit mit den • Stärkung des Bio-Ausbildung auf allen Ausbildungs- Bio-Verbänden ebenen (HBLA, HLA, FH etc.) • Förderung der Züchtung von samenfestem Bio-Saat- gut Die hohen Tierschutz- und Lebensmittelstandards schützen • Netzwerk Bioregionen innerhalb des Netzwerks Kulinarik aufbauen • Verteidigung der hohen europäischen Sozial- und Umweltstandards in internationalen Handelsabkom- • Prüfung der rechtlichen Umsetzung einer einheit- men (Agrarhandel) lichen Bio-Zertifizierung für die Außer-Haus-Verpfle- – Vertragliche Verankerung unserer hohen Qua- gung auf Basis der Vorschläge des Biobeirats litäts- und Produktstandards in den Handels- abkommen der Europäischen Union zum Schutz • Forschungsoffensive in Richtung Bio- und klimataug- der Konsumentinnen und Konsumenten sowie liche Landwirtschaft (zweckgebundene Mittel) der besonderen Berücksichtigung von sensiblen Produkten im Interesse der österreichischen • Bildung und Beratung für Bio ausbauen Landwirtschaft 112 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Positionierung Österreichs im Rat, bei bilateralen • Offensive zur Verbesserung des Tierwohls bei Tier- Handelsabkommen zwischen der EU und Dritt- transporten staaten künftig europäische Produktionsstan- – Initiative zur gemeinsamen Weiterentwicklung dards als Bedingung für Lebensmittelimporte in der Tiertransportstandards sowie Überprüfung die EU durchzusetzen (Tierwohl, Raubbau an der der Einhaltung der Standards (z. B. Aufent- Natur, Pestizide und Zusatzstoffe, Hygiene) haltsorte in Drittstaaten, Einhaltung O.I.E.-Tier- – Nein zu Mercosur schutzbestimmungen in Zieldrittstaaten) auf europäischer Ebene • Strengere EU-Kontrollen bei Importen aus Dritt- – Einschränkung der europaweiten Tiertransport- staaten zeiten und Umsetzung europäischer Standards bis zum Zielbetrieb • Einsatz für ein gentechnikfreies Europa im Anbau – Initiative zur Reduktion von Tiertransporten in auf europäischer Ebene Drittstaaten – Verbot von Schlachttiertransporten in Dritt- • Evaluierung bestehender Strukturen im Bereich staaten Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Export- – Initiative zur Reduktion des Langstreckentrans- fragen mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen ports von Wiederkäuern unter acht Wochen – Bund und Ländern zu verbessern Schaffung einer freiwilligen Branchenverein- barung • Tierschutz in der Landwirtschaft forcieren – Verstärkte, risikobasierte Kontrolldichte bei – Ziel: Langfristig flächendeckende Einführung Langstrecken-Transporten und Ausbildung der besonders tierfreundlicher Haltungsformen, wie Amtsorgane für Tiertransporte Stallhaltung mit Einstreu, freie Abferkelsysteme, – Regionale und mobile Schlachthöfe und Weide- Auslauf und Freibereich, im Einklang mit den schlachtung fördern und ermöglichen, um die Entwicklungen auf dem Markt Anzahl von Tiertransporten zu reduzieren – Zusätzliche finanzielle Anreize für die Umstel- lung auf moderne und besonders artgerechte • Kompetenzen des amtlichen Tierschutzes im Heim- Tierhaltungssysteme mit beispielsweise gerin- tier-Bereich stärken (z. B. Kontrolle des Verbots von gerer Besatzdichte, getrennten Funktionsberei- Qualzucht etc.) chen, Kühlung, Phasenfütterung etc. – Forschung und Entwicklung von Alternativen • Maßnahmen prüfen für die bessere Handhabe zum bisherigen Standard der Ferkelkastration gegen Animal Hoarding und für die Entbürokratisie- mit dem Ziel, die derzeitige Praxis in Zukunft rung bei der Weitergabe von Heimtieren abzulösen – Forcierung der Haltung von Zweinutzungsrassen • Pflanzenschutz und Pflanzenproduktion bei Geflügel und Rind – Zulassungen und Wiedergenehmigungen von – Verbot des Schredderns von lebendigen Küken Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf EU-Ebene – Regulierung der Haltung von Wachteln sollen weiterhin auf Grund­lage fundierter – Einsatz für auf Wissenschaft basierenden Tier- wissenschaftlicher Studien stattfinden. schutz-Mindeststandards für die Putenmast auf – Um im europäischen Binnenmarkt Verzerrungen EU-Ebene möglichst hintanzustellen, werden nationale Bestimmungen zu Pflanzenschutzmitteleinsatz Regierungsprogramm 2020 – 2024 113 unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer • Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für biodiversitätsfördernden Bewirtschaftung im autonome Geräte Einklang mit der EU-Gesetzgebung erlassen. – Regionale Züchtung und Saatgutproduktion • Einführung eines Digitalbonus Agrar (Förderung der zur Reduktion des Pflanzenschutzmittel-Ein- digitalen Kompetenzen/Unterstützung beim Ankauf satzes und zur Stärkung der Wertschöpfung der von Software) Betriebe vorantreiben • Bürokratieabbau und Effektivität im Bereich Lebens- Forstwirtschaft mittelsicherheit und Veterinärwesen – Mehrgleisigkeiten bei Kontrollen vermeiden; • Heimische Wälder als wesentlicher Wirtschafts- Entwicklung eines Kontroll-Informationssystems faktor vom Betriebsmittel bis zum Lebensmittel – Stärkung der aktiven, nachhaltigen Waldbewirt- – Effektive Zusammenarbeit der zuständigen schaftung (klimafitter Wald) unter Berück- Behörden stärken sichtigung der CO2-Speicherfähigkeit und Multifunktionalität der heimischen Wälder als wesentlicher Wirtschaftsfaktor zur Sicherstel- Die Digitalisierung steigert die lung der Schutz-, Erholungs-, Wirtschafts- und Ressourceneffizienz und verbessert Wohlfahrtsfunktion den Umweltschutz – Vollständige Umsetzung des „Aktionsprogramms Schutzwald“ bis 2024 • Ausarbeitung und Umsetzung einer Digitalisierungs- – Unterstützung bei standortgemäßer und strategie in der Landwirtschaft im Einklang mit den klimafitter Wiederaufforstung und Pflege nach Zielen der GAP-Strategie wetter- und klimabedingten Kalamitäten – Österreich (international) als Forstland positio- • Finanzielle Unterstützung zur Forcierung der nieren Digitalisierung, von zukunftsorientierten auto- mationsunterstützten Methoden und des Daten- • Ausbau eines Biotop-Verbund-Systems, Retentions- managements in der österreichischen Land- und räume (in Zusammenarbeit mit den Ländern) Forstwirtschaft • Rasche standortgemäße Wiederbewaldung von • Rechtliche Absicherung der Nutzung von Farm- geschädigten Schutzwäldern und gezielte Auffors­ management- und Informationssystemen in der tung von Hochlagen zur Erhöhung des Wasserrück- Land- und Forstwirtschaft (z. B. Datenkompatibilität haltevermögens, der Lawinenschutzwirkung und zur und Datenportabilität) Vermin­derung der Bodenerosion • Voraussetzung für Precision Farming schaffen, um • Naturwaldreservatenetz ausbauen und über Ver- umwelt- und tiergerechte Bewirtschaftungsmetho- tragsnaturschutz sichern den zu unterstützen: kostenfreie Bereitstellung von (Geo-)Daten für die Land- und Forstwirtschaft (z. B. • Fördermaßnahmen zur Umsetzung von Natura 2000 RTK-Signal), Daten im Eigentum der Betriebe 114 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Umsetzung der Mariazeller Erklärung, um insbe- von Schulkindern auf dem Bauernhof, Altenpflege, sondere ausgeglichene wald- und wildökologische Nachhilfe Verhältnisse zu schaffen • Ausbau von Green Care • Stufenweiser Ausstieg aus der Verwendung bleihal- tiger Munition gemäß der REACH-Verordnung • Forst-Förderungen auf Auswirkungen/Anpassung Klimawandel ausrichten, um Wald klimafitter zu machen • Weiterführung der Unterstützung bei Schäden durch Klimawandel (Dürre, Stürme) • Beibehaltung der Maßnahmen zur Errichtung von Nasslagern für Schadholz • Forcierung von Holzbau, insbesondere Bundesge- bäude (z. B. Schulen) verstärkt aus Holz errichten • Unterstützung der Ausweitung der europäischen Waldkonvention in Richtung östlicher Nachbarstaaten Weiterentwicklung und Umsetzung des Masterplans Ländlicher Raum zur Stärkung der lokalen und regionalen Entwicklung • Optimierung der Weiterentwicklung des Master- plans Ländlicher Raum u. a. durch Erarbeitung eines Aktionsplans, der alle drei Jahre evaluiert wird • Erleichterungen bei der Gründung von gemeinnützi- gen Mobilitätslösungen • Sicherstellung der veterinärmedizinischen Versor- gung mit Landtierärztinnen und -ärzten • Entwickeln und Fördern des Konzepts „Bauernhof als Zentrum der Dörfer“, insbesondere die Mög- lichkeit von Kinder- bzw. Nachmittagsbetreuung Regierungsprogramm 2020 – 2024 115 Tourismus Für Österreich ist der Tourismus in vielerlei Hinsicht von Um dem bestehenden Mitarbeitermangel im Tourismus großer Bedeutung. Er ist ein wichtiger Wirtschafts- und entgegenzuwirken, braucht es eine gemeinsame, kompe- Wohlstandsmotor und schafft hunderttausende Arbeits- tenzübergreifende Anstrengung aller Beteiligten. plätze. Jeder fünfte Vollarbeitsplatz in Österreich wird durch die Tourismus- und Freizeitwirtschaft gesichert, vor Der Tourismus unterliegt einem permanenten Wandel. allem auch in den ländlichen Regionen. Sowohl im Sommer Die Bedürfnisse der Gäste und ihre Erwartungen an einen als auch im Winter sorgen unsere Tourismusbetriebe dafür, Urlaub haben sich geändert. Immer stärker ins Bild rücken Österreich als attraktive Reise- und Freizeitdestination aber auch dabei die Auswirkungen des Tourismus auf die zu positionieren. Darüber hinaus schafft unsere Touris- Natur. Gerade unsere alpinen Regionen, die als Sportdesti- muskultur die Identifikation für unser Land. Nicht nur der nationen einen weltweit einzigartigen Ruf genießen, laufen internationale Wettbewerb soll zukünftig im Fokus stehen, durch eine Erwärmung des Klimas Gefahr, ihrer wirtschaft- insbesondere soll auch Lust auf Urlaub im eigenen Land lichen Grundlagen beraubt zu werden. Daher gilt es, den gemacht werden. Weg des nachhaltigen Tourismus im Einklang mit der Natur verstärkt fortzusetzen und für ein gutes Miteinander von Die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen sind von Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu sorgen. Ziel ist es, immenser Bedeutung für regionale Betriebe, und damit dass alle vom Tourismus profitieren können – die Betriebe, auch für die Regionen als solche. Als österreichische die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Gäste und die Bundesregierung bekennen wir uns daher zur Bedeutung Bevölkerung vor Ort – und wir dabei die österreichische von Österreich als Tourismusdestination und zur Weiter- Naturlandschaft erhalten. entwicklung dieses wichtigen Sektors. Der Tourismus steht dennoch vor einer Vielzahl an Heraus- Forcierung eines wettbewerbs- forderungen, wie etwa die spürbare Veränderung unseres fähigen und verantwortungsvollen Klimas, die auch die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus Tourismusstandorts bedroht. Es ist wichtig, bereits jetzt die notwendigen Schritte zu setzen, um nicht nur heute, sondern auch • Umsetzung „Plan T – Masterplan für Tourismus“ morgen unsere hohen Standards aufrechtzuerhalten. Mit – Der Plan T ist die Grundlage für die Tourismus- dem „Plan T – Masterplan für Tourismus“ wurden erste politik der Bundesregierung für die nächsten Weichen gestellt, um den zahlreichen Herausforderungen Jahre. Er setzt die Leitplanken für eine nachhal- im Tourismus zu begegnen. tige Weiterentwicklung des Tourismusstandorts Österreich. Das Ziel der Bundesregierung ist der Erhalt einer klein- – Dieser Plan ist aber kein Endpunkt, sondern teiligen und häufig familiengeführten Tourismusbranche der Startschuss für eine neue Qualität der sowie die besondere Unterstützung von kleineren und Tourismuspolitik. Ergänzt wird dieser Master- mittleren Unternehmen und die Wertschöpfung vor Ort plan durch einen jährlichen Aktionsplan, der zu stärken. Dafür brauchen wir Entlastungen für unsere konkrete Umsetzungsschritte beinhaltet und es Tourismusbetriebe. Darüber hinaus ist die Entwicklung ermöglicht, rasch auf Veränderungen in diesem des touristischen Arbeitsmarktes eine der größten He- dynamischen Umfeld zu reagieren. rausforderungen für den Tourismusstandort Österreich. 116 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Umsetzung von Maßnahmen auf Grundlagen der Problemlösung im Rahmen der aktuellen recht- existierenden Leitlinien des Plan T mit laufendem lichen Rahmenbedingungen und zeitnahem Monitoring – E-Government-Services ausbauen, um bürokrati- – Sicherstellung des Zugangs der Wissenschaft sche Prozesse zu vereinfachen zu verknüpfbaren anonymisierten Registerdaten – Rahmenbedingungen für einen engen, sektor- durch eine Novellierung des Bundesstatistik- übergreifenden Austausch schaffen gesetzes – Erstellung von Maßnahmenindikatoren, die • Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie wissenschaftliche Evaluierung sicherstellen – Flächendeckendes Datennetz – Prüfung eines Kompetenzzentrums für Touris- – Nutzung der Digitalisierung für Entbürokratisie- musforschung rung – Auf dieser Basis Maßnahmen auf ihre Wirkungen – Schulungen im Direkt- und Plattformbetrieb auf Klima und Ökologie und soziale Verträglich- – Tourismus-Open-Data-Leuchtturmprojekt der keit überprüfen ÖW – Ergebnisse des Berichts zu Klimawandel und Tourismus im Auftrag des ACRP (Austrian • Besondere Berücksichtigung der regionalen Schwer- Climate Research Program) berücksichtigen punkte in der Tourismusstrategie im Sinne einer zukunftsfitten Tourismusstrategie, die auch massen- • Fortführung und Weiterentwicklung des Indikatoren- touristischen Phänomenen entgegenwirken soll projekts des BMNT unter der Leitung von Statistik (Stichwort „Overtourism“) Austria mit Fokus auf die ökologische und soziale Dimension • Weiterentwicklung der Österreich Werbung – Wachstum nicht mehr ausschließlich an Nächti- – Das ÖW-Netz im Ausland wird immer wichtiger gungszahlen messen für das Funktionieren des österreichischen – Erweiterung um Indikatoren der gesamten Wert- Tourismussystems und um die Marke „Urlaub schöpfungskette und Auswirkungen auf Bevölke- in Österreich“ in die Welt zu tragen. Um Syn- rung, Natur, Landschaft und Klimawandel ergien zu nutzen, sollen ÖW und AWO zukünftig – Stehen die für die Entwicklung solcher Indikato- ein weltweites Netz für die österreichischen ren notwendigen Daten aktuell nicht zur Verfü- Destinationen und Betriebe bilden. gung, müssen auch neue/erweiterte Erhebungen – Die ÖW soll ihr Know-how verstärkt den öster- durch Statistik Austria ins Auge gefasst werden, reichischen Betrieben zugänglich machen, um wofür entsprechende Finanzmittel zur Verfügung Produktinnovationen und Markenerlebnisse zu stellen sind. anzuregen. – Die ÖW soll die digitale Kommunikation und • Schwerpunktsetzung im Bereich Digitalisierung Gestaltung von Reiseerlebnissen forcieren und – Touristische Unternehmen beim Umstieg und der Branche digitale Kooperationsmöglichkeiten beim Einsatz digitaler Anwendungen unterstüt- anbieten. zen – Urlaub der Österreicherinnen und Österreicher – Verstärkt Datenallianzen bilden zwischen Ein- im eigenen Land stärker bewerben richtungen im Einfluss des Bundes zur strate- – Werbung in der Tourismusbranche soll auf Basis gischen Weiterentwicklung und gemeinsamen des Ethikkodex des österreichischen Werberates erstellt werden Regierungsprogramm 2020 – 2024 117 – Sonderbudgets in Zukunft vorranging für nach- – Fortführung der Förderung für Start-ups mit haltigen Tourismus, im Sinne von Klima- und Fokus auf nachhaltigen Tourismus Umweltschutz sowie Digitalisierung (Data Hub) • Förderung von Großevents: Strategie ausarbeiten, • Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) unter der Berücksichtigung von Klima- und Umwelt- – Die ÖHT als Spezialkreditinstitut für die investie- schutz sowie langfristiger wirtschaftlicher Rentabili- renden Tourismusbetriebe sorgt dafür, dass der tät „Plan T – Masterplan für Tourismus“ die betrieb- liche Ebene erreicht. • Unterstützung der besonders durch den Klimawan- – Erkenntnisse der laufenden Evaluierung werden del bedrohten Regionen in Richtung ganzjähriger berücksichtigt. Tourismuskonzepte – In der Folge wird die gewerbliche Tourismusför- derung ab 2021 mit Fokus auf Familienbetriebe • Österreich als Vorreiter eines verantwortungsvollen neu ausgerichtet und durch die Zusammen- und ressourceneffizienten Tourismus positionieren; führung der Haftungsrahmen für die Touris- Ausbau von Aktionen wie „Zeichen setzen“ musbetriebe auf 575 Millionen Euro sowie die Schaffung eines mit 50 Millionen Euro dotierten • Weiterführung der Bundesförderung für Hütten und Eigenkapitalfonds gestärkt. Wege mit der Zielvorgabe einer weiteren Ökologi- sierung und Klimaneutralität • Neugestaltung der Richtlinien der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank 2020 und Inkrafttreten mit Beginn 2021 Mehr Gerechtigkeit für den – Einbeziehung einer Expertengruppe inkl. Auto- heimischen Tourismus rinnen und Autoren der Evaluierungsstudie 2014–2020 • Neben der Aufzeichnungspflicht für Plattformen soll – Fördermaßnahmen mit dem Ziel einer öko- auch eine Registrierungspflicht für alle touristischen logisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Vermieterinnen und Vermieter eingeführt werden. Tourismuswirtschaft mit dem Schwerpunkt Klimaneutralität • Registrierungspflicht für Anbieterinnen und Anbieter – Kapazitätserweiterungen weiterhin nur in von Privatunterkünften, z. B. über oesterreich.gv.at besonders entwicklungsschwachen Regionen ermöglichen • Auf Online-Buchungsplattformen dürfen nur beim – Mitnahmeeffekte minimieren Finanzministerium registrierte Unterkünfte angebo- – Gesamtheitliche Ausarbeitung und Umsetzung ten werden. von Fördermaßnahmen insbesondere Vereinbar- keit mit dem Entwicklungskonzept der Touris- • Prüfung der Regelung für die Begrenzung der musregion sicherstellen Nutzung von privatem Wohnraum für touristische – Finanzielle Unterstützung für den Prozess zu Zwecke auf maximal 90 Tage eines Jahres umweltzertifizierten Hotels – Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der • Datenschnittstellen zu Gebietskörperschaften: Ein- Klein- und Mittelbetriebe der Tourismusbranche hebung der Ortstaxe sicherstellen besonders in strukturschwächeren Regionen 118 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Entlastungen für die Qualitätsvoller und regionaler Tourismuswirtschaft Tourismus • Digitalisierung von Verwaltungsprozessen • Maßnahmen und Unterstützungsangebote zur Ver- meidung von Flächenverbrauch durch die Tourismus- • Vorschlag zur Neuregelung der Abschreibungsdauer: wirtschaft Abschreibungszeiträume an tatsächliche Nutzungs- dauer anpassen • Konzepte für die Vermeidung von Overtourism, für die saisonalen Veränderungen (klimatische Verände- • Erleichterung der familiären Betriebsübergabe durch rungen) und zur Stärkung der Zwischensaison gesetzliche und steuerliche Rahmenbedingungen – Unternehmensübergaben in der Familie sollen • Sichtbarmachen von Vorbildprojekten zwischen erleichtert werden Tourismus und Landwirtschaft – Weiters soll eine zweijährige „grace period“ eingeführt werden, in der nur die nötigsten • Implementierung von Tourismus-Satellitenkonten für betrieblichen Kontrollen durchgeführt werden jedes Bundesland (in der WIFO/Statistik-Austria-Lo- und an deren Ende der Übertritt in das Regel- gik entlang des UNWTO-Standards) regime stattfindet. • Wichtige touristische Entscheidungen sollen in • Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnneben- Zukunft unter stärkerer Einbindung der lokalen kosten ohne Leistungsreduktion Bevölkerung getroffen werden. Es soll darauf geach- tet werden, dass möglichst alle Menschen in einer • Erleichterungen für Schulsportwochen: bessere Destination vom Tourismus profitieren. Rahmenbedingungen für Schulveranstaltungen an Bundesschulen, schulautonome Gestaltung und • Konzept mit konkreten Maßnahmen gegen das Abrechnungsmodalitäten von Schulsportwochen „Gasthaussterben“, vor allem in ländlichen Regionen sowie Verbesserung bei der Abwicklung von Unter- stützungsleistungen • Förderung konkreter Projekte zur unmittelbaren Kooperation (z. B. Plattformen zum Direktbezug von regionalen Lebensmitteln) • Prüfung der Allergen-Verordnung auf ihre Effizienz hin und Entbürokratisierung, wo sinnvoll Regierungsprogramm 2020 – 2024 119 Bekämpfung des Fachkräftemangels – Vorbildauszeichnungen für Betriebe mit guter im Tourismus Mitarbeiterführung (z. B. lange Verweildauer im Betrieb) • Adaptierung der Lehrberufe und Weiterbildungs- maßnahmen – Attraktivierung der Tourismusberufe • Vermehrt Frauen in Führungspositionen in der mit Fokus auf die Digitalisierung in der Berufsaus- Tourismusbranche fördern bildung • Bestehende Jahreskontingente für Saisonniers für Nachhaltige Mobilität den Tourismus sollen bedarfsgerecht angepasst werden, unter Einhaltung aller arbeitsrechtlichen • Ausbau des Nachtzugangebotes im Fernverkehr, und kollektivvertraglichen Bestimmungen. innerösterreichisch und zu internationalen Destina- tionen • Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) reformieren: Kon- solidierung des gesetzlichen Rahmens, One-Stop- • Anteil von Urlauben im eigenen Land steigern Shop bei der Austrian Business Agency, Antragstel- – Werbemaßnahmen für Tourismusland Österreich lung vereinfachen, Verfahren straffen, Senkung von sind verstärkt auf den heimischen Gast auszu- Gehaltsgrenzen richten. • Fokus auf gemeinsame Nutzung und Erneuerung von • Forcierung von Angeboten zur umweltfreundlichen Mitarbeiterunterkünften, etwa die Umwandlung und Anreise und Mobilität vor Ort (z. B. mittels Gäste- Umwidmung nicht mehr wettbewerbsfähiger Hotels karten) in Zusammenarbeit von Tourismusverbänden in Mitarbeiterhäuser durch Gemeinden, Destinatio- und Verkehrsverbünden und Nutzung von Synergie- nen, Betriebe und überbetriebliche Initiativen effekten • Bekämpfung des Fachkräftemangels • Bessere Vernetzung, Koordination und Abstimmung – Attraktivierung der Ausbildung unter Berücksich- der Radwegnetze und beispielsweise eine einheit- tigung neuer Erkenntnisse (Digitalisierung) liche Beschilderung über Bundesgrenzen hinweg zur – Ausbildung und Entwicklung neuer Berufsbilder, Attraktivierung und Stärkung der Zwischensaisonen wie z. B. das eines Revenue Managers im Tourismus – Attraktivierung der Lehrberufe im touristischen Bereich, insbesondere in der Gastronomie • Prüfung eines Austrorail-Tickets nach Alter gestaf- – Förderung der Durchlässigkeit von dualen Aus- felt nach dem Vorbild von Interrail bildungen bis in den tertiären Bereich • Attraktivierung der Tourismusbranche als Arbeit- geber – Förderung ganzjähriger, ganztägiger und flexib- ler sowie bedarfsgerechter Kinderbetreuung – Angemessene und attraktive Lehrlingsentschä- digungen 120 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Klimawandel und Wintertourismus • Umweltgerechte und wirtschaftliche Strategie im Umgang mit Beschneiung in Skigebieten – Einsatz auf europäischer Ebene für die Einfüh- rung von Energieeffizienz-Klassen für Schnee- erzeugungsanlagen – Forcierter Einsatz von erneuerbaren Energien für weiteren Ausbau • Die Bundesregierung wird sich im Rahmen der österreichischen Raumordnungskonferenz und in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat der Alpenkonvention für die Ausarbeitung eines gebiets- körperschaften- und sektorübergreifenden Raum- entwicklungskonzeptes für alpine Raumordnung einsetzen. • Die Bundesregierung bekennt sich zur Unterstüt- zung der Tourismusregionen im Hinblick auf Kapazi- tätssteigerungen im öffentlichen Personennahver- kehr und Einführung von Mobilitätsberaterinnen und -beratern für die Schulung der Tourismusverbände. • Forcierung der Ausstattung von Stationsgebäuden mit Solaranlagen und Wärmespeichern Regierungsprogramm 2020 – 2024 121 4 Europa, Integration, Migration & Sicherheit 122 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 123 Österreich in Europa und der Welt Viele Herausforderungen unserer Zeit – vom Klimawandel, Antizionismus auf. Auch eine aktive Klimadiplomatie, die Welthandel bis hin zur Migration sind von globaler Dimen- Umsetzung der Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigen sion und können nicht in Österreich alleine gelöst werden. Entwicklungszielen und die Unterstützung unserer export- Dazu braucht es internationale Zusammenarbeit und eine orientierten Wirtschaft stellen Schwerpunkte der öster- enge Kooperation mit unseren Partnern in Europa und in reichischen Außenpolitik dar. Zur Umsetzung der Ziele der der Welt. Als Bundesregierung bekennen wir uns deshalb österreichischen Außenpolitik und zur Unterstützung der dazu, den Weg einer aktiven Europa- und Außenpolitik 500.000 Auslandsösterreicher und -innen und Reisenden weiterzugehen und auch in Zukunft die österreichischen im Sinne der konsularischen Schutzverpflichtung werden Interessen zu vertreten und unsere Lösungskonzepte wir unser Vertretungsnetz weiter stärken. zu den großen Fragen unserer Zeit auf globaler wie auf EU-Ebene einzubringen, um gemeinsame Lösungen zu Wir bekennen uns darüber hinaus zum Ziel, die finan- erarbeiten. ziellen Mittel für die Entwicklungs­ zusammenarbeit zu erhöhen. Zentrale Ziel­setzungen sind, mit Partnerländern Die Europäische Union ist eine der größten Errungen- und -organisationen Perspektiven vor Ort zu schaffen, schaften des 20. Jahrhunderts und das erfolgreichste humanitäre Hilfe in Krisenregionen auszubauen, einen Friedensprojekt unseres Kontinents. Die EU ist eine Ver- verstärkten Fokus auf das Thema Migration zu legen und antwortungs- und Solidargemeinschaft mit gemeinsamen mehr Möglichkeiten für wirtschaftliche Zusammen­arbeit Regeln. Sie steht für gemeinsame Werte wie Freiheit, auf Augenhöhe zu schaffen sowie entwicklungspolitische Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleich­berechtigung und Bildungsarbeit in Öster­reich aufzuwerten. Die wirksame Menschenrechte sowie für Wohlstand und wirtschaft- Hilfe vor Ort – etwa in Krisenregionen – ist uns dabei lichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt. Um diese ein zentrales Anliegen, um das sich die österreichische Errungenschaften und unser einzigartiges euro­päisches Bundesregierung verstärkt kümmern wird. Lebensmodell auch für die Zukunft zu wahren und weiter- zuentwickeln, braucht es heute Veränderung: einen neuen Vertrag für Europa, der dem Grundprinzip der Subsidiarität Europa Rechnung trägt. Die von Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen geplante „Konferenz zur Zukunft Europas“ Aufgaben und Zukunft der soll auf diesem Weg eine wichtige Rolle spielen und die Europäischen Union EU als starke Akteurin weiterentwickeln. Österreich wird • Einsatz für einen neuen Vertrag für Europa darüber hinaus die Westbalkan-Staaten auch in Zukunft auf ihrem Weg in die Europäische Union unterstützen. • Viele große Zukunftsfragen lassen sich nicht mehr von den Mitgliedstaaten alleine lösen, sondern nur Als verlässlicher Partner und Sitz internationaler Organi- von einer starken Europäischen Union. sationen tritt Österreich für die Stärkung des effektiven Multilateralismus und des Völkerrechts ein. Österreich • Daher braucht es einen konsequenten Einsatz setzt sich weltweit für die Achtung der Menschenrechte, auf europäischer Ebene für das Grundprinzip der internationale Abrüstung und eine Welt ohne Atomwaf- Subsidiarität im Sinne einer effizienten Aufgabenver- fen ein und tritt entschieden gegen die Verfolgung von teilung zwischen Mitgliedstaaten und der Europäi- Minderheiten, Rassismus sowie gegen Antisemitismus und schen Union. 124 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Ziel ist ein Europa der Demokratie, der Men- – Österreich wirkt auf europäischer und inter- schenrechte und des Rechtsstaates, das in nationaler Ebene protektionistischen Tendenzen Fragen mit klarem europäischem Mehrwert wie entschlossen entgegen. Eine proaktive multila- Klimaschutz, Schutz der Außengrenzen, Wett- terale EU-Handelspolitik und die Vertiefung der bewerbsfähigkeit, dem sozialen Zusammenhalt bilateralen und regionalen Handelsbeziehungen oder Welthandel stark ist, gemeinsam handelt haben Priorität. Denn eine starke Exportwirt- und gleichzeitig in anderen Fragen den Mitglied- schaft schafft Arbeitsplätze in der EU, insbe- staaten Freiheit lässt, diese auf nationaler oder sondere auch in Österreich, und sichert unseren regionaler Ebene zu lösen. Wohlstand. – Die EU soll sich daher in den kommenden fünf – Zudem gilt es, durch eine Reform der WTO das Jahren verstärkt großen Leuchtturmprojekten regelbasierte multilaterale Handelssystem zu widmen und innovative Antworten auf die stärken. Dazu gehören die nicht mehr zeitge- großen Herausforderungen unserer Zeit geben mäße Einstufung von China als Entwicklungsland (z. B. bei Migration, Klimaschutz, Wirtschafts- sowie eine strengere Ahndung bei Nicht-Einhal- und Beschäftigungsstandort, Digitalisierung, tung von Beihilfenrecht. Forschung und Entwicklung, Binnenmarkt und – Bei allen Verhandlungen über Handelsabkommen sozialer Zusammenhalt). fordern wir neben Transparenz und demokra- tischen Kontrollmöglichkeiten, dass Exportver- • Europa ist eine Verantwortungs- und Solidargemein- einbarungen unseren heimischen Unternehmen, schaft. Wer sich nicht an die gemeinsamen Regeln Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie hält, muss mit Sanktionen rechnen. den Konsumentinnen und Konsumenten in Öster- – Es braucht eine klare Haltung der EU-Kommis- reich zugutekommen. sion gegenüber Budgetsündern. – Besonders wichtig sind uns der Erhalt hoher – Es darf ausnahmslos kein Land der Euro-Zone österreichischer Umwelt-, Konsumentenschutz- beitreten, das die Kriterien nicht vollständig und und Lebensmittelstandards sowie Transparenz nachhaltig erfüllt. und Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten. – Stärkung des bestehenden Rechtsstaatlich- – Handelsverträge müssen durchsetzbare Stan- keitsrahmens und wirksamere Sanktionen bei dards für soziale Rechte, öffentliche Dienstleis- Verstößen. Denn Rechtsstaatlichkeit ist eine tungen, Umwelt- und Klimaschutz sowie gegen Grundvoraussetzung für die EU-Mitgliedschaft. Abholzung der Wälder, Sozialdumping und Bodenspekulation garantieren. • Initiativen für eine internationale Positionierung der – Bei voller Gewährleistung der Transparenz sollen EU als starke Akteurin neue Abkommen zudem rascher abgeschlossen werden können. • Österreich positioniert sich in der EU für ein neues – Ablehnung des MERCOSUR-Handelsabkommens Miteinander statt Rückkehr zu altem Gegeneinander. in der derzeitigen Form • EU als Klimaschutzvorreiterin (siehe Klimakapitel) • Unterstützung einer EU-Handelspolitik, die sich für umfassende internationale Handels­abkommen einsetzt Regierungsprogramm 2020 – 2024 125 • Reform des EU-Wettbewerbsrechts im europäi- • Fortsetzung der Bemühungen zur Einführung einer schen Interesse und zur nachhaltigen Stärkung der Digitalsteuer für internationale Großkonzerne auf europäischen Wirtschaft internationaler oder europäischer Ebene im Sinne – Stärkere Berücksichtigung des globalen Wettbe- der Steuergerechtigkeit werbs, Neudefinition der Marktabgrenzung bei Fusionskontrolle • Stärkung des Wirtschafts- und Beschäftigungs- – Ausweitung von Ausnahmen des EU-Beihilfen- standorts Europa im globalen Wettbewerb rechts in den oben genannten Zukunftsberei- chen, um innovative Markteinführungen und • Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verbandsklage Anschubfinanzierung leichter zu fördern als Opt-in-Prinzip mit niederschwelligem Schutz – Reform des Beschaffungswesens („Bestbieter- gleichgelagerter Ansprüche vor Verjährung (solange prinzip“): Sicherstellen von mehr Fairness für Musterverfahren bei Gericht anhängig ist), Bei- europäische Unternehmen beim Marktzugang im behaltung des Loser-Pay-Principles, Maßnahmen öffentlichen Beschaffungswesen und Reform bei zur Sicherstellung eines niederschwelligen Zugangs der Bewertung von Anboten, die bei der Ver- (z. B. Beibehaltung der Möglichkeit der Prozess- gabe öffentlicher Aufträge in der EU eingereicht finanzierung, Beibehaltung der Behelfslösung werden. Neben dem Preis sind auch soziale österreichischer Prägung inkl. des anwaltsfreien und ökologische Faktoren, wie der Beitrag zur Zugangs) sowie Ausschluss der Bindungswirkung europäischen Wertschöpfung und der CO2-Fuß- ausländischer Urteile abdruck, zu berücksichtigen. – Einsatz in Österreich und auf EU-Ebene, dass • Österreich setzt sich innerhalb der EU für rechtliche Europa beim 5G-Ausbau technologische Rahmenbedingungen ein, die Rechtssicherheit für Unabhängigkeit erreicht (Vergaberecht und Investitionen gewährleisten. Forschungsförderung auf EU-Ebene, in Zusam- menarbeit mit privaten Partnern) • Vermeidung von nachteiliger Übererfüllung von – Stärkeres Engagement Österreichs im Rahmen EU-Regeln bei der nationalen Umsetzung („Gold-Pla- der Important Projects of Common European ting“) unter Berücksichtigung von Schutznormen Interest (IPCEI), um die Teilnahme an all jenen aus dem Sozial- und Umweltbereich (z. B. Arbeit- Programmen sicherzustellen, die Österreichs nehmerschutzbestimmungen) auf Basis politischer Wirtschafts- und Umweltinteressen entsprechen Beschlüsse, die aus gutem Grund in Österreich strenger sind als anderswo • Entwicklung einer neuen EU-Digitalstrategie mit gemeinsamen Schwerpunkten, in denen Europa • Mit aktiver Neutralitätspolitik wird ein eigenständi- künftig den globalen Fortschritt anführen und von ger Beitrag Österreichs zu Frieden und Sicherheit anderen Akteurinnen und Akteuren unabhängig in Europa (im Rahmen der GASP) und in der Welt werden soll, z. B. künstliche Intelligenz, Internet der geleistet. Dinge, Cybersicherheit • Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit • Vollendung des digitalen Binnenmarkts: Im 21. und Verteidigung auf europäischer Ebene Jahrhundert darf es keine Rolle mehr spielen, ob Käuferinnen bzw. Käufer und Verkäuferinnen bzw. Verkäufer in verschiedenen EU-Ländern sitzen. 126 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Österreich engagiert sich im Rahmen der permanen- indem sie illegale Migration nach Mitteleuropa ten strukturierten Zusammenarbeit der EU (PESCO) zulassen und nicht gegen Schlepperei vorgehen. und des „Civilian Compact“ unter anderem für Projekte zur zivilen Krisenprävention und Konflikt- • Österreich setzt sich weiterhin für die Verbesserung lösung. der Lebensverhältnisse und der sozialen Kohäsion in allen Staaten der Europäischen Union ein. • Österreich setzt sich auf EU-Ebene für die Einhal- tung des EU-Verhaltenskodex gegen Waffenliefe- • Mindeststandards bei den Regeln (z. B. Arbeitszeit) rungen in kriegsführende Länder und die Kontrolle helfen dabei, unfairen Wettbewerb zu verhindern des Europäischen Verteidigungsfonds durch das sowie Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen, und Europäische Parlament ein. schützen damit die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Europa. • Beitrag Österreichs für einen effizienten und menschenrechtskonformen Außengrenzschutz • Auch die Gleichstellung der Geschlechter und die der EU gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und Diskriminierungsfreiheit ist Österreich ein wichtiges FRONTEX – rasche Stärkung von FRONTEX und Anliegen. enge Kooperation mit Transit- und Herkunftsländern sowie Partnern wie UNHCR • Ausbau der Beteiligungsmöglichkeiten von Städten und Gemeinden an Entscheidungsprozessen der EU, • Verstärkter Kampf gegen Desinformation und Wahl- Schutz öffentlicher Dienstleistungen, Vereinfachung beeinflussung auf allen Ebenen. Stärkere Zusam- der Abwicklung von EU-Förderungen, Stärkung von menarbeit bei Cybersicherheit von allen betroffenen Partnerschaftsprinzip, Nachhaltigkeit und Transpa- Ressorts der Bundesregierung und bestehende renz in der EU-Kohäsionspolitik 2020+, schrittweiser Mechanismen der EU wie Frühwarnsystem und Prozess hin zum Auslaufen von Investitionen in Taskforce zur Früherkennung von Desinformations- klimaschädliche Projekte kampagnen stärken und mehr nutzen • Einsatz Österreichs für einen weiteren Ausbau der • Österreich setzt sich für eine rasche Aufnahme der Transparenz auf europäischer Ebene für mehr Bürger- Tätigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft ein. nähe und zur Stärkung des Vertrauens der Menschen in die Europäische Union sowie Prüfung der Empfeh- • Einsatz für die Fortführung der diversen EU-Sonder- lungen der Europäischen Bürgerbeauftragten beauftragten (z. B. Sonderbeauftragte bzw. Sonder- beauftragter für den Friedensprozess im Mittleren • Die EU näher an die Bürgerinnen und Bürger brin- Osten, Sonderbeauftragte bzw. Sonderbeauftragter gen: Stärkung lokaler Initiativen (z. B. Netzwerk der für Religionsfreiheit, Sonderbeauftragte bzw. Europa-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäte), Sonderbeauftragter für Menschenrechte) Einrichtung von regelmäßigen Bürgerinnen- und Bürgerdialogen • Die Länder an der EU-Außengrenze haben sich ent- sprechende Unterstützung der EU und ihrer Mitglied- • Die EU erlebbar machen: Ziel ist es, dass alle 15- bis staaten beim Schutz und der Kontrolle der Außen- 20-Jährigen einmal in der Ausbildungszeit eine grenze verdient; es braucht wirksame Sanktionen für Woche nach Brüssel reisen und die EU-Institutionen Mitgliedstaaten, die das Dublin-Abkommen brechen, kennenlernen. Regierungsprogramm 2020 – 2024 127 Erweiterung und Außenbeziehungen der EU Europäische Institutionen • Gemeinsame Außenpolitik mit einer Stimme • Einsatz Österreichs für Bürokratieabbau auf euro- – Innerhalb der Vereinten Nationen spricht die EU päischer Ebene und eine Verschlankung der europäi- mit einer Stimme und erhält dazu auch einen schen Institutionen mit dem Ziel gemeinsamen Sitz im UN-Sicherheitsrat. – einer Verkleinerung der EU-Kommission bei gleichzeitiger Einführung eines fairen Rotations- • Umsetzung einer klaren EU-Beitrittsperspektive für prinzips, die Westbalkan-Staaten – der Zusammenlegung der Tagungsorte des – Beitrittsverhandlungen sollen ohne Verzöge- Europäischen Parlaments, rungen eröffnet bzw. vorangetrieben werden, – der Überprüfung der Arbeit der bestehenden wenn die entsprechenden Kriterien durch die EU-Agenturen in Hinblick auf ihre Zweckmäßig- jeweiligen Staaten erfüllt sind. Überlegungen zu keit und Qualität, neuen Methoden dürfen diesen Prozess nicht – der Durchforstung aller EU-Rechtsakte und behindern. Streichung von nicht mehr notwendigen Rege- – Österreich spricht sich für den ehestmöglichen lungen, Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordma- – der Prüfung der Schaffung eines Ablaufdatums zedonien und Albanien aus. für EU-Gesetze („Sunset Clause“) und – Österreich wird die Westbalkan-Staaten auf – der Vermeidung von überbordenden Regelungen ihrem europäischen Weg weiterhin aktiv unter- durch den Einsatz von Richtlinien vor Verordnun- stützen einschließlich bei der Lösung bilateraler gen, wo es Sinn macht, um eine vereinfachte, Konflikte. transparente und bürgernahe Gesetzgebung zu – Aktive Unterstützung des Belgrad-Pristina-Dia- gewährleisten. logs zwischen Serbien und Kosovo – Laufender Dialog mit den Staaten des Westbal- • Aktiver und vorausschauender Informationsaus- kans (u. a. durch intensiven Austausch der Parla- tausch der Koalitionspartner im Hinblick auf zentrale mente inklusive des Konzepts der Demokratie- Entscheidungen auf EU-Ebene; in diesem Sinne werkstatt, Unterstützung von Veranstaltungen) Stärkung der EU-Koordinationsfunktion des Bundes- kanzleramtes zur Gewährleistung einer einheitlichen • Weitere Bemühungen für die Visa-Liberalisierung für österreichischen Europapolitik Kosovo • Österreich setzt sich in der „Konferenz zur Zukunft“ • Einsatz für eine Vermeidung eines „hard Brexit“ und Europas für eine weitreichende zivilgesellschaft- möglichst enge Beziehung zwischen EU und dem liche Beteiligung, die Annahme von Beschlüssen mit Vereinigten Königreich nach dem Brexit qualifizierter Mehrheit in zusätzlichen Bereichen (z. B. Außenpolitik), ein Initiativrecht des EPs und • Verstärkter Einsatz Europas zur Stabilisierung der die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens Mittelmeer-Anrainerstaaten in der EU-Nachbar- (ordentliches Gesetzgebungsverfahren) ein. schaft 128 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Außenpolitik • Die Bundesregierung wird die Ratifizierung verschie- dener anstehender multilateraler menschenrechts- Inhaltliche Schwerpunkte relevanter Instrumente prüfen, u. a. die Ratifizierung österreichischer Außenpolitik des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über • Stärkung der Rolle Österreichs als Vermittler in Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung internationalen Konflikten im Sinne einer aktiven und mittels Computersysteme begangener Handlungen engagierten Friedensdiplomatie rassistischer und fremdenfeindlicher Art. • Klares Bekenntnis zur österreichischen Neutralität • Österreich wird sich für eine Stärkung von Initiativen auf internationaler Ebene einsetzen, um wirksam • Prüfung der Etablierung einer Mediationsfazilität im Problemen zu entgegnen, die durch die künstliche BMEIA und der Einrichtung eines österreichischen Intelligenz für die Menschenrechte, die Rechtsstaat- zivilen Friedensdienstes im Rahmen der Aktivitäten lichkeit und die Demokratie entstehen. des BMEIA, jeweils unter Beiziehung der bestehen- den Strukturen und entsprechender Ressourcenaus- • Ablehnung und konsequentes Vorgehen gegen jede stattung Form des Extremismus und extremistischer Ideo- logien • Stärkung der Zusammenarbeit mit wissenschaftli- chen Einrichtungen sowie NGOs im Bereich Sicher- • Internationaler Beitrag im Kampf gegen die Verfol- heitsforschung, Mediation und Krisenmanagement gung religiöser Minderheiten, insbesondere christ- licher Minderheiten • Österreich positioniert sich in der kommenden Legislaturperiode aktiv als internationaler Vorreiter • Internationaler Beitrag im Kampf gegen die Verfol- beim Menschenrechtsschutz und in der Friedens- gung ethnischer Minderheiten politik sowie als Ort des Dialogs. • Internationaler Beitrag im Kampf gegen die Verfol- • Österreich bekennt sich zu einem umfassenden gung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orien- Menschenrechtsschutz als fester und integraler tierung oder Geschlechtsidentität sowie Einsatz Bestandteil der österreichischen Außenpolitik für die Fortführung des Amtes des Independent (Ausarbeitung einer mehrjährigen Menschenrechts- Expert for Sexual Orientation and Gender Identity strategie). und für die Umsetzung der LGBTI-Guidelines für die EU-Außenpolitik (2013) • Aufwertung des Menschenrechtsschutzes in allen Ressorts der Bundes- und Landesregierungen • Internationaler Beitrag im Kampf gegen die Verfol- gung von nationalen und sprachlichen Minderheiten • Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Menschen- sowie Einsatz für die Fortführung des Amtes des UN rechte, z. B. durch die aktuelle Mitgliedschaft im Special Rapporteur on Minority Issues sowie Einsatz UN-Menschenrechtsrat und etwa durch Unter- für die Umsetzung der UN Declaration on the Rights stützung von österreichischen Expertinnen und of Persons Belonging to National or Ethnic, Religious Experten für die Beteiligung an Initiativen zur Unter- and Linguistic Minorities suchung von schwersten Menschenrechtsverbrechen Regierungsprogramm 2020 – 2024 129 • Weiterführung der Schwerpunktthemen Rechts- – Österreich wird Initiativen und Resolutionen in staatlichkeit, Kampf gegen Menschenhandel, Kampf internationalen Organisationen nicht unterstüt- gegen Rassismus, Stärkung der Frauenrechte zen, die dem obgenannten Bekenntnis Öster- (Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Sicherheits- reichs zu Israel zuwiderlaufen. ratsresolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ aus Anlass des 20-Jahr-Jubiläums 2020), Stärkung der • Österreich wird sich weiterhin für nachhaltige Frie- Zivilgesellschaft, von Menschenrechtsaktivistinnen denslösungen im Nahen Osten einsetzen, im Falle und -aktivisten sowie Journalistinnen und Journalis- des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses ten und demokratischen Kräften mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. • Prüfung zusätzlicher Maßnahmen zur Stärkung der • Der Staat Israel soll in anerkannten und dauerhaft unternehmerischen Verantwortung für Menschen- sicheren Grenzen in Frieden neben einem unabhän- rechte im Sinne der OECD-Leitsätze für multinatio- gigen, demokratischen und lebensfähigen palästi- nale Unternehmen nensischen Staat leben können. • Kampf gegen die Todesstrafe und Folter weltweit: • Österreich wird wie bisher zivilgesellschaftliche Österreich setzt sich weiterhin international gegen israelisch-palästinensische Friedensinitiativen unter- die Todesstrafe und Folter ein und wird weltweit in stützen und auch seinen Einsatz für den Aufbau bilateralen und multilateralen Gesprächen dagegen demokratischer palästinensischer Institutionen und auftreten. nachhaltiger Kommunal- und Sozialeinrichtungen fortsetzen. • Aktiver Einsatz für die internationale Abrüstung und Einsatz für eine Welt ohne Atomwaffen – die Bun- • Klimaschutz/Grüne Diplomatie für eine le­bens­werte desregierung tritt weiterhin für ein globales Verbot Zukunft/Welt von Atomwaffen ein und appelliert an alle Staaten, – Signifikante Erhöhung des österreichischen Bei- den Nuklearwaffenverbotsvertrag zu ratifizieren; trags zum Green-Climate-Fund (Zusage an UN) Initiativen zur Abrüstung und Rüstungskontrollen – Einführung einer Klimabotschafterin bzw. eines sind fortzusetzen. Klimabotschafters und Erstellung eines Konzepts für „grüne Diplomatie“ • Fortsetzung des weltweiten Einsatzes Österreichs – Unterstützung des UN Global Compact (Corpo- im Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus rate Sustainability Initiative) – auch auf europäischer Ebene – Österreich wird der International Renew­able – Konsequente Umsetzung der 2018 angenomme- Energy Agency (IRENA) beitreten, um seine Posi- nen Ratserklärung zur Bekämpfung von Anti- tion als International Energy Hub auszubauen. semitismus und der einheitlichen Definition von – Österreich wird dem Renewable Energy Policy Antisemitismus in Europa Network for the 21st Century (REN21) beitreten, – Österreich hat eine besondere historische Ver- um die Vorreiterrolle der „Green Economy Made antwortung und aktuelle Verbindung zum Staat in Austria“ auf globaler Ebene zu stärken. Israel. Wir bekennen uns zum Staat Israel als jüdischem und demokratischem Staat sowie zu • Präsentation des ersten Freiwilligen Nationalen dessen Sicherheit. Das Existenzrecht Israels darf Berichts zur Umsetzung der Nachhaltigen Ent- nicht in Frage gestellt werden. wicklungsziele/SDGs im Rahmen des Hochrangigen 130 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung Regionale Schwerpunkte der der Vereinten Nationen im Juli 2020 in New York; österreichischen Außenpolitik Stärkung einer zielgerichteten Koordinierung der • Fortsetzung der außenpolitischen Strategie Öster- Umsetzung der UN-Agenda 2030 (etwa durch eine reichs mit Schwerpunkt auf Schlüsselregionen und Steuerungsgruppe in der Regierung) unter systema- -staaten sowie auf die großen Herausforderungen tischer Einbindung von Stakeholdern, insbesondere unserer Zeit wie Sicherheit, Klimawandel, Migration der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und des und die Weltwirtschaft Privatsektors – Ausbau der strategischen Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika • Einsatz der österreichischen Außenpolitik auch im – Fortsetzung des österreichisch-russischen Sinne der heimischen Wirtschaft: Wie in der Vergan- zivilgesellschaftlichen Forums zur Stärkung der genheit soll die österreichische Außenpolitik auch bilateralen Beziehungen und des zivilgesell- als „Türöffner“ dienen. schaftlichen Austauschs zwischen Österreich – Konsequente Umsetzung der innovativen und und Russland („Sotschi-Dialog“) nachhaltigen Außenwirtschaftsstrategie 2019 – Österreich trägt die Sanktionen der EU gegen und deren Weiterentwicklung unter Einbezie- Russland im europäischen Konsens mit. Bei hung der relevanten Ministerien Fortschritten bei der Umsetzung der Minsker – Aktives Einsetzen für eine effektive, regelba- Vereinbarungen sollte eine schrittweise Aufhe- sierte und nachhaltige Handelspolitik, welche bung der Sanktionen angedacht werden. österreichische und europäische Standards und – Die Ukraine ist ein wichtiger Partner der EU Werte reflektiert in Osteuropa. Österreichs Ziel ist daher eine – Vertiefung der koordinierten strategischen wirtschaftliche und politische Annäherung der Besuchsdiplomatie auch im Dienste der österrei- Ukraine an Europa. chischen Wirtschaft auf allen staatlichen Ebenen – Ausarbeitung einer gesamtstaatlichen Länder- strategie zu China und stärkerer Fokus auf • Auslandskulturpolitik muss auch weiterhin integraler Wachstumsmärkte in Asien. Einrichtung eines Bestandteil einer österreichischen außenpolitischen „Österreich-Hauses“ in Peking als „One-Stop- Interessenpolitik sein und dient auch als Dialogplatt- Shop“ für Visa, Wirtschaftsangelegenheiten, form in komplexen politischen Zusammenhängen Kulturvermittlung und Sprach­erwerb – Erstellung eines neuen Auslandskulturkonzeptes, das neben den bewährten Stärken auch die • Stärkung der Partnerschaften und Vertiefung des Zukunftsthemen Digitalisierung, Klimaschutz und Dialogs mit allen Nachbarstaaten, auch auf Ebene Nachhaltigkeit sowie eine bessere Koordinierung der Bundesländer und Regionen beinhaltet – Österreichs vielfältige kulturelle Identität muss • Österreich wird auch in Zukunft an der Seite Süd- integraler Bestandteil der Auslandskulturpolitik tirols stehen und weiterhin seine Schutzfunktion sein. wahrnehmen. 50 Jahre nach der Verabschiedung des Südtirol-Pakets, welches die Grundlage für • Klares Bekenntnis zum und Einsatz für das öster- die moderne Autonomie der Region gelegt hat, ist reichische UNESCO-Weltkulturerbe Südtirol heute ein internationales Vorzeigemodell für den gelungenen Weg vom auch mit Gewalt aus- getragenen Konflikt hin zum Gespräch und ehrlichen Regierungsprogramm 2020 – 2024 131 Bemühen um Lösungen und gelebten Minderheiten- nalen Menschenrechtsschutzes beitragen und die schutz. Ende 2020 stattfindende Staatenprüfung Öster- – Es ist die gemeinsame Verantwortung Öster- reichs unter Einbindung der Zivilgesellschaft vor- reichs und Italiens, die eigenständige Entwick- bereiten, um ein umfassendes Bild zur Umsetzung lung zu garantieren und in enger Abstimmung der menschenrechtlichen Verpflichtungen durch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Österreich zu bieten. deutsch- und ladinischsprachigen Volksgruppen in Südtirol die Autonomie weiterzuentwickeln. • Aktive Menschenrechtspolitik in relevanten inter- – Besondere Bedeutung kommt dabei der Wie- nationalen Verträgen und Organisationen derherstellung der seit Abgabe der Streitbei- legungserklärung 1992 verloren gegangenen • Als einer der vier Amtssitze der Vereinten Nationen Zuständigkeiten zu, sofern die Einschränkungen und Ort für internationale Verhandlungen bekennt nicht auf Unionsrecht zurückzuführen sind. sich Österreich zu einer auf Menschenrechten, Friedensorientierung und Multilateralismus sowie • Erarbeitung einer gesamtstaatlichen Afrikastrategie dem Völkerrecht basierenden Außen- und Entwick- und österreichischen Initiative in der EU für einen lungspolitik. Österreich setzt sich weltweit gegen EU-Zukunftspakt mit Afrika, der sowohl Herausfor- autoritäre Tendenzen und für jene Kräfte ein, die derungen (z. B. Migration, Klima) wie auch Chancen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, ein funktionie- einer Zusammenarbeit mit Afrika auf Augenhöhe rendes Gemeinwesen, ein Leben in Freiheit, Sicher- Rechnung trägt. heit und Würde sowie gute Regierungsführung voranbringen wollen. • Verleihung des Kofi-Annan-Preises für Innovationen in Afrika durch das Bundeskanzleramt • Österreich bzw. Wien als Sitz internationaler Organisationen und Ort für internationale Konferen- zen und Kodifizierungsverhandlungen aktiv fördern. Multilaterales Engagement Österreichs Festigung des Images von Österreich als internatio- • Globale Probleme brauchen globale Lösungen. nalem Amtssitz Österreich bringt sich und seine Interessen und – Ausbau des Amtssitzes Wien als Hub für Sicher- Positionen aktiv in internationalen Organisationen heit und Nachhaltigkeit mit einem Fokus auf ein und positioniert sich als verlässlicher Partner im Energie, Entwicklung und Climate Diplomacy Multilateralismus, etwa im Rahmen internationaler – Nachhaltige Modernisierung des Vienna Interna- Organisationen wie UNO, OSZE, Europarat und EU. tional Centers in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien und der UNO mit dem Ziel einer Auswei- • Vorbereitung der österreichischen Kandidatur zum tung der Aktivitäten und Organisationen UN-Sicherheitsrat 2027/28: Bewerbung für den – Schaffung eines zeitgemäßen und umfassenden UN-Sicherheitsrat für die Jahre 2027–2028 als Amtssitzgesetzes, um die Attraktivität des gesamtstaatliches Ziel im Sinne eines fortgesetzten Standorts Österreich weiter zu erhöhen multilateralen Engagements – Österreich als Ort des Dialogs und der inter- nationalen Diplomatie weiter stärken sowie die • Im Rahmen seiner Mitgliedschaft im UN-Menschen- Sichtbarkeit im Austausch mit der Bevölkerung rechtsrat bis Ende Dezember 2021 wird Österreich erhöhen aktiv zur Entwicklung und Stärkung des internatio- 132 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Die Bundesregierung wird sich für eine Reform verstärkten Nutzung von Synergien im Bereich der des KAICIID innerhalb eines Jahres einsetzen, im Außenwirtschaft unter dem Primat der Außenpolitik Sinne einer umfassenden Anwendung des Artikels II des Gründungsvertrags des KAICIID sowie einer • Bessere Koordinierung bei der Entsendung von stärkeren Anbindung an die Vereinten Nationen und Spezialattachés der Fachministerien einer Verbreiterung der Mitgliedsbasis. Sollte dies nicht gelingen, wird unter größtmöglicher Wahrung • Verstärkte Förderung (Strategie & Ressourcen) von der Bedeutung des Dialogstandorts Österreich und österreichischen Kandidatinnen und Kandidaten für seiner Rolle als verlässlicher Amtssitz das Ziel des internationale Organisationen und die Einrichtungen Ausstiegs aus dem KAICIID in enger Abstimmung der Europäischen Union auf gesamtstaatlicher Ebene mit allen Vertragsparteien geplant. Der Dialog zwi- schen Religionen und Kulturen bleibt für Österreich • Prüfung und allenfalls Schaffung einer Rechtsgrund- selbstverständlich weiterhin wesentlich. lage für die Teilnahme Österreichs am Global Entry Programm der USA • Schaffung einer nachhaltigen Finanzierungsgrund- lage für die IACA (International Anti-Corruption • Prüfung der Anpassung des KSE-BVG an geänderte Academy) in Zusammenarbeit mit den internationa- Missionsprofile und Herausforderungen im Bereich len Partnern der zivilen Einsätze des internationalen Krisen- und Konfliktmanagements Österreichische Außenvertretung • Professionelle konsularische Serviceleistungen für Entwicklungszusammenarbeit alle Österreicherinnen und Österreicher im Ausland sollen weiterhin nachhaltig gewährleistet werden • Als Instrumente der Entwicklungspolitik tragen können, insbesondere auch für Betroffene des Brexit wesentlich Entwicklungszusammenarbeit (EZA), (abhängig von der Form des Brexit). humanitäre Hilfe sowie entwicklungspolitische Bil- dung dazu bei, Lebensperspektiven für Menschen in • Umsetzung umfassender Digitalisierungsmaßnah- einem Umfeld sozialer und politischer Stabilität und men zur Erleichterung von Antragstellungen an den eine nachhaltige Entwicklung – im Sinne der Agenda Vertretungsbehörden 2030 – zu ermöglichen. • Bessere Ausstattung von österreichischen Vertre- • Bekenntnis zu einer stärkeren Hilfe vor Ort tungsbehörden in besonders gefährdeten Krisen- regionen • Die humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit • Sicherstellung professioneller Betreuung von sind die obersten Leitlinien des humanitären Enga- NS-Opfern und deren Nachkommen bei den Verfah- gements Österreichs. ren in Umsetzung des Staatsbürgerschaftsgesetzes • Österreich verfolgt die fünf Grundprinzipien der • Modernisierung des Abkommens zwischen dem Agenda 2030: Universalität, „niemanden zurücklas- BMEIA und der WKÖ für ein effizienteres und wirk- sen“, Vernetzung & Unteilbarkeit, gleichberechtigte sameres Zusammenwirken der Vertretungsnetze zur Teilhabe & Multiakteurpartnerschaften. Regierungsprogramm 2020 – 2024 133 • Die EU ist im Bereich der EZA ein Global Payer und – Unterstützung der Zivilgesellschaft vor Ort und soll auch in diesem Bereich stärker europäische staatlicher Programme zur Demokratisierung, Interessen (Klimaschutz, nachhaltige Entwicklung, Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Armutsbe- Menschenrechte, Migration) einbringen und zum kämpfung und Kampf gegen Korruption Global Player werden. – Verstärkte Fokussierung auf das Thema Mig- ration, etwa durch Prüfung der Verwendung • Schrittweise Erhöhung der Entwicklungsgelder zusätzlicher und freiwerdender österreichischer Richtung 0,7 % des BNP EZA-Mittel in Herkunfts- und Transitländern von Migrantinnen und Migranten nach Österreich • Substantielle Erhöhung der Hilfe vor Ort: Aufsto- – Stärkung von Frauen auf allen Ebenen unter ckung der humanitären Hilfe (u. a. für Flüchtlings- Bezugnahme auf wichtige internationale Doku- lager vor Ort, aber auch für den Auslandskatastro- mente, wie z. B. die Bejing-Aktionsplattform und phenfonds) die UN-Sicherheitsratsresolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ und die Begehung der jewei- • Ausweitung der finanziellen Mittel im Bereich der ligen Jubiläen im Jahr 2020 (mit besonderem bi- und multilateralen EZA mit Fokus auf bilaterale Augenmerk auf Gewaltschutz, wie z. B. weib- Mittel liche Genitalverstümmelung, Bildung, rechtliche Gleichstellung) • Aufwertung und ausreichende Finanzierung der – (Berufs-)Bildung für Klimaschutzmaßnahmen/ entwicklungspolitischen Inlandsarbeit, um das Erneuerbare Energien/Energieeffizienz vor Ort Verständnis für globale Zusammenhänge und die – Stärkung der wirtschaftlichen Kooperation und Agenda 2030 zu fördern Zusammenarbeit mit Unternehmen stärken – Prüfung einer stärkeren Knüpfung von EZA- • Für die humanitäre Hilfe Österreichs wird eine Mitteln an Fortschritte bei der Erreichung von Strategie mit Zielen und Zuständigkeiten erstellt. gemeinsamen Zielen mit Partnerländern, die zu einer positiven Entwicklung im jeweiligen Land • Weiterentwicklung des 3-Jahres-Programms der beitragen, wie Armutsbekämpfung, Verbot von ADA zu einer Gesamtstrategie für eine kohärente, Kinderarbeit, Einhaltung gewisser Standards im gesamtstaatliche und treffsichere Entwicklungspoli- Arbeitsrecht, Klimaschutz tik mit Zielen und Zuständigkeiten sowie Effektu- ierung der damit verbundenen interministeriellen • Bekenntnis zu einer fundierten Evaluierung der Koordination, die sicherstellt, dass die Maßnahmen Wirksamkeit von EZA-Maßnahmen, so wie dies in in der Wirtschafts-, Handels-, Finanz-, Landwirt- allen Förderbereichen durchgeführt wird schafts-, Migrations-, Sozial-, Klima- und Umwelt- politik die Erreichung der entwicklungspolitischen • Schaffung von Anreizen für (österreichische) Firmen Ziele fördern für Investitionen in relevanten Drittstaaten (z. B. Bankgarantien) • Regional fokussierte und thematische Schwerpunkt- setzung im nächsten 3-Jahres-Programm • Unterstützung der Etablierung von privaten Fonds – Bei der Mittelvergabe muss das Primat der (nach Evaluierung) für die Unterstützung und Zusammenarbeit vor Ort und das Prinzip der Absicherung von SDG- oder KMU-Finanzierungen in gezielten Hilfe gelten. weniger wirtschaftlich entwickelten Ländern 134 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Stärkung des Eigenkapitalinstruments der öster- reichischen Entwicklungsbank – Klimaschutz als Querschnittsmaterie bei der OeEB weiter forcie- ren – bei gleichzeitiger Stärkung des Bundes in der Governance und Organisationsstruktur der OeEB • Schaffung eines europaweiten Fonds zur Erhaltung des Regenwalds; private und staatliche Initiativen vernetzen und auf europäischer Ebene vereinen; rasche internationale Hilfe bei Waldbränden; kurz- fristig soll Österreich über den Auslandskatastro- phenfonds und andere Finanzierungstöpfe Beiträge leisten • Signifikante Erhöhung des österreichischen Beitrags zum Green Climate Fund • Aufbau von Partnerschaftsprojekten in Zusammen- arbeit mit Ländern und Gemeinden in Krisenregio- nen u. a. in Zusammenarbeit mit der ADA • Ausbildungspartnerschaften mit der Wirtschaft und Bildungsinstitutionen in Österreich und vor Ort • Setzung internationaler Initiativen im Kampf gegen die Klimakrise, die Hunger und Armut verstärkt, z. B. Aufbau von Wasserversorgungssystemen, Anbau hitzebeständiger Getreideformen u. Ä. • Österreichische Initiative in der EU für einen EU-Zu- kunftspakt mit Afrika • Derzeitiger Schwerpunkt bei der humanitären Hilfe: Libyen, Jemen, Syrien und Nachbarländer Regierungsprogramm 2020 – 2024 135 Migration & Asyl Die österreichische Bundesregierung er­ arbeitet eine • Erarbeitung einer österreichischen Gesamtstrategie umfassende Migrations­ strategie, die auf einer klaren für Migration auf Basis der Trennung von Asyl und Trennung von Asyl und Arbeitsmigration beruht. In der Arbeitsmigration unter Einbeziehung der davon Asylpolitik bekennt sich Österreich zum völkerrechtlich betroffenen Ressorts verankerten Recht auf internationalen Schutz, zur Genfer – Zur Umsetzung dieser Strategie Ausbau der Flüchtlingskonvention sowie zur Europäischen Konvention bestehenden interministeriellen Steuerungs- für Menschenrechte. gruppe für Migration zum ständigen Steuerungs- gremium einer gesamtstaatlichen Migrationspoli- Gleichzeitig steht fest, dass wir aus 2015 gelernt haben. tik unter Einbeziehung relevanter Ministerien Schutz gilt es primär so nahe wie möglich an der Her- – Intensivierung der Aktivitäten auf europäischer kunftsregion zu ermöglichen. Dafür braucht es nachhaltige und internationaler Ebene zur Bewerbung der Beiträge zur Reduktion von Flucht- und Migrationsursa- Migrationsstrategie chen, wie z. B. die Unterstützung in Herkunftsländern, um Lebensperspektiven vor Ort zu schaffen. Außerdem muss • Etablierung strategischer Partnerschaften mit ein effizienter und menschenrechtskonformer EU-Außen- EU-Mitgliedstaaten, Drittstaaten und internationa- grenzschutz sichergestellt und Schlep­perei wirksam be- len Organisationen zur effektiven Durchsetzung der kämpft werden. In Österreich gilt es, rasche und qualitativ Migrationsstrategie im österreichischen Interesse hochwertige Asylverfahren sicherzustellen. (z. B. bei Rückübernahmeabkommen) • Bei Bedarf Bereitstellung von Mitteln zur Umsetzung Migration der österreichischen Migrationsstrategie (Schaffung von Perspektiven vor Ort, Abkommen mit sicheren Gesamtstaatliche Migrationsstrategie Drittstaaten, Rückübernahme etc.) • Klare Trennung zwischen Zuwanderung und Asyl: Österreich wird in Zukunft die Fragen von Flucht • Überprüfung internationaler Abkommen (Handel, und Migration sauber trennen. Dazu braucht es eine Verkehr etc.) auf Migrationsauswirkungen Migrationsstrategie für sichere, geordnete, reguläre und qualifizierte Migration im Interesse Österreichs und im Interesse der Betroffenen. Andererseits Qualifizierte Zuwanderung braucht es nachhaltige Beiträge zur Reduktion von • Strategie zur kontrollierten qualifizierten Zuwande- illegaler/irregulärer Migration sowie die Unterstüt- rung: Fachkräfteoffensive für Österreichs Unterneh- zung in Herkunftsländern, um Lebensperspektiven men umsetzen – Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) vor Ort zu schaffen. weiterentwickeln – Prüfung einer Konsolidierung des gesetzlichen • Migration gesamtheitlich begreifen im Sinne einer Rahmens (aktuell verteilt in Ausländerbeschäfti- österreichischen, gesamtstaatlichen Migrations- gungsgesetz, Niederlassungs- und Aufenthalts- strategie gesetz) – Unternehmen und Antragstellende können sich im Sinne eines One-Stop-Shops bei der Austrian 136 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Business Agency (ABA) als Servicestelle unbüro- • Evaluierung des Ersatzkräfteverfahrens kratisch über den aktuellen Stand ihrer RWR- sowie branchen- und bedarfsgerechte Karte informieren. Beschleunigung der „Vorrangprüfung“ (mög- • Schaffung einer digitalen Plattform, die die lichst innerhalb von 10 Werktagen) Nachvollziehbarkeit der jeweiligen Schritte • Postwege digitalisieren: Diplomatische Post sowohl bei der Antragstellerin bzw. beim soll neben dem Postweg auch elektronisch Antragsteller als auch bei den beteiligten über sichere Datenübermittlungswege unter Ministerien, Bezirkshauptmannschaften und Einhaltung des Datenschutzes verschickt Magistraten ermöglicht werden. • Aufbau eines Monitoring-Systems zu Ver- • Voraussetzung „ortsübliche Unterkunft“ als fahrensdauern Nachweispflicht abschaffen • Ziel eines raschen Verfahrensabschlusses – Gehaltsgrenzen für benötigte Fachkräfte – Antragstellung vereinfachen überarbeiten, um Einstiegsbarrieren zu reduzie- • Bei Antragsstellung sollen auch englisch- ren – bei Aufrechterhaltung unserer Lohn- und sprachige Unterlagen und Korrespondenz Sozialstandards akzeptiert werden. – Überprüfung des Punkteschemas hinsichtlich • Schrittweise Digitalisierung des Verfahrens: Berufserfahrung und Qualifikation In einem ersten Schritt soll die Antragstel- lung durch Arbeitgeberinnen und Arbeit- • Prüfung einer Erleichterung beim Mittelnachweis geber auch online möglich sein. Ziel ist es, in für Aufenthaltsbewilligung für Studierende unter einem weiteren Schritt auch digitale Ver- besonderer Berücksichtigung der Missbrauchsmög- fahren für Antragstellende auf RWR-Karte zu lichkeiten ermöglichen unter Wahrung der Feststellung der persönlichen Identität. • Prüfung eines Systems von „Trusted Employers“ • Verkürzung der Wartefristen für Erstgesprä- (erwiesenermaßen besonders erfahrene Unterneh- che von Antragstellende an österreichischen merinnen und Unternehmer) im Sinne der Arbeitge- Vertretungsbehörden. Mit dem Erstgespräch berinnen bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen soll auch ggf. das Visum- und RWR-Kar- bzw. Arbeitnehmer ten-Verfahren gestartet werden können. • Novelle EU-ICT umsetzen (Aufenthaltsbewilligung – Verfahren straffen für unternehmensintern transferierte Mitarbeite- • Die involvierten Ministerien sollen notwen- rinnen und Mitarbeiter, z. B. zu Trainingszwecken) dige Überprüfungen parallel und nicht wie und Visum-Verfahren insbesondere für Geschäfts- bisher ausschließlich hintereinander durch- reisende beschleunigen führen (Visum-Ausstellung, Qualifikations- – Beschleunigung der Verfahren (max. ein Monat, überprüfung, Sicherheitsüberprüfung) – ohne ohne Arbeitsmarktprüfung) und Abbau bürokra- Entscheidungsreihenfolge zu ändern, d. h. tischer Hürden Visum-Ausstellung erfolgt auch weiterhin nur vorbehaltlich einer positiven Entscheidung • Verbesserung bei der Visavergabe für Verwandten- bei der Qualifikationsüberprüfung besuche, wissenschaftlichen Austausch, Forschungs- zwecke und Kulturprojekte Regierungsprogramm 2020 – 2024 137 • Familiennachzug: Digitale Plattformen zum Deutsch- Sichere Grenzen und Bekämpfung kurserwerb werden ausgebaut. Die Kooperation von Schlepperei zwischen österreichischen Vertretungsbehörden und • Stärkung des europäischen Außengrenzschutzes Sprachinstituten wird gestärkt, sodass Sprachprü- fung und persönliche Vorsprache bei der Botschaft • Fortgesetzter Einsatz für eine raschere Frontex-Auf- terminlich zusammengeführt werden können. stockung auf 10.000 Personen und eine rasche Umsetzung von Frontex-Status­abkommen mit • Digitalisierung des Visum-Verfahrens zur Erhöhung weiteren Nachbarregionen der Sicherheitsstandards und Fälschungssicherheit – Verstärkte Kooperation mit betroffenen Her- kunfts- und Transitländern • Prüfung des Abgleichs aller im Visum-Verfahren – Einsatz für die Erweiterung des Frontex-Mandats erhaltenen biometrischen Merkmale mit den Fahn- mit dem Ziel, in Seenot geratene Personen zu dungsdatenbanken und Speicherung der Merkmale retten und Schlepperei und Menschenhandel für spätere mögliche Fahndungen zumindest bis fünf effektiv zu bekämpfen sowie Sicherstellung, dass Jahre nach der Ausreise der bzw. des Fremden unter auf hoher See gerettete Personen völkerrechts- Wahrung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben konform in sichere Transit- oder Herkunftsländer zurückgebracht werden Schaffung von Lebensperspektiven vor Ort • Einsatz für Abkommen mit sicheren Drittstaaten • Einsetzen auf internationaler Ebene für legale, betreffend SAR-Zentren („Search and Rescue“) und sichere und geordnete Fluchtmöglichkeiten in Nach- Aufnahmezentren (in Zusammenarbeit mit UNHCR) barstaaten von Krisenregionen in Zusammenarbeit von Migrantinnen und Migranten aus „Seenotrettung“ mit UNHCR, um die ehestmögliche Rückkehr ins – Wer an der EU-Außengrenze bei der illegalen Heimatland nach Ende der Krise zu ermöglichen Einreise gestoppt wird, wird versorgt und unter Einhaltung des Völkerrechts und der Genfer • Unterstützung des UNHCR und anderer Hilfsorga- Flüchtlingskonvention in sein Herkunfts- oder nisationen in Krisenregionen zur Bewältigung von das Transitland (oder sicheren Drittstaat) Flüchtlingskrisen vor Ort zurückgebracht. – Nachhaltige Unterstützung von Flüchtlingsquar- tieren in den Krisenregionen • Gewährleistung der praktischen Umsetzung der neuen Frontex-Verordnung bezüglich der Personal- • Berücksichtigung von migrationsrelevanten Zielen in entsendungen der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) – Schaffung einer modular, gestrafften Polizeiaus- bildung für den Einsatz bei Frontex oder zur • Hilfe vor Ort stärken, um Perspektiven zu schaffen Grenzsicherung in Österreich und Migrationsursachen zu reduzieren – Schaffung eines Anreizsystems für Einsatzkräfte, etwa durch positive Auswirkung für die spätere • Schaffung von Anreizen für (österreichische) Firmen Verwendung als Führungskräfte für Investitionen in relevanten Drittstaaten (z. B. Bankgarantien) 138 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Mechanismen zur Verteilung von Migrantinnen bzw. von Ausbeutung (sexuelle Ausbeutung, Menschen- Migranten/Asylwerberinnen bzw. Asylwerbern inner- handel zum Zweck der Organentnahme, Arbeits- halb der EU sind gescheitert. Österreich setzt daher ausbeutung, Ausbeutung in der Bettelei, Zwang zur keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln. Begehung strafbarer Handlungen) • Schutz der österreichischen Binnengrenze, solange • Gezieltes nationales Vorgehen und internationale der EU-Außengrenzschutz nicht lückenlos funktio- Zusammenarbeit gegen Menschenhandel als Form niert transnationaler organisierter Kriminalität, das unter – Zur Entlastung von Polizei und Bundesheer anderem Maßnahmen zur Verhütung dieses Handels, sollen im Rahmen des Binnengrenzschutzes zur Bestrafung der Händlerinnen und Händler und unter Beachtung des Datenschutzes verstärkt zum Schutz der Opfer dieses Handels umfasst, technische Hilfsmittel verfassungskonform ein- namentlich durch den Schutz ihrer international gesetzt werden. anerkannten Menschenrechte – Prüfung eines automatischen Datenabgleichs mit allen Datenbanken (national und international) • Österreichisches Bekenntnis und Beitrag zur umfas- unter besonderer Berücksichtigung datenschutz- senden, proaktiven Präventionsarbeit, einschließlich rechtlicher Vorgaben Aufklärungsarbeit zur Bewusstseinsschaffung in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern, um sogenannte • Verstärkte Schleppereibekämpfung durch inten- „Pull-Faktoren“ zu reduzieren sivierte operative und strategische internationale – Rückkehrprogramme, die z. B. Peers-Projekte Zusammenarbeit vorsehen: Rückkehrerinnen und Rückkehrer in die Herkunftsländer können als Vermittlerinnen • Novellierung des § 114 FPG im Bezug auf die organi- und Vermittler im Sinne der oben angeführten sierte Schlepperei, um derzeit bestehende Lücken in Aufklärungsarbeit agieren. der Strafbarkeit zu schließen: z. B. Schwierigkeiten – Förderung von Bildungsarbeit und anderer beim Nachweis des Bereicherungsvorsatzes im bewusstseinsbildender Maßnahmen in Öster- Rahmen organisierter Schlepperei reich • Anhebung der Strafen bei organisierter und • Umfassendes Bekenntnis zum Schutz und zur gewerbsmäßiger Schlepperei Unterstützung Betroffener bzw. Opfer von Men- schenhandel und Ausbeutung, insbesondere Frauen, • Ausbau des JOO (Joint Operational Office), wel- Mädchen sowie Kinder generell, in den Herkunfts-, ches sich als operative Plattform für internationale Transit- und Zielländern Ermittlungen bzw. Ermittlerinnen und Ermittler sehr positiv bewährt hat • Unterstützung von Betroffenen bzw. Opfern von Menschenhandel und Ausbeutung, insbesondere • Sonderausbildung für Schlepperei-Bekämpfer Frauen, Mädchen sowie Kinder generell unter forcieren anderem durch Schaffung von Lebensperspektiven und entsprechender Resilienz • Wirksame Maßnahmen zur Verhütung und Bekämp- fung von Schlepperei und des Menschenhandels, • Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans auf insbesondere des Frauen- und Kinderhandels sowie Basis eines umfassenden Ansatzes in der Verhütung Regierungsprogramm 2020 – 2024 139 und Bekämpfung des Menschenhandels unter tenden EU-Richtlinien) ein. Dafür ist ein effizienter Berücksichtigung koordinierter nationaler Maß- und menschenrechtskonformer Außengrenzschutz nahmen zu Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung Voraussetzung. Österreich engagiert sich für die und internationaler Zusammenarbeit Stärkung des europäischen Außengrenzschutzes und die Bekämpfung von Fluchtursachen vor Ort. • Bekenntnis zur weiteren Umsetzung der Empfehlun- gen der Expertengruppe gegen Menschenhandel • Verhandlung von Rücknahmeabkommen mit Her- des Europarates (GRETA) kunftsländern durch Anreize und Sanktionen • Prüfung der Schaffung von bi- und multilateralen Asyl Abkommen mit sicheren Drittstaaten zur Aufnahme von rechtskräftig abgelehnten Asylwerberinnen • Österreich bekennt sich zu einer Asylpolitik, die und Asylwerbern in diesen Ländern bei unmöglicher in allen Bereichen des Asylverfahrens rechtsstaat- freiwilliger oder zwangsweiser Außerlandesbringung lichen Grundsätzen entspricht, die die Mindest- unter Berücksichtigung völker- und menschenrecht- standards der Genfer Konvention, der Europäischen licher Verpflichtungen Menschenrechtskonvention und des EU-Rechts achtet und die auf einem geordneten Prozess mit • Stärkung der freiwilligen Rückkehr, indem Möglich- klaren Regeln basiert. keiten zur Verfügung gestellt werden, nach der Rückkehr ins Heimatland Lebensperspektiven vor Ort positiv mitgestalten zu können Asyl auf europäischer Ebene • Einsatz für eine Reform des europäischen Asylsys- • Bekenntnis zum Refoulement-Verbot tems, das auf einem effizienten Außengrenzschutz aufbaut und zum Ziel hat, den unkontrollierten • Laufende Neubewertung der Sicherheitslage der Zuzug von Migrantinnen und Migranten nach Europa Herkunftsländer von Asylwerberinnen und Asyl- sowie die unrechtmäßige sogenannte Sekundärmig- werbern durch die Staatendokumentation unter ration innerhalb Europas zu verhindern Berücksichtigung der Erkenntnisse internationaler – Schlepperei und Menschenhandel konsequent Organisationen (insbesondere UNHCR und IOM) bekämpfen und systemische Anreize dazu abbauen – Darüber hinaus gilt es, weitere Rückübernahme- Schnelle, faire Asylverfahren und qualitäts- abkommen abzuschließen. volle Grundversorgung – Mechanismen zur Verteilung von Migrantinnen • Ziel sind rasche und qualitativ hochwertige Asylver- und Migranten / Asylwerbenden innerhalb der fahren in erster und zweiter Instanz EU sind gescheitert. Österreich setzt daher keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln. • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, für den Ernstfall vorzubauen und entsprechende Bestim- • Österreich setzt sich weiterhin für eine gemeinsame mungen vorzubereiten, um eine neuerliche Akut- europäische Lösung der Asylfrage auf Basis eines situation in Zukunft zu verhindern. Dabei wird die kohärenten rechtlichen Rahmens und einheitlichen Bundesregierung die Grundfreiheiten der Europäi- Standards für menschenrechtskonforme Verfahren, schen Union selbstverständlich weiterhin beachten. Aufnahme und Rückführung (entsprechend der gel- 140 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Um zu verhindern, dass das Dublin-Abkommen lichen Verfahren von höchstens sechs Monaten dar- gebrochen wird, indem österreichische Nachbar- über in 2. Instanz rechtskräftig beschieden werden. staaten irreguläre/illegale Migration nach Österreich Die Verfahren sind in hoher Qualität durchzuführen. zulassen und nicht gegen Schlepperei vorgehen, ist – Ziel ist die Kürzung der Verfahrensdauer auf auf nationaler Ebene folgende Maßnahme umzu- durchschnittlich sechs Monate und somit Sen- setzen: kung der Grundversorgungskosten durch eine zeitlich begrenzte Aufstockung der Planstellen in • Schaffung eines beschleunigten, modernen, grenz- der 2. Instanz (insbesondere wissenschaftliches nahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkont- und Administrationspersonal) rollbereich – Verfahrensverkürzung durch die Einführung – Die ersten Schritte im Asylverfahren nur dort von Fristen für die 2. Instanz BVerwG bei unter Berücksichtigung des bestehenden Instru- Verfahren, die bereits in der ersten Instanz als ments der Wohnsitzauflage Fast-Track-Verfahren eingestuft wurden (Ent- – Fallweise Einbeziehung des Hochkommissars der scheidung innerhalb von drei Monaten) Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) – Laufende Überprüfung der Liste der sicheren – Wahrung einer infrastrukturellen Anbindung Herkunftsstaaten sowie eines niederschwelligen Zugangs zu Rechtsberatung und Rechtsschutz • Modernisierung des Asylverfahrens durch die Nutzung neuer technischer Möglichkeiten und auf • Umsetzung der Bundesagentur für Betreuungs- und Grund der Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten Unterstützungsleistungen (BBU) mit den Tätig- – Prüfung der Einführung eines Sprachanalysetools keitsfeldern Grundversorgung, Rechtsberatung, „voice biometrics“ zur leichteren Bestimmung Rückkehrberatung, Dolmetschleistungen, Menschen- des Herkunftslandes; Evaluierung bestehender rechtsbeobachtung Erfahrungen – Besetzung des Aufsichtsrats der BBU durch Ver- – Bestmögliche Bündelung verfahrensrelevanter treterinnen und Vertreter des Ministeriums und Aufgaben und Einrichtungen bei bestehenden externe Expertinnen und Experten Bundesbetreuungseinrichtungen – Schaffung eines Qualitätsbeirates zur zusätz- – Weiterentwicklung und Ausbau der bestehenden lichen Absicherung der Unabhängigkeit der Rückkehrberatungseinrichtungen zu Rückkehr- Rechtsberatung unter Einbeziehung der Zivilge- verfahrenszentren unter Berücksichtigung der sellschaft, Juristinnen und Juristen, dem UNHCR Empfehlungen des Innenministeriums vom und der Volksanwaltschaft November 2019; Ermöglichung der dauerhaften Anwesenheit aller relevanten Behörden und • Schutz und Rechtsstellung von geflüchteten Kindern Dienststellen (z. B. Fremdenpolizeibehörde etc.) verbessern: Schnelle Obsorge für unbegleitete vor Ort minderjährige Flüchtlinge (UMF) durch die Kinder- • Beibehaltung der Möglichkeit, Asylwerbe- und Jugendhilfe und Berücksichtigung des Kindes- rinnen und Asylwerber mit rechtskräftig wohls im Asylverfahren; besonderes Augenmerk im negativem Bescheid per Wohnsitz­auflage Asylverfahren auf UMF zum Aufenthalt auch in einem Rückkehrver- fahrenszentrum zu verpflichten unter Einhal- • Für jene Schutzsuchende, die in Österreich Asyl tung des derzeit gültigen Rechtsschutzes beantragen, soll nach einem fairen und rechtsstaat- Regierungsprogramm 2020 – 2024 141 – Maßnahmen setzen, um das Untertauchen von • Dolmetschleistung: Verbesserung der Qualität, Asylwerberinnen und Asylwerbern mit rechts- Ausbildung und Weiterbildung, Monitoring und kräftig negativem Bescheid zu verhindern Feedback – Einführung fälschungssicherer Ausweise für Asylwerberinnen und Asylwerber, Asylberechtigte • Ausreichendes Kontingent an qualifizierten Dolmet- und Personen mit rechtskräftiger Rückkehrent- scherinnen und Dolmetschern scheidung (inkl. Karte für Geduldete); Schaffung einer Rechtsgrundlage und Präzisierung der • Schaffung von Möglichkeiten für Weiterbildungs- Möglichkeit der zwangsweisen Abnahme maßnahmen in 1. und 2. Instanz – Prüfung der Möglichkeit zum europaweiten Abgleich biometrischer Daten im Asylverfahren • Weiterentwicklung eines qualitätsvollen Grund- zum Ausschluss von strafrechtlich relevanten versorgungssystems unter Wahrung der aktuellen Taten Bund-Länder-Vereinbarung zur Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern und laufender, • Die Qualität der erstinstanzlichen Bescheide soll partnerschaftlicher Bund-Länder-Koordination weiter angehoben werden (unter anderem durch Wei- terbildung in den Bereichen Herkunftsländerkunde, • Stärkung von Initiativen in folgenden Bereichen: Umgang mit besonders vulnerablen Gruppen). Gewaltschutz, Stärkung von Frauen, ehrenamtliches Engagement (z. B. Deutschkurse für den basalen • Stärkung der juristischen Kompetenz in Grund- Alltagsgebrauch), Betreuungsbedarf für psychisch ausbildung und Weiterbildung und Schaffung von erkrankte Menschen Supervisionsmöglichkeiten • Stärkung der freiwilligen Rückkehr und Reintegra- • Effektive Qualitätskontrollen durch umfassendes tionsmaßnahmen Monitoring und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit relevanten internationalen • Verfassungskonforme Ausdehnung des gesetzlichen Organisationen wie IOM und UNHCR Ausschlusses von legaler Migration bei zwangs- – Prüfung der Umsetzung des Empfehlungspapiers weiser Außerlandesbringung, strafrechtlicher des Fachzirkels „Polizeiliche Erstbefragung im Verurteilung, wenn die Strafe im Strafregister noch Asylverfahren“ nicht getilgt ist und bei einer Übertretung nach dem AuslBG in den letzten fünf Jahren • Prüfung der audiovisuellen Aufnahme der gesamten Einvernahme, insbesondere bei besonders vulnerab- • Konsequente Abschiebung von straffällig geworde- len Gruppen nen Drittstaatsangehörigen, denen der Schutzstatus aberkannt wurde • Spezialmodule bei den Schulungen für Exekutiv- beamtinnen und Exekutivbeamten im Bedarfsfall: • Einzelne Fälle in der jüngeren Vergangenheit haben z. B. Erkennen der Zugehörigkeit von Personen zu uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass es in unse- vulnerablen Gruppen; Einvernahme; Schlepperkrimi- rem derzeitigen Rechtssystem Lücken im Umgang nalität; Menschenhandel; polizeiliche Erstbefragung mit gefährlichen Personen gibt. im Asylverfahren; Umgang mit Dolmetscherinnen – Daher soll ein zusätzlicher, verfassungskon- und Dolmetschern former Hafttatbestand (Sicherungshaft zum 142 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Schutz der Allgemeinheit) eingeführt werden • Wenn im Rahmen dieses Gesprächs kein Einverneh- für Personen, bei denen Tatsachen die Annahme men hergestellt werden kann, so ist jener Koalitions- rechtfertigen, dass sie die öffentliche Sicherheit partner, der die Initiative betreibt, berechtigt, dieses gefährden, so wie das bereits in 15 europäischen Gesetzesvorhaben im Nationalrat als Initiativantrag Ländern der Fall ist, beispielsweise in den einzubringen. Niederlanden, Belgien oder Luxemburg. – Dabei ist besonders auf eine EMRK- und unions- • Es ist zwingend notwendig, eine Ausschussbegut- rechtskonforme Umsetzung zu achten. achtung für diese Gesetzesinitiative vorzusehen. • Wenn dieser Prozess eingehalten wurde, kann im Modus zur Lösung von Krisen im Bereich Rahmen des weiteren parlamentarischen Prozesses Migration und Asyl dem Gesetzesvorhaben zugestimmt werden, auch Ergänzend zu den Maßnahmen, die im Regierungspro- wenn es ein unterschiedliches Abstimmungsverhal- gramm verankert sind, halten die Koalitionspartner fest, ten der beiden Koalitionspartner gibt. dass Migrationsbewegungen auf Grund internationaler Krisen massiven Schwankungen unterliegen, sodass • Falls die Krise auf dem Wege der Verordnung im akuter Handlungsbedarf der Bundesregierung bzw. des Rahmen des betroffenen Ressorts bewältigt werden Gesetzgebers gegeben sein kann und dadurch be- kann, gilt dafür der analoge Prozess (Begutachtung sondere Herausforderungen im Bereich Migration und mit darauffolgender Kundmachung). Asyl entstehen können. Die Bundesregierung versucht, diesen Herausforderungen gemeinsam und zeitgerecht zu begegnen und proaktiv die erforderlichen Maßnahmen (inkl. gesetzgeberische Maßnahmen) zu setzen. Gelingt dies nicht oder nicht zeitgerecht oder tauchen neue un- vorhergesehene Herausforderungen auf, greift folgender Mechanismus. Dieser ist wie folgt zu verstehen: • Bei Gesetzesinitiativen und Verordnungen ist grund- sätzlich das Einvernehmen im Rahmen des koalitio- nären Koordinierungsprozesses herzustellen. • Wenn dieses nicht hergestellt werden kann, ist der Koordinierungsausschuss zu befassen. • Wenn im Koordinierungsausschuss kein Einver- nehmen hergestellt werden kann, ist ein Gespräch zwischen Kanzler und Vizekanzler zwingend erfor- derlich. Regierungsprogramm 2020 – 2024 143 Integration Österreich verstärkt sein Engagement für Integration der Demokratie und den Menschenrechten bis hin zur und damit für ein gutes und gelingendes Miteinander. Vermeidung von Parallelgesellschaften. Ziel der Integration ist die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die österreichische Integrationspolitik orientiert sich weiterhin an dem Prinzip „Integration durch Leistung“ und Österreich ist ein weltoffenes christlich geprägtes Land, dem Grundsatz „fördern und fordern“. Der Staat fördert mit einem reichen kulturellen und religiösen Erbe, das die Integration und fordert den aktiven Beitrag des Indi- dem Humanismus und der Aufklärung verpflichtet ist. viduums. Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der Das Zusammenleben in unserer Gesellschaft gründet auf Bereitschaft und Anstrengungen von allen Seiten braucht. gegenseitiger Wertschätzung, Anerkennung und gleichen Rechten auf der Basis der Rechtsstaatlichkeit, der Demo- Eine offene Aufnahmegesellschaft ist Grundvoraussetzung kratie, der Gleichstellung und der Menschenrechte. für gelingende Integration und soll gefördert werden. Das aktive Bemühen von Zuwanderinnen und Zuwanderern Mitsprache und Mitgestaltung gehören zum Kern unserer ist ebenso zu fördern. Gleichzeitig führen die fehlende demokratischen Gesellschaft. Es braucht gemeinsame Bereitschaft oder gar Verweigerung sowie Verstöße gegen Werte und Regeln, für die wir in einer offenen Gesellschaft unsere Werteordnung zu Konsequenzen und Sanktionen. alle einstehen. Gelungene Integration erfordert dabei, Gegenseitiger Respekt sowie Respekt vor Verfassung und dass diese verfassungsmäßig verankerten Werte allen Rechtsstaat werden gelebt. bekannt sind und von allen – auch von Zuwandernden – akzeptiert und mitgetragen werden. Die Verpflichtung zur Die Beherrschung der deutschen Sprache ist der Schlüssel Einhaltung geltender Gesetze kann durch die Berufung zur Integration. Mehrsprachigkeit sehen wir als Chance. auf religiöse Normen nicht außer Kraft gesetzt werden. Als ein Land, in dem Bildung und wirtschaftliche Ent- Verstöße gegen die demokratische Grund- und Werteord- wicklung großgeschrieben werden, baut Österreich auf nung unseres liberalen Staates dürfen nicht relativiert und die Bereitschaft aller Menschen, die hier leben, sich zu hingenommen werden, egal aus welcher Richtung oder mit bilden und auszubilden und nach den eigenen Fähigkei- welcher Begründung sie kommen. Gelungene Integration ten Leistungen für das persönliche Fortkommen und die bedeutet auch, sich einer Gemeinschaft zugehörig zu Entwicklung des Landes zu erbringen. Durch Bildung und fühlen, gemeinsam Verantwortung in einer demokrati- die Beteiligung am Arbeitsmarkt wird die wirtschaftliche schen Gesellschaft wahrzunehmen und Verbundenheit Selbsterhaltungsfähigkeit ermöglicht, die als ein wesent- mit Österreich als neuem Heimatland. licher Meilenstein eines gelungenen Integrationsprozesses erachtet wird. Integration als Querschnittsmaterie ist eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe, die sich durch alle Lebensbereiche Österreich leistete schon immer sehr viel im Integrations- zieht: von der Bildung und Ausbildung über den Erwerb bereich. Wichtige Partnerinnen in der Integrationsarbeit der deutschen Sprache und den Erfolg am Arbeitsmarkt, sind zivilgesellschaftliche und ehrenamtliche Initiativen. über die Frage des Wohnens, die Gesundheitsversorgung Gemeinsam schaffen wir Chancen für alle, unabhängig und Pflege, die Nutzung des öffentlichen Raums zur Be- von Herkunft und Religionszugehörigkeit – für eine ge- teiligung am sozialen und kulturellen Leben, von Fragen meinsame Zukunft. 144 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Integrationskoordination und • Koordinationsstelle des Österreichischen Integra- Fördermaßnahmen tionsfonds für Integrationsmaßnahmen für quali- fizierte Zuwanderung und Schlüsselarbeitskräfte am • Erstellung einer einheitlichen Förderstrategie für die Beispiel des „Club International“ in Zusammenarbeit Integrationsmittel des Bundes mit der Wirtschaftskammer • Verbesserte Koordination und wechselseitiger • Personelle Stärkung der Integrationskoordination im Austausch zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Bund sowie Aufnahme aller Integrationssubventionen von Bund, Ländern und Gemeinden in die Transparenz- • Etablierung einer gesamtheitlichen Datenbank über datenbank Integrationsmaßnahmen von Drittstaatsangehörigen und Flüchtlingen (Aufenthaltsstatus, Sozialleistun- • Bündelung der Integrationsmaßnahmen des Bundes gen, Integrationsfortschritte etc.) zur Verbesserung im Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) als der Transparenz und institutionenübergreifenden zentrale Drehscheibe zur Abwicklung der Integra­ Zusammenarbeit der Behörden im Fremden-, Sozial- tionsmaßnahmen für alle Zielgruppen; Stärkung und Integrationswesen unter vollständiger Wahrung der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte Gemeinden sowie mit anderen Systempartnern auf Basis bestehender Schnittstellen und gesetz- und der Zivilgesellschaft; laufende Evaluierung der licher Grundlagen Integrationsmaßnahmen des Bundes • Bedarfsgerechter Ausbau von staatlichen Integra- • Weiterentwicklung des ÖIF als zentrale Drehscheibe tionsangeboten und -verpflichtungen wie Werte- – Kooperatives Agieren verstärken, Kompetenzen und Orientierungskursen, Staatsbürgerschaftskursen bündeln, Vernetzung unterstützen sowie Mentoring- und Role-Model-Programmen – Österreich verfügt bereits über solide Integ- sowie Patenschaftsmodellen rationsstrukturen. Diese gilt es, zielgerichtet – Ausbau und Spezifikation der verpflichtenden weiterzuentwickeln und zu stärken, damit sie Werte- und Orientierungskurse des Österreichi- allen Herausforderungen der Zukunft bedarfs- schen Integrationsfonds für Asylberechtigte gerecht begegnen können. – Zielgruppenspezifische Integrationsberatung – Stärkung des ÖIF als Kompetenzzentrum für die – Ausbau des Projekts „Zusammen:Österreich“ – Entwicklung einheitlicher Materialien, insbeson- damit Vorbilder der gelungenen Integration vor dere im Lehr- und Lernbereich den Vorhang geholt werden können – Integration vor Ort stärken: Die Zusammenarbeit – Stärkung von zivilgesellschaftlichen Integrations- des ÖIF mit den Ländern, dem AMS und der projekten und Unterstützung von ehrenamt- Zivilgesellschaft wird gestärkt, um Synergien lichem Engagement sowie individuelle Integra- zu generieren und bestehende Expertisen und tionsbegleitung insbesondere auf der regionalen Netzwerke zu nutzen. Ebene – Gemeinsame Schwerpunktsetzungen und Ini- tiativen im Wissenschafts- und Veranstaltungs- • Darüber hinaus braucht es ein bedarfsgerechtes bereich werden verstärkt. und zielgruppenorientiertes Deutschkursangebot: – Laufende Evaluierung von Kooperationen, – regional, zugänglich, leistbar, qualitativ hoch- Projekten und Maßnahmen wertig Regierungsprogramm 2020 – 2024 145 – verstärkt auch mit Kinderbetreuung einschließlich der psychischen Gesundheit (wie – in Zusammenarbeit und gemeinsamer Finanzie- Fluchttraumata, sexualisierte Gewalt) rung der dafür zuständigen Bundes- und Landes- stellen zur effizienteren und zielgruppenüber- • Verstärkte Maßnahmen zur Integration von Frauen greifenden Abwicklung von Deutschkursen auf zum Schutz vor jeglicher Gewalt, insbesondere vor Basis entsprechender rechtlicher Möglichkeiten familiärer Gewalt, Gewalt im sozialen Nahraum, vor – Stärkung der berufsspezifischen Sprachkurse in ideologisch begründeter Gewalt und vor Gewalt in Kooperation mit der Wirtschaft jedem sozialen, kulturellen und religiösen Kontext (wie weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsver- • Sicherstellung der hohen Qualität und Verbindlich- heiratung, Kinderehen) keit der angebotenen staatlichen Leistungen durch den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) Integration und Bildung • Integration ist ein wechselseitiger Prozess – der Staat stellt Angebote zur Verfügung, bei deren Ver- • Bildung und Deutschkenntnisse sind der Schlüssel weigerung werden aber auch weiterhin bestehende für gelingende Integration. Sanktionsmechanismen angewandt. • Ausbau der Möglichkeiten zum Nachholen von Pflichtschulabschlüssen durch eine verstärkte Ver- Spezifische Integrationsmaßnahmen wendung der Mittel aus der Art. 15a B-VG Erwach- für Frauen senenbildung (Basisbildung) • Verstärkte Maßnahmen zur Integration von Frauen • Ermöglichung von Kurzausbildungen, wie z. B. als Multiplikatorinnen der Integration Schnupperlehre, Berufspraktika • Verstärkte Maßnahmen der zuständigen Institutio- • Förderung von Mehrsprachigkeit nach Maßgabe der nen zur Integration von Frauen als zentrale Multipli- Möglichkeiten katorinnen für gelungene Integration; Stärkung der Teilhabe von Frauen mit Migrationshintergrund an • Interkulturelle Kompetenzen als wichtige Kompetenz der Gesellschaft, insbesondere in den Bereichen: von pädagogischem Personal – Arbeitsmarkt: bessere individuelle Unter- stützung beim Einstieg in den Arbeitsmarkt, • Mehr Support für Schulen durch Unterstützungs- familienfreundliche Aus- und Weiterbildungs- personal wie zum Beispiel Schulsozialarbeit, Schul- möglichkeiten sowie die Förderung im Rahmen psychologie und Sozialpädagogik auch vor dem von Mentoringprogrammen Hintergrund des interkulturellen Kontextes (siehe – Bildung: verstärktes Angebot von Deutsch- und Bildungskapitel) Alphabetisierungskursen mit Kinderbetreuungs- möglichkeiten • Bildungsmöglichkeiten auch für asylsuchende – Gesundheitssystem: Stärkung der Diversitäts- Jugendliche nach der Pflichtschule kompetenz im Gesundheitssystem sowie health literacy von Frauen, insbesondere Sensibili- • Verstärkter Fokus auf die Sprachförderung und früh- sierung in Bereichen der Frauengesundheit kindliche Erziehung sowie Förderung der altersge- 146 Regierungsprogramm 2020 – 2024 rechten Vorbereitung auf die weitere Schullaufbahn richts), vor allem auch in Hinblick auf verfas- im elementarpädagogischen Bereich sungsrechtliche Werte wie die Gleichstellung der Frau; Prüfung durch das Bildungsministerium • Umfassende Deutschförderung und Deutsch­ in Zusammenarbeit mit dem Kultusamt auf förderklassen mit einer laufenden wissenschaft- problematische Inhalte lichen Begleitung und Evaluierung; basierend auf – Qualitätsgesicherte Ausbildung von islamischen dieser umgehenden vergleichenden, kohortenspezi- Religionslehrerinnen und Religionslehrern sicher- fischen Evaluierung werden allfällig notwendige stellen und Überprüfung der pädagogischen Maßnahmen zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung und inhaltlichen Rahmenbedingungen für den beschlossen (z. B. Einsatz von Deutschförderstun- Zugang zur und in der Ausbildung zur islami- den, Gruppengrößen) schen Religionslehrerin bzw. zum islamischen Religionslehrer • Berücksichtigung der Wissensvermittlung über • Kontinuierliche Nachqualifizierung der Demokratie, die österreichische Regierungsform, Bestandslehrerinnen und -lehrer an die unser Rechtssystem und Rechtsverständnis, ver- erhöhten Standards (u. a. Deutschkenntnisse) fassungsmäßig verankerte Prinzipien, wie etwa die Gleichstellung von Mann und Frau, sowie Werte, – Evaluierung und entsprechende Weiterentwick- Traditionen und Landeskunde im Rahmen des Unter- lung der Lehrerbildung für den Bereich Religion richtsziels „Politische Bildung inklusive Staatskunde“ (siehe Bildungskapitel) vor dem Hintergrund integra- • Ziel unseres Bildungssystems ist die Heranbildung tionspolitischer Notwendigkeiten freier, gebildeter, aufgeklärter Menschen. Der Mani- pulation und Verbreitung von Ideologien, die den • Integrationsfördernder Religionsunterricht Grundsätzen unserer Verfassung entgegenstehen, – Die freie Entfaltung des Kindes in der Schule soll wie zum Beispiel der religiös motivierte politische unterstützt und gefördert werden. Der Religions- Extremismus (politischer Islam), wollen wir vehe- unterricht kann dazu einen Beitrag leisten. ment entgegenwirken. – In diesem Sinn soll sich der Religionsunterricht an pädagogischer Qualität und staatsbürgerli- • Schaffung einer klaren Handhabe für Lehrende bei cher Erziehung orientieren, unter anderem durch religiösen oder kulturellen Fragen und Herausforde- den stärkeren Austausch der Schulaufsicht mit rungen im Schulalltag der Fachaufsicht. – Die pädagogisch-didaktische Aufsicht soll in • Einführung eines flächendeckenden Präventions- Zukunft auch Schulqualitätsmanagerinnen und unterrichts ab der Mittelschule durch Präventions- -manager (die früheren Bezirks- und Landes- beamtinnen und -beamte schulinspektorinnen und -inspektoren) ver- pflichtend umfassen und dadurch die Kontrolle • Entwicklung eines pädagogischen Betreuungs- des Religionsunterrichts durch die unabhängige konzepts für den Umgang mit gewaltbereiten Schulaufsicht stärken. Damit werden die Kon- Schülerinnen und Schülern (z. B. „Cool-down“-Phase, troll-Leitplanken insgesamt gestärkt. „Time-out“-Phasen, psychosoziale Unterstützung) – Erhebung, Evaluierung und Qualitätssicherung auf Basis des 9-Punkte-Plans gegen Gewalt und von Büchern und Materialen des Religionsunter- Mobbing an Schulen richts (insbesondere islamischen Religionsunter- Regierungsprogramm 2020 – 2024 147 • Mehr Transparenz und verstärkte Kontrollen in Teilnahme am Elternabend, Zusammenarbeit mit Kinderbetreuungsstätten (insbesondere islamischen) dem schulischen Personal etc.). Bei Nicht-Er- wie Kindergärten, Privatschulen, Schülerheimen und füllung dieser Pflichten soll die Möglichkeit Bildungseinrichtungen, auch zur Verhinderung von geschaffen werden, Verwaltungsstrafen zu ver- ausländischen Einflüssen an Bildungsorten jeder Art, hängen, falls andere Maßnahmen nicht greifen. insbesondere zum Schutz von Frauen und Mädchen – Schaffung gesetzlicher Mindeststandards für Einrichtungen und effektive staatliche Kontroll- Integration und Arbeitsmarkt möglichkeiten – Konsequente Schließung der Einrichtungen bei • Schwerpunktinitiative Jobintegration für Asyl- und Nicht-Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen subsidiär Schutzberechtigte – Abhaltung regelmäßiger Jobbörsen durch das • Die Bundesregierung bekennt sich dazu, dass Rah- AMS für nicht in den Arbeitsmarkt integrierte menbedingungen geschaffen werden, damit Kinder Asylberechtige. 30.000 Asylberechtigte sind möglichst ohne Zwang (wie z. B. das Tragen eines derzeit auf Arbeitssuche und brauchen eine Kopftuchs) aufwachsen können. klare Perspektive. – Es ist eine Aufgabe des Staates, Mädchen und junge Frauen zu stärken und in ihrer Selbstent- • Maßnahmen setzen, um die Mobilität vor allem von faltung zu unterstützen. Asylberechtigten am Arbeitsmarkt und in der Lehre – Dafür braucht es Maßnahmen zur Stärkung der stärker zu fördern jungen Mädchen – Verbesserung der überregionalen Vermittlung – sowie die Ausweitung des bestehenden Kopf- des AMS: Verbesserte Zusammenarbeit der tuchverbots auf Schülerinnen bis zur Vollendung AMS-Landesstellen sowie bei der Jobvermitt- des 14. Lebensjahres (Erreichen der Religions- lung durch einen neuen Kriterienkatalog (lokale mündigkeit). Verwurzelung, Alter, Aufenthaltsdauer, Melde- dauer, Familienstand, Erziehungspflichten etc.) • Die positive Zusammenarbeit zwischen Schule und – Fokus auf arbeitslose Jugendliche unter 25 Eltern ist ein wichtiger Bestandteil für einen erfolg- Jahren, eine Lehre auch in einem anderen reichen Bildungsweg des Kindes. Bundesland zu beginnen – Die Eltern sollen daher aktiv ins Schulgeschehen eingebunden werden zur Verbesserung der Mit- • Weiterführung der Kompetenzenchecks beim AMS wirkung an der Bildungskarriere des Kindes. – Stärkere Zusammenarbeit mit der Kinder- und • Weiterentwicklung und Flexibilisierung des Integra- Jugendhilfe, wenn Maßnahmen gegen das Wohl tionsjahrs: Verstärkte modulare Qualifizierung von des Kindes gesetzt werden Asylberechtigten, um fit für den Arbeitsmarkt zu – Bei der Vernachlässigung von bereits bestehen- werden; Migrantinnen und Migranten entsprechend den gesetzlich definierten elterlichen Pflichten ihrer Qualifikation und Fähigkeiten beschäftigen gegenüber der Schule (Schulpflichtverletzungen wie z. B. Hinderung von Mädchen am Schulbe- • Verbesserung und Beschleunigung von Nostrifizie- such) soll der bestehende Strafrahmen erhöht rungen werden. Darüber hinaus sollen weitere Mitwir- kungspflichten gesetzlich definiert werden (z. B. 148 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Gesellschaftliche Integration • Verstärkte gesamtgesellschaftliche Anstrengungen gegen jegliche Formen von Extremismus, auch im • Unser Ziel ist nicht das Nebeneinander, schon gar Integrations- und Migrationsbereich, insbesondere nicht das Gegeneinander, sondern das Miteinander. nationalistischer, religiös oder politisch begründeter Extremismus • Stärkung der ehrenamtlichen Aktivitäten (in Ver- einen etc.) auf regionaler Ebene; Ehrenamt ist eine • Schaffung von Strategien und Maßnahmen im Kampf tragende Säule gelungener Integration vor Ort. gegen Antisemitismus und Extremismus Gemeinsame Verantwortung für eine gemeinsame Sache hilft, Vorbehalte abzubauen, und stellt das • Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans gegen Gemeinsame vor das Trennende. Rassismus und Diskriminierung • Stärkung der Diversitätskompetenz im Gesundheits- • Prüfung der bestehenden Angebotslandschaft sowie system sowie health literacy von Zuwanderinnen allenfalls bedarfsgerechter Ausbau von Einrichtun- und Zuwanderern; Unterstützung von Dolmetschleis- gen tungen unter Maßgabe finanzieller und rechtlicher Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit den zuständi- • Stärkung von Diversität, Diversitätsmanagement und gen Stellen bei Bund und Land -monitoring in der staatlichen Verwaltung und in staatsnahen Betrieben • Verstärkte gesamtgesellschaftliche Anstrengungen (z. B. in den Bereichen Nachbarschaft, Sicherheit und • Verankerung von interkultureller Kompetenz in der Zusammenleben) gegen die Bildung von Parallelge- Ausbildung und im Selbstverständnis von Fachper- sellschaften. Dafür sind auch soziale und präventive sonal im öffentlichen Dienst Maßnahmen (insbesondere im Bildungsbereich) notwendig, welche früh ansetzen und ein Abdriften in problematische, desintegrative Milieus verhindern. Regierungsprogramm 2020 – 2024 149 150 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Innere Sicherheit Österreich gehört zu den sichersten Ländern der Welt. über das friedliche Zusammenleben in einer rechts- Die Gewährleistung eines friedlichen Zusammenlebens in staatlichen Gesellschaft bis hin zu Schutz und Hilfe einer rechtsstaatlichen Gesellschaft gehört zu den Kern- bei Krisen, Naturkatastrophen und Terrorangriffen. aufgaben der Politik. Dass wir uns in Österreich sicher fühlen können, verdanken wir auch der engagierten Arbeit • Die Polizei steht im Dienst der Menschen. Eine Polizei, unserer Polizei. Als bürgerorientierte Polizei gewährleistet die sich den Einwohnerinnen und Einwohner verant- sie tagtäglich, dass die persönliche Sicherheit, Freiheit wortlich fühlt, ist der beste Garant für den schonen- und die Menschenrechte von uns allen gewahrt bleiben. den Einsatz polizeilicher Befugnisse. Daher setzen wir uns für eine weitere Stärkung des Vertrauens in die Die Unterstützung bei Naturkatastrophen, die Verhütung Exekutive ein. Sie benötigt gute Ausstattung für die von transnationaler organisierter Kriminalität, der Schutz aktuellen, realistischen Bedrohungen. Die Gewähr- vor Gewalt, die Bekämpfung von Extremismus oder neue leistung der persönlichen Sicherheit, Freiheit und der Sicherheitsbedrohungen wie im Cyber-Bereich sind zent- Menschenrechte der und des Einzelnen wird durch rale Herausforderungen einer modernen Polizei. bürgerorientierte Polizeiarbeit gewährleistet. Rechts- staatliche Kontrolle und transparente gesetzliche Um diesen Herausforderungen und Gefahren begegnen Kompetenzen sind dafür die Voraussetzung. zu können, brauchen wir eine moderne Polizei, die per- sonell bestens aufgestellt ist. Darum soll die begonnene Personaloffensive bei der Polizei fortgeführt und darüber Gute Rahmenbedingungen für eine hinaus gewährleistet werden, dass für die zukünftigen moderne Polizei Aufgaben die notwendige Ausbildung und Ausstattung sichergestellt ist. Weiters braucht es auch gesetzliche • Fortführung der begonnenen Personaloffensive – Anpassungen, um mehr Schutz für die Bürgerinnen und 2.300 zusätzliche Planstellen und 2.000 zusätzliche Bürger und ein effektiveres Arbeiten der Exekutive zu Ausbildungsplanstellen für die Polizei führen auch zu garantieren. Gleichzeitig ist eine Polizei, die sich der Be- mehr Planstellenwahrheit und ermöglichen zusätz- völkerung verantwortlich fühlt, der beste Garant für den liche Spezialisierungen (z. B. Cyberkriminalität und rechtsstaatlichen Einsatz polizeilicher Befugnisse. die Verstärkung bürgernaher Polizeiarbeit) – Wiedereinführung von Altersgrenzen für Aufnah- Durch mehr Kontrolle und Transparenz schaffen wir weitere mewerberinnen und Aufnahmewerber Voraussetzungen, um das Vertrauen in die Exekutive zu stärken. • Evaluierung und Neukodifizierung der exekutivspezi- fischen Belange im Beamtendienstrecht. Entwick- Die Polizei braucht gute Arbeitsbedingungen, um gute lung eines modernen, den sicherheitspolizeilichen Arbeit zu leisten. Sie steht im Dienst der Menschen und Herausforderungen entsprechenden Dienst- und Sicherheit ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Besoldungssystems. Insbesondere sollte daher die Besonderheit gefahrengeneigter Tätigkeiten und • Sicherheit ist ein grundlegendes menschliches unterschiedlicher Belastungen berücksichtigt werden. Bedürfnis. Die Polizei gewährleistet die Aufrecht- – Schaffung eines realitätsnahen, den tatsächli- erhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. chen Anforderungen und Aufgaben entsprechen- Generell reicht Sicherheit von Schutz vor Gewalt, den Planstellenbedarfs in den Dienststellen Regierungsprogramm 2020 – 2024 151 – Prüfung der Einführung eines Zeitwertkonto-Mo- tenz als Grundlage für strategische Entscheidun- dells bei der Exekutive gen, beispielsweise Umgang mit Cop-Culture, aufbauend auf den positiven Erfahrungen des • Gute Arbeitsbedingungen für eine gute Arbeit „Zivilgesellschaftlichen Dialoggremiums in – Prüfung bestehender Dienstschemata auf ihre Zusammenarbeit mit der Zentralen Zwangsmit- Familienfreundlichkeit und die dienstlichen Not- tel- und Misshandlungsmeldestelle“ wendigkeiten, Schwerpunktsetzung zum Büro- kratieabbau, der weiteren Vereinfachung von • Weiterentwicklung der Sicherheitsakademie (SIAK) Arbeitsabläufen und der Reduktion von Doppel- in Richtung der Verwaltungsakademie des Bundes gleisigkeiten insbesondere bei der Umsetzung oder der Theresianischen Militärakademie; Stärkung und Dokumentation von Aufgaben der Zusammenarbeit mit Wissenschaft und For- schung als Grundlage für strategische Entscheidun- • Ressourcenwahrheit schaffen gen, beispielsweise Cybersicherheit, Polizeipräsenz, – Überprüfung und bestmögliche Umsetzung von Sicherheitsempfinden Belastungskriterien und eine entsprechende Entlohnung • Polizeiausbildung und -fortbildung den neuen – Flexibilisierung von Dienstzuteilungen und Ver- Herausforderungen, wie etwa Cyber-Kriminalität setzung und Digitalisierung, laufend anpassen – Effizienzstrategie: Feststellung und Abschaffung bestehender Doppelgleisigkeiten (Bsp. Schiffs- • Prüfung der Gleichstellung der Wertigkeiten und polizei) Einstufung der Polizeiausbildung mit denen der rest- lichen öffentlichen Verwaltung und dem Qualifika- • In die Mitarbeiter investieren tionsrahmen des österreichischen Bildungssystems – Angebot von Einzelsupervision fördern (intern und extern) • Stärkung der Durchlässigkeit zwischen dem Exeku- – Supervision bestmöglich in der Grundausbildung tivdienst und der Sicherheitsverwaltung verankern – Polizei als Abbild der Gesellschaft: Diversität • Verstärkter Ausbau der Führungs- und Spezialaus- (z. B. Migrationshintergrund) und Frauen fördern bildung der Exekutive und der Sicherheitsverwal- – Fokus auf soziale und kommunikative Kompeten- tung am bewährten Standort in Wiener Neustadt; zen sowie Einbeziehung der Mehrsprachigkeit Attraktivierung im Wege von Kooperationsmodellen als Kriterium bei der Personalrekrutierung mit Fachhochschulen im Westen – Ziel ist die Steigerung der Zugangszahlen für die – Überarbeitung des Bachelorstudiums „Poli- Ausbildung zeiliche Führung“ und des Masterstudiums „Strategisches Sicherheitsmanagement“, um ein • Die Organisation weiterentwickeln durchgängiges Laufbahnmodell zu ermöglichen – Förderung von Reflexionsräumen im Arbeitsall- – Fachhochschulausbildung künftig akademischer tag sowie einer positiven Fehlerkultur, insbeson- Mindeststandard für dienstführende Beamtinnen dere unter der Schwelle straf- und disziplinar- und Beamte (Verwendungsgruppe E2a), Master- rechtlicher Relevanz studium für leitende Beamte (E1) – Einrichtung eines beratenden Gremiums mit – Entwicklung einer modernen, den Anforderungen fachlicher, menschenrechtlicher, systemischer der Zukunft entsprechenden Führungs- und und organisationsentwicklerischer Fachkompe- Fachausbildung (E2a) 152 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Weiterentwicklung und Intensivierung der Zusam- und Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multi- menarbeit mit NGOs (Polizei.Macht.Menschen. professioneller Zusammensetzung, die sowohl von Rechte) Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befug- • Erarbeitung und Beschluss eines nationalen nissen ausgestattet ist Aktionsplans für Menschenrechte in Österreich. Erarbeitung, Beschlussfassung und Umsetzung • Ausarbeitung einer Reform des Rechtsschutzes eines Aktionsplans Menschenrechtsbildung unter mit dem Ziel der europa- und verfassungsrechtlich Berücksichtigung der Entschließung der Vereinten geforderten Unabhängigkeit der Kontrollinstanz und Nationen und als wesentlicher Teil des Aktionsplans Prüfung einer Bündelung der Rechtsschutzbeauf- für Menschenrechte tragten • Speziell geschulte Polizistinnen als Sicherheits- • Verbesserung der Vernehmungsmethoden beauftragte und Ansprechpartnerinnen für Frauen – Prüfung des Bestehens von vertrauensbasierten speziell im Bereich Gewalt und Gewaltschutz in Vernehmungsmethoden auf Basis des CTI-Trai- jeder Polizeiinspektion ning-Tools 2017 und gegebenenfalls Weiterent- wicklung und Stärkung • Sicherstellung der Beibehaltung der verfassungs- – Prüfung bereits bestehender Pilotprojekte zur konformen Trennung der Aufgaben von Militär und audiovisuellen Aufnahme von Vernehmungen Polizei auch bei Assistenzleistungen – Evaluierung der derzeitigen Praxis der Dolmet- schenden-Beiziehung • Vertrauen herstellen durch nachvollziehbare Identi- • Ziel ist es, dass nur Personen beigezogen tätsfeststellungen werden, die transparente Qualitätsstandards – Im Rahmen des Ausbaus der Digitalisierung erfüllen (sprachliche, kulturelle und fachliche Prüfung der Möglichkeit zur Ausstellung einer Kompetenz) Bestätigung bei jeder ID-Feststellung • Ausbau von Videodolmetsch-Leistungen – Die Bundesregierung weiß, wie hoch das • Regelmäßiger und institutionalisierter Vertrauen in die Exekutive ist. Zur weiteren Austausch zwischen Dolmetschenden und Stärkung dieses Vertrauens unterstützen wir Polizistinnen und Polizisten (z. B. runde Maßnahmen in Richtung betroffener Communi- Tische) ties, wie von der Grundrechteagentur der Euro- päischen Union empfohlen. Diese Maßnahmen • Objektive Aufgabenwahrnehmung durch die Sicher- sollen insbesondere der Vermeidung etwaiger heitsbehörden faktischer und empfundener diskriminierender – Die Sicherheitsbehörden und ihre Organe haben Effekte dienen. bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabenerfüllung darauf zu achten, dass kein Anschein parteipoli- • Sicherstellung einer konsequenten Aufklärung bei tischer Befangenheit erweckt wird. Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen – Bei polizeilichen Einsätzen im großen Sicher- und Polizeibeamte heits- und Ordnungsdienst ausnahmslos Ver- pflegung durch die Behörde und nicht durch die • Konsequente und unabhängige Ermittlung bei Personalvertretung Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen Regierungsprogramm 2020 – 2024 153 • Versammlungsfreiheit • Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die – Taktische Kommunikation bei Versammlungen Sondereinheiten des BMI als Ersatz für die bisherige weiterentwickeln, inkl. Einrichtung szenekundi- Sondereinheitenverordnung ger Beamtinnen und Beamten für soziale Bewe- gungen (Organisatoren von Kundgebungen) • Sanierungsoffensive der Polizeiinspektionen: Wei- – Evaluierung des Instruments der Schutzzonen terentwicklung und Umsetzung der bestehenden – Prüfung der Verbesserung des Rechtsschutzes Immobilienstrategie unter besonderer Berücksichti- bei Untersagung von Versammlungen gung des baulichen Zustandes der Polizeiinspektio- nen (Leerstand beseitigen) • Organisatorische Weiterentwicklung der 2012 – Alle Polizeiinspektionen sind barrierefrei zu geschaffenen Landespolizeidirektionen unter gestalten, wie gesetzlich seit 2019 verpflichtend. besonderer Berücksichtigung ihrer regionalen – Freundliche Gestaltung des Eingangsbereichs Verantwortung für operative Aufgaben. Ziel dieser von PIs unter Berücksichtigung von Sicherheits- Weiterentwicklung ist die Steigerung der Effizienz erfordernissen und Bewältigung neuer Herausforderungen auch in – Klimataugliche Arbeitsbedingungen schaffen den Regionen. • Auch die Polizei kann und soll einen Beitrag zur • Verstärkte Möglichkeit zum Einsatz von Drohnen Steigerung der Nachhaltigkeit und Erreichung der bei Polizeieinsätzen im Rahmen von Fahndungsmaß- Klimaziele leisten. Dahingehendes Potenzial soll nahmen erhoben und genutzt werden. – Novellierung des Luftfahrtgesetz § 145 Abs. 1 bis 3 durch Aufnahme „unbemannter Luftfahr- • Erhöhung der Anzahl von Amtsärztinnen und Amts- zeuge des Bundes“ ärzten • Verstärkter Einsatz von Body-Worn-Cameras und laufende Evaluierung zur weiteren Optimierung der Cybersicherheit und Digitalisierung Einsätze • Stärkung des Bewusstseins, dass das Offizialprinzip • Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Österreichs (Strafverfolgungspflicht) auch online gilt (Internet ist Straßen, insbesondere zur Senkung der Anzahl der kein rechtsfreier Raum) Verkehrsunfälle, sind weitere Anstrengungen zu unternehmen. • Verbesserung der Kooperation der Institutionen auf Basis europäischer Best-Practice-Beispiele unter • Einführung einer bundesweiten Verwaltungsstrafevi- Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen denz für Angelegenheiten im Zuständigkeitsbereich der unterschiedlichen Aufgabenbereiche des BMI (u. a. für Verkehrsstrafen) – Beibehaltung der bestehenden Ressortzustän- digkeiten • Verlegung der Flugeinsatzstelle Wien-Meidling nach – Grundlagen für Kooperationen zwischen den Wiener Neustadt auf das Gelände des EKO Cobra/ Ressorts schaffen DSE – Bündelung aller bereits bestehenden Cyberauf- gaben des BMI innerhalb des BMI (z. B. in einer Direktion) 154 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Schaffung eines staatlichen Cybersicherheits- • Förderung der strategischen Koordinierungsfunktion zentrums des Bundeskanzleramtes im gesamten Cyber-Bereich – Schaffung der dafür notwendigen Rechtsgrund- – Schaffung eines organisatorischen Rahmens lagen für die Zusammenarbeit der unterschiedlichen – Evaluierung von institutionellen Lösungsansät- Ressorts und Stakeholder zen europäischer Partnerländer, Identifizierung – Schaffung eines zentralen, beratenden und von Best-Practice-Beispielen zertifizierenden Organs in Informationssicher- – Verstärkung der Koordination zwischen den heitsfragen unter Berücksichtigung bestehender bestehenden Organisationen im Bereich Cyber- Einrichtungen entsprechend dem Cyber Security security unter Absicherung des bisherigen Act der EU-Kommission Informationsaustausches – Enge Zusammenarbeit mit europäischen Part- – Evaluierung der Möglichkeiten zur Nutzung von nern (z. B. DG Connect, DG Competition) und Synergieeffekten unter Berücksichtigung der bestmögliche Forschungsausrichtung anhand spezifischen Anforderungen der unterschied- strategischer Vorgaben der EU lichen Aufgabenbereiche – Ziel ist die Förderung eines strukturierten und – Evaluierung und Umsetzung von erforderlichen institutionalisierten Wissenstransfers zwischen Standards zur Sicherstellung der digitalen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Souveränität – Koordinierung der politischen Positionierung bei – Aktualisierung der österreichischen Cybersicher- interdisziplinären Cybersicherheitsthemen (z. B. heitsstrategie 5G-Sicherheitsstandards, Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge) • Erstellung eines Strategiekonzepts zur verbesserten – Einheitliche Sicherheitsstandards in Verwaltung Bekämpfung von Cybercrime in Österreich (z. B. und Wirtschaft anstreben (Mindeststandards der Verbesserung der Bekämpfung von Cybercrime, Ver- IKT in der öffentlichen Verwaltung auf internatio- besserung der Aufklärungsquote, Reduzierung von nalem Niveau und im europäischen Gleichklang) Cybercrime durch umfassende Prävention) – Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, um Bewusstsein für • Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für IT-Spezialis- Cyberkriminalität zu erhöhen tinnen und -Spezialisten zur Schaffung von „Cyber – Umsetzung verbindlicher, überprüfbarer und Cops“ im BMI durchsetzbarer Sicherheitsstandards im Rahmen – Schaffung eines Stipendiensystems für IT-Spezia- der Richtlinie für Netz- und Informationssystem- listinnen und -Spezialisten (Studium) und dadurch sicherheit (NIS) im öffentlichen Sektor langfristige Bindung an das BMI (C4, CSC, IT) • Digitalisierung vorantreiben und die IT auf den • Intensivierung der Zusammenarbeit des BMI mit neuesten Stand bringen Wissenschaft und Forschung • Überwachung • Weiterentwicklung der mobilen Anwendungen mit – Gläserner Staat statt gläserner Bürger: Umfas- dem Ziel der Erleichterung von Behördenwegen sende Evaluierung gesetzlicher Regelungen von unter Berücksichtigung sämtlicher Datenschutzbe- Ermittlungsmaßnahmen bestehender Über- stimmungen und Persönlichkeitsrechte wachungssysteme unter Einbindung der Zivil- gesellschaft und unabhängiger Expertinnen und Experten sowie Erstellung eines Berichts Regierungsprogramm 2020 – 2024 155 – Prüfung der Schaffung einer verfassungskonfor- Kooperationen zwischen Exekutive, Ländern men Regelung zur Überwachung unter anderem und Gemeinden, Gebietskörperschaften und der für verschlüsselte Nachrichten im Internet unter Zivilgesellschaft Berücksichtigung des VfGH-Entscheids vom – Evaluierung und Weiterentwicklung von „Sicher- Dezember 2019 heitsforen“ zwischen allen Betroffenen – Pflicht für Behörden, Betroffene zumindest nach dem endgültigen Abschluss der Ermittlungen zu • Stärkung und Aufstockung der Sicherheitsbeauf- informieren tragten (Grätzelpolizistinnen und Grätzelpolizisten) • Ausweitung des Streifendienstes zu Fuß, insbeson- Sicher im ganzen Land dere in Park- und Grünanlagen • Weiterentwicklung der Maßnahmen gegen Gewalt, • Ausweitung der Fahrradpolizei in Ballungsräumen Einbruch, Raub und Diebstahlsdelikte • Fokussierung der Sicherheitsforschung vom wirt- • Ausbau von Präventionsprogrammen, Gewalt- und schaftlichen hin zum gesamtgesellschaftlichen Opferschutz sowie Täterarbeit Nutzen, Ausbau der sozialwissenschaftlichen Sicher- heitsforschung, Stärkung der sozialwissenschaft- • Einführung eines flächendeckenden Präventions- lichen Partnerinnen und Partner in KIRAS unterrichts ab der Mittelschule durch Präventions- beamtinnen und -beamte • Verstärkter Kampf gegen die organisierte Kriminali- tät: Insbesondere Menschenhandel, Zwangsprostitu- • Verstärkte Maßnahmen zum Gewaltschutz, insbe- tion und das illegale Glücksspiel müssen konsequent sondere bekämpft werden. – Die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen mit – Einführung von härteren Strafen für Hintermän- Gewaltschutzzentren, Interventionsstellen und ner und mehr Unterstützung für Betroffene mit den im Einzelfall erforderlichen Behörden und klarer Unterscheidung zwischen Opfer und Täter Einrichtungen unter Leitung der Sicherheits- – Während es die Möglichkeit einer „akustischen behörde sind eine zielführende Maßnahme zur Überwachung“ in Wohnungen und Räumlich- vernetzten Problemlösung bei Hochrisikofällen keiten gibt, ist das für Personen in Fahrzeugen und sollen – auch auf Anregung von Gewalt- nicht erlaubt – diese Lücke soll geschlossen schutzzentren und Interventionsstellen – im werden. Sinne des Gesetzes weiter forciert werden. – Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans • Illegales Glücksspiel: Prüfung bestehender gesetzli- Gewaltprävention cher Regelungen unter besonderer Berücksichtigung des Beschlusses der Landeshauptleutekonferenz • Fortführung und Weiterentwicklung der Initiative vom 23.11.2018 „GEMEINSAM.SICHER in Österreich“ und dadurch – Illegales Glücksspiel ist Teil der organisierten Stärkung des Dialogs zwischen den Menschen, Kriminalität, daher Implementierung im § 278a Gemeinden und Unternehmen mit der Polizei StGB (kriminelle Organisation) – Bundesweite Institutionalisierung der Strukturen im Sicherheitsapparat und Erweiterung von 156 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Prüfung einer Schaffung notwendiger gesetzlicher Anschlussinhabers durch die Polizei im Wege der Grundlagen für die konsequente Verfolgung des Durchlaufstelle (BMVIT) jederzeit zu ermöglichen internationalen Drogenhandels auf dem Postweg – Individualisierungspflicht für Netzbetreiber bei CG-NAT-Verwendung (Zuordnung einer eindeu- • Österreich bekämpft die Umweltkriminalität tigen IP-Adresse) im Rahmen einer Anlassdaten- – Umsetzung des europäischen Aktionsplans speicherung (Quick Freeze) gegen Umweltkriminalität und Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen zur Verstärkung • Evaluierung des Melderechts im Hinblick auf Verbes- der Bekämpfung der Umweltkriminalität in serung der Fahndungserfolge in Zusammenarbeit Österreich mit Nächtigungsbetrieben und einer verbesserten – darauf aufbauend Erarbeitung einer österrei- Missbrauchserkennung chischen Strategie auf Basis des europäischen Aktionsplans • Verbesserter Informationsaustausch zwischen – Mehr Sensibilisierungsmaßnahmen im privaten Behörden Bereich – Massive Verstärkung der Kontrollen • Schaffung von klaren und verbindlichen Qualitäts- – Einführung von härteren Strafen für Umweltsün- standards für private Sicherheitsunternehmen sowie derinnen und -sünder durch eine Reduktion der Entwicklung eines Berufsbildes „Private Sicherheits- Schwellenwerte für die Straffälligkeit dienstleister“ und Einführung einer standardisierten Grundausbildung (einheitliche und verbindliche • Schaffung einer eigenen ganzheitlichen Sicherheits- Standards), einheitlicher Ausweise sowie eines strategie „Sicherheit und Sport“ des BMI, um die Lehrberufs Sicherheit bei Sportveranstaltungen gewährleisten zu können • Verbesserung der statistischen Aufarbeitung und – Ratifizierung des Übereinkommens des Europara- dabei insbesondere Angleichung der polizeilichen tes über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicher- und justiziellen Kriminal- und Rechtspflegestatistiken heit, Schutz und Dienstleistungen bei Fußball- – Weiterentwicklung der Kriminalstatistik zu einem spielen und anderen Sportveranstaltungen Gesamtbericht (Anzeigen, Verurteilungen etc.) – Verstärkte Maßnahmen im Bereich Doping, Wettbetrug und Korruption im Sport – Weiterentwicklung des Spitzensportprogramms des BMI • Die Internetkriminalität ist im Vergleich des ersten Halbjahres 2018 (rd. 8.650 Delikte) zu 2019 (rd. 13.000 Delikte) stark gestiegen. Weiters entstehen auch neue Kriminalitätsphänomene insbesondere im Cyberbereich und bedürfen deshalb einer raschen und dynamischen Reaktion zur Aufklärung und Bekämpfung dieser Deliktsfelder. – Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter, eine unverzügliche Abfragemöglichkeit des Regierungsprogramm 2020 – 2024 157 Maßnahmen gegen Extremismus und • Monitoring Terrorismus – Digitales Streetwork: Monitoring von Plattfor- men, in denen demokratiefeindliche Aktivitäten • Schaffung eines eigenen Extremismusberichts des stattfinden Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terroris- – Verankerung einer Forschungsstelle Rechts- musbekämpfung (BVT), der u. a. islamistischen extremismus und Antisemitismus (im DÖW) mit Extremismus umfasst Zuständigkeit für jährlichen Rechtsextremismus- – Bundesweiter und themenübergreifender bericht (Zugang zum notwendigen Datenmate- Ausbau von Präventions- und Deradikalisierungs- rial aus Innen- und Justizministerium) maßnahmen im Kampf gegen Extremismus – Vollständige statistische Erfassung der Delikte aus VerbG, SymbG, AbzG, EGVG, § 283 StGB • Ein Aktionsplan gegen Rechtsextremismus und etc. gegen den religiös motivierten politischen Extremis- – Verfassungsschutzbericht: Wiederaufnahme der mus (politischer Islam) wird ausgearbeitet. Beobachtung und Einschätzung rechtsextremer Burschenschaften • Demokratie fördern – Demokratie stärken – Ausweitung von Schulworkshops (insbesondere • Netzwerk in Berufsschulen) zur Rechtsextremismusprä- – Die Bundesregierung stellt sich an die Spitze des vention, Vergangenheitspolitik und gruppenbe- Kampfs gegen den Antisemitismus. zogene Menschenfeindlichkeit – Einberufung eines jährlichen Koordinations- – Evaluierung und Überarbeitung aktueller ausschusses zwischen Regierung, Parlament, Bildungsmaterialien Ländern und der Zivilgesellschaft über Maßnah- – Beratung und Aufklärung (Etablierung und men zur Bekämpfung des Rechtsextremismus Evaluierung, Digitalisierung, Neue Medien, neue Rechte, Rechtsextremismus, Antisemitismus & • Forschung zur Demokratiestärkung Islamismus) – Wissenschaftliche Begleitung und öffentliche – Mobile Kompetenzstelle gegen Rechtsextremis- Bereitstellung von Ergebnissen und Best-Prac­ mus, Rassismus und Gewalt tice-Projekten – Unterstützung von Vereinen, Behörden; Angehö- – Fokus gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit rige, Betroffene beraten, begleiten und fort- – Fokus Rechtsextremismusprävention bilden – Fokus zivil- und bürgerschaftliches Engagement – Informations- und Aufklärungskampagne gegen – Fokus: Zusammenleben in der Migrationsgesell- Rechtsextremismus und gruppenbezogene schaft, Begegnungen schaffen Menschenfeindlichkeit – Bereiche: ländlicher Raum, digitale Lebenswelten, – Schaffung einer offenen Internetplattform zur Bildungssektor, verbandliche und offene Jugend- Information über Rechtsextremismus (Schulungs- arbeit, Arbeitswelt, Strafvollzug, Sozialarbeit unterlagen, Workshop-Konzepte für Jugendver- eine, Jugendzentren und Schulen) • Schaffung einer unabhängigen staatlich legitimier- – Distanzierungsarbeit und Ausstiegsmöglich- ten Dokumentationsstelle für den religiös motivier- keiten insbesondere im bzw. nach dem Strafvoll- ten politischen Extremismus (politischer Islam) zur zug (inklusive wissenschaftlicher Evaluierung), wissenschaftlichen Erforschung, Dokumentation und interdisziplinäres Pilotprojekt (soziale Arbeit, Aufbereitung von Informationen über den religiös Psychologie, Politische Bildung) motivierten politischen Extremismus (politischer 158 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Islam) sowie besseren Koordination der Präventions- innerhalb eines reformierten BVT im BMI mit den und Aufklärungsarbeit (nach Vorbild des DÖW) dafür notwendigen gesetzlichen Änderungen – Schaffung einer Schnittstelle zwischen Behör- nach interna­tionalen Vorbildern und klarer den, Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren und Aufgaben­definition den muslimischen Gemeinschaften – Etablierung von internationalen Standards in – Einführung eines jährlichen Berichts zur Entste- allen Bereichen; insbesondere transparente hung von Parallelgesellschaften und segregier- Personalaufnahmeverfahren, Ausbildung, Infor- ten Milieus in Österreich mationssicherheit, Personal­sicherheit, Qualitäts- sicherung etc. • Stärkung des Kultusamts durch einen klaren gesetz- – Behebung aller in der Vergangenheit aufge- lichen Auftrag zeigten Sicherheitsmängel (samt schriftlichem – Sicherstellung einer effizienten Kontrolle des Bericht über alle umgesetzten Sicherheitsmaß- 2015 eingeführten Verbots der Auslands- nahmen an den ständigen Unterausschuss) finanzierung von Religionsgesellschaften und – Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für konsequenter Vollzug des Islamgesetzes durch einen „Aufschub des Einschreitens“ und entspre- das Kultusamt chende Informationspflichten an das Cyberlage- – Erweiterung der bestehenden Bestimmungen zentrum in der StPO zur Verhinderung von Umgehungskonstruktionen – Gesetzliche Normierung des Anforderungsprofils des Auslandsfinanzierungsverbots im Islamge- für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BVT setz (z. B. Stiftungen) – Stärkung des Kultusamts als zuständige Ver- • Stärkung des vorgelagerten Rechtsschutzes einsbehörde für jene Vereine, die hinter Kultus- gemeinden stehen • Stärkung des nachgelagerten Rechtsschutzes durch Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte • Präzisierung rechtsstaatlicher Instrumente, um bei einer Schließung einer Kultusgemeinde auch gegen • Schwerpunkte: rechtsextremer und politisch religiös die dahinterstehenden Vereine selbst vorgehen zu motivierter Extremismus können • Einsatz auf internationaler Ebene für ein internatio- • Schließung von Kultusstätten bei Terrorismuspropa- nales Tribunal für IS- und andere Kriegsverbreche- ganda rinnen und Kriegsverbrecher in Den Haag • Maßnahmen setzen, um Vereine, die staatsfeind- • Stärkung und Ausbau der Interoperabilität der liches Gedankengut (so wie die Identitären) verbrei- EU-Informationssysteme zur Steigerung der Sicher- ten, wirksam zu bekämpfen heit in Europa auf Basis der EU-Verordnungen 2019/817 und 2019/818 vom 20.5.2019 zur Ein- • Umfassende Neuaufstellung des Bundesamtes für richtung eines Rahmens für die Interoperabilität Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zwischen EU-Informationssystemen (BVT) zur Wiederherstellung des Vertrauens seitens der Bevölkerung und von Partnerdiensten – Klare strukturelle Trennung in eine nachrichten- dienstliche und eine Staatsschutzkomponente Regierungsprogramm 2020 – 2024 159 Gedenken und Verantwortung • Schaffung der Möglichkeit, dass alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Unterrichts zumindest einmal die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besuchen können • Bekenntnis zur Umsetzung der von der letzten Bunderegierung initiierten Namensmauer für Opfer der Shoah • Beibehaltung der derzeitigen Dauer des Zivildiens- tes (9 Monate) • Laufende Weiterentwicklung der Attraktivität des Zivildienstes für Zivildienstleistende • Sicherstellung der berechtigten Interessen der Zivil- dienstorganisationen 160 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Landesverteidigung & Krisen- und Katastrophenschutz Österreich liegt heute als neutrales Land im Herzen eines Landesverteidigung geeinten und friedlichen Europas. Dennoch müssen wir neue Herausforderungen und Bedrohungen ernst nehmen Rahmenbedingungen der österreichischen und entsprechend vorbereitet sein. Sicherheitspolitik • Österreich ist als Mitglied der Europäischen Union Auch und gerade weil sich die Anforderungen an eine Teil eines erfolgreichen Friedensprojekts (mit umfassende Sicherheitsvorsorge und die in ihr eingebet- Vorbildcharakter) und an unseren unmittelbaren tete umfassende Landesverteidigung in unserem Land Landesgrenzen von keinen Feinden umgeben. verändert haben, braucht es ein modernes, weiterentwi- Österreichs Stellung mitten in der EU bietet eine ckeltes, vielseitig einsetzbares Bundesheer. Deshalb muss umfassend geänderte Sicherheits- und Friedens- sichergestellt sein, dass das Bundesheer ausreichend perspektive. Gleichzeitig müssen neue Bedrohungen finanziell, personell und materiell ausgestattet ist, um ernst genommen werden. weiterhin den Herausforderungen der Gegenwart, aber auch den Bedrohungen der Zukunft kompetent begegnen • Die finanzielle Situation und der Zustand des Bun- zu können. Das bedeutet, die Einsatzfähigkeit unseres desheers erfordern neue Konzepte für ein zukunfts- Bundesheeres im In- und Ausland zielorientiert zu ver- trächtiges, modernes Heer. Daher müssen auch die bessern und den Grundwehr- und Zivildienst attraktiver Aufgaben, Strukturen und Mittel der Landesverteidi- zu machen. Darüber hinaus wollen wir Schwerpunkte auf gung weiterentwickelt und zeitgemäß neu gestaltet die Bereiche Krisen- und Katastrophenmanagement sowie werden. neue Bedrohungsbilder wie etwa Cyber-Attacken legen. Denn unser Bundesheer ist die Sicherheitsgarantie, auf • Die Neutralität Österreichs ist unumstößlich. die wir uns alle verlassen. • Diese steht nicht im Widerspruch zur Solidarität In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden innerhalb der Europäischen Union. trotz unseres massiv gesteigerten Engagements für den Klimaschutz auch klimawandelbedingte Naturkatastro- • Erforderlich ist daher eine Weiterentwicklung der phen immer häufiger und schwerer. Darum gilt es, das österreichischen Sicherheitspolitik, unter dem Aspekt staatliche Krisen- und Katastrophenmanagement auf die der Bewahrung der Neutralität und der Änderung der neuen Herausforderungen vorzubereiten und dadurch eine sicherheitspolitischen Aufgaben in Europa. Steigerung der Resilienz Österreichs zu gewährleisten. Die Sicherheit und Versorgung unserer Bevölkerung ist • Klares Bekenntnis als neutrales Land zum Öster- hier unser oberstes Ziel. reichischen Bundesheer als Sicherheitsgarantie und zur umfassenden Landesverteidigung entsprechend der Österreichischen Bundesverfassung sowie zur allgemeinen Wehrpflicht entsprechend dem Ergeb- nis der Volksbefragung vom 20.1.2013 Regierungsprogramm 2020 – 2024 161 Eine zukunftsfähige Struktur • Stärkung der Selbstversorgungsfähigkeit und der für das Bundesheer Resilienz des Österreichischen Bundesheers in • Ausstattung des Bundesheers mit den erforder- Krisenzeiten und etwaiger Ausbau von Kasernen zu lichen Ressourcen zur Erfüllung seines Auftrags „Sicherheitsinseln“ • Erarbeitung von Effizienzsteigerungsmöglichkeiten • Standortbezogene und bedarfsgerechte Sanierung und Kostensenkungspotenzialen außerhalb der von Kasernen und ihrer Infrastruktur zur Stärkung Truppe der regionalen Wertschöpfung • Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustands • Sicherstellung der Militärkommando- und Brigade- des Österreichischen Bundesheers nach den Grund- struktur als Träger der Landesverteidigung sätzen eines Milizsystems (Art. 79 (1) BVG) – Ausreichende personelle und materielle Ausstat- • Weiterentwicklung der logistischen Strukturen, der tung der Miliz Ämter sowie der Schul- und Akademiestruktur – Einsatzfähigkeit der Milizbataillone auf nationa- ler Ebene • Verbesserung der Synergien bei der Beschaffung – Ausbildungs- und Übungstätigkeit der Milizver- militärischer Güter bände – Verbesserte Nutzung von Synergien im Rahmen – Verbesserung der Serviceleistungen für Milizsol- der Beschaffung mit anderen Ressorts (insbe- daten (One-Stop-Shop für Anliegen etc.) sondere BMI) – Beseitigen von sozialversicherungsrechtlichen – Verstärkte Kontrolle bei Großbeschaffungen und Benachteiligungen von Milizsoldaten Nutzung von Synergien im Rahmen europäischer und internationaler Kooperationen („Beschaf- • Schaffung eines neuen Berufsbildes Soldat, damit es fungsagentur“), sofern sich diese mit dem Bedarf im Bundesheer attraktive und vielseitige Karriere- und den Interessen Österreichs decken möglichkeiten gibt, um Talente aus der Wirtschaft bestmöglich für das Heer zu gewinnen und halten • Intensivierung der interministeriellen Zusammen- zu können sowie Soldatinnen und Soldaten nach arbeit zur regelmäßigen Koordinierung (vor allem um Ende ihrer Karriere im Heer eine Perspektive in der frühzeitiges Handeln und Prävention sicherzustellen) Wirtschaft zu ermöglichen. – Umsetzung der Attraktivierung des Soldaten- • Weiterentwicklung und kosteneffiziente Optimie- berufs durch geeignete Maßnahmen im Dienst-, rung der Sanitätsversorgung unter Wahrung der Besoldungs-, und Pensionsrecht medizinischen Eigenversorgung des ÖBH (insbe- – Stärkung der Durchlässigkeit zwischen Bundes- sondere zur Beseitigung des Ärztemangels); unter heer und Wirtschaft anderem verbesserte Zusammenarbeit mit zivilen – Prüfung einer verbesserten Anschlussfähigkeit Einrichtungen der militärischen Ausbildungen (z. B. für spätere Verwendung im Polizeidienst, Justizwache etc.) • Evaluierung der Kooperationen mit privaten Ver- – Erhöhung des Anteils von Frauen im Österreichi- einen und Institutionen schen Bundesheer 162 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Grundwehrdienst attraktiv machen • Weiterentwicklung aller Teilstreitkräfte Land, Luft, • Laufende Aufwertung der Stellungsstraße als erster Spezialeinsatzkräfte und der Cyberkräfte Kontaktpunkt mit dem Österreichischen Bundesheer – Weiterentwicklung der Stellung als wichtige • Das Bundesheer soll in Anbetracht der neuen Her- Säule der Gesundheitsvorsorge (Stellung als ausforderungen im 21. Jahrhundert weiterentwickelt Vorsorgeuntersuchung) werden und sich, über die Kernkompetenzen hinaus, auf konkrete Schwerpunkte fokussieren: • Sicherstellung eines attraktiven Grundwehrdienstes – ABC-Einheiten zum Schutz bei atomaren, bio- – Primär militärische Verwendung der volltaug- toxischen und chemieverursachten Katastrophen lichen Rekruten sicherstellen – Erhalt der Eigenständigkeit der militärischen Nachrichtendienste • Weiterentwicklung des Grundwehrdienstes als Zeit – Cyber Defense der Weiterbildung und Integration in die Gesellschaft – Internationale Friedenseinsätze nach Zustim- – Verankerung der digitalen Mündigkeit und des mung des Hauptausschusses des Nationalrats Erkennens von Fake-News als Schwerpunkte im – Assistenzleistungen, insbesondere Katastro- Rahmen des Grundwehrdienstes phenschutz und -hilfe – Förderung der Integration durch bedarfsge- – Nutzung von Drohnen (Schutzoperation bis zur rechte Deutschkurse und Staatsbürgerkunde Katastrophenhilfe) und Drohnenabwehr – Ausbau der wehrpolitischen Bildung (Werte, Ver- – Reaktion auf mit militärischen Mitteln ausge- antwortung gegenüber Totalitarismus, Rassismus) führte Terrorangriffe – Blackout-Vorbereitung (Sicherung und Wieder- • Reform der Tauglichkeitskriterien: In Zukunft soll herstellung kritischer Infrastruktur in enger es zwei Tauglichkeitsstufen geben: „Volltauglich“ Abstimmung mit den Netzbetreibern) heißt wie bisher uneingeschränkter Einsatz beim Bundesheer und beim Zivildienst, und „Teiltauglich“ • Die Ausrüstung soll spezifisch und im Besonderen im eine Verwendung im Büro, in der Küche oder einer Hinblick auf diese Aufgaben ausgestaltet werden. anderen individuell passenden Tätigkeit. Nur wer Daher wurden schon in den letzten Jahrzehnten auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behin- schwere Waffengattungen reduziert, da diese derung wirklich nicht dazu in der Lage ist, soll auch nicht mehr in dem Ausmaß wie zur Zeit des Kalten in Zukunft nicht zum Heer oder Zivildienst. Krieges erforderlich sind. Diese Politik wird fortge- setzt, die Kernkompetenzen in der Ausbildung sollen • Schaffung einer rechtlichen Grundlage, dass eine weiterhin sichergestellt werden. Bescheinigung der Tauglichkeit von Zivildienern (auch nach Abgabe der Zivildiensterklärung) in • Verstärkter Einsatz des ÖBH im Rahmen von Zukunft durch die Stellungsstraße erfolgt Assistenzeinsätzen nach geltender Rechtslage zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit Neue Aufgaben mit neuer Struktur • Anpassung des ÖBH an aktuelle Bedrohungslagen, • Sicherstellung und Weiterentwicklung der Kernkom- wie z. B. Cyber Defense und hybride Bedrohungen petenzen des Österreichischen Bundesheers unter – Prioritärer Ausbau der Cyber- und Drohnenab- Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeiten wehrfähigkeiten und Ausbau einer Cyber-Truppe von Bedrohungsszenarien Regierungsprogramm 2020 – 2024 163 unter besonderer Berücksichtigung der Ausbil- budgetärer Bedeckung sowie Sicherstellung der dungserfordernisse für Cyber-Defense-Personal für diese Auslands­einsätze im Rahmen des Krisen- – Verstärkte Zusammenarbeit mit Bildungs- und managements notwendigen Kapazitäten (Personal, Forschungseinrichtungen, um zusätzliches Know- Material, Betrieb) how aufzubauen, und Rekrutierung von IT-Fach- kräften im Rahmen der Miliz • Sicherstellung der Erfüllung der eingegangenen internationalen Verpflichtungen, insbesondere • Mitwirkung am nationalen Cyberlagezentrum und EU-Verpflichtungen, einschließlich der Leistung am gesamtstaatlichen Cybersicherheitszentrum eines militärischen Solidarbeitrags im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen • Beteiligung an europäischen Forschungsprojekten im Bereich der Verteidigungsforschung (z. B. Euro- • Weiterentwicklung von spezialisierten Fähigkeiten pean Defense Fund) des Österreichischen Bundesheers zur Verwendung im Rahmen solcher Assistenzeinsätze (Drohnenab- • Bekenntnis zur Luftraumüberwachung und zum wehr, ABC-Abwehr etc.) Schutz des österreichischen Luftraums durch das Österreichische Bundesheer und Aufrechterhaltung • Fortführung des Beitrags des ÖBH zur Stärkung der einer leistungsfähigen aktiven und passiven Luft- Stabilität der Westbalkan-Staaten raumüberwachung – Weiterhin Sicherstellung der Luftraum­ überwachung durch das Österreichische Krisen- und Katastrophenschutz Bundesheer durch eine adäquate und kosten- effizienteste Lösung • Entwicklung umfassender rechtlicher Rahmen- bedingungen für das staatliche Krisen- und Katas- • Umsetzung der bereits eingeleiteten Hubschrau- trophenschutzmanagement (unter Beachtung der ber-Beschaffung, als Nachfolge der auszumustern- Bundes- und Landeskompetenzen) den fünfzigjährigen Alouette III, insbesondere im – Rechtliche Klarstellung für bundesländer- oder Hinblick auf Katastrophennotlagen länderübergreifende Krisen und Katastrophen im Hinblick auf Zuständigkeiten, Befugnisse und die Informationsweitergabe Auslandseinsätze – Erhöhung der gesamtstaatlichen Resilienz und • Erstellung und Umsetzung eines gesamtstaatlichen Stärkung des Zivilschutzes Auslandseinsatzkonzepts samt entsprechenden – Ausrüstung und Strukturen für den Katastro- Kriterien auf Basis der geltenden Rechtsgrundlagen, phenschutz sind weiterzuentwickeln und an den unter Einbindung aller relevanten Ministerien, um zu erwartenden Bedarf anzupassen den gesamten Konfliktzyklus (Krisenprävention, – Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für Konfliktlösung, Mediation bis hin zur Friedenskonso- eine vereinfachte und raschere Beschaffung in lidierung) besser zu berücksichtigen Krisen- und Katastrophenfällen – Im Fall dringender humanitärer Einsätze (auch • Das ÖBH wird lagebedingt die Entsendung von abseits von Naturkatastrophen) sind flexible mindesten 1.100 Soldaten als Dauerleistung für Regelungen zur Abgeltung der Einsatzentschei- Auslandseinsätze sicherstellen, bei ausreichender dungen von Blaulichtorganisationen zu erarbeiten. 164 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Das Bundesheer ist insofern zu stärken und entspre- – Einführung eines digitalen Zivilschutz-Probe- chend auszustatten, um für Assistenzeinsätze vor alarms: Miteinbeziehung der Zivilbevölkerung allem auch im Katastrophenschutz gerüstet zu sein. per Social Media, SMS, WhatsApp usw. Im Sinne eines Gesamtkonzepts in Abstimmung mit – Einsatz für die Entwicklung eines europaweiten den zivilen Einsatzkräften ist insbesondere die Aus- Katastrophenplans, um ein schnelles Eingreifen stattung der Pioniere zu verbessern. (Siehe Kapitel zu ermöglichen – siehe Waldbrände im Sommer Landesverteidigung) 2018 in Schweden – Prüfung neuer Vereinbarungen mit den Bundes- • Überprüfung der Notfallinfrastruktur und etwaige ländern zum Zweck des Katastrophenschutzes Anpassung des Notfallplans (Stützpunkte, Hubschrauber etc.) • Sicherstellung der Fähigkeit der gesamtstaatlichen • Publikation eines regelmäßigen „Freiwilligen-Be- Kommunikation im Krisenfall (Krisenkommunikation) richts“ – Schaffung eines Krisenkommunikationsnetzes als System zur zuverlässigen, sicheren und krisen- • Weitere Stärkung und Effizienzsteigerung des staat- festen Kommunikation lichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements • Frühzeitige Vorkehrungen und Präventionsmaß- • Etablierung eines gesamtstaatlichen ressortüber- nahmen gegen erwartbare Katastrophenereignisse greifenden Lagezentrums für einen gesamtheit- treffen; Start eines Strategieprozesses zur Verstär- lichen Zugang zum Thema Sicherheit (Hochwasser, kung der Katastrophenvorsorge, um dem Entstehen Pandemie, Blackout, hybride Bedrohungen, sonstige von Krisen vorzubeugen Bedrohungen) • Prüfung der Schaffung einer Möglichkeit zur Aus- • Erstellung eines „Sicherheitszonenmodells“ für ganz zahlung von Mitteln aus dem Katastrophenfonds für Österreich, in dem alle für die Sicherheit relevanten Rettungsorganisationen, ohne Reduktion der Mittel Organisationen zusammenwirken; Ausbau der für die Feuerwehr gesamtstaatlichen Kooperation und Übungstätigkeit – Stärkung der Selbstversorgungsfähigkeit von • Stärkung des Zivilschutzes und der Eigenvorsorge Kasernen unter Berücksichtigung moderner, bzw. des Selbstschutzgedankens in der Bevölkerung nachhaltiger Technologien in Not- und Krisensituationen (z. B. Naturkatastro­ – Festlegung der notwendigen Fähigkeiten, die ein phen oder zivilisationsbedingte Gefahren wie selbstversorgungsfähiger Standort aufweisen Blackout); rechtliche Verankerung des Zivilschutzes muss (Sicherung, Wasser, Energie, Verpflegung und Sicherstellung der Basisfinanzierung etc.) • Aus diesem Grund ist es notwendig, verschiedene Szenarien durchzuspielen und zu üben. – Durchführung einer jährlichen Katastrophen- schutzübung unter Berücksichtigung verschie- denster Szenarien und Einbeziehung von zivil- gesellschaftlichen Organisationen, Institutionen und Ministerien Regierungsprogramm 2020 – 2024 165 5 Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit & Armutsbekämpfung 166 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 167 Armutsbekämpfung Es ist unsere gesellschaftliche Verantwortung und Auf- zu entwickeln, anzustreben und zu erreichen. Das Sozial- gabe der Sozialpolitik, eine Existenzsicherung zu gewähr- system ist daher als Schutzsystem zu begreifen und soll leisten, am besten über eine Teilhabe am Erwerbsleben. Erwerbsteilhabe fördern und unterstützen. Ziel ist sowohl Das umfasst auch die Verantwortung, Armut, die oftmals die soziale Absicherung von durch Armut betroffenen von Ausgrenzung und Scham begleitet wird, weiter zu be- Menschen als auch die Möglichkeit der Teilhabe am ge- kämpfen. Wir haben uns deshalb zum Ziel gesetzt, durch sellschaftlichen und kulturellen Leben ohne Ausgrenzung verschiedene Maßnahmen in der kommenden Legislatur- und Diskriminierung. periode den Anteil von armutsgefährdeten Menschen im ersten Schritt zu halbieren. Ein besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung auf die Bekämpfung von Kinderarmut. Kein Kind darf in Die Bundesregierung bekennt sich zum Prinzip der Armuts- Österreich zurückgelassen werden. Besonders Allein- bekämpfung und nimmt ihre Verantwortung wahr, die erziehende sind Mehrfachbelastungen ausgesetzt, die Möglichkeiten zu schaffen, ein eigenständiges und wirt­ ihren Familienalltag erschweren, und können so leichter schaft­lich unabhängiges Erwerbsleben führen zu können. in armutsgefährdete Lebenslagen geraten. Deshalb sind Denn existenzsichernde Arbeit, an­gemessene Löhne und bestehende Lücken im Unterhaltsvorschuss zu schließen. entsprechende Pensionen haben eine präventive Wirkung: Wo Familien nicht selbst (z. B. durch Erwerbsbeteiligung) Sie verhindern, dass Menschen überhaupt erst in Armut für die finanzielle Absicherung sorgen können, wird diese geraten. Ein gerechter Lohn ist die Basis, dass Menschen durch Sozialleistungen sichergestellt. Außerdem wird der ein gutes Leben führen können. Es gibt derzeit Bereiche in Kindermehrbetrag des Familienbonus erhöht und allen der österreichischen Wirtschaft, in denen Löhne gezahlt Erwerbstätigen mit Kindern als Negativsteuer ausbezahlt. werden, die unter den niedrigsten Kollektivvertragslöhnen der gewerblichen Wirtschaft liegen. Diese Lücke soll unter Altersarmut kann aber nicht nur im Alter verhindert Einbindung der Sozialpartner mit geeigneten Mitteln ge- werden. Ein wichtiger Schlüssel dazu liegt in der Er- schlossen werden. Erforderlichenfalls kann dieser Lücken- werbsphase. Die Bundesregierung wird daher zahlreiche schluss auch auf anderem Wege erfolgen (z. B. durch das Maßnahmen setzen, um Fraueneinkommen zu erhöhen. In Bundeseinigungsamt). Auch im Bereich der bestehenden der Pension kommen besonders auf Frauen oft finanziell Kollektivverträge gibt es Fälle, bei denen die Löhne be- sehr große Herausforderungen zu. Mit gezielten Maßnah- reits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angehoben men für diese Gruppe wollen wir die Frauenaltersarmut wurden. Wenn eine sozialpartnerschaftliche Einigung zur mindern. Um Altersarmut v. a. von Frauen zu bekämpfen, Lösung dieses Problems nicht zustande kommt, soll die überprüfen wir partnerschaftliche Formen der Elternteil- Möglichkeit geschaffen werden, eine Entscheidung durch zeit und Pensionssplittingmodelle. das Bundeseinigungsamt herbeizuführen. Österreich zeichnet sich durch ein Sozialsystem aus, auf das sich die Menschen in der Vergangenheit verlassen konnten, und auch in Zukunft verlassen können, welches sie in Notlagen existenziell absichert, bestmöglich vor Armut schützt sowie die Chance bietet, neue Perspektiven 168 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Paket zur Armutsbekämpfung Schulen agieren. Prüfung einer Verwaltungsver- einfachung durch Anstellung des neuen Support- • Stärkung von Familien mit niedrigen Einkommen personals bei einer Personalagentur des Bundes im Zuge der Steuerreform durch die Senkung des – Langfristige Absicherung der Finanzierung über Eingangsteuersatzes bei der Einkommensteuer von den FAG und gesetzliche Vorgaben über den 25 % auf 20 % sowie der Erhöhung der Untergrenze Bund des Familienbonus von 250 auf 350 Euro pro Kind und des Gesamtbetrages von 1.500 auf 1.750 Euro • Schulen mit besonderen Herausforderungen stüt- pro Kind zen – Pilotprogramm an 100 ausgewählten Schulen in ganz Österreich umsetzen, die anhand eines zu • One-Stop-Shop für Erwerbsfähige und Ausbau der entwickelnden Chancen- und Entwicklungsindex aktivierenden Hilfe (CaseManagement) grundsätzlich infrage kommen – Ursachenanalyse am Standort unter Einbezie- • Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung hung aller Schulpartner; betroffene Schulen von Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher im müssen ihre spezifischen Herausforderungen, Regelpensionsalter sowie Menschen mit Behinde- Lösungsvorschläge, finanziellen Erfordernisse rungen durch die Pensionsversicherungsanstalt/das und angestrebten Bildungserfolge darstellen Sozialministeriumservice – Kostentragung wie bisher – Zusätzliche Ressourcen (Personal, Finanzierung) durch die Bundesländer werden anhand klarer Kriterien an die ausge- wählten Schulen vergeben, aufbauend auf einem • Energieeffizienzgesetz – Maßnahmen in Form individuellen Schulentwicklungsplan mit maß- von Sachleistungen (Beratung, Sanierung, Geräte geschneiderter Unterstützung tauschen), Frühwarnsystem – Autonome Umsetzung durch die Schulleitung, Begleitung durch Bildungsdirektion sowie • Einführung eines bundesweiten, praxistauglichen wissenschaftliche Analyse Kältetelefons – Prüfung einer bedarfsorientierten Mittelzu- teilung auf Basis der Ergebnisse des Pilotpro- gramms Bedarfsgerechte Ressourcen für unsere Schulen • Prüfung der Einrichtung von Fonds für Schulveran- • Bereitstellung von Supportpersonal: Schulisches staltungen bei den Bildungsdirektionen. Damit soll Unterstützungspersonal (administrativ und psy- benachteiligten Standorten geholfen werden, die chosozial) bedarfsgerecht aufstocken, damit sich Kosten für Schulveranstaltungen (Workshops, Aus- Pädagoginnen und Pädagogen auf bestmöglichen flüge etc.) abzudecken – eventuell gespeist durch Unterricht konzentrieren können regionale Unternehmen. – Mehr Support durch unterstützendes Personal (z. B. Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Assis- • Qualitätsvolle Bildung und Förderung von Anfang an tenz, administratives Personal); klare Aufgaben- und für alle Kinder teilung und Konsolidierung unterschiedlicher Auf- – Wir setzen uns als Bundesregierung für eine gaben (und Titel) des Unterstützungspersonals Bund-Länder-Vereinbarung zum möglichst flä- – Unterstützendes Personal ist dienstrechtlich chendeckenden, qualitätsvollen, VIF-konformen bei den Bildungsdirektionen anzudocken, soll Ausbau elementarer Bildungsplätze ein (Kinder- aber als Teil des pädagogischen Teams an den gärten und Kinderkrippen für unter 3-Jährige) Regierungsprogramm 2020 – 2024 169 zur Erreichung der Barcelona-Ziele – inklusive verschränktes Angebot soll auch in jenen Regionen der bedarfsgerechten Errichtung von Betriebs- zur Verfügung stehen, in denen es dieses bisher kindergärten und -kindergruppen. nicht gibt. – Der Zweckzuschuss in der 15a-Vereinbarung in der Elementarpädagogik wird ab dem Kinder- • Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche ver- gartenjahr 2020/21 wesentlich erhöht. bessern und österreichweite Talentechecks als Teil – Um den raschen weiteren Ausbau von qualitäts- des Unterrichts für alle 14-Jährigen in unterschied- vollen Bildungsplätzen in elementarpädagogi- lichen Schulformen mit begleitender Beratung für schen Bildungseinrichtungen sicherzustellen und Eltern einführen, unter Einhaltung höchster Daten- den Betreuungsschlüssel zu verbessern, startet schutzstandards und Klärung der Datenrechte die Bundesregierung eine Ausbildungsoffensive für Elementarpädagoginnen und -pädagogen, insbesondere in den berufsbegleitenden Kollegs Schnittstellen zu anderen Materien für Elementarpädagogik. • Justiz • Weiterentwicklung von Fördermaßnahmen für – Evaluierung der letzten Novelle zum Insolvenz- Kinder mit Förderbedarf aus dem Kinder­garten recht bei Eintritt in die Volksschule bis zur neuerlichen – Verbesserung der Verbraucherinformation zum Überprüfung der Förderwürdigkeit. Das bestehende Basiskonto Schulreifescreening wird evaluiert. • Gesundheit • Mehr Ferienbetreuung und Sommerunterricht für – Bundes-Zielsteuerungskommission – Entbürokra- jene, die es brauchen, um Eltern zu entlasten tisierung: niederschwelliger Zugang zu Gesund- – Mehr Förderstunden für Schülerinnen und heitsleistungen für alle Schüler am Nachmittag (unter Nutzung des – Vollfinanzierte Therapieplätze im Bereich bestehenden Systems der verpflichtenden Psychotherapie Förderstunden) – Bessere Zahnleistungen gewährleisten – Ausarbeitung eines Konzepts als Angebot für die Gemeinden zur verstärkten Einbeziehung der • Menschen mit Behinderung Eltern in die Sprachförderung (aktive Eltern- – Überarbeitung der Unterhaltsklagsverpflichtung arbeit, „Mama lernt Deutsch“) im ABGB im Bereich Menschen mit Behinderung – Fachliche und pädagogische Konzeption von – Absicherung von Menschen mit Behinderung speziellen Ferienangeboten sowie österreichweit einheitliche Angebotsumsetzung (z. B. Schwer- • Bekenntnis zu konsumfreien Räumen punktkurse, Praxiswochen, Unternehmenswo- chen, Sprach-, Sport- und Kulturangebote etc.) • Sensibilisierungsstrategie im Umgang mit Minder- mit sozial gestaffelten Beiträgen (in Zusammen- heiten und Menschen am Rande der Gesellschaft arbeit mit den Ländern) • Überprüfung der Instrumente zur Messung und der • Ausbau ganztägiger Schulen: Bedarfsgerechter politischen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung Ausbau ganztägiger Schulformen zur Ermöglichung unter Vermeidung von Doppelgleisigkeiten der Wahlfreiheit für Eltern. Ein unverschränktes bzw. 170 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Einrichtung eines Unterausschusses „Armutsbe- • Ausbau von engagementfördernder Infrastruktur kämpfung“ (z. B. Freiwilligenagenturen) in enger Abstimmung mit Ländern und Gemeinden (insbesondere für jüngere und ältere Menschen) Gemeinnützigkeit, ehrenamtliches Engagement, Freiwilligentätigkeit • Evaluierung des Freiwilligengesetzes im Hinblick auf und Zivilgesellschaft die Relevanz für alle Freiwilligen in Österreich • Schaffung eines Ehrenamtsgütesiegels, um die • Gleichberechtigter Zugang gemeinnütziger Organi- freiwillige und zivilgesellschaftliche Arbeit und die sationen bei Start-up-, Innovations- und Digitalisie- dadurch erworbenen Qualifikationen (insbesondere rungsförderung bei jungen Menschen) zu zertifizieren, zu dokumen- tieren und gegebenenfalls bei Bewerbungen zu • Anerkennung der Gemeinnützigkeit bei der Vergabe berücksichtigen öffentlicher Aufträge und Förderungen • Einrichtung einer Koordinations-, Beratungs- und • Verbesserung der Rechtssicherheit und Planbarkeit Servicestelle für Freiwillige, gemeinnützige Vereine, bei Erbringung gemeinwohlorientierter Leistungen Stiftungen und soziale Unternehmen (bei Förderungen) • Überprüfung der Abgrenzung von Ehrenamt und • Förderung von Innovationsprojekten im Bereich Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger gemeinnütziger Arbeit und Partizipation Beschäftigung • Inklusion und Integration in Zivilgesellschaft und • Arbeitsgruppe mit betroffenen Stakeholdern zur Ehrenamt fördern Einrichtung eines eigenen Satellitenkontos in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, um auch die wirtschaftliche Bedeutung von gemeinnütziger, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zivilgesellschaftlicher und freiwilliger Arbeit sichtbar • Aufwertung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) zu machen bei gleichzeitiger Attraktivität des Zivildienstes – Arbeitsgruppe mit betroffenen Stakeholdern zur – Anhebung der Entschädigung für die Teilnehme- Einrichtung eines eigenen Satellitenkontos in der rinnen und Teilnehmer VGR, um unbezahlte Haus- und Familienarbeit – Ersatz der Kosten für den öffentlichen Verkehr sichtbar zu machen (kostenlose Österreichcard für FSJ-Teilnehmerin- nen und -Teilnehmer) • Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Modernisierung – Allfällige Anrechnung des FSJ auf einschlägige des Gemeinnützigkeitsrechts und steuerrechtlicher Ausbildungen im sozialen Bereich Rahmenbedingungen für Gemeinnützige unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern des betroffenen Sektors Gedenkdienst stärken • Aufwertung des Gedenkdienstes • Entwicklung einer nationalen Strategie für das Frei- willigenengagement („Stakeholderprozess“) • Stärkung der Trägerorganisationen Regierungsprogramm 2020 – 2024 171 Pflege Pflegebedürftigkeit ist eines der großen unberechenbaren Um Menschen zu ermöglichen, weiterhin in ihrem Zuhause Risiken des Lebens wie Unfall, Krankheit oder Arbeitslosig- betreut zu werden, wird zur Entlastung der pflegenden keit. Mehr als 460.000 Menschen beziehen in Österreich Angehörigen die mobile Pflege und Betreuung ausgebaut Pflegegeld und mehr als 950.000 Menschen pflegen ihre und weiterentwickelt. Ziel ist es, Entlastungsangebote, Angehörigen. Die demographischen Entwicklungen lassen wie zum Beispiel eine Ersatzpflege und die Möglichkeit, diese Zahlen in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. einmal pro Monat einen pflegefreien Tag zu bekommen, Die Bündelung und der Ausbau der bestehenden Finan- zu schaffen. Die Pflege eines bzw. einer Angehörigen zierungsströme (Pflegeversicherung) seitens des Bundes soll möglich und mit dem Beruf vereinbar sein, wenn sie werden dazu beitragen, diese Heraus­ forderungen zu gebraucht wird. Durch ein ausgeweitetes Angebot an meistern. Beratung und Information sollen Pflegende zusätzlich in ihrer Arbeit unterstützt werden. Qualitätsvolle Pflege ermöglicht ein Leben in Würde. Daher soll jeder Mensch, der sie benötigt, die bestmögli- Ziel der neuen Bundesregierung ist es, qualitätsvolle Pflege che Pflege erhalten. Die neue Bundesregierung erkennt die auch in Zukunft zu sichern. Eine Personaloffensive sowie großartige Arbeit, die bereits jetzt in diesem Bereich, so- eine Erweiterung und Flexibilisierung des Ausbildungsan- wohl von engagierten Pflegerinnen und Pflegern als auch gebots werden dem Pflegekräftemangel entgegengesetzt. im Rahmen der Familienarbeit, in der Regel von Frauen, Um die vorhandenen finanziellen, personellen und fach- mit großer Sorgfalt und Zuwendung geleistet wird, an. Der lichen Ressourcen und Mittel bestmöglich einzusetzen und Staat Österreich darf die Verantwortung dafür aber nicht die zukünftigen Versorgungsstrukturen zu planen, wird allein auf die Schultern der Angehörigen laden, sondern es eine neue, engere und strukturierte Zusammenarbeit hat seine wichtige Aufgabe wahrzunehmen. Das best- zwischen allen Akteurinnen und Akteuren geben. mögliche Zusammenspiel zwischen der professionellen Pflege, den Unterstützungsstrukturen und der Betreuung Eine besondere Form der Pflege stellt die Palliativ- und zu Hause gilt es, politisch auszuloten. Hospizpflege dar. Diese versucht, Menschen mit unheil- baren Krankheiten ein Lebensende in Würde zu ermög- Es ist deshalb unsere Aufgabe, pflege­bedürftigen älteren lichen. Diese Form der Pflege hat in Österreich oftmals Menschen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der durch das Engagement von vielen Freiwilligen funktioniert. Pflegebedürftig­keit auf solidarische Unterstützung an­ Gerade in dieser schwierigen Zeit braucht es aber eine gewiesen sind. Es ist daher notwendig, in Abstimmung unkomplizierte und vor allem sichere Stütze für pflege- mit den zuständigen Bundesländern eine grundlegende bedürftige Menschen und ihre Angehörigen. In dieser Reform der Pflege sicherzustellen. Wir werden einen Fokus Legislaturperiode wird die Finanzierung der Palliativpflege auf die bestmögliche Unterstützung von betreuungs- und und des Hospizes auf sichere Beine gestellt. pflegebedürftigen Menschen sowie ihrer An- und Zu- gehörigen und Pflegenden legen. Dazu zählt neben mehr Weiters ist es wichtig, den Gesundheits- sowie Pflege- Wertschätzung auch die Möglichkeit, durch präventive bereich stets gesamthaft zu betrachten. Ziel muss es Maßnahmen persönliche, gesundheitliche oder gar finan- sein, durch Prävention und Rehabilitation den Anteil an zielle Folgen im Alter abzufedern. Gerade sogenannte gesunden Jahren zu erhöhen und somit Pflegebedürftig- „young carers“ (pflegende Kinder und Jugendliche) sind keit so lange wie möglich zu vermeiden. verstärkt präventiv zu entlasten. 172 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Grundprinzipien Unterstützung pflegender Angehöriger • Die Unterstützung von betreuungs- und pflegebe- dürftigen Menschen und ihrer An- und Zugehörigen • Ziel ist die Einführung eines Pflege-Daheim-Bonus ist nicht nur Aufgabe der Familien selbst, sondern für pflegende Angehörige. ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. • In Zusammenarbeit mit den Ländern: Ausbau der • Schwerpunkt rechtzeitige Prävention, bei Pflege- kostenlosen und wohnortnahen Beratung zu Pflege bedürftigen, pflegenden Angehörigen und Pflege- und Betreuung für pflegebedürftige Menschen und kräften deren Angehörige bzw. Case Management in Fragen zu Unterstützungsangeboten, Finanzierung, Rechts- • So viel wie möglich daheim und ambulant – so viel fragen; zur Gestaltung von individuellen Pflege- und wie nötig stationär Betreuungsarrangements • Wohnortnahe und dezentrale Angebote • Stärkung der Selbsthilfe und Zivilgesellschaft sowie des ehrenamtlichen Engagements: stärkere Förde- • Personaloffensive rung von Angehörigengruppen, Besuchsdiensten und Koordination von Freiwilligen • Weiterentwicklung des bestehenden Systems der Pflegesicherung und Sicherstellung der Finanzierung • Pflegefreier Tag als Unterstützung für pflegende Angehörige und Burn-out-Prophylaxe: Ziel ist es, • Betreuung und Pflege sind weiblich – entsprechen- dass Angehörige, die die Pflege und Betreuung den Fokus setzen übernehmen, das Recht auf einen pflegefreien Tag pro Monat erhalten. • Pflegebedürftigkeit vermeiden bzw. den Anteil an gesunden Jahren im Lebenslauf erhöhen • Unterstützung von Kindern und Jugendlichen als pflegende und betreuende Angehörige: erhöhte • Präventive Entlastung für pflegende Angehörige, Aufmerksamkeit gegenüber dieser Gruppe und insbesondere der „young carers“ (pflegende Kinder Erarbeitung zielgruppenorientierter und innovativer und Jugendliche) Unterstützungsangebote • Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ist verstärkt das Bewusstsein für die Lebenssituation pflegender Angehöriger zu schaffen, die Pflegeteil- zeit oder -karenz beanspruchen (wollen). Es werden Rahmenbedingungen gefordert, die es ermöglichen, individuelle und flexible Arbeitsarrangements zu vereinbaren (z. B. Arbeitszeit, Teleworking ...). Regierungsprogramm 2020 – 2024 173 • Die Rahmenbedingungen der selbstständig Erwerbs- tendmachung dieser Versicherung soll auch länger tätigen beim Pflegekarenzgeld werden im Sinne der als drei Jahre rückwirkend möglich werden. Mit Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert. der Pflegegeldzuerkennung soll eine automatische Information über die Pensionsversicherungsmöglich- • Pflegende Angehörige von an Demenz erkrankten keiten für pflegende Angehörige erfolgen. Menschen unterstützen: In der Demenzstrategie – Anspruch auf Pensionsversicherung auch ohne wird eine Reihe von Handlungsempfehlungen vorangegangene Erwerbszeiten beschrieben. Wir setzen einen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Entlastung und Begleitung von pflegenden Angehörigen. Sie werden über speziell Finanzierung geschultes Personal bzw. ambulante gerontopsychi- atrische Dienste und adäquate Betreuungsangebote • Palliativpflege und Hospiz in die Regelfinanzierung sowie Tagesbetreuungen mit gerontopsychiatri- überführen schem Schwerpunkt unterstützt. • Weiterentwicklung der Aufgaben der AUVA unter • Demenzstrategie österreichweit ausrollen und mit Berücksichtigung von Vorsorge, Gesundheit und Ressourcen versehen Pflege • Projekt Community Nurses in 500 Ge­meinden: • Pflegeversicherung – Bündelung und Ausbau der Angehörige erhalten professionelle Unterstützung bestehenden Finanzierungsströme aus dem Bundes- von Community Nurses als zentrale Ansprechper- budget unter Berücksichtigung der demografischen sonen für die zu Pflegenden, die Angehörigen, zur und qualitativen Entwicklungen (z. B. Pflegegeld, Koordination von mobilen Pflege- und Betreuungs- Pflegefonds, Hospizausbau, Zweckzuschuss Regress, diensten, medizinischen und sozialen Leistungen Förderung 24-Stunden-Betreuung, Pflegekarenz/ sowie zur Koordination von Therapien. Community Teilzeitgeld, Ersatzpflege, SV pflegender Angehö- Nurses haben eine zentrale Bedeutung im Präven- riger etc.), Einrichtung einer Taskforce „Pflegevor- tionsbereich, also vor Eintreten der Pflegebedürftig- sorge“ – Bund-Länder-Zielsteuerungskommission keit (präventive Hausbesuche ab dem 75. Lebens- zur Zielsteuerung, Abstimmung und Koordination jahr, Ernährung, Mobilität etc.). aller Stakeholder unter anderem zur gemeinsamen Steuerung der Angebots- und Bedarfsplanung, • Rechtssicherheit für Eltern von Kindern mit chroni- Evaluierung von Best-Practice-Beispielen, Ergebnis- scher Krankheit bzw. Behinderung in Abstimmung qualitätssicherung in den Bereichen häuslicher und mit den Ländern: Kinder mit chronischen Erkrankun- stationärer Pflege und alternativer Wohnformen gen oder einer Behinderung brauchen Sicherheit für – U. a. bessere Absicherung von Krisenpflegeeltern ihr weiteres, selbstbestimmtes und abgesichertes sowie Pflegeeltern und deren Pflegekinder Leben nach dem Tod der sie pflegenden Eltern, auch wenn diese Kinder im Erwachsenenalter sind. Dazu gilt es, Wohn- und Arbeitsmodelle zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen. • Ausweitung der Möglichkeit der Selbst- und Weiter- versicherung als pflegende Angehörige: Die Gel- 174 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Weiterentwicklung des Pflegegeldes • GuKG-Novelle zur Kompetenzausweitung für DGKS • Neubewertung der Einstufung nach betreuendem, • Einführung einer Pflegelehre PFA unter Berücksichti- pflegerischem und medizinischem Bedarf unter gung eines altersspezifischen Curriculums besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung • Durchlässigkeit zwischen allen Pflege-, Betreu- ungs- und Sozialberufen – Anrechenbarkeit von • Verbesserung der Demenzbewertung Vorkenntnissen – kein Ausbildungsabschluss ohne beruflichen Anschluss • Entwicklung eines Pflegegeldsystems, in dem alle Bedarfe berücksichtigt sind • Ausweitung von Qualifizierungsprogrammen für Menschen mit Migrationshintergrund (z. B. Sprache) • Weiterentwicklung des Pflegegeld-Einstufungspro- zesses (Mehr-Augen-Prinzip) • Imagekampagne – Berufsberatung vor Ort, Attrakti- vierung des Berufsbildes Personal und Ausbildung • Ausbau und Flexibilisierung von ambulanten Diens- ten im Bereich Pflege und Betreuung; Ersatz- und • Prüfung der Etablierung eines Ausbildungsfonds Entlastungspflege für pflegende Angehörige (z. B. im Krankheitsfall): Sicherstellung von finanzieller • Ansprechen von neuen Zielgruppen (zweiter und Unterstützung dritter Bildungsweg, Angehörige mit Pflegeerfahrung) • Weiterentwicklung des bestehenden Qualitätszerti- • Fachkräftestipendien, Bildungskonto, Implacement­ fikats ÖQ24 unter Berücksichtigung der Bedin- stiftung gungen von Betroffenen sowie Betreuerinnen und Betreuern • Vereinfachung von Nostrifizierungen • Schaffung einer Möglichkeit zur Beschäftigung einer • Berufsbegleitende Ausbildungseinrichtungen 24-Stunden-Betreuung für mehrere Kundinnen und Kunden • Vorbereitungslehrgänge nach der Pflichtschule an Schulen für Sozialbetreuungsberufe – Überbrückung • Prüfung der Reduktionsmöglichkeiten von Dokumen- tations- und Bürokratieverpflichtungen (Entbüro- • Implementierung der PFA-Ausbildung in BHS und kratisierung, u. a. auch OPCAT), Abbau von Doppel- der PA-Ausbildung in BMS gleisigkeiten • Aufnahme aller Pflegeberufe in die Mangelberufs- • Überprüfung der Wirkungsorientierung der liste; Zuwanderinnen und Zuwanderer unterstützen Dokumentationsverpflichtungen unter besonderer (Migrants-Care-Programme) Berücksichtigung der OPCAT • GuKG-Novelle zur Kompetenzausweitung für Pflege- • Entbürokratisierung des Zugangs zu Heilbehelfen kräfte: Pflegefachassistenz und Hilfsmitteln Regierungsprogramm 2020 – 2024 175 • Qualitätssicherung der 24-Stunden-Betreuung Ziel: verpflichtendes Qualitätszertifikat für Agenturen – Weiterentwicklung des Qualitätszertifikats für Agenturen, Mindesttarif, erhöhter Anreiz für Anstellungen und Arbeitsbedingungen des Betreuungspersonals; Qualitätssicherung durch Verschränkung mit regionalen, ambulanten Pflegestrukturen Chancen der Digitalisierung • Arbeitsalltagserleichterung • Prüfung der Nutzung des bestehenden E-Card-Sys- tems für Pflegeleistungen • Möglichkeit zur anonymisierten Nutzung von Pflegedaten zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Weiterentwicklung des Pflege­systems unter Berück- sichtigung des Datenschutzes • Etablierung einer umfassenden Informationsplatt- form für Betroffene und Angehörige: Informationen sollen besser zur Verfügung gestellt werden 176 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Pensionen Das österreichische Pensionssystem zeichnet sich durch alter an das gesetzliche heranzuführen. Investitionen in Sicherheit und Klarheit aus. Es gibt zwar immer wieder die Gesundheit von Menschen reduzieren nachweislich Adaptionsbedarfe, aber wir brauchen keine grundlegende Arbeitsunfähigkeit und Kosten im Gesundheits- wie auch Neuausrichtung. Was es braucht, sind Bemühungen, im Pensionssystem. Deshalb setzen wir Maßnahmen, um Lücken und Ungerechtigkeiten im Pensionssystem zu das effektive Pensionsantrittsalter deutlich zu erhöhen: schließen und Nachhaltigkeit sicherzustellen. Unser Ziel Menschen sollen in ihrer Arbeit gesund bis ins Pensions- ist es, ein Altern in Würde zu ermöglichen. alter kommen. Um das zu erreichen, schaffen wir ein be- triebliches Gesundheitsmanagement, das den Erhalt der Um unser Pensionssystem auch für die nachkommenden Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Generationen sichern zu können, braucht es neben einer besonders in den Vordergrund stellt. Dieser Zugang hohen Beschäftigung Maßnahmen zur Stärkung der Ge- erleichtert auch ein Frühwarnsystem unter den Sozialver- sundheit im Erwerbsleben und Möglichkeiten zur aktiven sicherungsträgern und ermöglicht ein an Klientinnen und Wahrnehmung der Selbstbestimmung in der Lebens- Klienten orientiertes Casemanagement, das die Gesund- planung. Dazu zählt auch die bessere Information über heitsinteressen in den Mittelpunkt stellt. nachteilige Folgen eines verfrühten Antritts im Hinblick auf die verbleibenden Jahre in der Pension. Gesundheitserhaltende und -fördernde Maßnahmen wer- den einsetzen, bevor Menschen schwere Einschränkungen Diese Bundesregierung verfolgt das Ziel, Armut im Alter ihrer Arbeitsfähigkeit erleiden. Gesundheitliche Reha- deutlich zu reduzieren und nach Möglichkeit zu über- bilitation wird in Zukunft bereits frühzeitig und berufs- winden. begleitend als ambulante Rehabilitation verfügbar sein. Wir werden Menschen und Betrieben Mittel in die Hand Altersarmut kann aber nicht nur erst im Alter verhindert geben, um reagieren zu können, ehe Menschen gesund- werden. Ein wichtiger Schlüssel dazu liegt in der Erwerbs- heitsbedingt aus der Arbeitswelt ausscheiden. Ziel ist es, phase und bei niedrigen (Frauen-)Einkommen. Die Bundes- dass Menschen möglichst lange bei guter Gesundheit im regierung wird daher zahlreiche Maßnahmen umsetzen, Erwerbsleben bleiben können. Wir wollen die Gesund- um Fraueneinkommen zu erhöhen und die partnerschaft- heitsinteressen der Menschen in den Mittelpunkt stellen, liche Aufteilung von Familien- und Betreuungsarbeit zu Türen öffnen und (bürokratische) Hürden abbauen. fördern. In der Pension kommen besonders auf Frauen oft finanziell sehr große Herausforderungen zu. Mit gezielten Maßnahmen für diese Gruppe wollen wir die Frauenalters- armut mindern. Wir wollen, dass Österreicherinnen und Österreicher län- ger gesundheitlich uneingeschränkt leben können. Dazu müssen wir einen Fokus auf Prävention, Rehabilitation und Stärkung der Gesundheitskompetenz der oder des Einzelnen setzen, damit der Anteil der gesunden Jahre für alle erhöht wird. Die Gesundheit der Beschäftigten ist das beste und effektivste Mittel, um das tatsächliche Pensions- Regierungsprogramm 2020 – 2024 177 Kampf gegen Altersarmut und • Freiwilliges Pensionssplitting nachhaltige Finanzierung des – In jeder Form der Partnerschaft (Ehe, eingetra- Pensionssystems durch Heranführung gene Partnerschaft, freiwillige Vereinbarung bei des faktischen an das gesetzliche Lebensgemeinschaften) Pensionsantrittsalter – Aufteilung der zusammengerechneten Beitrags- grundlagen beider Partnerinnen/Partner und • Aufklärung über Kündigungsanfechtung allein bei Gutschrift auf dem jeweiligen Pensionskonto zu Erreichen des Pensionsalters jeweils 50 % – Ausgenommen KEZ • Verstärkte Informationen zu den Konsequenzen – Für jeweils zukünftige Zeiten von Teilzeitarbeit und fehlenden Beitragsjahren (in – Mit jederzeitiger Beendigung einem Pensions-/Teilzeitrechner) • Weitere Maßnahmen werden geprüft, um das • Darstellung der Ab- bzw. Zuschläge nicht nur auf faktische an das gesetzliche Pensionsantrittsalter monatlicher Basis, sondern bis zur statistischen anzunähern. Lebenserwartung • Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung Gesund bis zur Pension: Verbleib im von Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher im Regel- Erwerbsleben unterstützen pensionsalter sowie Menschen mit Behinderungen durch die Pensionsversicherungsanstalt bzw. das • Zielgerichtete Optimierung der Altersteilzeit im Sozialministeriumservice – Kostentragung wie bisher Hinblick auf Förderung und Erhalt der Gesundheit durch die Bundesländer am Arbeitsplatz • Anreize setzen und fördern, die zu einer partner- • Verstärkte Anreize für Betriebe, gezielt Gesund- schaftlicheren Aufteilung der Arbeitszeit zwischen heits- und Alter(n)smanagement zu betreiben, das beiden Elternteilen führen Arbeitsumfeld altersgerecht und gesundheitsför- dernd zu gestalten sowie passende Arbeitsmodelle • Automatisches Pensionssplitting anzubieten – Mit einmaliger, zeitlich befristeter Opt-out-Mög- – Verstärktes Augenmerk auf den Arbeitsmarkt lichkeit der Generation 50+ – Abgestellt auf gemeinsame Kinder – Bestmöglicher Zugang für Kinder und Jugend- – Bis zur Vollendung des 10. Lebensjahrs, ausge- liche, Erwerbstätige sowie Seniorinnen und nommen KEZ Senioren zu Rehabilitation – Praxistaugliche und faire Lösung für Patch- work-Familien • Prüfung der Ausweitung des Modells der Wiederein- – Aufteilung der zusammengerechneten Beitrags- gliederungsteilzeit grundlagen beider Elternteile und Gutschrift auf dem jeweiligen Pensionskonto zu jeweils 50 % 178 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Stärkung und Ausbau der Unterstützung des von Informationen aus der betrieblichen Sphäre, betrieblichen Gesundheitsmanagements der ärztlichen Versorgung etc.) – Auf betrieblicher Ebene: Bericht, Zielerfassung – Früherkennungssystem bei den Sozialversiche- und Maßnahmen auf freiwilliger Basis. Für rungsträgern etablieren Betriebe unter 50 Mitarbeiterinnen und Mit- – Klientinnen- und klientenorientiertes, öster- arbeitern gibt es dafür Unterstützung seitens reichweites Case-Management durchführen und der AUVA. standardisieren – Wissenschaftliche Prüfung von Experience – Case-Management bereits bei drohender beruf- Rating als Maßnahme zur Verhinderung von licher Einschränkung (noch vor Rehageldbezug) Berufs- und berufsbedingten Erkrankungen etablieren sowie von daraus resultierendem, frühzeitigem – Berufsbegleitende ambulante Rehabilitations- Ausscheiden aus dem Erwerbsleben; Evaluierung maßnahmen entwickeln und ausbauen auch im der Schwerarbeit Bereich der Telerehabilitation, insbesondere für – Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Gruppen, die bisher für Rehabilitationsmaßnah- Bedienstete in Sozial- und Pflegeberufen, z. B. men schwer erreichbar waren Gesundheitschecks etc. – Entwicklung eines Erstattungsmodells für ambu- – Wirksames Anreizsystem für Unternehmen lante Rehabilitationsmaßnahmen im Ausmaß der zur Erhöhung der Teilnahme an betrieblichen Dienstverhinderung Gesundheitsprogrammen – Überprüfung der Wirkung von Rehabilitations- und Umschulungsgeld auf die soziale Absiche- • Kooperation zwischen Krankenversicherung, AMS rung der Betroffenen und Pensionsversicherung sicherstellen, um Präven- – Maßnahmen der beruflichen und medizinischen tion von Berufsunfähigkeit effektiv zu betreiben und Rehabilitation auch für Menschen ohne Berufs- Frühintervention zu schaffen schutz • Grundsatz Prävention, Rehabilitation und Erwerbs- • Ausbau der ambulanten Rehabilitation integration vor Pension; Early Intervention: klien- tinnen- und klientenorientiertes Case Management unter Berücksichtigung beruflicher Belastungen, um die Gesundheit der einzelnen Menschen zu erhalten sowie die Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnah- men sowohl in gesundheitlicher als auch in beruf- licher Hinsicht zu erhöhen – Weiterentwicklung der Vorsorgeuntersuchung (Einbeziehung typischer beruflicher Risiken) – Informationsaustausch zwischen den zuständi- gen Sozialversicherungsträgern, um auf erkannte gesundheitliche Risiken reagieren und frühzeitig entsprechende Angebote machen zu können – Etablierung von Einladungssystemen für Vor- sorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (aufgrund Regierungsprogramm 2020 – 2024 179 Arbeit Wir als Bundesregierung werden alles tun, damit ein gutes Die neue Bundesregierung wird dem Fachkräftemangel Leben für alle in unserem Land erhalten bleibt und von He- aktiv entgegenwirken. Dazu haben wir mit dem System rausforderungen wie der fortschreitenden Digitalisierung der dualen Ausbildung ausgezeichnete Voraussetzungen. und Klimakrise nicht gefährdet wird. Wir werden einen Deshalb wollen wir den Stellenwert der Lehre aufwerten breiten gesellschaftlichen Dialog unter Einbindung aller und die Durchlässigkeit zwischen höherer Schul- und relevanten Stakeholder (Sozialpartner, Zivilgesellschaft Berufsausbildung erhöhen. Es geht dabei auch um die etc.) über die Zukunft der Arbeit und dabei vor allem über Unterstützung der Lehre als zweiten Bildungsweg und die die Aspekte Digitalisierung, Vereinbarkeit von Familie und Förderung von Mädchen in technischen Be­rufen. Gleich- Beruf, Arbeits- und Lebensqualität führen. zeitig wollen wir durch die Moder­nisierung der Curricula und die Schaffung neuer Lehrberufe, unter anderem im Die Bundesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, Digital-, Klima- und Umweltbereich, den Lehrberuf fit für Umwelt, Wirtschaft und Arbeitswelt angesichts dieser die Anforderungen des 21. Jahrhunderts machen. Herausforderungen gemeinsam zu denken und für eine sozial verträgliche Bewältigung der Herausforderungen Unser Ziel als Bundesregierung ist es, so viele Menschen (Just Transition) zu sorgen. Das umfasst, dass Erwerbs- wie möglich in ein nachhaltiges Beschäftigungsverhältnis einkommen auch vor Armut schützen. Verstärkter Einsatz zu bringen, auch weil Erwerbsarbeit eine der besten Maß- in den Bereichen Bildung, Weiterbildung, nachhaltige nahmen gegen Armut ist. Für das Arbeitsmarktservice Qualifikation und berufliche Umorientierung sollen sicher- (AMS) muss in der Arbeit ein klarer Fokus darauf liegen, stellen, dass auch in Zukunft ausreichend gut ausgebildete so viele Menschen wie möglich in nachhaltige Arbeits- und motivierte Fachkräfte zur Verfügung stehen. Gerade verhältnisse zu vermitteln. Branchen und Betriebe, bei denen die Digitalisierung oder die Klimakrise eine besondere Rolle spielt, sollen aktiv Arbeit mit einem Einkommen, von dem man leben kann, dabei unterstützt werden, zukunftsfit zu werden. ist ein wesentlicher Schlüssel der Armutsbekämpfung. Es gibt derzeit Bereiche in der österreichischen Wirtschaft, Die Arbeitsmarktsituation hat sich in den letzten Jahren in denen Löhne gezahlt werden, die unter den niedrigsten positiv entwickelt. Einige Gruppen konnten davon jedoch Kollektivvertragslöhnen der gewerblichen Wirtschaft lie- weniger profitieren. Genau für jene Gruppen wollen wir gen. Diese Lücke soll unter Einbindung der Sozialpartner gezielte Maßnahmen setzen, dazu zählen Unterstützungs- mit geeigneten Mitteln geschlossen werden. Erforder- angebote sowie Maßnahmenpakete, um Perspektiven zu lichenfalls kann dieser Lückenschluss auch auf anderem geben und den Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit zu Wege erfolgen (z. B. durch das Bundeseinigungsamt). ermöglichen. Dabei spielen auch gemeinnützige, sozialöko- Auch im Bereich der bestehenden Kollektivverträge gibt nomische Betriebe und Beschäftigung eine wichtige Rolle. es Fälle, in denen die Löhne bereits seit mehreren Jahr- zehnten nicht mehr angehoben wurden. Wenn eine sozial- Ziel ist es, dass Österreich wieder zu einem der Länder mit partnerschaftliche Einigung zur Lösung dieses Problems der geringsten Arbeitslosigkeit im EU-Vergleich wird. Zur nicht zustande kommt, soll die Möglichkeit geschaffen Attraktivierung der Beschäftigung in Österreich wird eine werden, eine Entscheidung durch das Bundeseinigungsamt zielgerichtete Arbeitsmarktpolitik verfolgt, die positive Be- herbeizuführen. schäftigungsanreize schafft, betriebsnahe Qualifizierung fördert sowie eine passende Vermittlung ermöglicht. 180 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Die Bundesregierung setzt sich zusätzlich das Ziel, die – Unterstützung und Forcierung von Ausbildungs- finanzielle Eigenständigkeit und ökonomische Unabhän- verbünden gigkeit von Frauen zu stärken. Zu guter Arbeit und einem – Bessere Durchlässigkeit zwischen Lehre und guten Leben gehört eine gute Vereinbarkeit von Freizeit, anderen Bildungswegen Familie, Erholung und Beruf. Durch Maßnahmen wie u. a. – Bereitstellung von Maßnahmen zur Qualifizie- die Überprüfung von partnerschaftlichen Formen der rung, Beratung, Betreuung und Vermittlung zur Elternteilzeit und Pensionssplittingmodellen wollen wir raschestmöglichen Integration in den Arbeits- Familien ermöglichen, eine partnerschaftliche Aufteilung markt von Asylberechtigten und subsidiär von Familien- und Betreuungsarbeit zu fördern. Schutzberechtigten – Anspruch auf Berufsorientierung und beglei- tende Unterstützung bei Entwicklung und Fachkräftebedarf sichern – Umsetzung eines Berufsausbildungsplans für betriebliche Lehrausbildung stärken Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher – Unterstützung von jungen Menschen bei Schul- • Schaffung neuer Lehrberufe und Berufsbilder im abbruch in Produktionsschulen und vergleich- Umwelt- und Klimaschutzbereich und Curricula baren Einrichtungen bestehender Lehrberufe laufend modernisieren – Modularisierung der Berufsausbildung voran- treiben • Aufwertung der Lehre – Förderung von Mädchen in Technikberufen – Lehre nach Matura fördern – Meister- und Befähigungsprüfungen durch ein – Unterstützung der 2. Lehre Bonus-/Prämiensystem unterstützen – Lehrlingscoaching absichern – Querfinanzierungen zwischen Arbeitsmarktpoli- – Ausreichende Finanzierung der ÜBA, inkl. tik und IEF überprüfen/verbessern in Zusammen- Unterstützungsmaßnahmen für Jugendliche mit hang mit Lehrlingsausbildung besonderem Förderungsbedarf – Weiterführung der Förderung der Lehre 18plus – Unterstützungsmaßnahmen für Lehrlingsausbil- – Prüfung des Vorarlberger Modells zur Lehrlings- dung in Betrieben für Jugendliche mit besonde- finanzierung rem Förderungsbedarf – Prüfung der Weiterentwicklung der Lehrberufs- ausbildung, insbesondere unter folgenden Schnittstelle Arbeitsmarkt / Gesichtspunkten Digitalisierung / Klimaschutz / • Förderung betrieblicher Lehrstellen mit Zukunftsherausforderungen integrierter Qualitätssicherung • Verpflichtende Weiterbildung für Lehrlings- • Auf Basis einer Sozialpartner-Einigung Einführung ausbilderinnen und -ausbilder eines Bildungskontos: berufliche Umorientierung, • Wiedereinführung der Ausbildungsfort­ Aus- und Weiterbildung sozial abgesichert schrittskontrolle zur Mitte der Ausbildung • Weiterentwicklung von Kurzarbeit mit Quali- fikation: Möglichkeit von Kurzarbeit nicht nur bei Regierungsprogramm 2020 – 2024 181 wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern auch bei • Evidenzbasierte und gerechte Verteilung der Förder- der Umstellung von Betrieben auf ökologische und mittel im AMS auf Frauen und Männer klimafreundliche Produktionsweisen bzw. digitaler Umrüstung zur Sicherung von Beschäftigung • Sicherung der Mittel für SÖB und gemeinnützige Betriebe im Arbeitsmarktpolitik­finanzierungsgesetz • Kreislaufwirtschaftsentwicklungspaket: Sozialökono- (AMPFG) mische Betriebe mit Kreislaufwirtschaft (ökologisch und sozial) fördern. Zielgruppe: Langzeitarbeitslose, • Arbeitsplatznahe Qualifizierung (AQUA): Schulungen Menschen mit Vermittlungshindernissen verstärkt in Kooperation mit den Unternehmen • Ausbau konkreter Beschäftigungsangebote für • Weiterentwicklung des Arbeitslosengeldes mit Menschen mit Behinderungen sowie sozial benach- Anreizen, damit arbeitslose Menschen wieder teiligte Menschen über die Eingliederungsbeihilfe schneller ins Erwerbsleben zurückkehren können. • Ausbau konkreter alternsgerechter Beschäftigungs- • Evaluierung, Adaptierung und Weiterentwicklung angebote für Menschen über 50 über die Eingliede- des AMS-Algorithmus rungsbeihilfe • One-Stop-Shop: eine Anlaufstelle für Arbeitssu- • Regionale und branchenspezifische Arbeitsstiftun- chende unter Effizienzsteigerung der bestehenden gen im vom ökologischen Umbau und der Digitalisie- Strukturen mit Beratung und Begleitung rung besonders betroffenen Branchen und Regionen bei Bedarf • Fallkonferenzen: Kooperation zwischen AMS und Ländern unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten stärken, um sicherzustellen, dass bei AMS arbeitsfähigen Menschen, die auf Geldleistungen von Bundesländern angewiesen sind, eine abge- • Effizienz und Ausrichtung des AMS stimmte Vorgangsweise in Betreuung, Zuerkennung – Arbeitsmarktziele auf nachhaltige Senkung der und Aberkennung von Geldleistungen und Förde- Arbeitslosigkeit fokussieren rung zur effektivsten Integration am Arbeitsmarkt – Überprüfung und Überarbeitung der Instrumente geschaffen wird im Hinblick auf Effizienz, Beschäftigungsanreize und Reintegration in nachhaltige Beschäftigung • Zumutbarkeitsbestimmungen reformieren – Überprüfung der regionalen Organisationsstruk- – Erhöhung der Mindestverfügbarkeit von 16 auf turen im Licht aktueller arbeitsmarktpolitischer 20 Stunden (Übergang drei Jahre) bei Vorhan- Rahmenbedingungen densein von adäquaten Kinderbetreuungsmög- lichkeiten • Förderung von Frauen in technischen Berufen sowie von Männern in pädagogischen und Care-Berufen u. a. im Rahmen von Maßnahmen zur beruflichen Umorientierung und Qualifikation 182 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Schnittstelle Arbeitsmarkt / Menschen mit • Sozialarbeit: Ziel der Erarbeitung eines bundes- Behinderung einheitlichen Berufsgesetzes für soziale Arbeit in • Maßnahmen zur längerfristigen Beschäftigung von Zusammenarbeit mit den Ländern Menschen mit Behinderung – Vermittlung(-sbestrebungen) in den ersten • Auf Basis einer Sozialpartner-Einigung Arbeitsmarkt durch Eingliederungshilfen und – Einführung eines Zeitwertkontos mit dem Ziel, Lohnkostenfördermaßnahmen auf freiwilliger Basis längere Auszeiten zu – In den zweiten Arbeitsmarkt (durch z. B. sozial- ermöglichen ökonomische Betriebe) • Überprüfung aller modernen und aktuellen land- • Keine automatische Arbeitsunfähigkeitsfeststellung und forstwirtschaftlichen Beschäftigungsformen, bei Jugendlichen unter 24 Jahren um eine sachgerechte Zuordnung dieser Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer zu den jeweiligen gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeit- Schnittstelle Arbeitsmarkt / Gesundheit nehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten • Angebote niederschwelliger Beschäftigung für und damit den arbeits- und kollektivvertraglichen, Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen berufsausbildungsmäßigen und persönlichen Arbeit- kombiniert mit Gesundheitsangeboten und Therapien nehmerschutz zu sichern • Entgeltfortzahlung evaluieren Schnittstelle Arbeitsmarkt / Integration – Evaluierung der Entgeltfortzahlung im Zusam- • Integrationsangebote des AMS für Schwerpunkt- menhang mit dem vorzeitigen Beschäftigungs- gruppen mit Migrationshintergrund verbot bei Schwangerschaft, Zivildiener • Stärkung der Deutschangebote • Evaluierung der Finanzierungsmodelle der wiederhol- ten Entgeltfortzahlung im langen Krankheitsfall nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Faktor Arbeit entlasten • Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnneben- • Es gibt derzeit Bereiche in der österreichischen kosten ohne Leistungsreduktion Wirtschaft, in denen Löhne gezahlt werden, die unter den niedrigsten Kollektivvertragslöhnen der gewerblichen Wirtschaft liegen. Diese Lücke soll Modernisierung des Arbeitsrechts unter Einbindung der Sozialpartner mit geeigneten Mitteln geschlossen werden. Erforderlichenfalls • Breiter gesellschaftlicher Dialog der Bundesre- kann dieser Lückenschluss auch auf anderem Wege gierung unter Einbindung aller relevanten Stake- erfolgen (z. B. durch das Bundeseinigungsamt). holder (Sozialpartner, Zivilgesellschaft etc.) über die Zukunft der Arbeit, vor allem der Aspekte • Auch im Bereich der bestehenden Kollektivver- Digitalisierung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, träge gibt es Fälle, in denen die Löhne bereits Arbeits- und Lebensqualität seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angehoben wurden. Wenn eine sozialpartnerschaftliche Eini- gung zur Lösung dieses Problems nicht zustande Regierungsprogramm 2020 – 2024 183 kommt, soll die Möglichkeit geschaffen werden, Praxisgerechte Entsenderegelungen und eine Entscheidung durch das Bundeseinigungsamt Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung herbeizuführen. • Evaluierung der Handlungsbedarfe aufgrund der EuGH-Urteile zum LSD-BG • Anreize setzen zu einer partnerschaftlicheren Auf- teilung der Familienarbeit • Lösungsansatz: Verwaltungsübereinkommen mit den – Prüfung eines Zeitkorridor-Modells in Ver- Nachbarstaaten bindung mit Anreizen, wenn beide Elternteile Familienarbeit und Erwerbsarbeit partnerschaft- lich vereinbaren wollen Entbürokratisierung (von Arbeitsinspektorat und Arbeitnehmerschutzvorschriften) • Prüfung von Sabbatical-Modellen in Verbindung mit • Interministerielle Arbeitsgruppe unter Beiziehung aufschiebender Wirkung für die Pension der Sozialpartner • Grundprinzip „Beraten vor bestrafen“ Arbeitnehmerschutz • Modernisierung der Berufskrankheitenliste Tourismus • Förderung hochwertiger Unterkünfte für Tourismus- beschäftigte 184 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Gesundheit Österreichs Gesundheitssystem bietet qualitativ hoch- gezielten Maßnahmen sicherstellen, dass in den nächsten wertige Versorgung für alle Österreicherinnen und Ös- Jahren ausreichend und vor allem qualifiziertes Personal terreicher unabhängig ihres Krankheitsrisikos und ihrer zur Verfügung steht. Speziell in ärztlich unterversorgten finanziellen Möglichkeiten. Diese hohe Qualität soll Regionen gilt es, mit Maßnahmen wie Landarztstipendien nachhaltig finanziell abgesichert sein. Daher suchen wir oder einer Fachärztin bzw. einem Facharzt für Allgemein- neue Wege zur Attraktivierung für die Versicherten, aber medizin Anreize zu setzen. auch für im Gesundheitsbereich tätige Berufsgruppen. Damit auch in Zukunft ein niederschwelliger Zugang zur Die Verbesserung von Frauengesundheit ist ein beson- bestmöglichen medizinischen Versorgung mit möglichst deres Anliegen dieser Bundesregierung. Eine forcierte kurzen Wartezeiten gewährleistet werden kann, bedarf Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit und die es vor allem eines Ausbaus der flächendeckenden wohn- Erstellung eines jährlichen Frauengesundheitsberichts ortnahen Versorgung und eines besonderen Fokus auf sowie die Weiterentwicklung und Anwendung von Gen- das Thema Prävention. Eine verbesserte Abstimmung der-Medizin ist daher von besonderer Bedeutung. der medizinischen Versorgung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung und damit eine Stärkung der Die medizinische Ausbildung wird attraktiver gestaltet Bundeszielsteuerung mit zielgerichteten Angeboten für und durch eine Stipendienvergabe unter der befristeten die Versicherten ist daher unser Ziel. Verpflichtung, in Österreich tätig zu sein, ergänzt. Im Medizinstudium wird eine Fachärztin bzw. ein Facharzt für Die Weiterentwicklung des Gesundheits­systems umfasst Allgemeinmedizin geschaffen und das Berufsbild attrakti- neben einer bedarfs­ orientierten Ausbildung von u. a. viert. Anreize werden geschaffen, um eine Abwanderung Ärztinnen und Ärzten die Aufwertung von Diplomierten von Fachkräften ins Ausland zu verhindern. Gesundheits- und Pflegefachkräften sowie deren opti- mierte Zusammenarbeit in neuen Versorgungsformen. Dies Im Rahmen der Gesundheitsförderung bekennen wir beinhaltet auch den Ausbau der Primärversorgungsein- uns unter anderem zu einer Stärkung der präventiven heiten zur zielgerichteten Inanspruchnahme medi­zinischer Maßnahmen durch eine österreichweite Präventions- und therapeutischer Leis­tungen. Einschreibmodelle mit strategie, damit die persönliche Gesundheit verbessert Anreizsystemen sind für alle Patientinnen und Patienten wird. Neben finanziellen und sachlichen Anreizen für die zu etablieren. Um die Zusammenarbeit der Gesundheits- Teilnahme an Präventionsprogrammen soll die Prävention berufe zu verbessern, sollen auch neue Gesundheits- und auch in Schulen und Betrieben gestärkt werden. Durch Sozialberufe gestärkt werden, psychotherapeutische ein Anreizsystem von Präventionsprogrammen sollen allen Leistungen ausgeweitet und ein besonderer Fokus auf Österreicherinnen und Österreichern mehr gesunde Jahre Kindergesundheit gelegt werden. ermöglicht werden. Wohnortnahe Versorgung durch Kassen­ ärztinnen und Fortschritte der Digitalisierung sollen auch im Gesundheits- -ärzte darf nicht nur in der Stadt, sondern muss auch auf bereich einen einfacheren und verbesserten Zugang zu me- dem Land zugänglich sein. Neben der Erweiterung der Ver- dizinischen Leistungen ermöglichen. Die Weiterent­wicklung tragsarztmodelle zur Erleichterung der Niederlassung im der E-Card als Schlüssel für pa­pierlose Prozesse soll unter ländlichen Raum muss eine gezielte Offensive für Fachärz- Beachtung des Datenschutzes eine deutliche Vereinfachung tinnen und Fachärzte umgesetzt werden. Wir wollen mit für alle Beteiligten im Gesundheitssystem bringen. Ebenso Regierungsprogramm 2020 – 2024 185 wollen wir die Digitalisierung in Diagnose, Behandlung und – Bessere Informationen und Beratungen über (medizinischer) Forschung vorantreiben und somit den Impfungen Gesundheitsstandort Österreich weiter stärken. • Substanzieller stufenweiser bedarfsorientierter Dadurch bleibt Menschen in Gesund­heitsberufen mehr Ausbau der Sachleistungsversorgung bis 2024 im Zeit für Kontakte zu Patientinnen und Patienten. Bereich der psychischen Gesundheit, Ziel: Bedarfs- deckung Prävention und Gesundheits- • Evidenzbasierte Modernisierung der Vorsorgeunter- förderung suchungen (z. B. Mammascreening, Darmkrebsvor- sorge) • Flächendeckende Bereitstellung und Ausbau früher Hilfen • Aufwertung und stärkere Vernetzung der Selbst- hilfegruppen • Aufwertung und Kompetenzerweiterung der Schul- ärztinnen und Schulärzte inklusive Verwertung • Vorsorgeuntersuchungen als Basis für Eignungs- anonymisierter Daten untersuchungen ermöglichen • Aufwertung und Aufbau eines Systems von School • Aufwertung Patientenrechte und Community Nurses zur niederschwelligen und – Überprüfung im Bereich der verschuldensunab- bedarfsorientierten Versorgung hängigen Regelung von Schadensfällen – Fokus auf das Projekt „Der gelungene Patienten- • Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten: kontakt“ Arbeit, Schule (z. B. Getränke), Freizeit, Wohnen – Anspruch auf Information in „Leichter Sprache“ • Population Health Management • Forcieren von Impfungen insbesondere auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozial-, Gesund- • Etablierung von finanziellen und sachlichen Anreiz- heits- und Bildungsbereich systemen für gesundheitsfördernde Maßnahmen und Teilnahme an Präventionsprogrammen (z. B. • Analyse der Treffsicherheit der Rezeptgebühren- Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen) befreiung und -obergrenze sowie Heilbehelfe bei Kindern und Jugendlichen • Stärkung der betrieblichen Gesundheitsvorsorge durch alle Stakeholder • Keine Ausweitung von Selbstbehalten für Arztbesu- che im ASVG • Weiterentwicklung Mutter-Kind-Pass zum Eltern- Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr – Aufnahme von standardisierten und qualitäts- gesicherten Screenings zur psychischen Gesund- heit, zu Ernährung und sozialer Kompetenz – Schaffung von Therapieoptionen 186 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Sozialversicherung von Allgemeinmedizinischen Akutordinationen, vor oder in den Spitälern zur vorgelagerten Versorgung) • Die Bundesregierung bekennt sich zum Prinzip der – Ausbau von PVE und Facharztzentren – flexible Selbstverwaltung im Bereich der Sozialversicherung. Kooperationsmodelle • Evaluierung der sozialen Absicherung der Gruppe • Abschaffung der unechten USt-Befreiung bei Ver- der Selbstständigen im Rahmen der Zusammenfüh- mietung an Ärztinnen und Ärzte rung der Träger SVA und SVB zur SVS • Stärkung der integrierten Versorgung bei chroni- schen Krankheiten (Ausbau von Disease-Manage- Hochqualitative, abgestufte, ment-Programmen) flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung • Wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Kassenärztinnen und Kassenärzte • Aufwertung der Bundes-Zielsteuerungskommission (Evaluierung und Stärkung der sektorübergreifenden • Fachärztin bzw. Facharzt für Allgemeinmedizin – Zusammenarbeit), z. B. Abstimmung im Bereich der Attraktivierung der Allgemeinmediziner-Ausbildung Heilmittel (Klinisch-praktisches Jahr finanzieren) • Telefonische Erstberatung 1450 aufwerten und • Ziel: Integration der Inhalte der Basisausbildung um weiterentwickeln das Klinisch-Praktische Jahr • Telemedizinische Behandlung bestmöglich umsetzen • Erweiterung der Vertragsarztmodelle: Aufbauend auf dem heutigen Vertragspartnerrecht soll dieses • Weiterentwicklung der E-Card als Schlüssel für weiterentwickelt und ausgebaut werden, um die papierlose Prozesse unter Berücksichtigung des Versorgung (vor allem im ländlichen Raum) sicherzu- Datenschutzes stellen. – E-Impfpass, E-Rezept, E-Befund, E-Transport- schein, E-Medikation • GuKG-Novelle: Aufwertung der Kompetenzen von Pflegefachassistentinnen und -assistenten • Digitalisierung auch in medizinischer Forschung, Diagnose und Behandlung vorantreiben • Spezielle Stipendienplätze an öffentlichen Uni- versitäten gekoppelt an befristete Verpflichtung, • Ausnahmslose Nutzung von anonymisierten Daten in Österreich ärztlich tätig zu sein, u. a. Landarzt- zu wissenschaftlichen Zwecken stipendium • Wissenschaftliche Evaluierung der Implementierung • Facharztoffensive für Fächer mit Unterversorgung von International Classification of Primary Care-2 und Etablierung versorgungswirksamer Strukturen – Kinderärztin bzw. Kinderarzt • Ausbau der Primärversorgung, die den Bedürfnissen – Augenärztin bzw. Augenarzt der Versicherten entgegenkommt (z. B. Etablierung – Kinder- und Jugendpsychiaterin bzw. -psychiater Regierungsprogramm 2020 – 2024 187 • Stärkung und Aufwertung der nichtärztlichen Optimale Bedingungen im Gesundheitsberufe Gesundheitssystem – Erweiterung der Kompetenzen und Ermöglichung von bestimmten Versorgungsschritten • Weiterentwicklung einer abgestimmten Versorgung – Stärkere Einbindung in die gesundheitliche im niedergelassenen, ambulanten, tagesklinischen Basisversorgung (Community Nurses) und stationären Bereich – Gesamthafte Weiterentwicklung und Verbes- • Evaluierung der Zugangsbestimmungen zum Medi- serung der Gesundheitsversorgung über den zinstudium in Richtung Qualität, Inhalt und Umfang intra- und extramuralen Bereich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung (Bundes- und • Ärzteausbildung NEU mit Fokus Allgemeinmedizin Landes-Zielsteuerung) • Gemeinsame Definition von Leistungs- und • Kontinuierliche Ausweitung des bestehenden Qualitätszielen zwischen Ländern und Sozial- Angebots an Plätzen für das Medizinstudium und versicherung die anschließende Ärzteausbildung • Transparenz und Qualität ausbauen • Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Alten- – Unabhängige Qualitätssicherung für den nieder- und Pflegeeinrichtungen inklusive der Flexibilisie- gelassenen und stationären Bereich sicherstellen rung der Vertrags- und Versorgungsformen – Für Patientenentscheidungen relevante Informa- tionen sollen niederschwellig zugänglich sein. • Wissenschaftliche Prüfung von Optionenmodellen – Rahmenbedingungen für Innovation und Pla- (z. B. für Hausärzte-Einschreibemodell, Einhaltung nungssicherheit (z. B. Pilotprojekte, Forschung) von Behandlungspfaden und dgl.) optimieren – Bekämpfung von Parallelexporten • Ausbau der ambulanten Rehabilitation, die die – Überlegungen zur Sicherung der Arzneimittel- stationäre Rehabilitation entlastet versorgung, z. B. gemeinsamer Einkauf • Übergangspflege: Optimierung der Bettennutzung im stationären Bereich beim Übergang von der Frauengesundheit Akutversorgung in die Pflege unter Rücksichtnahme auf die Betroffenen • Forcierung der vorgesehenen Maßnahmen im NAP Frauengesundheit • Schaffung von Rahmenbedingungen, die die ärztliche Versorgung im Spitalsbereich sicher- • Erstellung eines jährlichen Frauengesundheits-Be- stellen (Arbeitszeitregelungen im Krankenanstal- richts ten-Arbeitszeitgesetz etc.) (§ 4 Abs 4b – befristete Verlängerung Opt-out) • Verbesserte Maßnahmen zur besseren Unter- stützung von Frauen, insbesondere von werdenden • Bekenntnis zum System der öffentlichen Apotheken Müttern sowie Frauen über 60 zur Medikamentenversorgung für die gesamte Bevölkerung unter Beibehaltung wohnortnaher und • Gezielte Maßnahmen zur Förderung der Karriere- praxisorientierter Lösungen chancen von Frauen im Gesundheitsbereich und den 188 Regierungsprogramm 2020 – 2024 gesetzlichen Interessenvertretungen mit dem Ziel der Parität in den Leitungsfunktionen • Vorsorgeprogramm zu spezifischen Frauengesund- heitsproblemen, insbesondere psychische Gesundheit • Forcierung von Gender-Medizin (z. B. bei Medika- mentenverschreibungen), auch in den medizinischen Curricula Regierungsprogramm 2020 – 2024 189 Frauen Frauenpolitik ist Gleichstellungspolitik. Sie rückt die Chan- Start- und Übergangswohnungen in Kooperation mit den cengleichheit von Frauen jeden Alters auf allen Ebenen Bundesländern ausgebaut werden. Zusätzlich zum Schutz des gesellschaftlichen, beruflichen und familiären Lebens von betroffenen Frauen bedarf es mehr Gewaltpräven- in den Fokus. Das Ziel ist es, dass Frauen selbstbestimmt, tionsprogrammen für Gefährder, um Gewalt vorzubeugen. ökonomisch unabhängig und frei von Gewalt oder Angst vor Diskriminierung leben. Gewaltschutz Das umfasst die Gleichstellung im Erwerbsleben in Bezug auf gleiche Löhne für gleiche Arbeit, eine bessere Ver- • Nationaler Aktionsplan (Sicherstellung der Finanzie- teilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen rung) Frauen und Männern und die Reduzierung der (Alters-) – Bestmögliche Umsetzung der Istanbul-Konvention Armut. Rollenbilder müssen weiter aufgebrochen und – Ausbau der Opferschutzeinrichtungen, Gewalt- der Frauenanteil in Führungspositionen erhöht werden. schutzzentren und Interventionsstellen Um Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf und gleiche – Sensibilisierung von Justiz, Polizei und Multipli- Chancen zu ermöglichen, werden die Fördermittel im katorinnen bzw. Multiplikatoren AMS evidenzbasiert und gerecht auf Frauen und Männer – Gewaltpräventionsprogramme für Gefährder verteilt. Kinderbetreuung wird flächendeckend ausgebaut. • Ausbau der Frauenberatungsstellen Die angelernten Rollen und Rollenverhältnisse von Frauen und Männern müssen aufgegriffen werden. Frauen wie • 15a-Vereinbarung zu bundeslandübergreifenden Männer brauchen mehr Gestaltungsfreiraum in ihrem Frauenhausplätzen Leben. Anreize für Männer, mehr unbezahlte Arbeit zu übernehmen, in Väterkarenz zu gehen oder den Papamo- • Verbot von Zwangsheirat, Frauenhandel nat in Anspruch zu nehmen, tragen zu einer gerechteren Verteilung von Erwerbs-, Familien-, Pflege- und ehren- • 15a-Vereinbarung zur Bereitstellung von Start- und amtlicher Arbeit zwischen Männern und Frauen bei. Um Übergangswohnungen die Fortschritte der Gleichberechtigung betrachten zu können, nimmt Österreich an der europaweiten Zeitver- • Sensibilisierungskampagne zu Gewalt gegen Frauen wendungserhebung teil. und Kinder Immer noch ist eine von fünf Frauen im Laufe ihres Le- • Up-Skirting-Verbot bens von Gewalt betroffen. Frauen müssen selbst über ihr Leben und ihren Körper bestimmen können. Im Zuge • Multiinstitutionelle Einberufung von Fallkonferenzen eines umfassenden Nationalen Aktionsplans Gewaltschutz bei Hochrisikofällen sollen Opferschutzeinrichtungen und Beratungsstellen ausgebaut und Justiz, Polizei und Multiplikatorinnen • Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der bzw. Multiplikatoren für Gewalt sensibilisiert werden. Anzeigepflicht Um Frauen einen Weg aus gewalttätigen Beziehungen zu ermöglichen, müssen mehr Kapazitäten in Frauenhäusern, 190 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Zugang zu Frauenhäusern für alle Frauen, die den • Zeitverwendungsstudie: bezahlte vs. unbezahlte Schutz brauchen Arbeit, Aufteilung Familienarbeit, Familienkosten/ Kinderkosten • Substanzielle Aufstockung des Frauenbudgets (vor allem für Gewaltschutz, Frauen- und Familien- • Studie zu Stadt-/Landflucht beratungsstellen sowie Notwohnungen und andere Opferschutz-Maßnahmen) • Karenzmanagement: ausführliche Informationen im Vorfeld der Karenz Gleichstellung von Frauen am • Ausbau und Stärkung der Ausbildung von Journalis- Arbeitsmarkt tinnen • Chancen für Frauen im ländlichen Raum erhöhen (Stichwort Digitalisierung) Gleichstellung und Selbst- bestimmung, Frauengesundheit • Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten • Forcierung der im NAP Frauengesundheit vorgese- • Einkommensbericht: interne Informationen an MA henen Maßnahmen zeitgleich mit Legung des Einkommensberichtes in adäquater Form • Umsetzung des VfGH-Urteils G 77/2018 • Handlungsanleitungen für Unternehmen zur Sicher- • Gleichbehandlungsanwaltschaft stärken und stellung von Equal Pay niederschwellige Angebote für Anti­- Diskriminierung schaffen • Equal-Pay-Siegel (Kriterienkatalog) • Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskrimi- • 40 % Frauenquote in jedem einzelnen Aufsichtsrat nierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen von Unternehmen in öffentlicher Hand (mehr als 50 % Beteiligung): Der Bund geht mit gutem Beispiel • Entwicklung von speziellen Mentoring-Programmen für die Privatwirtschaft voran. in der Kunst, speziell für Frauen • Prüfung von Maßnahmen zur Erhöhung der Frauen- • Gleichstellung und Frauenförderung quote in börsennotierten Unternehmen – Bei der Fördervergabe ist jedenfalls auf Geschlechtergerechtigkeit zu achten und diese • Info-Kampagne/Sensibilisierung: Auswirkungen von umzusetzen. Teilzeit auf die soziale Absicherung in Arbeitslosig- – Förderungen und Basissubventionen nur bei keit und Alter, Weiterbildungsmaßnahmen von MA gleicher Bezahlung von Männern und Frauen für in Teilzeit, Führen in Teilzeit, Teilzeitrechner, Eltern- gleiche Arbeit teilzeit Regierungsprogramm 2020 – 2024 191 – Schritt für Schritt Reduzierung des Gender-Pay- Gap in Kunst- und Kulturorganisationen • Interkulturelle und Gleichbehandlungskom- petenzen müssen in allen pädagogischen Ausbildungen als Pflichtlehrveranstaltungen enthalten sein. 192 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Menschen mit Behinderungen/Inklusion Österreich hat im Jahr 2008 die UN-Behindertenrechts- Ausstattung und Hilfsmittel bereitgestellt, Lehrpersonen konvention – mit dem Ziel, die Inklusion von Menschen und Assistentinnen bzw. Assistenten ausgebildet und das mit Behinder­ ungen in die Gesellschaft sicherzustellen Berufs­ausbildungsangebot ausgebaut und ent­sprechende – ratifiziert. Die nächsten Jahre sind nun der intensiven Barrieren abgebaut werden. Umsetzung zu widmen. Ziel ist es, unter Einbeziehung aller Ministerien und Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter Um den Übergang und Zugang zum Arbeitsmarkt zu er- inklusive Maßnahmen zu erarbeiten und zeitnah umzu- leichtern, werden wir durch eine Beschäftigungsoffensive setzen. Der barrierefreie Zugang ist nicht nur physisch mehr Menschen mit Behinderung als bisher in Erwerbs- zu begreifen, sondern auch als elementarer Bestandteil arbeit bringen und Unternehmen stärker dazu ermutigen, des Zugangs zu Information, Leistungen, Beratung und Menschen mit Behinderung einzustellen. Neben einer Eva- Betreuung. Hier trägt jeder Politikbereich im Sinne der In- luierung der Fördermittel braucht es vor allem einen Abbau klusion Verantwortung, auf die Bedürfnisse und Interessen der Zugangshürden und Bürokratie. Wir schaffen außerdem von Menschen mit Behinderungen einzugehen. Angebote im Schnittstellenbereich zur Ausbildung. Die Bundesregierung bekennt sich zu klaren Maßnahmen, Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen wie die eine bestmögliche Inklusion von Menschen mit Behin- Tageswerkstätten arbeiten, müssen in Zukunft Lohn statt derung in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt ermög- Taschengeld bekommen. Damit erfahren sie nicht nur lichen und vorhandene Barrieren in allen Lebensbereichen eine würdevolle Wertschätzung ihrer geleisteten Arbeit, beseitigen. Generell gilt es, Unterstützungsleistungen für sondern sind dadurch auch sozialversicherungsrechtlich Menschen mit Behinderung niederschwelliger und ein- abgesichert. Die notwendigen Schritte dahin sind gemein- facher anzubieten sowie den bürokratischen Aufwand so sam mit den zuständigen Bundesländern zu erarbeiten. klein wie möglich zu halten. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass Maßnahmen Diese Bundesregierung legt ein besonderes Augenmerk für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Be- auf die Bereiche Bildung und Arbeit. Hier gilt es, als län- hinderungen sichergestellt werden. Dazu gehört auch die gerfristiges Ziel ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, Erarbeitung bundeseinheitlicher Rahmenbedingungen zur in dem alle Kinder und Jugendlichen die Unterstützung „Persönlichen Assistenz“. Unter anderem zu diesem Zweck erhalten, die sie benötigen, um am gemeinsamen Unter- prüfen wir die Einführung eines Inklusionsfonds. richt teilnehmen zu können. Kinder mit speziellem Förder- bedarf bzw. Behinderungen werden bestmöglich in den Regelunterricht einbezogen und qualitativ hochwertige Inklusion im Bildungssystem bis zum (Sonder-)Pädagogik wird sichergestellt, wo immer sie nötig tertiären System ist. Dafür braucht es weiterhin ausreichend qualifiziertes und geschultes Personal und eine Ausweitung inklusiver • Laufende barrierefreie Ausstattung von Bildungsein- Angebote im Schulsystem. richtungen Menschen mit Behinderung sollen einen freien Zugang zu • Laufende Bereitstellung der benötigten Hilfsmittel allen Bildungsformen, bis hin zum tertiären Bildungsweg, und Infrastruktur haben. Dafür müssen den Bildungseinrichtungen die nö­tige Regierungsprogramm 2020 – 2024 193 • Weiterentwicklung der Qualität pädagogischer Selbstbestimmtes Leben in der Angebote für Schülerinnen und Schüler mit Behin- Gemeinschaft derungen und barrierefreier Bildungswege sowie ausreichend gut ausgebildete (Sonder-)Pädago- • Prüfung der Schaffung eines Inklusionsfonds ginnen bzw. Pädagogen und Assistentinnen bzw. Assistenten für alle Bildungsangebote • Bedarfsgerechte Finanzierung zur Umsetzung der – Bedarfsgerechte Erhöhung der sonderpädagogi- UN-Behindertenrechtskonvention und des NAP schen Stunden im Bereich des Regelunterrichts – Ausbau der Ausbildung von ÖGS-Dolmetscherin- • Forcierung der Umsetzung des NAP mit allen Minis- nen bzw. -Dolmetschern terien und unter Einbeziehung der Stakeholder • Überarbeitung der Lehrpläne im Sinne einer aktiven • Erarbeitung bundeseinheitlicher Rahmenbedingun- Inklusion gen zur „Persönlichen Assistenz“ in allen Lebensbe- reichen unabhängig von der Art der Behinderung • Verstärkung der Berufsausbildungsangebote und diskriminierungsfreier Zugang zu allen Ausbildungen • Schaffung eines One-Stop-Shops – Für Hilfsmittel und Heilbehelfe • Wiedereinsetzung des Consulting Boards – Für Beratung, Begleitung und Betreuung – Für „Persönliche Assistenz“ • Stärkung des inklusiven Bildungssystems – Schnittstelle AMS/SMS/Länder/Sozialversiche- – Kinder mit speziellem Förderbedarf bzw. rung Behinderungen werden bestmöglich in den Regelunterricht einbezogen und qualitativ hoch- wertige (Sonder-)Pädagogik wird sichergestellt, wo immer sie nötig ist. Inklusion am Arbeitsmarkt • Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behin- derung und verstärkte Angebote im Schnittstellen- bereich zur Schule • Evaluierung der Fördermittel und Abbau der Zugangshürden bzw. Bürokratie • Lohn statt Taschengeld – Gemeinsame Erarbeitung der Umsetzungs- schritte mit den Stakeholdern 194 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Familie & Jugend Familien sind die wichtigste Gemeinschaft der Menschen. Kinder und Jugendliche sollen zu eigenverantwortlichen Familien geben Halt, bieten Schutz und Zuversicht und Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen. Deshalb gilt helfen einander in schwierigen Lebenslagen. Als Bundes- es, aktive Partizipation an gesellschaftlichen und demo- regierung wollen wir aus diesem Grund Familien weiter kratischen Prozessen zu fördern und ihnen die dafür not- stärken. Jedes Kind soll in einer liebevollen Umgebung und wendigen Instrumente in die Hand zu geben. Wir wollen sozialer Sicherheit aufwachsen können. Die neue Bundes- aktive Partizipation stärken, das Betriebsratswahlalter regierung anerkennt die Vielfältigkeit unterschiedlicher auf 16 Jahre senken sowie Schüler-, Lehrlings- und Ju- Familienmodelle, die Kindern ein gutes Leben ermöglichen. gendparlamente weiter aufwerten. Eigenverantwortung Jede Familie soll die Wahlmöglichkeit haben, ihr gemeinsa- ist jedoch auch im Hinblick auf den Umgang mit Medien mes Leben zu gestalten. Aufgabe der Bundesregierung ist und sozialen Netzwerken von Bedeutung, die neben all es, dafür die passenden Rahmenbedingungen in Bezug auf den sich bietenden Chancen auch zunehmend zur Gefahr die Betreuung, Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbs- für Kinder und Jugendliche werden können. Hier gilt es, leben und die Bekämpfung von Kinderarmut zu schaffen. Jugendliche zu sensibilisieren und den richtigen Umgang mit Medien zu vermitteln. Kinderbetreuung ist für uns als Bundesregierung eine klar partnerschaftliche Aufgabe und jedes Kind soll die beste Betreuung erhalten. Um die alltäglichen organisatorischen Familien stärken, und finanziellen Herausforderungen meistern zu können, Partnerschaftlichkeit und bedarf es hierzu aber auch der richtigen Rahmenbedin- Gleichstellung fördern gungen sowie genügend Angebot an Betreuung. Eltern müssen in ihrer wichtigen Aufgabe unterstützt werden. • Ausbau flächendeckender und bedarfsgerechter Weiters braucht es einen flächendeckenden Ausbau von Kinderbetreuung qualitätsvoller Kinderbetreuung in Kindergärten. Zusätz- – Qualitativ lich sehen wir alternative Betreuungsformen als sinnvolle – Quantitativ Ergänzung, für die wir einheitliche Qualitätsstandards – Flexible Öffnungszeiten und Voraussetzungen festlegen wollen. Die Förderung der – VIF-Prozentsatz erhöhen (Ausbau Nachmittags- Väterkarenz und des Papamonats ist der Bunderegierung betreuung) ein wichtiges Anliegen. • Qualitätssicherung bei Tagesmüttern und -vätern In Österreich darf kein Kind zurückgelassen werden. Familien in Krisensituationen müssen die notwendige • Attraktivierung des Berufsfeldes Kindergartenpäd- Hilfe erhalten und Alleinerziehende und Krisenpflege- agogik eltern besser abgesichert werden. Ein Lückenschluss beim Unterhaltsvorschuss soll sicherstellen, dass Eltern • Qualitativer und quantitativer Ausbau der Kinder- nicht mit langwierigen Verfahren belastet werden. Eine betreuung (10.000/a) – mittelfristig 2. Kindergarten- Zeitverwendungsstudie (bezahlte vs. unbezahlte Arbeit, jahr verpflichtend Aufteilung Familienarbeit, Familienkosten, Kinderkosten) wird durchgeführt. Regierungsprogramm 2020 – 2024 195 • Kriterienkatalog für Ganztagsbetreuungsplätze • Unterhaltssicherung Lücken schließen u. a. für Berufstätige, Berufseinstieg und für soziale – Schnellere Verfahren Integration – Akontozahlungen bei Beantragung – Ausdehnung Unterhaltsvorschuss für den Zeit- • Flächendeckende Bereitstellung und Ausbau früher raum des Familienbeihilfebezugs Hilfen – Verbesserung der Einbringbarkeit des Unter- haltsvorschusses • Bessere Absicherung von Krisenpflegeeltern sowie – Partizipation der Kinder Pflegeeltern und deren Pflegekindern als Aufgabe der Taskforce „Pflegevorsorge“ – Bund-Länder-Ziel- • Weitere Anpassungen bei abstimmungsrechtlichen steuerungskommission Fragen bei Kindern in der Ehe zweier Frauen und bei Kindern in verschiedengeschlechtlicher eingetrage- • Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie: Umset- ner Partnerschaft (Formulierung aus Bereich Justiz) zung forcieren • Niederschwellige Familienberatungsangebote aus- Beteiligung und Partizipation bauen • Senkung des aktiven Wahlalters bei Betriebsrats- • Weiterentwicklung Mutter-Kind-Pass zum Eltern- wahlen auf 16 Jahre Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr – Aufnahme von standardisierten und qualitäts- • Attraktivierung und Aufwertung des Schülerinnen-/ gesicherten Screenings zur psychischen Gesund- Schüler-/Jugend-/Lehrlingsparlaments heit, Ernährung und sozialer Kompetenz – Schaffung von Therapieoptionen • Weiterführung der Jugendstrategie – Bessere Informationen und Beratungen über Impfungen • Österreichische Jugendziele werden mit Maßnah- men hinterlegt • FLAF-Reform – Anheben der Einkommensgrenze für Studierende • European Youth Goals (von 10.000 auf 15.000 Euro) – FABIAN: digitale Weiterentwicklung zur Auszah- • Bundesländerübergreifendes Jugendticket sowie lung der Familienbeihilfe Überarbeitung der Schülerfreifahrt – Schülerfreifahrt und Öffi-Ticket ressort­ übergreifend denken • Aufwertung des Ehrenamts und des zivilgesell- – Abbau bürokratischer Hürden bei Kinderbetreu- schaftlichen Engagements ungsgeld und Papamonat – Reform Väterkarenz und Papamonat zur Verbes- • Angebot des Erste-Hilfe-Kurses im Rahmen der serung der Vereinbarkeit Pflichtschule – Verfahrenserleichterung bei erhöhter Familien- beihilfe für Menschen mit Behinderung • Kinderkostenstudie als Teil einer größeren Studie 196 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Bewusster Umgang mit Medien • Leichterer, kostenloser und freiwilliger Zugang zu Schutzfiltern (z. B. Schutz vor Pornografie und Gewalt) Sonstiges • Weiterführung der Betreuung von Care Leavern nach dem 18. Lebensjahr • Ausbau und Absicherung von Kinderschutzzentren Regierungsprogramm 2020 – 2024 197 6 Bildung, Wissenschaft, Forschung & Digitalisierung 198 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 199 Bildung Bildung ist eine unserer wichtigsten Investitionen in die Stärkung der elementaren Bildung Zukunft. Sie ermöglicht die Entfaltung der Persönlichkeit und Talente, bewirkt mehr Chancengerechtigkeit, ebnet • Errichtung eines Beirates für Elementarpädagogik den Weg zu einer passenden Berufswahl und schafft so (Mitglieder dieses Beirats sind NGOs/Expertinnen das Fundament für ökonomische Unabhängigkeit sowie und Experten, Länder sowie Gemeinden) zur För- für ein selbstbestimmtes Leben. Österreich hat ein gutes derung der österreichweiten Zusammenarbeit und und starkes öffentliches Bildungssystem, das für alle um Vorschläge für einheitliche Qualitätsmindest- offensteht. Gleichzeitig gibt es auch Bereiche, in denen standards in der Elementarpädagogik zu erarbeiten. wir besser werden müssen und wollen. Die Bundesregierung strebt hierzu eine Bund-Län- der-Vereinbarung ab 2022/23 an. Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sind Orte – Verankerung von qualitätsgesicherten Maßnah- der Gemeinschaft, an denen Gesellschaft entsteht. Wir men zur präventiv-pädagogischen Arbeit, z. B. wollen für diese ersten prägenden Lebensphasen einen Bewegungs- und Gesundheitserziehung, Persön- stabilen, stützenden und schützenden Rahmen schaffen lichkeitsentwicklung, Gewaltprävention, Aufbau und damit Eltern auch die Sicherheit geben, dass ihre von Resilienz etc. Kinder gut aufgehoben sind. Die Bundesregierung be- – Österreichweit einheitliche Strategien zur kennt sich dazu, unser Bildungssystem zu stärken, indem Qualitätssicherung in elementarpädagogischen wir auf Bewährtem aufbauen und nötige Reformen nach Einrichtungen (Bildungsziele, Standards, Besuch, internationalen Erfolgsbeispielen umsetzen. Unser Ziel Haltung zu demokratischen Grundwerten und muss es sein, dass in Österreich kein junger Mensch das zur Gleichstellung der Geschlechter) Bildungssystem verlässt, ohne die nötigen Grundkompe- tenzen zu beherrschen, die für ein selbstständiges Leben, • Erarbeitung eines neuen, einheitlichen und verbind- gesellschaftliche und politische Teilhabe sowie Erfolg am lichen Bildungs- und Betreuungsrahmenplans für alle Arbeitsmarkt notwendig sind. elementaren Bildungseinrichtungen (inkl. Grund- lagen zur Förderung von Talenten und Interessen Neben den betroffenen Schülerinnen und Schülern werden sowie zum besseren Einstieg in die Bildungskarriere) besonders die Pädagoginnen und Pädagogen im Zentrum unserer Bemühungen stehen. Sie leisten hervorragende • Evaluierung der berufsbegleitenden Kollegs Arbeit und verdienen dabei weitere Unterstützung für ihre verantwortungsvollen Aufgaben. Darüber hinaus werden • Elementarpädagogik-Ausbildung an Pädagogischen wir die Berufsbildung für die Fachkräfte der Zukunft Hochschulen bündeln stärken und das Angebot für lebensbegleitende Erwach- – Einführung einer standardisierten und qualitativ senenbildung ausbauen. Wir wollen Rahmenbedingungen hochwertigen Ausbildung der Elementarpäda- für alle Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stellen, die goginnen und -pädagogen in leitender Funktion Leistung ebenso ermöglichen wie Kreativität, Bewegung über die Pädagogischen Hochschulen (Bachelor). und die Entwicklung sozialer Fähigkeiten. Fokus auf Schwerpunkte wie Talente- und Sprachförderung sowie Persönlichkeitsentwick- lung. In weiterer Folge wird der Ausbau quali- tativ hochwertiger Ausbildungen für Elementar- 200 Regierungsprogramm 2020 – 2024 pädagoginnen und -pädagogen auf postsekun- • Den Übergang gut gestalten: Stärkung und Ausbau därem und tertiärem Niveau angestrebt. der institutionenübergreifenden Zusammenarbeit – Beibehaltung und strategische Weiterentwick- beim Übergang Kindergarten – Schule (Transitionen) lung der bestehenden Bundesbildungsanstalten – Bildungsdokumentation soll, wenn möglich, zum für Elementarpädagogik (BAfEP) (z. B. Erweite- besseren Einstieg in die Primarstufe genutzt rung der Schwerpunkte) werden (datenschutzrechtliche Prüfung) – Flächendeckende Vereinheitlichung der pädago- – Erstellung einer Schnittstellen-Landkarte/-Studie gischen Ausbildung von Assistenzpersonal zur vom Kindergarten bis zur Hochschule sowie Sicherstellung eines breiten Betreuungsspekt- eines darauf aufbauenden Handlungsplans zur rums Reduktion von Schnittstellen-Problemen – Eröffnung von Möglichkeiten zur Ausbildung und – Erarbeitung von Standards für die Übergabe- für den Berufseinstieg für Quereinsteigerinnen dokumentation an sämtlichen Nahtstellen unter und Quereinsteiger Nutzung bestehender EDV-Systeme und Ein- – Kriterien für eine qualitätsvolle, bundesweit beziehung der Ergebnisse der individualisierten einheitliche Ausbildung für Tageseltern (auch Kompetenzfeststellung Betriebstageseltern) sind zu definieren und in – Den fachlichen Austausch von Pädagoginnen den Bildungsrahmenplan aufzunehmen. und Pädagogen in Schule und Elementarpäda- gogik über Fallkonferenzen, Case-Management, • Qualitätsvolle Bildung und Förderung von Anfang an gemeinsame Dienstbesprechungen sowie über und für alle Kinder verbesserte Bildungs- und Lehrpläne stärken – Wir setzen uns als Bundesregierung für eine – Gezielte gemeinsame Fort- und Weiterbildung Bund-Länder-Vereinbarung zum möglichst flä- von Elementarpädagoginnen und -pädagogen, chendeckenden, qualitätsvollen, VIF-konformen Sprachförderinnen und -förderern sowie Lehr- Ausbau elementarer Bildungsplätze ein (Kinder- kräften im Bereich der Transition und effektive gärten und Kinderkrippen für unter 3-Jährige) Informationsweitergabe an der Schnittstelle zur Erreichung der Barcelona-Ziele – inklusive Kindergarten–Schule der bedarfsgerechten Errichtung von Betriebs- – Weiterentwicklung von Fördermaßnahmen für kindergärten und -kindergruppen. Kinder mit Förderbedarf aus dem Kindergarten – Der Zweckzuschuss in der 15a-Vereinbarung in bei Eintritt in die Volksschule bis zur neuer- der Elementarpädagogik wird ab dem Kinder- lichen Überprüfung der Förderwürdigkeit. Das gartenjahr 2020/21 wesentlich erhöht. bestehende Schulreifescreening wird evaluiert. – Um den raschen weiteren Ausbau von qualitäts- vollen Bildungsplätzen in elementarpädagogi- • Vielfalt im Team der Elementarpädagoginnen und schen Bildungseinrichtungen sicherzustellen und -pädagogen fördern den Betreuungsschlüssel zu verbessern, startet – Lenkungsmaßnahmen zur Erhöhung des Männer- die Bundesregierung eine Ausbildungsoffensive anteils in der Elementarpädagogik für Elementarpädagoginnen und -pädagogen, – Prüfung einer erweiterten Zulassung von Men- insbesondere in den berufsbegleitenden Kollegs schen mit Behinderungen in BHS und Kollegs für Elementarpädagogik. (BAfEP) für die Ausbildung zu Elementarpädago- ginnen und -pädagogen – Forschung zur Elementarpädagogik ist im Rahmen der Forschungsförderung zu begrüßen. Regierungsprogramm 2020 – 2024 201 Deutschförderung im • Sprachlernen durch Beziehung: Einsatz von sprach- Bildungssystem stimulierenden Techniken im pädagogischen Alltag stärken • Sprachförderung weiter ausbauen und Deutsch- kenntnisse einfordern: Grundvoraussetzung für • Aktive Information über den bestehenden Erstspra- Bildungserfolg ist das Beherrschen der deutschen chenunterricht im Zuge der Schuleinschreibung und Sprache. Schülerinnen und Schüler, die eine andere stärkere Einbeziehung der Sprachlehrkräfte in den Erstsprache (Muttersprache) als Deutsch haben, Stammlehrkörper sollen in ihrem Erlernen der Unterrichtssprache Deutsch gefördert werden. Gleichzeitig müssen die betroffenen Schülerinnen und Schüler erst erforder- Starke Schulen brauchen gute liche Deutschkenntnisse erreichen, bevor sie in den Organisation, bedarfsgerechte ordentlichen Status wechseln können. Ressourcen und moderne Lehr- und – Umfassende Deutschförderung und Deutsch­ Lerninhalte förderklassen mit einer laufenden wissenschaft- lichen Begleitung und Evaluierung. Basierend auf • Lehrpläne modernisieren: Ausarbeitung und flächen- dieser umgehend durchzuführenden vergleichen- deckende Einführung von neuen, kompakt und den, kohortenspezifischen Evaluierung werden konkret gehaltenen Lehrplänen in der Primar- und allfällig notwendige Maßnahmen zur Qualitäts- Sekundarstufe und Effizienzsteigerung beschlossen (z. B. Einsatz – Fokussierung der neuen Lehrpläne auf Kom- von Deutschförderstunden, Gruppengrößen). petenzvermittlung und klare Unterrichtsziele: – Intensivierung der Sprachförderung in elemen- Als wesentliche Ziele werden das verbindliche taren Bildungseinrichtungen und Weiterentwick- Beherrschen der Grundkompetenzen erachtet, lung der Deutschfördermaßnahmen im Schulbe- die Förderung der Interessen und (Hoch-)Bega- reich (z. B. DaZ-Ausbildung in der Elementarpäd- bungen und die Berücksichtigung von zeitgemä- agogik, Entwicklung eines curricularen Konzepts ßen Lehr- und Lerninhalten wie Klimawandel und einer durchgängigen Sprachbildung) ökologisch verantwortungsbewusstes Handeln, – Verpflichtende Förderstunden auch nach Wech- sprachliche Bildung, Wirtschaftsbildung und sel in den ordentlichen Status sicherstellen Financial Literacy, politische Bildung inklusive – Schulstandorte haben bei der konkreten Staatskunde und Medienkompetenz. Dabei steht Umsetzung der Deutschförderklassen und die Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen darüber hinausgehender Deutschförderung die immer im Mittelpunkt. notwendige Gestaltungsfreiheit (Gruppengröße, – Überarbeitung der bestehenden Stunden- und Gruppenzusammensetzung, flexiblere Stunden- Lerntafeln der einzelnen Schulstufen und Schul- planeinteilung). typen sowie der im Einsatz stehenden Lehr- und Lernmittel auf Basis der neuen Lehrpläne • Aus- und Weiterbildungsoffensive für Pädagoginnen – Schülerinnen und Schüler sollen sich in allen und Pädagogen durch einen bedarfsgerechten Fächern digitaler Technologie für ihren indivi- Ausbau des DaF-/DaZ-Studiums duellen Lernfortschritt bedienen können. Dazu sollen facheinschlägige Kompetenzen (z. B. • Verankerung verpflichtender DaZ-Module für alle Coding/Programmieren) in die betreffenden Studierenden in der PädagogInnenbildung NEU Lehrpläne eingearbeitet werden. 202 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Der Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip • Österreichs Schulbildung digitalisieren Politische Bildung wird evaluiert (z. B. hinsichtlich – Digitale Endgeräte für jede Schülerin bzw. jeden umweltpolitischer Bildung). Um den Stellenwert Schüler in der Sekundarstufe I: Schrittweise der Politischen Bildung und der Vermittlung der werden Schülerinnen und Schüler jeweils ab Grundlagen unseres Staates zu erhöhen, wird der 5. Schulstufe (AHS, Mittelschule, sonstige dies verstärkt im Fach Geschichte/Sozialkunde/ Pflichtschulen) mit digitalen Endgeräten aus- Politische Bildung verankert. gestattet. So können diese digitalen Endgeräte im Unterricht sowie außerhalb der Schule – den • Die österreichische Bundesregierung bekennt sich lokalen und persönlichen Bedürfnissen entspre- zur Fortführung der aktiven Erinnerungspolitik im chend – verwendet werden. Die Vergabe soll an Bildungsbereich: Ein besonderer Schwerpunkt wird die Qualität schulbezogener Digitalisierungs- der konsequenten und langfristigen Sicherung der konzepte gekoppelt werden. Für die digitalen Erinnerungsarbeit an die Opfer des Nationalsozialis- Endgeräte ist ein privater Finanzierungsanteil mus sowie der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus vorzusehen (sozial abgefedert). und Rassismus in allen Schultypen gewidmet sein. – Praxisschulen der Pädagogischen Hochschulen Die Maßnahmen werden evaluiert. als digitale Pilotschulen ausstatten, um für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen • Bildungspflicht und Mittlere Reife einführen: Beherr- und Lehrer optimale Bedingungen zu ermögli- schen der Grundkompetenzen im Bereich Mathema- chen sowie den pädagogischen Mehrwert neuer tik, Deutsch und Englisch als Grundvoraussetzung Technologien zu testen und zu beforschen für das Beenden der Schullaufbahn – Österreichische Bildungscloud installieren: ein – Einführung einer Bildungspflicht, wodurch zuverlässiger und sicherer Speicher, von dem Nicht-Mehr-Schulpflichtige erst dann aus jeder Lerncontent einfach und schnell ortsun- dem Bildungssystem aussteigen, wenn sie die abhängig abrufbar ist (in Verbindung mit und in Mindeststandards in den Grundkompetenzen Anlehnung an die Schulbuchaktion) erreicht haben (bis maximal zur Vollendung des – Serviceportal Digitale Schule entwickeln: Das 18. Lebensjahres). Dies gilt für alle in Österreich Serviceportal soll eine vereinfachte Kommuni- lebenden Jugendlichen. kation zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und – Vor Ende der 9. Schulstufe soll die Mittlere Reife Schülern sowie Eltern ermöglichen und admi- stehen, die ein qualitätsgesichertes Erreichen nistrative und unterrichtsbezogene Aufwände der nötigen Grundkompetenzen in Mathematik, vereinfachen (bei Gewährleistung datenschutz- Deutsch und Englisch bestätigt (über die Ver- rechtlicher Standards). wendung der Bildungsstandards). – Erweiterung der digitalen Kompetenzen von Päd- – Eigene Schulungsmodule und Begleitmaßnah- agoginnen und Pädagogen: digitale Fachdidaktik men, angelehnt an die Ausbildungspflicht, sind in allen Lehramtsstudien verankern sowie Aus-, zu entwickeln. Fort- und Weiterbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer • Die Bundesregierung hat eine positive Sicht auf die – „Digitale Kompetenzen“ werden als Unterrichts- Konzepte der flexiblen Schuleingangsphase sowie prinzip verankert der Mehrstufenklassen und unterstützt die Umset- – Flächendeckende Evaluierung der „Digitalen zung im Rahmen der Schulautonomie. Grundbildung“ Regierungsprogramm 2020 – 2024 203 – Schulinterne Fortbildungen werden ausgebaut, Aufgabenteilung und Konsolidierung unterschied- damit die Lehrenden ihre Schülerinnen und Schü- licher Aufgaben (und Titel) des Unterstützungs- ler in möglichst kompetenter Weise beim Erwerb personals von digitalen Kompetenzen begleiten können. – Unterstützendes Personal ist dienstrechtlich bei den Bildungsdirektionen anzudocken, soll • Schulen brauchen qualifizierte Quereinsteigerinnen aber als Teil des pädagogischen Teams an den und -einsteiger Schulen agieren. Prüfung einer Verwaltungsver- – Erleichterung des (auch zeitweisen) Querein- einfachung durch Anstellung des neuen Support- stiegs in den Beruf der Pädagogin/des Pädago- personals bei einer Personalagentur des Bundes gen speziell auch für neue fächerübergreifende – Langfristige Absicherung der Finanzierung über Anforderungen den FAG und gesetzliche Vorgaben über den – Erarbeitung eines Quereinstiegsmodells – Bund beginnend bei der Elementarpädagogik bis hin – Studierende an pädagogischen Hochschulen zur Sekundarstufe II – in Abstimmung mit den sollen mehr Praxis an Schulen sammeln, wie Universitäten und Pädagogischen Hochschulen z. B. in der Nachmittags- und Ferienbetreuung, unter besonderer Berücksichtigung der nötigen und dadurch zusätzliche Unterstützung in ihrem pädagogischen Qualifikation Fachgebiet gewährleisten. – Prüfung und Erarbeitung notwendiger dienst- – Mobilisierung und Umschulung von zusätz- und studienrechtlicher Anpassungen, um lichem Personal soll in Zusammenarbeit mit Quereinstieg zu ermöglichen und attraktiv zu Gebietskörperschaften (AMS, Arbeitsstiftungen) gestalten (finanzielle Gleichstellung) geschehen. – Schaffung (und Ausbau) spezieller Fort- und – Schulleiterinnen und Schulleiter als Führungs- Weiterbildungsangebote für Quereinsteigerin- kräfte weiterentwickeln (Personalverantwortung, nen und Quereinsteiger an den Hochschulen Umsetzung Bildungsziele, Unterstützung durch – Parallel dazu bessere Optionen für den (auch Supportpersonal) zeitweisen) Aus- oder Umstieg aus dem Beruf der Pädagogin/des Pädagogen • Schulen mit besonderen Herausforderungen stüt- – Gezielte Anwerbung mehrsprachiger Personen zen – Pilotprogramm an 100 ausgewählten Schulen für das Pädagogikstudium auch im zweiten in ganz Österreich umsetzen, die anhand eines zu Bildungsweg (Kampagne) entwickelnden Chancen- und Entwicklungsindex grundsätzlich infrage kommen: – Ursachenanalyse am Standort unter Einbezie- Bedarfsgerechte Ressourcen für hung aller Schulpartner; betroffene Schulen unsere Schulen müssen ihre spezifischen Herausforderungen, • Bereitstellung von Supportpersonal: Schulisches Lösungsvorschläge, finanziellen Erfordernisse Unterstützungspersonal (administrativ und psy- und angestrebten Bildungserfolge darstellen. chosozial) bedarfsgerecht aufstocken, damit sich – Zusätzliche Ressourcen (Personal, Finanzierung) Pädagoginnen und Pädagogen auf den bestmög- werden anhand klarer Kriterien an die ausge- lichen Unterricht konzentrieren können wählten Schulen vergeben, aufbauend auf einem – Mehr Support durch unterstützendes Personal individuellen Schulentwicklungsplan mit maß- (z. B. Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, geschneiderter Unterstützung Assistenz, administratives Personal); klare 204 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Autonome Umsetzung durch die Schulleitung, chen, Sprach-, Sport- und Kulturangebote etc.) Begleitung durch Bildungsdirektion sowie mit sozial gestaffelten Beiträgen (in Zusammen- wissenschaftliche Analyse arbeit mit den Ländern) – Prüfung einer bedarfsorientierten Mittelzu- – Schaffung eines schulpraktischen Moduls für teilung auf Basis der Ergebnisse des Pilotpro- Lehramtsstudierende in den Ferienmonaten mit gramms Anrechnungsmöglichkeit auf das Studium – Flexibilisierungsmöglichkeit der Arbeitszeit für • Inklusion und Förderung: alle Kinder mitnehmen Lehrerinnen und Lehrer auf freiwilliger Basis – Kinder mit speziellem Förderbedarf bzw. sowie Erarbeitung eines Jahresarbeitszeitmo- Behinderungen werden bestmöglich in den dells für Erzieherinnen und Erzieher zur Ermög- Regelunterricht einbezogen, und qualitativ hoch- lichung der Ferienbetreuung wertige Sonderpädagogik wird sichergestellt, wo immer sie nötig ist. – Umgehende externe Evaluation der Vergabepra- Schulorganisation verbessern xis von SPF-Bescheiden, damit die Zuteilung der • Größtmögliche Bündelung der Bildungs­agenden Ressourcen dem tatsächlichen Bedarf entspricht des Bundes (von der Elementarpädagogik bis zur – Weiterentwicklung der Qualität pädagogischer Hochschule sowie Teilen der Erwachsenenbildung) Angebote für Schülerinnen und Schüler mit im Bildungsministerium Behinderungen und barrierefreier Bildungswege – Sicherstellung organisatorischer, personeller und • Evaluierung der Bildungsdirektionen hinsichtlich räumlicher Voraussetzungen für diversitätsorien- interner und externer Kommunikation und Verwal- tierten Unterricht in der gesamten Bildungskette tung (Effizienz, Personalbedarf) – Evaluierung und entsprechende Weiterentwick- – Schülerverwaltungsprogramme des Bundes lung der PädagogInnenbildung weiterführen und weiterentwickeln, um Nutzer- – Öffnung der Position der Schulleitung an allge- freundlichkeit zu erhöhen und Abfragen zu meinen Pflichtschulen für Sonderpädagoginnen vereinfachen und -pädagogen – Entwicklung einer integrierten EDV-Lösung in der Verwaltung • Mehr Ferienbetreuung und Sommerunterricht für – Reduktion der Zahl von Rundschreiben und jene, die es brauchen, um Eltern zu entlasten Erlässen zugunsten eines konsolidierten, web- – Mehr Förderstunden für Schülerinnen und basierten Informationsmanagements Schüler am Nachmittag (unter Nutzung des – Berufliche E-Mail-Adressen für das gesamte bestehenden Systems der verpflichtenden Personal der Bildungsdirektionen bereitstellen Förderstunden) und nutzen – Ausarbeitung eines Konzepts als Angebot für die Gemeinden zur verstärkten Einbeziehung der • Transparente Personalsteuerung – gemeinsam mit Eltern in die Sprachförderung (aktive Eltern- den Bundesländern: Umsetzung eines einheitlichen arbeit, „Mama lernt Deutsch“) Systems zur Sicherstellung des effektiven Einsatzes – Fachliche und pädagogische Konzeption von von Pädagoginnen und Pädagogen österreichweit speziellen Ferienangeboten sowie österreichweit einheitliche Angebotsumsetzung (z. B. Schwer- • Zügiger Schuljahresbeginn punktkurse, Praxiswochen, Unternehmenswo- Regierungsprogramm 2020 – 2024 205 – Etablierung eines rechtlich abgesicherten, • Prüfung der Einrichtung von Fonds für Schulveran- verbindlichen und österreichweit einheitlichen staltungen bei den Bildungsdirektionen. Damit soll Systems der An- und Abmeldungen von Schü- benachteiligten Standorten geholfen werden, die lerinnen und Schülern an den Schulen sowie Kosten für Schulveranstaltungen (Workshops, Aus- Vereinheitlichung der Stichtage und Schulein- flüge etc.) abzudecken – eventuell gespeist durch schreibungstermine, um einen zügigen Schul- regionale Unternehmen. start zu gewährleisten – Einführung eines Bonus-Systems für Schulen, • Innovationsstiftung für Bildung: Entbürokratisierung die die Nachprüfungen vollständig in der letzten der Innovationsstiftung für Bildung und attraktive Ferienwoche durchführen Finanzierungsmöglichkeiten mit dem Ziel, private Mittel für die Bildung zu erschließen • Etablierung eines gesamtheitlichen Bildungsmoni- torings durch Zusammenführung relevanter Daten- • Spendenabsetzbarkeit für Vereine im Bildungsbe- quellen, um wichtige bildungspolitische Analysen reich ausweiten durchführen zu können, unter Wahrung sämtlicher datenschutzrechtlicher Standards • Überprüfung des Leistungsprofils und Weiterent- – Verstärkte Zusammenarbeit mit Statistik Austria wicklung des OeAD zur Agentur für Bildungsinnova- und weiteren relevanten Stakeholdern, um Syn- tion und internationale Mobilität ergien zu nutzen und rasche Informations- und Austauschprozesse sicherzustellen • Schulen und Lehrende bei der Gewaltprävention unterstützen • Entwicklung einer wertschätzenden, konstruktiven, – Friedenspädagogisches Training und Deeskala- transparenten Feedbackkultur („360-Grad-Feed- tionstraining für Pädagoginnen und Pädagogen back“) zur Qualitätssteigerung des Unterrichts und im Rahmen der Aus- bzw. Fort- und Weiterbil- zur Verbesserung der Beziehungen sowie verpflich- dung einführen tende schulinterne Evaluierung an jedem Standort – Schnellere und treffsichere Entscheidungs- findung bei Vorfällen an Schulstandorten durch • Die Schulen baulich modernisieren – neuer Schul- bessere rechtliche Handhabe ermöglichen (qua- entwicklungsplan unter Berücksichtigung pädago- litative Bewertung bei der Schule und Aufsicht, gischer Ziele: klimagerechte ökologische Standards formale Bewertung bei Bildungsdirektionen – im Schulbau, bei Sanierungen und Neubauten in rechtliche Abwicklung, raschere Handlungs- Abstimmung mit Ländern und Gemeinden, wie dies möglichkeiten betreffend Suspendierung und im Pflichtschulbau umgesetzt werden kann Ausschluss für nicht Schulpflichtige) – Entwicklung eines pädagogischen Betreuungs- • Klare Regeln für das Zusammenspiel Schule und konzepts für den Umgang mit gewaltbereiten Unternehmen: Einrichtung einer Servicestelle, die Schülerinnen und Schülern (z. B. „Cool-down“- bei Fragen zum Thema Schulen und Unternehmen Phase, „Time-out“-Phasen, psychosoziale beratend zur Seite steht (z. B. bezüglich Berufsinfor- Unterstützung) mation durch Unternehmen) • Ausbau ganztägiger Schulen: bedarfsgerechter Ausbau ganztägiger Schulformen zur Ermöglichung der Wahlfreiheit für Eltern. Ein unverschränktes bzw. 206 Regierungsprogramm 2020 – 2024 verschränktes Angebot soll auch in jenen Regionen ihrem vorgeschlagenen System umgesetzt wird oder zur Verfügung stehen, in denen es dieses bisher es zu einer Reform im Sinne einer echten Modulari- nicht gibt. sierung kommt. Insbesondere ist den Ergebnissen einer Evaluierung der bestehenden „Nicht-genü- • Qualitätskriterien für externe Angebote an Schulen gend-Regelung“ Rechnung zu tragen. – Rasche Fertigstellung des bundesweiten Kri- terienkatalogs für alle extern hinzugeholten • Überprüfung und Weiterentwicklung der standardi- Fachkräfte und Vereine sierten Reife- und Diplomprüfung („Zentralmatura“); – Spezieller Fokus auf geschlechtersensible Verbesserung der Modalitäten und Bedingungen, Mädchen- und Burschenarbeit, auch mit dem verstärkte Individualisierung und Förderung von Ziel, Kinder und Jugendliche aus patriarchalen Interessen und Begabungen unter Berücksichti- Milieus zu stärken und ihre Selbstbestimmung zu gung des differenzierten Schulsystems und seiner fördern Schwerpunkte – Erarbeitung von Qualitätskriterien für die Sicherung einer weltanschaulich neutralen, wis- • Ausweitung von Bewegung und Sport im Rahmen senschaftsbasierten Sexualpädagogik und die des schulischen Unterrichts Entwicklung eines Akkreditierungsverfahrens für – Tägliche Bewegungseinheit soll realisiert werden Vereine bzw. Personen, die sexualpädagogische (z. B. mit Sportvereinen) Workshops an Schulen anbieten wollen – Prüfung der ganzjährigen Öffnung der Schul­ – Regeln zur Anwesenheit der Pädagoginnen und infrastruktur für Sportvereine und Organisa- Pädagogen sind zu definieren. Die qualitativ tionen sowie Öffnung der Infrastruktur von hochstehende Aus-, Fort- und Weiterbildung der Sportvereinen, Organisationen oder Ländern und Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Sexualpäd- Gemeinden für die Schulen (wo immer logistisch agogik für die Primarstufe sowie die Sekundar- möglich) stufe (im Unterrichtsfach Biologie und Umwelt- kunde) soll sichergestellt werden. • Musikschulen und Musikpädagoginnen und -­pädagogen • Den bekenntnisorientierten Religionsunterricht – Erstellen der rechtlichen Rahmenbedingungen beibehalten und den Ethikunterricht für all jene für den Einsatz von Musikschullehrerinnen und sicherstellen, die keinen Religionsunterricht besu- -lehrern an öffentlichen Schulen und gegen- chen (oder ohne Bekenntnis sind) seitige Anerkennung von Fächern (Schaffung von Wahlpflichtfächern) • Entwicklung eines Lehramtsstudiums „Ethik“ mit – Schaffung der Rahmenbedingungen in ganz- Anrechenbarkeit von bestehenden Aus- und Fort- tägigen Schulformen (Übungseinheiten, zeitliche bildungen (Religionspädagogik und Lehrgänge) Freiräume für den Unterrichtsbesuch in Musik- schulen, Konservatorien etc.) • Schulische Profilierung und Individualisierung – eine – Besondere Rücksicht auf Begabtenförderung weitere Modularisierung der Oberstufe prüfen und (insbesondere Schnittstellen mit Musikschulen, in Absprache mit Betroffenen und Interessenvertre- Kunstuniversitäten u. a.) tungen pilotieren und ausbauen. Auf Basis der 2019 abgeschlossenen Evaluierung muss zeitnah ent- schieden werden, ob die NOST (Neue Oberstufe) in Regierungsprogramm 2020 – 2024 207 • Ausbildung von MINT-Fachkräften ausbauen – Konsequente Schließung der Einrichtungen bei – Erstellung einer MINT-Bedarfslandkarte in Nicht-Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen Zusammenarbeit mit den regionalen Stake­ – Weltanschauungen, die in Widerspruch zu holdern und darauf aufbauend eine bedarfs- unseren demokratischen Werten und unserer gerechte Erhöhung der derzeitigen Ausbildungs- liberalen Grundordnung stehen, dürfen in Schu- plätze im höher qualifizierten MINT-Bereich len nicht verbreitet werden. Präventive Maß- – Reform des Mathematik-Unterrichts unter nahmen im Bildungsbereich, die das Abdriften Berücksichtigung international anerkannter von Kindern und Jugendlichen in radikale Milieus Beispiele und bereits bestehender Programme in möglichst früh verhindern, sind auszubauen. Österreich. Mathematik soll auch ohne digitale – Mehr Transparenz und verstärkte Kontrollen Rechenhilfen beherrscht werden. in Bildungseinrichtungen (insbesondere isla- – Prüfung der Entwicklung einer Cyber-HTL-Fach- mischen) wie Kindergärten, Privatschulen, richtung und IT-HTL mit Schwerpunkt auf Cyber Schülerheimen, auch zur Verhinderung von Security ausländischen Einflüssen an Bildungsorten jeder Art insbesondere zum Schutz von Frauen und • Auslandserfahrung und europäische Vernetzung Mädchen fördern: stärkere Nutzung von Erasmus+ – Prüfung von Möglichkeiten, den Anteil von Kindern mit Förderbedarf an Privatschulen zu • Auslandsschulen evaluieren und weiterentwickeln: erhöhen Österreichische Auslandsschulen sind eine Visiten- karte des Landes. Die Entsendungsprogramme für • Qualitätsvolles Essen in Kinderbetreuungseinrich- österreichische Lehrkräfte, die Unterrichtsqualität tungen und Schulen: Der Anteil regionaler, saisona- und die Führung dieser Schulen sollen von externer ler und biologischer Lebensmittel in Kinderbetreu- Seite evaluiert und weiterentwickelt werden. ungseinrichtungen und Schulen ist zu steigern, der Bio-Anteil zu erhöhen. • Klare Qualitätsstandards für alle Bildungseinrichtun- gen (inkl. private) • Stärkung von freiwilligen, hochqualitativen Mento- – Neues Errichtungsverfahren von Privatschulen ring-Programmen an Schulen und Kindergärten – mit und gesetzliche Ausgestaltung von verpflichten- dem Ziel der Stärkung von Integration, positiven den Mindeststandards (z. B. Finanzplan, Bekennt- Bildungswegen und gesellschaftlichem Zusammen- nis zu den im österreichischen Rechtssystem halt verankerten Werten, persönliche Eignung und Qualifikation der Unterrichtenden etc.) sowie • Begabungen und Kreativität fördern: Das Erkennen Einführung eines bildungspolitischen Vorbehalts und Fördern von speziellen Begabungen werden insbesondere für Statutschulen. Dies gilt ebenso im Rahmen der neuen Lehrpläne als verbindliches für die Errichtung und Genehmigung privater Bildungsziel festgelegt und als Bestandteil der Schülerheime. Lehreraus- und Weiterbildung verankert. – Regelmäßige Kontrollen und Ausweitung der Kontrollkompetenzen der Schulaufsicht auf • Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrende – neue bestimmte, derzeit nicht erfasste Bildungsein- Inhalte und mehr Verbindlichkeit: verbindlichere Teil- richtungen (z. B. private Schülerheime) nahme der Lehrkräfte an Fort- und Weiterbildungs- angeboten sicherstellen. Etablierung einer neuen 208 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Steuerungslogik der Fort- und Weiterbildung (z. B. bildungscampus“, um in Modulen die Vermittlung Personalentwicklung am Schulstandort). Qualitäts- von mehr Allgemeinbildung sicherzustellen, sicherung der Fort- und Weiterbildung vor allem in oder Modularisierung der 9. Schulstufe (AHS, Bezug auf die Vortragenden BHS, Polytechnische Schule) oder Einführung des ersten Lehrjahres in die PTS – in Zusammen- • Bildungswegentscheidung unterstützen durch arbeit mit den bestehenden Berufsschulen individualisierte Kompetenzfeststellung: Die Ent- – Beste Qualität in der Ausbildung durch Quali- scheidung über die weitere Bildungslaufbahn soll tätssicherung und Ausbildungsfortschritts- nicht mehr nur von einer Leistungsfeststellung kontrolle: Ausweitung von Anreizmodellen zur (Schulnachricht der 4. Schulstufe) abhängig gemacht Förderung von Lehrlingsausbildung in Betrieben. werden, sondern auf Basis der Ergebnisse einer „Blum-Bonus Neu“ zur Förderung betrieblicher individualisierten Kompetenzfeststellung in der 3. Lehrstellen mit inkludierter Qualitätssicherung Schulstufe, des Jahreszeugnisses der 3. Klasse und prüfen. Zielgruppe: Klein- und Mittelbetriebe der Schulnachricht der 4. Klasse getroffen werden. (speziell Gewerbe/Handwerk) – Eine Steigerung der Qualität in der Lehre wird • Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche ver- angestrebt. Dafür wird das bestehende System bessern und österreichweite Talentechecks als Teil hinsichtlich Qualitätssicherung überprüft und des Unterrichts für alle 14-Jährigen in unterschied- bedarfsorientiert ergänzt (unabhängige Quali- lichen Schulformen mit begleitender Beratung für tätskontrollen, Weiterbildung der Ausbildne- Eltern einführen, unter Einhaltung höchster Daten- rinnen und Ausbildner sowie Absicherung des schutzstandards und Klärung der Datenrechte Lehrlingscoachings). – Qualitative Weiterentwicklung und Attrakti- vierung der „Lehre mit Reifeprüfung“ und die Stärkung der dualen Ausbildung Erhöhung der Zahl von Absolventinnen und Absolventen • Mehr Unterstützung bei der Ausbildungswahl und – Lehre nach Matura verstärkt ermöglichen und qualitätsvolle Ausbildungsplätze fördern (z. B. Duale Akademie in Oberösterreich) – Alle Jugendlichen sollen bei der Suche nach – Durchlässigkeit zwischen Allgemeinbildung und einem qualitätsvollen Ausbildungsplatz unter- Berufsausbildung sowie Studienberechtigung stützt werden. Der Bildungs- und Berufsorientie- durch Berufspraxis sicherstellen rung ist bereits in der Schule mehr Bedeutung – Prüfung einer Modularisierung der Berufsausbil- beizumessen. Jugendliche sollen dort frühzeitig dung mit Erweiterungsmöglichkeiten auch nach über die Vielfalt der Berufsmöglichkeiten der Lehre informiert werden. – Prüfung einer Bildungsprämie für Unternehmen, – Weiterführung einer gezielten Aufwertung der die in die effektive Weiterbildung ihrer Lehrlinge 9. Schulstufe, der berufsbildenden mittleren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investie- Schulen und der dualen Ausbildung durch eine ren Reform der Lehrpläne, durch stärkere Einbindung – Gezielte Anwerbung von Betrieben mit von Berufsorientierung sowie durch breitere Zukunftstechnologien (z. B. „Green Jobs“) als Berufsausbildungen (im Zuge der Bildungspflicht) Ausbildungspartner für das Programm „Duale – Prüfung unterschiedlicher Modelle zur Auf- Akademie“ wertung der 9. Schulstufe, z. B. eines „Berufs- Regierungsprogramm 2020 – 2024 209 – Begleitende Studien über Ausbildungsverläufe – Stärkere strategische Ausrichtung und gesamt- und Ausbildungserfolge (z. B. Ursachen für Lehr- hafte Steuerung der Erwachsenenbildung in abbrüche, negative Abschlussprüfungsergeb- Österreich – Evaluierung der Bildungsangebote, nisse und Fortschrittskontrolle) Qualitätssicherungsmaßnahmen und Entwick- lung eines Anforderungskatalogs (z. B. Lernunter- • Berufsbildung aufwerten und Berufsausbildungs- stützung für Menschen mit Beeinträchtigung) gesetz modernisieren – Weiterentwicklung der Leistungsvereinbarungen – Überarbeitung der mehr als 200 bestehenden mit Erwachsenenbildungseinrichtungen (inkl. Lehrberufe, mit Hinblick auf digitale Inhalte, möglicher Valorisierungen) MINT sowie regionale und ökologische Schwer- punkte • „LLL:2020 – Strategie zum lebensbegleitenden – Verpflichtende Evaluierung und Modernisierung Lernen in Österreich“ in einem partizipativen aller Lehrberufe alle fünf Jahre Prozess weiterentwickeln – Lenkungsmaßnahmen erarbeiten, um mehr Frauen in technische Lehrberufe zu bringen • Umsetzung der Validierungsstrategie, mit der – Möglichkeit zur „Flexi-Lehre“ für Wiedereinstei- nicht-formale und informell erworbene Kenntnisse gerinnen und Wiedereinsteiger sowie betreu- und Kompetenzen anerkannt werden, die abseits ende Angehörige prüfen des formalen Bildungssystems (Arbeitsplatz, Frei- zeit, Ehrenamt) erworben worden sind • Gesetzliche Grundlage für höhere Berufsbildung schaffen: Die Berufsbildung soll parallel zur höheren • Bibliotheksentwicklungskonzept nach internationa- Allgemeinbildung ausgebaut werden bzw. Lehrlings- len Best-Practice-Beispielen, in dem der öffentliche ausbildung bei tertiären Studien besser angerechnet Auftrag an die Bibliotheken formuliert wird unter werden können. Einbeziehung der Länder, Gemeinden und Träger- – Meister aufwerten: Erlass der Meisterprüfungs- organisationen gebühren prüfen, Meisterprüfungsordnung modernisieren, eintragungsfähigen Titel für • Weiterentwicklung der Initiative Erwachsenenbil- offizielle Dokumente schaffen. Schaffung eines dung (Basisbildung, Nachholen des Pflichtschulab- Qualifikationspfades bis NQR 7 („Master schlusses) Professional“) • Sicherstellung bestehender nationaler Mittel für Bildungsmaßnahmen als Voraussetzung für die Inan- Lebensbegleitendes Lernen: Gute spruchnahme von ESF-Fördermitteln Bildungsangebote für Erwachsene • Lebensbegleitendes Lernen im Bildungssystem stärken – Zeitgemäße Neufassung der gesetzlichen Grundlage der Erwachsenenbildung mit dem Ziel, die Erwachsenenbildung als Teil des Bildungssystems zu sehen 210 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Wissenschaft & Forschung Wissenschaft und Forschung sind Basis für gesellschaft- Wissenschaft und Wirtschaft stärken, damit exzellente lichen Fortschritt und Innovation. Die Bundesregierung Forschungsarbeit an den Hochschulen künftig noch direk- bekennt sich dazu, den heimischen Hochschulen, ihren ter in wirtschaftliche Innovationen, lokale Wertschöpfung Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Studierenden und sichere Arbeitsplätze mündet. bestmögliche Finanzierungs- und Planungssicherheit in den kommenden Jahren zu gewährleisten, um Wissen- schafts- und Lehrfreiheit zu garantieren und weiterzuent- Wissenschaft: Verantwortungsvoll wickeln. Damit wollen wir auch in Zukunft Österreich zu die Grundlage für die Gesellschaft einem attraktiven Standort für Lehrende und Studierende der Zukunft schaffen machen. Universitätsfinanzierung, Governance und Die begonnene Veränderung in der Hochschulfinanzierung Karriereentwicklung für den wissenschaft- ist ein wichtiger Schritt, der die Autonomie der Univer- lichen Nachwuchs sitäten stärkt, Studienbedingungen verbessert, Inter- • Sicherstellen des Universitätsbudgets bis 2027: Die nationalität gewährleistet und den wissenschaftlichen Universitäten erhalten Finanzierungszusagen mit und künstlerischen Nachwuchs fördert. Dabei ist es ein Indexierungen für die nächsten Leistungsverein- besonderes Anliegen, das Studienrecht lebensnah und barungsperioden bis 2027. Konsequente Fortführung leistungsbezogen zu gestalten. Wir werden die Durch- und Weiterentwicklung der „Universitätsfinanzierung lässigkeit im Hochschulsektor stärken und auf eine freie, NEU“ mit allen eingeleiteten Umsetzungsschritten bedarfsgerechte Studienwahl achten, die nicht durch soziale Rahmenbedingungen eingeschränkt wird. Dies • Reform der Kettenvertragsregelung an den Hoch- bedeutet auch, dass Maßnahmen ergriffen werden, die schulen eine gezieltere Studienwahl sicherstellen und die Drop- – Reformierung des § 109 UG unter Berücksichti- out-Rate substanziell verringern. Darüber hinaus muss der gung der Karriereentwicklung und der sozialen Fachhochschulsektor bedarfsorientiert ausgebaut werden. Lage der Betroffenen sowie der Einbindung der Hochschulen Ein besonderes Anliegen ist uns die Stärkung sowohl der – Verankerung von attraktiven und leistungs- Grundlagenforschung als auch der angewandten For- orientierten Karrierewegen (Laufbahnstellen) für schung, auch in Form einer Technologie- und Klimaoffen- Nachwuchswissenschafterinnen und -wissen- sive. Eine umfassende FTI-Strategie und ein Forschungs- schafter finanzierungsgesetz sollen längerfristige Orientierung und Perspektiven für die Förderinstitutionen ermöglichen • Systematischer Aufbau und Stärkung der Exzellenz und gute Rahmenbedingungen für Spitzenforschung ge- im Nachwuchsförderungsbereich (z. B. Kombina- währleisten. tionsstudium Master und PhD) Ein besonderes Anliegen ist der Wissens­transfer. Zum • Evaluierung der im UG geschaffenen dienstrecht- einen sollen wissenschaftliche Erkenntnisse möglichst lichen Kategorien (z. B. Senior Lecturer, Senior vielen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich gemacht Scientists) und eine Studie zur Karriereentwicklung werden. Zum anderen wollen wir die Zusammenarbeit von von Senior Lecturers Regierungsprogramm 2020 – 2024 211 • Weitere Modernisierung der Universitäts- und Hoch- das Verbindlichkeit fordert und Studierbarkeit för- schulorganisation: professionelles Management auf dert – zur Senkung der Drop-outs und Verkürzung allen Ebenen, schnellere Entscheidungen, Schaffung der Studiendauer. Neuerungen sind jedenfalls bei von Exzellenz-Clustern (nicht jedes Fach muss an folgenden Punkten notwendig: jedem Standort unterrichtet werden) und Über- – Richtlinienkompetenz des Rektorats bei Über- denken des Verhältnisses Universitätsrat, Rektorat, prüfung und Neuerstellung von Studienplänen Senat in den Entscheidungsstrukturen – Prüfung von Maßnahmen zur Steigerung der Verbindlichkeit im Studium (z. B. verpflichtendes • Weiterentwicklung einer effizienten, datenbasierten Wahrnehmen von Prüfungen) und digitalisierten Hochschulverwaltung – innerhalb – Prüfung der Regelungsdichte im Studienrecht der Hochschulen und im Hochschulsystem – Prüfung eines Modells für Teilzeitstudierende (z. B. gekoppelt an Berufstätigkeit, Betreuungs- • Der Universitätsbericht wird auf seine Zweckmäßig- pflichten etc.) keit überprüft. Auf Basis dessen sollen Weiter- – Grundlegende Validierung der ECTS-Punkte mit entwicklungen des Berichtswesens im Hochschul- angebotenen Lehrveranstaltungsstunden unter bereich erfolgen. Wahrung der grundsätzlichen Bologna-Idee (z. B. Stärkung des Projektunterrichts) • Die Bundesregierung unterstützt aktiv den Plan S – Stärkere Anerkennung von studienspezifischen zur Implementierung von Open Access. In weiterer berufspraktischen Qualifikationen im Rahmen Folge sollen die Prinzipien des Plan S auch von allen der Curricula (non-formale Bildung) Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein- – Steigerung der Durchlässigkeit zwischen und richtungen in Österreich umgesetzt werden. innerhalb der Hochschulsektoren sowie Optimie- rung der Anerkennung (auch von Vorleistungen • Qualitätssicherung im Hochschulbereich weiter- aus nichtakademischen Bildungswegen) – „kein entwickeln Abschluss ohne Anschluss“ – Weiterentwicklung des Nostrifikationsverfahrens • Klimaschutz/Ökologie: Die öffentlichen Hochschulen für zugewanderte Fachkräfte: zusätzlich zum sollen an der Österreichstrategie zum Standort- und Bescheidverfahren vermehrt auch Kompetenzen Klimaschutz teilnehmen (z. B. Investitionen in klima- bewerten („Bewertungsverfahren“) schonende Gebäude, Einsatz eigener Forschungs- – Erhöhter Einsatz von innovativen Lehr- und Lern- kompetenz, Übertragung des Know-hows auf methoden, die sich gesamthaft und nachhaltig andere öffentliche Gebäude). an neuen Technologien und digitalen Möglich- keiten orientieren Studienbedingungen und Studienwahl • Fortführung der MINT-Offensive (unter Überprüfung • Novellierung des Studienrechts: Zur Novellierung des Fächerbündels) an Universitäten und Fachhoch- des Studienrechts wird eine Arbeitsgruppe aus schulen bei gleichzeitiger Berücksichtigung anste- uniko, ÖH und BMBWF zur gemeinsamen Positions- hender Herausforderungen (z. B. Klimaveränderung, entwicklung eingerichtet. Bestehende Vorarbeiten alternde Bevölkerung) von uniko und ÖH sollen berücksichtigt werden. Ziel dieser Novellierung ist die Weiterentwicklung eines lebensnahen und leistungsbezogenen Studienrechts, 212 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Kooperation zwischen Universitäten und Fachhoch- zu halten. Dafür soll die Austria Business Agency schulen im Bereich der Lehre, standort- und fach- gemeinsam mit dem AMS Maßnahmen erarbeiten. spezifische sowie österreichweite Abstimmung des Lehrangebots Qualitätssicherung und Profilbildung im • Qualitätsvolle und faire Weiterentwicklung der Hochschulsektor bestehenden Zugangsregelungen, insbesondere in • Weiterentwicklung der Pädagogischen Hochschulen stark nachgefragten Studien; Evaluierung und evi- (PH) denzbasierte Gesamtschau und Weiterentwicklung – Umsetzung des aktuellen PH-Entwicklungsplans zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen • Durchführung einer österreichweiten Maturieren- für die PH: stärkere Autonomie bei der Adminis- den-Studie zur sozialen Dimension und zu Berufs- tration („Teilrechtsfähigkeit“) und Umsetzung, und Studienaspirationen enge Abstimmung in inhaltlichen Fragen mit dem zuständigen Fachministerium • Studienberatung und Information: Das bereits – Evaluierung und Weiterentwicklung der Pädago- erprobte Modell der Studienberatung (z. B. Studieren gInnenbildung NEU inklusive der Verbündestruk- probieren) wird gestärkt und weitergeführt. tur in Zusammenarbeit mit den Universitäten auf Basis der Stärken der jeweiligen Institutionen • Pilotprojekt „Flexible Studieneingangsphase“: Zur – Weiterentwicklung der Eignungsprüfung für Verbesserung der Studienwahlentscheidung wird ein angehende Lehrkräfte und Prüfung einer mög- Pilotprojekt einer flexiblen Studieneingangsphase lichst frühen Einführung in die Praxis, um die eingerichtet. Dabei erworbene ECTS-Punkte sind bestgeeigneten Personen für das Bildungssys- auf das letztlich gewählte Studium anrechenbar. tem auszubilden – Förderung der Zusammenarbeit in den Verbün- • Ausbau der Studienförderung und Prüfung einer den und mit den Universitäten, um bestmögliche grundlegenden Weiterentwicklung unter Berück- Synergien zu schaffen sichtigung der Familienbeihilfe und steuer- und – Interkulturelle und Gleichbehandlungskompe- unterhaltsrechtlicher Aspekte tenzen müssen in allen pädagogischen Ausbil- dungen als Pflichtlehrveranstaltungen enthalten • Prüfung einer Entwicklung eines Anreizsystems für sein. bestimmte Studien, deren Absolventinnen und Absol- venten am Arbeitsmarkt stark nachgefragt sind • Weiterentwicklung des Fachhochschulsektors – Der Fachhochschulsektor soll gezielt weiter- • Beibehaltung des derzeit bestehenden Systems der entwickelt werden. Um eine gute Datenlage zu Studienbeiträge, mit regelmäßiger Valorisierung erhalten, ist ein umfassendes Erhebungs- und Analysepaket erforderlich, das jedenfalls die • Schaffung von Anreizsystemen, u. a. für Medizinstu- Personal-, Kosten- und Organisationsstruktur, dierende, damit sie nach Abschluss des Studiums in Studienangebote und die Aufnahmeverfahren Österreich bleiben umfasst. – Schaffung eines Umfeldes zur Weiterentwicklung • Ziel ist es, Absolventinnen und Absolventen der der angewandten Forschung durch transparen- österreichischen Hochschulen auf dem Arbeitsmarkt ten Wettbewerb für FH-Träger Regierungsprogramm 2020 – 2024 213 – Erhöhung der Planungssicherheit im FH-Sektor – Schwerpunkt Bildungsexport und durch gesetzliche Verankerung des Entwicklungs- Internationalisierung setzen und Finanzierungsplans und zeitliche Angleichung • Stärkung Österreichs als attraktiver Standort für an die Periode der Leistungsvereinbarung internationale Studierende und Wissenschafterinnen – Anhebung der Fördersätze – für die notwendi- und Wissenschafter; verbesserte Kooperation der gen Investitionen in Digitalisierung, Internationa- österreichischen Vertretungsbehörden mit der lisierung und Innovation Fremdenrechtsbehörde und den wissenschaftlichen – Förderung des kooperativen Doktorats zwischen Einrichtungen Universitäten und Fachhochschulen – Bedarfsgerechter Ausbau des Fachhochschul- • Weiterentwicklung der Stipendienprogramme des sektors – mit mehr Studienplätzen zur nachhalti- Österreichischen Austauschdienstes (OeAD), um gen Sicherung und Ausbau des Wirtschafts- und hochqualifizierte PhD-Studierende nach Österreich Technologiestand­ortes (z. B. insbesondere zu holen (v. a. im Bereich MINT) Gesundheits- und Sozialberufe, MINT) – Weiterentwicklung der Akkreditierungsvoraus- setzungen für Fachhochschulen: Bedarfsorien- Forschung: Innovation und tierung des Angebots, hohe Qualitätsstandards Wissenstransfer für globale und daraus resultierende Anerkennung für Herausforderungen unserer Zeit gebotene Qualität Forschungspolitik für zukünftige • Weiterentwicklung im öffentlichen Dienst: Um den Herausforderungen gestalten und neuen Herausforderungen gerecht zu werden und FTI-Strategie erstellen den Wissenstransfer an die nächste Generation • Erarbeitung einer ambitionierten FTI-Strategie sicherzustellen, soll die beim BMÖDS angesiedelte 2030: Ausgehend von einer Analyse des Status quo Verwaltungsakademie inhaltlich und qualitativ in und aktuellen Herausforderungen sollen Ziele der Zusammenarbeit mit Hochschulen in Richtung einer Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Austrian School of Government entwickelt werden. für die nächsten zehn Jahre festgelegt und Hand- Gemeinsame Standards in der Aus- und Weiter- lungsfelder für die Umsetzung dieser Ziele definiert bildung der allgemeinen Verwaltung sind ebenso werden (im Einklang mit der Standortstrategie und sicherzustellen wie fachspezifische Ausbildungen. Klimazielen). Diese Erarbeitung der neuen Strategie soll jedenfalls auf Basis der laufenden FTI-Reviews • Weiterentwicklung der gesetzlichen Bestimmungen der OECD erfolgen. im Privatuniversitätsbereich (Wettbewerbsbedin- gungen, Transparenz, Qualitätssicherung, Akkredi- • Pakt für Forschung, Technologie und Innovation tierungsverfahren, Gleichstellung von Männern und (FTI-Pakt): Zur Operationalisierung und Umset- Frauen etc.) zung der Ziele der FTI-Strategie wird der FTI-Pakt beschlossen, der die forschungspolitischen Schwer- • Weiterbildung im tertiären Sektor und Lebenslanges punkte der Bundesregierung in einem dreijährigen Lernen: Neufassung der LLL-Strategie mit Fokus auf Rhythmus festigt. Integration der unterschiedlichen Bereiche und auch der unterschiedlich zu vergebenden Titel – unter • Die außeruniversitäre Forschung ist ein wesentlicher Einbeziehung der hochschulischen Weiterbildung Teil der österreichischen Forschungslandschaft. Eine langfristige Programmfinanzierung ist zu prüfen. 214 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Etablierung eines jährlichen FTI-Gipfels der Bundes- Kompetitive Forschungsförderung in regierung zur Festlegung der strategischen for- der Grundlagenforschung und angewandten schungspolitischen Schwerpunkte zur Vergabe der Forschung ausbauen – Exzellenz fördern – Zukunftsfondsmittel. Diese sollen insbesondere für Governance verbessern ressort- und politikbereichsübergreifende FTI-Vorha- • Bekenntnis zum FWF und FFG als den zentralen ben eingesetzt werden. Institutionen zur kompetitiven Vergabe von öffentli- chen Forschungsmitteln im Bereich der Grundlagen- • Umsetzung kooperativer Forschungsfinanzierungs- forschung und der angewandten Forschung modelle für Bund, Länder, Gemeinden und Private • Stärkung der Grundlagenforschung: Durch eine • Weiterentwicklung der „smart specialisation“ der Exzellenzinitiative, abgewickelt durch den FWF, soll Regionen durch thematische Schwerpunktsetzungen, dieser und damit die Grundlagenforschung gestärkt um erfolgreiche Beteiligungen am Europäischen werden. Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) sicherzustellen – Bildung von Exzellenzclustern, um herausra- gende Forschungsfelder durch Kooperationen • Gezielte Nutzung des EFRE – Europäischer Fonds nachhaltig zu stärken für regionale Entwicklung zum Aufbau von For- – Emerging Fields, um neue Forschungsfelder schungsinfrastrukturen, wie forschungsthematische und Themen mit hohem Innovationspotential zu Bau- und Infrastrukturprojekte zur Stärkung der ermöglichen Regionen – Austrian Chairs of Excellence, um exzellente Forscherinnen und Forscher aller Wissenschafts- • Beschluss des Forschungsfinanzierungsgesetzes: disziplinen zu gewinnen und auszuzeichnen Aufbauend auf die FTI-Strategie soll ein Wachs- tumspfad beschlossen werden, der Forschungs- • Bekenntnis zu einer Technologie- und Klimaoffensive förderung und der außeruniversitären Forschung in der angewandten Forschung unter Berücksich- mehrjährige Finanzierungs- und Planungssicherheit tigung themenoffener Programme (z. B. Basispro- gibt. Gleichzeitig werden die Steuerung und das gramm, COMET); z. B. ist die Programmlinie COMET Finanzierungssystem der Einrichtungen vereinheit- eine wesentliche Säule des Wissenstransfers und licht und vereinfacht. soll erhalten bleiben. • Governance der wichtigsten österreichischen Förderinstitute verbessern: FFG (Forschungsförde- rungsgesellschaft), FWF (Wissenschaftsfonds), aws (Austria Wirtschaftsservice), OeAD (Österreichi- scher Austauschdienst) und CDG (Christian Doppler Forschungsgesellschaft) sowie in Zukunft die LBG (Ludwig Boltzmann Gesellschaft) – Ziel einer klaren Aufgabenteilung zwischen der Förderung von Grundlagenforschung (FWF), angewandter Forschung (FFG) und Wirtschafts- förderung (aws) sowie größtmöglicher gemeinsa- mer Abdeckung von Forschung und Entwicklung Regierungsprogramm 2020 – 2024 215 – Enge Abstimmung mit den verantwortlichen – Neustrukturierung des mittel- und langfristigen Ministerien zu strategischer Zielsetzung und Finanzierungspfades von IST-A unter Wahrung gesamtgesellschaftlichen Prioritäten (aufbauend der geteilten Verantwortung des Bundes und auf FTI-Strategie und Standortstrategie) bei des Landes Niederösterreich verstärkter Autonomie in der operativen Umset- zung; weg von zahlreichen Einzelprogrammen hin zu größeren Programmlinien Innovation durch Transparenz und Zugang zu wissenschaftlichen Daten • Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG): • Innovative Forschung wird möglich, wenn Daten- Die CDG ist sehr erfolgreich an der Schnittstelle bestände kombiniert und analysiert werden können, von Universitäten und Unternehmen tätig. Die die für die Wissenschaft bisher verschlossen sind. Weiterführung dieses erfolgreichen Weges soll auch Auch evidenzbasierte Politik und wissenschaftliche in Zukunft gesichert sein (als Vorbildprogramm im Evaluierungen werden dadurch in einer deutlich ver- Bereich „Science-to-Business“). besserten Qualität möglich. Daher sollen in Öster- – Die künftige Finanzierung (50:50 mit Unterneh- reich ein „Austrian Micro Data Center“ und Daten- men) soll sichergestellt werden (inklusive Josef zugänge für die Wissenschaft geschaffen werden. Ressel-Zentren an den Fachhochschulen). – Der Datenzugang ist auf wissenschaftliche – Prüfung, ob Laura Bassi-Zentren wieder etabliert Zwecke beschränkt und erfüllt die (europarecht- werden lichen) Vorgaben des Statistik- und Datenschutz- rechts. • Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) sollte künftig – Akkreditierte Wissenschafterinnen und Wissen- ihr Profil als Forschungsförderungsagentur stärken: schafter erhalten aufgrund eines geregelten – Inhaltliche Ausrichtung auf Grundlagenforschung Verfahrens (AVG) Zugang zu den Datenbestän- mit starkem gesellschaftlichem Impact im den der Statistik Austria, die so anonymisiert Medizinbereich wurden, dass keine Rückführung auf den Einzel- – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Institute fall möglich ist. sollten bei Forschungsträgern angestellt sein. – Die Umsetzung erfolgt in enger Abstimmung mit dem zuständigen Ressort, der Statistik Austria • Prüfung der institutionellen Neuordnung der Räte sowie Vertreterinnen und Vertretern der Wissen- im Bereich Wissenschaft und Forschung RFTE, ÖWR schaft (z. B. „Plattform Registerforschung“). und ERA-Council Forum (von verstärkter Koordinie- rung bis hin zur Zusammenlegung) • Schaffung eines neuen nationalen Zentrums für Klimaforschung und Daseinsvorsorge (als Anstalt • Die Nationalstiftung soll zu einem „Fonds Zukunft öffentlichen Rechts) durch die Zusammenführung der Österreich“ für Forschung, Technologie und Innova- Geologischen Bundesanstalt (GBA) und der Zentral- tion weiterentwickelt werden. anstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) – Umwelt- & Klimaschutz: Erfassung der bestehen- • Leistungsvereinbarung mit der ÖAW und des den Aktivitäten zu Umwelt- und Klimaforschung. IST-Austria Daraus ableitend sollen Forschungs- und – Stärkung der ÖAW und des IST-A und damit der Lehrschwerpunkte zu Klima- und Umweltschutz Grundlagenforschung in Österreich etabliert werden. Es soll dabei auch ein Schwer- punkt auf Wissenstransfer in diesen Bereichen integriert werden. 216 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Klinischen Mehraufwand für Lehre und For- – Etablierung einer gesamthaft abgestimmten schung transparent und fair gestalten Strategie zur besseren Sichtbarmachung der österreichischen Hochschulen • Compliance-Datenbank: Prüfung der Einführung – Stärkung und Ausbau der Outreach-Aktivitäten eines Systems, in dem Wissenschafterinnen und („Wissenschaftskommunikation“) zur stärkeren Wissenschafter an Hochschulen und Forschungsein- Wahrnehmung des Nutzens von Forschung und richtungen die Auftraggebenden ihrer Forschungs- Entwicklung in der Bevölkerung (Aufnahme in die projekte und Finanzierung offenlegen, um etwaige Leistungsvereinbarung) Unvereinbarkeiten zu erkennen und Transparenz zu gewährleisten • Österreich, Europa und darüber hinaus denken: Die europäischen Forschungs- und Innovationspro- gramme (Horizon Europe, IPCEI, European Defense Wissenstransfer, internationale Fund, Digital Europe, Transition Fund) gewinnen Beteiligungen und Forschungs­ zunehmend an Bedeutung für Österreich. Damit sich infrastrukturen Österreich in Zukunft erfolgreich beteiligt, braucht es ein gemeinsames Vorgehen der Ressorts, da Forschungspolitik für zukünftige oftmals mehrere Zuständigkeiten betroffen sind. Herausforderungen gestalten und – Strategische Schwerpunktsetzung der Bundes- FTI-Strategie erstellen regierung zur gemeinsamen Beteiligung an • Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft europäischen Innovationsprogrammen und Gesellschaft stärken – Ressortübergreifende Bündelung der nationalen – Masterplan „Wissenstransfer Wissenschaft-Wirt- Mittel zur Ko- und Anschubfinanzierung europäi- schaft-Gesellschaft“ mit beteiligten Stake- scher Initiativen holdern aus Politik, Wissenschaft, Kunst und – Ausrichtung österreichischer Forschungs- Wirtschaft förderungsprogramme auf die europäischen – Verstärkte Entwicklung von gemeinsam von Wis- Programme in Horizon Europe senschaft, Gesellschaft und Wirtschaft getra- genen Maßnahmen zur spürbaren Steigerung • Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene für der Aktivitäten im Bereich F&E, Wissenstransfer, die Stärkung und den Ausbau von Horizon Europe Start-ups und Spin-offs (2021 bis 2027) ein. – Stärkung und Ausbau von Wissens­ transferzentren an Hochschulen und gemeinsam • Verstärkte Koordinierung, Abstimmung und Integra- auf regionaler Ebene sowie Technology-Transfer tion der bestehenden Struktur aus OSTA (Office of Offices (TTO) nach internationalem Vorbild Science and Technology Austria), Technologie-Atta- – Auftrag an Hochschulen und Forschungsein- chés, Open Austria und den OeAD-Außenstellen richtungen, um Gründungskulturen und Entre- preneurship-Denken auszubauen. Aufnahme in Leistungsvereinbarungen sowie Fortführung und Ausbau des Programms Spin-off Fellowships und Stärkung von Female Entrepreneurship Regierungsprogramm 2020 – 2024 217 • Konkurrenzfähige Rahmenbedingungen – internatio- nale Forschungsinfrastrukturen – Bestehende Instrumente und Maßnahmen wie z. B. die Forschungsinfrastrukturdatenbank sind weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Es ist Vorsorge für möglichen Neuerungsbedarf im Bereich der Großforschungsinfrastruktur zu treffen. – Internationale Mitgliedschaften: Der Zugang zur internationalen Großforschungsinfrastruktur ist für die Grundlagenforschung sowie für die anwendungsorientierte Forschung und Entwick- lung (F&E) essentiell. Aktuelle Mitgliedschaften und Teilnahmen sind abzusichern; an den großen gesellschaftlichen Herausforderungen orien- tierte neue Mitgliedschaften bzw. Teilnahmen (z. B. in den Bereichen Klima, Geologie, Biodiver- sität, Aerosole) sind zu prüfen. – Aktive Beteiligung an Plattformen und Netzwer- ken im Bereich des gesellschaftlichen Wandels, beispielsweise Beteiligung an europäischer Time Machine Organisation im Bereich Artificial Intelligence und Kulturerbe, Consortium of European Social Science Data Archives (CESSDA) und European Holocaust Research Infrastructure (EHRI) 218 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Digitalisierung & Innovation Wir leben in Zeiten des Umbruchs – der technologische Österreichs Beitrag in Bezug auf Zukunftstechnologien Fortschritt wird immer rasanter und die digitale Vernet- und Innovation in neuen Technologiefeldern wird weiter zung immer globaler. Die damit einhergehenden Fragestel- gestärkt (Wirtschaft 4.0). Die Künstliche-Intelligenz-Stra- lungen betreffen Veränderungen in unserer Verwaltung, in tegie des Bundes umfasst die Klärung regulativer Fragen, unserem Alltagsleben und unserer Demokratie genauso die Schaffung von Infrastrukturen sowie die Definition wie in österreichischen Unternehmen. Zentrale Herausfor- von Schwerpunkten. Der öffentliche Sektor sowie der derung für die Politik ist es hierbei, Chancen bestmöglich Wirtschaftsstandort stehen dabei ebenso im Fokus wie zu nutzen und Risiken frühzeitig zu minimieren. Fragen der Menschenwürde und Demokratie. Die Bundesregierung bekennt sich zu dem Ziel, Öster- reich zu einer der führenden Digitalnationen innerhalb Flächendeckende technologie- der Europäischen Union zu machen. Jede Österreicherin neutrale Breitband-Versorgung und jeder Österreicher soll die Vorteile der Digitalisierung österreichweit sicherstellen in allen Lebensbereichen möglichst eigenverantwortlich, transparent und erfolgreich nützen können. Eine aktive • 5G-Vorreiterrolle weiter ausbauen und Anwendung Digitalisierungspolitik schafft dafür gesellschaftspoliti- für neue Technologien (autonomes Fahren, Internet sche, wirtschaftliche, recht­ liche, infrastrukturelle und of Things etc.) mit Telekom-Anbietern vorantreiben demokratische Rahmenbedingungen und sichert den – Aufbau der Infrastruktur unter Einhaltung der Aufbau digitaler Kompetenzen. höchstmöglichen Sicherheitsstandards (in Zusammenarbeit mit Mobilfunkbetreibern) Die Grundlage für diesen Fortschritt bildet eine flächen- – Einsatz auf EU-Ebene, um Europas Technologie- deckende, technologieneutrale Breitband-Versorgung in autonomie im Bereich 5G und all seiner Anwen- ganz Österreich. Eine umfassende Breitbandstrategie dungen sicherzustellen und Abhängigkeit von sorgt für effizienten und raschen Ausbau der benötigten Drittstaaten zu vermeiden (bei Hardware- und Breitband-Infrastrukturen. Empfehlungen des Rechnungs- Softwarelösungen) hofes im Bereich digitale Infra­strukturen werden dabei – Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkennt- berücksichtigt. nisse, insbesondere der vom Parlament beauf- tragten Technikfolgenabschätzung zu „5G Mobil- Darauf aufbauend soll die öffentliche Verwaltung durch funk und Gesundheit“ sowie der Erkenntnisse die Digitalisierung einfacher werden – modern, effizient der WHO und der ÖAW und bürgerorientiert – mit Fokus auf die Menschen und deren Lebenssituationen. Höchstmöglicher Datenschutz • Breitbandstrategie 2030 weiterentwickeln und Glas- und vollumfängliche Kontrolle über die eigenen Daten faserausbau vorantreiben: sind dafür Grundvoraussetzungen. Open Data schafft – Ziel für 2030: Flächendeckende Versorgung mit neue Möglichkeiten für gesteigerte Transparenz von festen und mobilen Gigabit-Anschlüssen (Ver- Politik und öffentlicher Verwaltung. Eine vorausschauende meidung einer digitalen Kluft zwischen Stadt Netzpolitik sichert Grund- und Persönlichkeitsrechte im und Land, besonderer Fokus hinsichtlich Glas- digitalen Raum. faser-Ausbau in Gewerbegebieten und öffentli- chen Einrichtungen) Regierungsprogramm 2020 – 2024 219 – Einsatz von neuen Technologien laufend evalu- – Zentrale und transparente Bereitstellung von ieren, um ländlichen Raum rasch zu erschließen, Informationen zum Breitbandausbau sowohl für z. B. komplementäre Technologien für die Bürgerinnen und Bürger als auch Service-Provider Last-Mile-Problematik testen (Glasfaser bis • Aktualisierung des Breitbandatlas für Öster- zum Ortskern, kabellose Weiterverbindung zum reich als Informationsplattform des Bundes Haushalt) (aufbauend auf Netztestung der RTR) – Ausbau des Backbone Austria und der Backhauls • Prüfung der Weiterentwicklung der Zentralen vorantreiben Informationsstelle für Infrastrukturdaten – Breitbandmilliarde neu strukturieren (Förderun- (ZIS) hin zu einer Handelsplattform für gen können ganzjährig beantragt werden; klar Kommunikationsinfrastrukturen definierte qualitative und temporäre Ausbauver- pflichtungen mit Sperre des Fördererwerbs bei • Rasche Abwicklung der geplanten Multi­band- Nichteinhaltung) Ausschreibungsrunde (5G) mit begleitender Evalu- – Anpassen der Breitband-Förderbedingungen ierung unter Einhaltung der Versorgungsauflagen; mit Anhebung auf 100 Mbit/s zum Abruf von Frequenzerlöse für digitale Infrastruktur und digitale Fördergeldern Anwendungen nutzen – Schließung eines Fiber- und 5G-Paktes (zwi- schen Bundesregierung, Telekommunikations- • Fairen Wettbewerb im Leitungsnetz sicherstellen unternehmen, Ländern und Landeserrichtungs- gesellschaften) zur Erstellung eines Ausbauplans • Zugangsbedingungen zu bestehenden und künf- – Verbesserte Koordination zur Hebung von tigen Open-Access-Netzen zu standardisierten Synergien bei Bauvorhaben bei gleichzeitiger Sätzen evaluieren Vermeidung volkswirtschaftlich nachteiliger Investitionen • Die Bundesregierung bekennt sich zur Netzneutrali- – Im Zuge des Breitband- und Mobilfunkpakts tät nach Vorgaben der EU. wird eine Empfehlung für Mehrfamilienhäuser und Betriebsgebäude zur Verlegung einer Leerverrohrung für etwaige Glasfaseranbindung Eine staatliche Verwaltung für das inkludiert. 21. Jahrhundert mit den Bürgerinnen – Prüfung eines konsolidierten Rahmens für öffent- und Bürgern im Mittelpunkt lich finanzierte Infrastruktur (Einrichtung von ÖGIG). Zielsetzung der Landesgesellschaften • Ausbau „Digitale Verwaltung“: Alle Bürgerinnen und bündeln und in einer Bundessstrategie zusam- Bürger sowie Unternehmen sollen nach Möglichkeit menfassen Amtsgeschäfte digital abwickeln können. Unabhän- – Beschleunigung und Vereinfachung von Behör- gig vom digitalen Angebot muss ein Behördenweg denverfahren zur Errichtung von Gigabit-fähiger auch weiterhin analog möglich sein. Kommunikationsinfrastruktur – Ziel ist eine durchgängige digitale Abwicklung – Tiefbau-Ausbauplan über ganz Österreich: (von der Einbringung bis zum Bescheid). Kosten-Sharing bei den Ausbaukosten ermög- lichen unter laufender Berücksichtigung neuer • Ausbau Digitales Amt und oesterreich.gv.at zu oberirdischer Technologien (Einbindung der zentralen Plattformen für die Interaktion von Bürge- Bezirkshauptmannschaften) rinnen und Bürgern mit der Verwaltung 220 Regierungsprogramm 2020 – 2024 – Persönliche Datensouveränität sichern: Ein einander eingeführt. Dort, wo es inhaltlich sinnvoll persönliches Bürgerkonto schaffen, das den erscheint und es ausschreibungskonform möglich Österreicherinnen und Österreichern die ist, soll eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit einfache, rasche und sichere Erledigung von der Post angestrebt werden. Länder und Gemeinden häufigen Behördenwegen ermöglicht sowie auf sollen bestmöglich eingebunden werden. einen Blick ersichtlich macht, welche Daten der Staat von ihnen gespeichert hat. Das Prinzip der • Ö-Cloud einführen: Schaffung eines nationalen bereichsspezifischen Trennung der Bürgerdaten Netzwerks an Servern, auf dem Nutzerinnen und ist aufrechtzuerhalten. Nutzer in Österreich ihre Daten benutzerfreundlich – Sukzessive Ausweitung und Optimierung (ins- in der Cloud abspeichern können. Dabei soll garan- besondere hinsichtlich der Benutzbarkeit und tiert sein, dass unsere hohen heimischen Daten- Praxistauglichkeit) der digitalen Behördenwege schutzbestimmungen zu jeder Zeit gelten. für natürliche Personen und Unternehmen, schrittweiser Ausbau mehrsprachiger Angebote • Aufbau des Once-Only-Prinzips für Unternehmen für die anerkannten Volksgruppen sowie auf sowie für Bürgerinnen und Bürger bei Verwaltungs- Englisch verfahren: Alle relevanten Daten sollen Verwaltungs- – Integration wichtiger Ausweise in das Digitale behörden nur einmal bereitgestellt werden müssen Amt (u. a. des Führerscheins, des Zulassungs- und ab dann bei unterschiedlichen Behördenwegen scheins und des Personalausweises) automatisiert abrufbar sein. Das Prinzip der – Ermöglichen weiterer Verfahren (Nebenwohn- bereichsspezifischen Trennung der Bürgerdaten ist sitzmeldung, Verlustmeldung von Dokumenten, aufrechtzuerhalten. Strafregisterauszug, Digitale Vignette etc.) und partizipativer Instrumente • Digital-Check neuer Gesetze: Wo immer möglich, – Ausbau einer sicheren elektronischen Zustellung sollen Verwaltungsprozesse, die aus neuen Gesetzen von Behördenkommunikation für Bürgerinnen entstehen, digital – wenn möglich auch automati- und Bürger sowie Unternehmen („E-Zustellung“ siert – vollzogen werden können. Bereits bestehende auf freiwilliger Basis) Verwaltungsprozesse sollen hinsichtlich der Möglich- – Digitale Identität ermöglichen: Einführung einer keiten zur Digitalisierung durchforstet werden. E-ID zur Nutzung im öffentlichen und privaten – Datenschutz ist ein wichtiger Teil dieses Digi- Bereich, basierend auf einem umfassenden tal-Checks. datenschutzrechtlichen Konzept – Strukturierter Ansatz zur Evaluierung von • Zum gezielten Nachweis bestimmter Angaben RPA-Potenzial (robotic process automation), um wie Alter, Staatsangehörigkeit etc. in wahl- Kosten in der Verwaltung zu reduzieren weise anonymer, pseudonymer oder identifi- – Weitere Pilotprojekte zur möglichen Auto- zierter Form und ohne Offenlegung sämtlicher matisierung von Anträgen und Bewilligungen, weiteren Ausweis- bzw. Identifikationsdaten aufbauend auf bestehenden Erfahrungen im (Grundsatz der Datenminimierung) Bundesministerium für Finanzen. Bei der Gestal- tung von Entscheidungen, die unmittelbare Aus- • Digitale Kommunikation in der Verwaltung ausbauen: wirkungen auf Menschen haben, wird geprüft, Um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutrei- ob diese nach ethischen Gesichtspunkten von ben, wird eine Verpflichtung zur digitalen Kommu- Menschen getroffen werden müssen. nikation der Verwaltungsorgane des Bundes unter- Regierungsprogramm 2020 – 2024 221 • IT-Konsolidierung bestehender Bundessysteme, z. B. • Einführung und Weiterentwicklung eines nationalen Verankerung des Einsatzes des ELAKs im E-GovG, Referenzrahmens, der, aufbauend auf dem EU-Stan- einheitlicher IT-Arbeitsplatz und einheitliches dardmodell DigComp, digitale Fähigkeiten mess- E-Mail-System im Bund und vergleichbar macht – Nutzen von Synergien, um Kosten in der Verwal- tung bei der IT einzusparen • Die Einrichtung einer Kommission für ethische Fra- – Erhöhte Sicherheit durch gemeinsame Standards gestellungen im Bundeskanzleramt ist zu prüfen – – Prüfung von Konsolidierungs- und Optimierungs- unter Berücksichtigung bestehender Kompetenzen möglichkeiten durch die „Bundes-Cloud“ (z. B. Bioethikkommission, Robotikrat/KI-Rat). – Gemeinsame Beschaffung von Hard- und Soft- ware im Bund • Schaffung eines Digitalrates als High-Level-Bera- – Einheitliches Lizenzmanagement tungsgremium der Bundesregierung und der Landes- regierungen • Prüfung einer verstärkten Zusammenarbeit des Bun- desrechenzentrums (BRZ) und der Statistik Austria • Digitalisierungsagentur als Kompetenzzentrum für digitale Innovation ausbauen: Die in der letzten • Weiterentwicklung des BRZ in ein Kompetenzzent- Legislaturperiode geschaffene Digitalisierungs- rum für Digitalisierung in der Bundesverwaltung agentur wird ein unabhängiger Servicedienstleister für Bewusstseinsbildung, technische Beratung und • Entwicklung eines Konzepts für Green IT im Bund: Umsetzung. Ein weiterer besonderer Fokus liegt auf Ziel ist es, den Energieverbrauch der IT des Bundes der Entwicklung von E-Government-Anwendungen. und seiner Tochterorganisationen durch energie- sparende Hardware, Betriebssysteme und Anwen- • Prüfung der bestehenden Einzelgebühren für Regis- dungs-Software abzusenken. terabfragen, Möglichkeit zur Pauschalierung prüfen – Z. B. BRZ CO2-neutral betreiben. Betrieb durch 100 % erneuerbare Energie und intelligente • Kostenlose Registernutzung innerhalb der Verwal- Kühlsysteme tung für alle Bundesbehörden bzw. Gebietskörper- – Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien schaften prüfen sowie EU-rechtlichen Vorgaben zu Datenschutz durch Technik-Gestaltung und datenschutz- • Umsetzung der Barrierefreiheit gemäß Webzugäng- freundliche Voreinstellungen in Vergabever- lichkeitsgesetz bei neuen Digital-Anwendungen fahren insbesondere im Bereich IT (Hardware, bzw. bei öffentlichen Beschaffungen Software, Dienstleistungen) • Schaffung eines „Digital Leadership“-Lehrgangs, • Zugang zu Rechtsinformation erheblich verbessern, ähnlich dem Strategischen Führungslehrgang des indem das Rechtsinformationssystem des Bundes Bundes (RIS) zu einer intelligenten Plattform RIS+ weiter- entwickelt wird, die intelligente Such-, Aggrega- • Weiterentwicklung des Unternehmensserviceportals tions- und Visualisierungsfunktionen bietet (unter (USP) zu einer umfassenden Plattform für die Inter- Beibehaltung der Gebührenfreiheit) aktion zwischen Unternehmen und Verwaltung (inkl. Förderansuchen etc.) 222 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Transparenz für Bürgerinnen und Bürger: Schrittwei- Open Data: Offene Daten als Chance ser Aufbau und Bereitstellung eines Register- und für Transparenz Systemverbunds für Daten der Verwaltung – Doppelgleisigkeiten zwischen einzelnen Gebiets- • Die Bundesregierung bekennt sich zur umfassenden körperschaften verringern (z. B. Ausbau Perso- und rechtzeitigen Umsetzung der Public-Sector-Infor- nenstandsregister) mation (PSI)/Open Data-Richtlinie der Europäischen – Erhöhung der Transparenz für die Bevölkerung Union und wird die PSI-Taskforce tatkräftig unterstüt- sicherstellen zen und im kontinuierlichen Austausch sein. – Das Prinzip der bereichsspezifischen Trennung – Eine Öffnung der Verkehrsauskunft Österreich der Bürgerdaten ist aufrechtzuerhalten. als Open Service und Open Data soll koordiniert durch den Bund ermöglicht werden. • Digitale Aktivitäten der Bundesinstitutionen abstim- men (CDOs beibehalten, ressort­übergreifende • Entwicklung einer Umsetzungsstrategie, um das Projekte umsetzen) Prinzip Open by Default für nicht personalisierte Daten des Bundes zu etablieren. Ausnahmen zum • Building Information Modelling (BIM) verstärkt in der Schutz von Bürgerinnen und Bürgern sowie unter- öffentlichen Beschaffung berücksichtigen nehmensspezifischer Daten sind zu definieren. • Digitalisierung von Kunstschätzen: Durch virtuelle • Basierend auf dem Open Data Screening 2017 Darstellung von Sehenswürdigkeiten auf nationalen erstellt die Bundesregierung einen Maßnahmenplan, und europäischen Plattformen sollen in den nächs- um die Verwaltungstransparenz anzuheben. ten Jahren die wertvollsten Teile unseres kulturellen – Unterstützungsangebote für Bundesinstitutio- Erbes weiter digitalisiert und so weltweit barriere- nen, Länder und Gemeinden sollen erarbeitet frei zugänglich gemacht werden. werden. – Ziel ist die Zurverfügungstellung der veröffent- • Die Bundesregierung bekennt sich zur Schaffung lichten Daten zum Budget in einer maschinenles- europäischer Infrastruktur und Innovation, um baren Form. europäische Kräfte zu bündeln. • Eine Teilnahme an Open Government Partnership • Bug-Bounty-Programme für mögliche vom Bund wird geprüft. eingesetzte Open Source Software • Erstellung eines Masterplans (inklusive Machbar- • Weiterentwicklung des USP mit besonderem Fokus keitsstudie), um eine Strategie zur Nutzung von auf der Erleichterung der Eingabe von Daten durch Open Source Software im Bund zu entwickeln. die Gemeinden • Prüfung der Digitalisierung/Erschließung von Archiven des Bundes • Aufbau eines Digital Data Hubs innerhalb der Open-Data-Struktur des Bundes, der kuratierte, aufbereitete und anonymisierte Daten für gemein- Regierungsprogramm 2020 – 2024 223 wohlorientierte Forschung und Entwicklung zur Zukunftstechnologien – Verfügung stellt Chancen nutzen – Möglichkeit schaffen, dass Unternehmen hierzu ihre Daten (anonymisiert) miteinander auf frei- • Ausbau eines Forschungs-Rechenzentrums, das williger Basis teilen können adäquate Rechenkapazitäten (insbesondere Gra- – Kriterien zur wirkungsvollen Anonymisierung von phics Processing Units) zur Verfügung hat, um personenbezogenen Daten sind zu entwickeln. weiterhin Spitzenforschung – insbesondere auch im Bereich datenbasierter KI – zu ermöglichen (aufbau- end auf Vienna Scientific Cluster) Grundlagen für eine Wirtschaft 4.0 schaffen • Erstellung eines Masterplans für Blockchain-Techno- logie und Kryptowährungen • Aufbau eines nationalen, staatlich kofinanzierten – Schaffung einer vorausschauenden österreichi- Technologie-, Innovations- und Wachstums-Fonds, schen Positionierung zur Förderung, Anwendung der Risikokapital zur Verfügung stellt und so und Regulierung der Blockchain-Technologie und die nachhaltige Etablierung von europäischen ihrer unterschiedlichen Anwendungen (z. B. Kryp- Schlüsseltechnologien unterstützt (aufbauend auf towährungen). Unter Miteinbeziehung relevanter bestehende Mittelstands- und Gründerfonds) Stakeholder in Politik (z. B. Finanzministerium, Wirtschaftsministerium, Infrastruktur- und • Digitale Plattformökonomie in Österreich fair gestal- Technologieressort) und Forschung. Einsatz auf ten: Innovation aus dem In- und Ausland fördern EU-Ebene, um Österreichs Beitrag zu Europas und zulassen, aber Wettbewerb mit traditionellen Blockchain-Strategie sicherzustellen (in Anwen- Geschäftsmodellen fair gestalten (vor allem regula- dung und Regulierung) tive und steuerliche Schlupflöcher schließen) – Schaffung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens für Investitionen im Blockchain-Bereich • KMU-Digital ausbauen: Digitalisierungsoffensive für (in Abstimmung mit der EU) KMUs in allen Bundesländern anbieten (gemeinsam – Prüfung der Entwicklungsmöglichkeiten viel- mit aws und WKÖ). Prüfung einer zusätzlichen versprechender Anwendungsbereiche in der Möglichkeit zur Unterstützung der digitalen Weiter- Verwaltung: Piloten zur Blockchain-Anwendung bildung von Personal sowie Unternehmerinnen und zentraler Registertätigkeiten Unternehmern (Bildungsscheck) – Aufbau auf Österreichs bestehende Exzellenz- – Förderungen von Digitalisierungsmaßnahmen zentren im Blockchain-Bereich (z. B. ABC-Kompe- im Bereich von produzierenden KMUs („smart tenzzentrum) factory“) – Unter anderem Fokus auf datenschutz- und • Österreichs Beitrag auf dem Gebiet neu entstehen- grundrechtsfreundliche Technikgestaltung sowie der Technologiefelder weiter stärken Maßnahmen zur Reduktion/Optimierung von – Forcierung eines österreichischen Beitrags zur Ressourcenverbräuchen EU-weiten Forschung in den Bereichen Quan- tum Communication, Quantum Computing und Quantum Cryptography – Teilnahme am QCI-Programm der EU (Quantum Communication Infrastructure) 224 Regierungsprogramm 2020 – 2024 • Der Auftrag und die Wirkungsentfaltung der zungen bei risikogeneigten Regelungsmaterien innovationsfördernden öffentlichen Beschaffung (z. B. intelligente Transportsysteme, selbstfahrende werden evaluiert. Das Leitkonzept für eine innova- Fahrzeuge, Assistenz- und Leitsysteme etc.) tionsfördernde öffentliche Beschaffung in Österreich wird aktualisiert und die Aufgaben der Servicestelle • Freiwilligkeit der Teilnahme von Betroffenen an infra- „Innovationsfördernde öffentliche Beschaffung“ strukturell vernetzten Anwendungen (IÖB) werden den aktuellen Herausforderungen angepasst. • Durchgängige Etablierung des Prinzips der anonymen Nutzung von technischen Infrastruktur-Systemen • Schaffung von „Innovation Labs“ an wichtigen Bildungsstandorten und damit Schaffung eines • Bei der nationalen Umsetzung der Urheberrechts- Zugangs für alle Angehörigen der Hochschulen richtlinie ist der Schutz der Privatsphäre zu gewähr- sowie für Lehrlinge und andere Auszubildende zu leisten und mit den Rechten der Urheberinnen und u. a. Medienlabs, Prototypenfertigung (unter Anlei- Urheber in Einklang zu bringen, dies insbesondere tung von Technikerinnen und Technikern), Arbeits- im Zusammenhang mit Überprüfungen nutzer- plätzen und Beratungen generierter Inhalte (Upload-Filter). Evaluierung des Umgangs mit urheberrechtsverletzenden Websites Netzpolitik vorausschauend gestalten Zukunftssichere Rahmenbedingungen für künstliche • Die Datenschutzbehörde wird mit den erforder- Intelligenz schaffen lichen finanziellen, personellen und materiellen Mitteln ausgestattet, um ihre Aufgaben vollum- • Im Zentrum unserer demokratischen Gesellschaft fänglich wahrnehmen zu können (in Einklang mit und des technologischen Fortschritts steht der bestehenden europäischen Verpflichtungen). Mensch. Die Digitalisierung wird dabei aktiv – Eine Erweiterung des Rekrutierungskreises genutzt, um die Bedingungen für ein menschenwür- außerhalb des Personenkreises der öffentlich diges und selbstbestimmtes Leben zu stärken. Bediensteten ist zu prüfen. • Die Entwicklung einer KI-Strategie für Österreich • Prüfung der Einrichtung einer Kompetenzstelle erfolgt basierend auf dem vorliegenden Experten- für IT-Sicherheit, Cybersicherheit sowie Daten- bericht aus dem Jahr 2019 (erarbeitet durch 150 schutztechnik und als Prüf- und Beratungsstelle Expertinnen und Experten). für die öffentliche Verwaltung, Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger. Zusammenarbeit mit • Die Bundesregierung schafft u. a. die Rahmen- österreichischen, europäischen und internationalen bedingungen für die Entwicklung und den Einsatz Datenschutz- und Datensicherheitseinrichtungen von KI-Systemen und Algorithmen und bekennt sich dabei zum Schutz der Menschenwürde. • Durchführung hersteller- bzw. betreiberunabhängi- ger Technikfolgenabschätzungen bei wesentlichen • Ethische Reflexion hat ein immanenter Bestandteil öffentlichen Digitalisierungsvorhaben sowie ver- der österreichischen KI-Politik und -Praxis zu sein stärkte Durchführung von Technikfolgenabschät- (Human-Centered AI). KI-Entwicklung muss den Regierungsprogramm 2020 – 2024 225 Menschen und dessen Rechte im Blick haben, zum • Die Einrichtung eines Calls im Bereich Digitaler Beispiel hinsichtlich der Unterscheidbarkeit von Humanismus (Erforschung der komplexen Inter- Menschen und Maschine sowie des Schutzes von aktion zwischen Menschen und Maschine inklusive Konsumentinnen und Konsumenten. Gestaltungsmöglichkeiten) wird in die österreichi- sche KI-Strategie einfließen. • Notwendige Studien über geeignete Gestaltungs- und Einsatzkriterien für KI-Systeme und Algorithmen • Universitäten sind als wichtige Themenleader in die sowie für die Einbindung des Menschen in derartige Entwicklung der KI-Strategie zentral einzubinden Entscheidungsprozesse werden beauftragt. (v. a. im Bereich Digitalisierungsethik). • Die Förderung von KI-Entwicklung und -Anwendung • Eine verstärkte Forschungszusammenarbeit der erfolgt unter anderem unter Berücksichtigung IT-Forschenden mit Geistes-, Sozial- und Kulturwis- ethischer Grundsätze (insbesondere in den Berei- senschaften ist zu stimulieren. chen Datenschutz, Privatsphäre und unter Berück- sichtigung sozialer Auswirkungen). Ziel ist es, ein • Der gesellschaftliche Diskurs zu ethischen Fragen Alleinstellungsmerkmal der europäischen KI zu u. a. auch der Digitalisierung soll gebündelt und generieren. institutionalisiert werden, um eine strukturierte Auseinandersetzung mit den ethischen Herausfor- • Die Künstliche-Intelligenz-Strategie des Bundes derungen unter Einbeziehung umfassender Interes- umfasst die Klärung regulativer Fragen ebenso wie sensgruppen zu ermöglichen. die Setzung von Forschungsschwerpunkten (gemein- sam mit Wirtschaft und Bildungssektor). • Zusammenführung der relevanten Beiräte (Robo- ter-Beirat, KI-Beirat) • Die Definition roter Linien in der Anwendung von KI – Der Beirat soll Expertinnen und Experten, durch den österreichischen Staat; Entscheidungen Experteninstitutionen sowie Vertreterinnen und in der Verwaltung, die unmittelbare Auswirkungen Vertreter der Gesellschaft in den gesellschaft- auf Menschen haben, dürfen maschinell unterstützt, lichen Diskussionsprozess einbinden. aber nicht durch Maschinen getroffen werden. • Die Stärkung Österreichs bestehender KI-Zentren im KI-Bereich (z. B. Complexity Science) und ver- stärkte internationale Vernetzung (auch im Zuge der FTI-Strategie) • Einsatz auf EU-Ebene, um Österreichs Beitrag zu Europas KI-Entwicklung sicherzustellen (in Wirt- schaft, Verwaltung, Forschung und Sicherheitspolitik) • Einsatz mit unseren europäischen Partnerinnen und Partnern, um die Schaffung KI-gesteuerter Waffen („Automated Weapons“) weltweit zu unterbinden bzw. zu regulieren 226 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 227 228 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Regierungsprogramm 2020 – 2024 Die neue Volkspartei Die Grünen – Die Grüne Alternative